- Grottenulm
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Grottenolm Systematik Klasse: Lurche (Amphibia) Ordnung: Schwanzlurche (Caudata) Überfamilie: Salamanderverwandte (Salamandroidea) Familie: Olme (Proteidae) Gattung: Proteus Art: Grottenolm Wissenschaftlicher Name der Gattung Proteus (Laurenti, 1768) Wissenschaftlicher Name der Art Proteus anguinus (Laurenti, 1768) Der Grottenolm (Proteus anguinus), auch Europäischer Grottenolm, ist ein als dauernde Larvenform in Höhlengewässern lebender europäischer Schwanzlurch und die einzige Art der Gattung Proteus. Diese bildet zusammen mit den nordamerikanischen Furchenmolchen die Familie der Olme (Proteidae). Ähnlichkeiten und konvergente Entwicklungen zum Grottenolm finden sich außerdem bei einigen höhlenbewohnenden Lungenlosen Salamandern, etwa dem Texanischen Brunnenmolch.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Der Grottenolm hat einen aalähnlich gestreckten Körper, der eine Länge von 25 bis 30 Zentimetern erreichen kann. Der Ruderschwanz ist seitlich abgeflacht und mit Flossensäumen versehen. Die Gliedmaßen sind sehr dünn und reduziert – an den Vorderbeinen befinden sich nur je drei Finger, an den Hinterbeinen je zwei Zehen. Die Haut ist pigmentlos (albinotisch) und erscheint gelblich-weiß bis rosa-fleischfarben; unter Lichteinfall kann es zu einer dunklen Pigmentierung kommen. (Manchmal werden in Südslowenien vorkommende, fast schwarze Olme als eigene Unterart Proteus anguinus parkelj angesehen – diese Einteilung ist aber umstritten). Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch eine verdickte Kloakenregion.
Der Kopf ist länglich-schmal und vorne spatelförmig, die Augen sind degeneriert und unter der Körperhaut verborgen. Die Atmung erfolgt durch Lungen; zusätzlich besitzen Grottenolme aber zeitlebens drei Paare äußerer, roter Kiemenbüschel am Hinterkopf. Dieses Phänomen, dass geschlechtsreife, fortpflanzungsfähige Tiere auch Larvenmerkmale aufweisen und behalten, wird als partielle Neotenie bezeichnet. Neotenie tritt bei vielen Schwanzlurchen zumindest gelegentlich oder zeitweise auf. Bei Grottenolmen ist sie obligat. Eine vollständige Metamorphose würde zumindest innerhalb der Höhlenlebensräume vermutlich keinen evolutionären Vorteil bringen.
In früheren Zeiten wurde der Grottenolm aufgrund seines Äußeren für ein Drachenjunges gehalten. Wegen seiner hautähnlichen Körperfarbe wird er gelegentlich auch „Menschenfisch“ genannt; zumindest ist das die Übersetzung seines kroatischen und slowenischen Namens (Kroat. čovječja ribica, Slowen. človeška ribica).
Verbreitung
Der Grottenolm ist der einzige in Europa vorkommende Olm. Er lebt natürlicherweise nur in den kalten, unterirdischen Gewässern im Karst des Dinarischen Gebirges entlang der Adria, von Triest (Italien), über Slowenien und Kroatien (Istrien, Dalmatien) bis zur Herzegowina und nach Montenegro. Touristisch besonders bekannt ist die Grotte von Postojna (Adelsberg) in Slowenien.
In verschiedenen Höhlen Europas wurde die Art künstlich angesiedelt. Zur Fortpflanzung kam es dabei aber oft nicht, entweder, weil die Wassertemperaturen zu niedrig waren oder weil nicht beide Geschlechter vertreten waren. In den französischen Pyrenäen in Moulis gelang dagegen die Zucht der Olme. In Deutschland ist die Hermannshöhle im Harz bei Rübeland (Sachsen-Anhalt) bekannt für ihre Grottenolme. Insgesamt 18 aus Istrien stammende Exemplare wurden dort in den Jahren 1932 (5 Stück) und 1956 (13 Stück) zu Schauzwecken in einem künstlichen Höhlengewässer („Olmensee“) ausgesetzt, das eine Tiefe von rund 80 Zentimetern und eine permanente Wassertemperatur von 7 °C aufweist. Im Jahr 1978 wurde ein Zuchtbecken gebaut und bei der Gelegenheit festgestellt, dass es sich bei den auffindbaren Olmen ausschließlich um Männchen handelte. 1985 wurden bei einer Säuberung des Olmensees 13 männliche Tiere herausgefangen, die vermutlich alle aus dem Import von 1956 stammen. Über den aktuellen Bestand liegen keine Informationen vor; die Grottenolme der Hermannshöhle sind aber immer noch eine Touristenattraktion.[1]
Lebensraum, Lebensweise
Die Art lebt natürlicherweise ausschließlich in der Dunkelheit in Ruhigwasserbereichen unterirdischer Flusssysteme innerhalb von Karsthöhlen. Bei Überschwemmungen kann es passieren, dass Tiere ans Tageslicht gelangen. Das Wasser muss sehr sauber und sauerstoffreich sein; es sollte eine Temperatur zwischen 7 und 15 °C aufweisen. Bei plötzlichem, starken Lichteinfall tauchen Olme zum Gewässergrund und verbergen sich zwischen Gesteinsspalten oder im Sediment. Die normalerweise aquatil lebenden Adulten können gelegentlich auch an Land kriechen. Die Orientierung erfolgt über den Geruchssinn sowie mit Hilfe von Seitenlinienorganen, wie sie auch Fische haben.
Zum Nahrungsspektrum gehören vor allem kleine Krebstiere wie Wasserasseln (Asselus spec.) und Flohkrebse (Gammarus spec., Niphargus spec., Troglocaris spec.). Wegen seiner ökonomischen Lebensweise kann ein Tier sogar jahrelang ohne Nahrungsaufnahme überleben – seriösere Quellen sprechen von drei bis sechs Jahren (auch Zahlen zwischen acht und zwölf werden gelegentlich genannt). Der Grottenolm seinerseits hat offenbar keine Fressfeinde innerhalb von Höhlen. Mit über 70 Jahren Lebenserwartung kann die Art um ein Vielfaches älter werden als Amphibien normalerweise.
Fortpflanzung und Entwicklung
Details des Fortpflanzungsverhaltens wurden unter Laborbedingungen untersucht. Während der Paarungszeit – zwischen August und April, wenn die höheren Niederschläge dieser Jahreszeit Frischwasser in die Höhlen bringen – verteidigen die Männchen ein Revier von etwa 80 Zentimetern Durchmesser. Bei der Paarung umschlingen sich die Partner und schließlich setzt das Männchen – wie bei den Wassermolchen – eine Spermatophore auf dem Untergrund ab, die danach vom Weibchen mit seiner Kloake übernommen wird.
Bei einem Weibchen wurde beobachtet, dass es in der Folge 18 Gelege mit insgesamt 496 Eiern an oder unter Steinen absetzte. Die Eier sind weiß und haben einen Durchmesser von acht bis zwölf Millimetern. Bei Wassertemperaturen von 11 bis 12 Grad Celsius ist die Embryonalentwicklung nach 110 bis 115 Tagen abgeschlossen, dauert für Amphibienverhältnisse also extrem lange. Während dieser Zeit werden die Gelege vom Weibchen bewacht. Bei Lichteinfall erfolgt statt einer Flucht (siehe oben) beispielsweise eine ungerichtete Angriffsbewegung.
Beim Schlupf sind die Larven 15 bis 25 Millimeter groß und zunächst dunkler gefärbt. Ihre Vorderbeine sind bereits vorhanden; die hinteren Extremitäten nur als Stummel angelegt. Nach weiteren 110 bis 115 Tagen Entwicklungszeit haben sie ihre Hautpigmente verloren und die Gestalt der erwachsenen Olme angenommen, ohne eine echte Metamorphose durchlaufen zu haben. Die eigentliche Geschlechtsreife tritt erst nach zehn bis zwölf Jahren ein.
Alternativ zur Eiablage können Grottenolme manchmal auch fertig entwickelte Junge (höchstens zwei) zur Welt bringen. Unter welchen Umweltbedingungen diese Viviparie gegenüber der Eiablage „bevorzugt“ wird, ist noch unklar.
Gefährdung und Schutz
Der Grottenolm gehört zu den am meisten bedrohten Arten Europas. Ursache sind vor allem Abwässer aus Industrieansiedlungen, die in die Karstgewässersysteme einsickern und beispielsweise Schwermetall enthalten. Es soll dadurch bereits zum Erlöschen vieler Populationen gekommen sein. Zum Schutz der Tiere ist entsprechend vor allem die Gewährleistung unverschmutzter Höhlengewässer notwendig.
Gesetzlicher Schutzstatus (Auswahl)[2]
- Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL): Anhänge II und IV (es sind eigens Schutzgebiete auszuweisen / streng zu schützende Art), dabei außerdem: „prioritäre Art“
- Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): streng geschützt
Quellen
Literatur
- Andreas Nöllert & Christel Nöllert: Die Amphibien Europas. – Franckh-Kosmos, 1992. ISBN 3-440-06340-2
Einzelnachweise
- ↑ Wolf-Rüdiger Grosse: Grottenolm – Proteus anguinus Laurenti, 1768. S. 191–193 in: Frank Meyer et al. (Hrsg.): Die Lurche und Kriechtiere Sachsen-Anhalts. Laurenti-Verlag, Bielefeld 2004. ISBN 3-933066-17-4
- ↑ Grottenolm bei www.wisia.de
Weblinks
- Fotos des Grottenolm auf www.herp.it
- Artikel über Grottenolme aus der FAZ-Sonntagszeitung
- Proteus anguinus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: Arntzen et al., 2004. Abgerufen am 11. Mai 2006
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