Carbonsäuren

Carbonsäuren
Allgemeine Struktur der Monocarbonsäuren mit der blau markierten Carboxy-Funktion.

Carbonsäuren (veraltet auch Karbonsäuren) sind organische Verbindungen, die eine oder mehrere Carboxygruppen (–COOH) tragen. Ihre Salze werden Carboxylate und ihre Ester Carbonsäureester genannt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen und Benennung

Viele Carbonsäuren tragen unsystematische Namen (Trivialnamen), die mit "-säure" enden. Der Trivialname weist zumeist auf die Quelle hin, woraus die Carbonsäure gewonnen werden kann; einige Beispiele sind Ameisensäure, Apfelsäure, Buttersäure, Weinsäure, Zitronensäure oder Essigsäure.

Einteilung

Nach der chemischen Struktur des Restes R, an welchen die Gruppe –COOH gebunden ist, unterscheidet man zwischen aliphatischen, aromatischen und heterocyclischen Carbonsäuren. Die aliphatischen Carbonsäuren lassen sich in Alkansäuren, Alkensäuren und Alkinsäuren unterteilen. Alkansäuren nennt man auch gesättigte Carbonsäuren. Alkensäuren, also Carbonsäuren mit mindestens einer Doppelbindung im Rest und Alkinsäuren mit mindestens einer Dreifachbindung im Rest, nennt man hingegen ungesättigte Carbonsäuren. Neben der Struktur des Restes lassen sich die Carbonsäuren nach Anzahl der Carboxygruppen unterscheiden. Monocarbonsäuren verfügen über eine Carboxygruppe, während Dicarbonsäuren zwei und Tricarbonsäuren drei Carboxygruppen tragen.[1]

Außerdem gibt es auch Gruppen von Carbonsäuren, die weitere funktionelle Gruppen tragen, wie Ketocarbonsäuren, Hydroxycarbonsäuren und Aminosäuren (eigentlich Aminocarbonsäuren).

Fettsäuren sind unverzweigte, aliphatische Monocarbonsäuren mit mindestens vier Kohlenstoffatomen. Als Harzsäuren bezeichnet man Carbonsäuren, die in Naturharzen vorkommen. Metallacarbonsäuren sind Komplexe mit einem Carboxyligand.

Beispiele

aliphatische, gesättigte
Monocarbonsäuren
Essigsäure
Essigsäure
Buttersäure
(eine Fettsäure)
Buttersäure
aliphatische, ungesättigte
Monocarbonsäuren
Acrylsäure
Acrylsäure
Ölsäure
(eine Fettsäure)
Ölsäure
aliphatische, gesättigte
Dicarbonsäuren
Oxalsäure
Oxalsäure
Bernsteinsäure
Bernsteinsäure
aliphatische, gesättigte
Tricarbonsäuren
Zitronensäure
Zitronensäure
aliphatische, ungesättigte
Dicarbonsäuren
Fumarsäure
Fumarsäure
Maleinsäure
Maleinsäure
aromatische
Carbonsäuren
Benzoesäure
Strukturformel der Benzoesäure
Salicylsäure
Strukturformel der Salicylsäure
heterocyclische
Carbonsäuren
Nicotinsäure
Nicotinsäure
Pyrrolidin-2-carbonsäure
(eine Aminosäure)
Strukturformel Prolin
aliphatische, ungesättigte,
cyclische Monocarbonsäuren
Abietinsäure
(eine Harzsäure)
Abietinsäure

Eigenschaften

Die chemischen und auch die physikalischen Eigenschaften der Carbonsäuren werden deutlich von der Carboxygruppe bestimmt. Die Carbonylgruppe (C=O) weist einen relativ starken elektronenziehenden Effekt auf, sodass die Bindung des Protons in der Hydroxygruppe stark polarisiert wird. Dadurch erlaubt die Carboxygruppe die Freisetzung von H+-Ionen, hier anhand von Essigsäure dargestellt:

Essigsäure-Dissoziation

Der saure Charakter der Carbonsäuren entsteht durch die Mesomeriestabilisierung des Carboxylat-Anions. Die Stabilität des Anions begünstigt die deprotonierte Form der Carbonsäure.

Die Acidität einer Carbonsäure liegt höher, wenn am Alpha-C-Atom ein Substituent mit einem elektronenziehenden, also mit induktiven Effekt (−I-Effekt) vorliegt. Der Carboxygruppe wird so eine positivere Partialladung zugeführt, welche die negative Ladung des Anions stärker ausgleichen, also stabilisieren kann. Beispiel dafür wäre Acetat im Vergleich zu Trichloracetat.

Die kurzkettigen Carbonsäuren sind farblose, stark riechende Flüssigkeiten. Sie haben durch die Carboxygruppe einen polaren Charakter, was zu relativ hohen Siedetemperaturen aufgrund der Wasserstoffbrückenbindungen führt. Aufgrund einer speziellen räumlichen Anordnung führt die Wasserstoffbrückenbindung zu Carbonsäuredimeren, was zur doppelten Masse der Teilchen im Dampfraum über der Flüssigkeit führt. Die höhere Masse führt zu einer Erhöhung des Siedepunktes von Carbonsäuren.

Carboxylic acid dimers.png

Mit zunehmender Kettenlänge nimmt der lipophile Charakter zu und der hydrophile Charakter damit ab. Das gilt auch für die Salze der Carbonsäuren. Die Moleküle der häufigsten Fettsäuren besitzen 16 oder 18 Kohlenstoffatome. Ihre Triglyceridester sind die Fette. Die Natrium- und Kaliumsalze der Fettsäuren zeigen die Eigenschaften eines Tensids und werden als Kernseife und Schmierseife verwendet.

Herstellung

Carbonsäuren entstehen durch Oxidation aus primären Alkoholen, wobei als Zwischenstufen Aldehyde auftreten. Geeignete Oxidationsmittel sind z. B. Kaliumpermanganat, Chromtrioxid, Salpetersäure oder Kaliumdichromat.

\mathrm{R{-}CH_2OH + KMnO_4 \longrightarrow R{-}COOH}
\mathrm{R{-}CHO + KMnO_4 \longrightarrow R{-}COOH}
\mathrm{R{-}COO{-}R' + OH^- \longrightarrow R{-}COO^- + R'{-}OH}
\mathrm{R{-}MgCl + CO_2 + H^+\longrightarrow R{-}COOH + Mg^{2+} + Cl^-}
  • Kolbe-Nitrilsynthese von Halogenalkanen und anschließende Hydrolyse des Nitrils ergibt die um einen C-Baustein erweiterte Carbonsäure. Dadurch brauchen Hydroxy- und Carboxygruppen nicht wie bei der Grignard-Methode geschützt zu werden:
\mathrm{R{-}Hal + CN^- \longrightarrow R{-}CN + OH^- \longrightarrow R{-}COOH}
\mathrm{Ar{-}CH_2R + KMnO_4 \longrightarrow Ar{-}COOH}
  • Hydrolyse von aktivierten Carbonsäurederivaten, z. B. Carbonsäurechloriden oder Säureanhydriden:
\mathrm{R{-}COCl +H_2O \longrightarrow R{-}COOH +HCl}
  • Hydrolyse von Nitrilen (Cyaniden) (wegen der Stabilität der Nitrile unter energetischen Bedingungen):
\mathrm{R{-}CN + OH^- \longrightarrow R{-}COOH}
  • Saure oder basische Hydrolyse von Amiden (wegen der Stabilität der Carbonsäureamide unter energetischen Bedingungen):
\mathrm{R{-}CONH_2 + H^+ + H_2O \longrightarrow R{-}COOH + NH_4^+}
  • Oxidation von Olefinen mit basischem Kaliumpermanganat (unter neutralen Bedingungen bleibt die Reaktion beim vicinalen Diol + Mangandioxid stehen):
\mathrm{R{-}CH{=}CH_2 + KMnO_4 \longrightarrow R{-}COOH + CO_2}
\mathrm{HOAr + CO_2 + OH^- \longrightarrow HOAr{-}COO^-}
\mathrm{R{-}C({=}O){-}C({=}O){-}R' + OH^- \longrightarrow R{-}C({-}OH)({-}COO^-){-}R'}
\mathrm{RR'{-}C{=}CH_2 + CO + H_2O \longrightarrow (RR'{-}C({-}CH_3){-}COOH}

Spektroskopie von Carbonsäuren

Die wichtigsten analytischen Methoden zur Strukturaufklärung von Carbonsäuren sind die IR- und NMR-Spektroskopie.

Im IR-Spektrum sind die C=O-Valenzschwingung bei ca. 1710–1760 cm−1 und die breite OH-Valenzschwingung um 3000 cm−1 charakteristisch.

Im 1H-NMR-Spektrum sind die aciden Hydroxy-Protonen zu ungewöhnlich niedrigem Feld verschoben, 10–13 ppm. Die Protonen der Alkylgruppen am Carbonyl-C haben eine chemische Verschiebung im Bereich von ca. 2,0–2,5 ppm; das direkt an die Carbonylgruppe gebundene H-Atom der Ameisensäure erscheint bei 8,08 ppm. In einer C-Kette einer nicht konjugierten Carbonsäure sind die Peaks, die weiter von der Carbonylfunktion entfernt sind, mit zunehmendem Maße weniger stark zu tiefem Feld verschoben, weil der Einfluss des induktiven Effekts der Carbonylgruppe abnimmt.

Im 13C-NMR-Spektrum findet man das Carboxy-C-Atom im Bereich von ca. 170–180 ppm.

Wichtige Reaktionen

Gegeben durch die zwei Nachbarsauerstoffatome, die elektronenziehend wirken, können nucleophile Angriffe auf das Kohlenstoffatom stattfinden. Sind die Nucleophile Brønsted-Basen, wird allerdings unter Deprotonierung nur das Salz der Carbonsäure entstehen.

Veresterung

Während der säurekatalysierten Veresterung reagiert die Carboxyl-Gruppe einer organischen Säure mit der Hydroxyl-Gruppe eines Alkohols. Unter Abspaltung von Wasser entsteht dabei ein Ester. Allgemein sei R1 der Rest der Säure, und R2 der Rest des Alkohols. Dann findet folgende Gleichgewichtsreaktion statt:

Veresterung, Gesamtgleichung

Dehydratisierung

Carbonsäuren bilden unter Wasserabspaltung (Dehydratisierung) bei höheren Temperaturen organische Carbonsäureanhydride.

Darstellung von Carbonsäureanhydriden

Diese können mit Wasser wieder zu den entsprechenden Carbonsäuren zurück reagieren.

Weblinks

 Commons: Carbonsäuren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, S. 645−646.

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