Gustav Riek

Gustav Riek

Johannes Gustav Riek (* 1900 in Stuttgart; † 1. November 1976 ebenda) war ein deutscher Prähistoriker, der insbesondere im heutigen Baden-Württemberg tätig war.

Nach einem Studium der Geologie war er zunächst Assistent in Halle, dann am Urgeschichtlichen Institut der Universität Tübingen.

Riek wurde 1929 Mitglied der NSDAP.[1] Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten trat er 1933 zusätzlich der SA bei.[2] 1934 habilitierte er sich für Ur- und Frühgeschichte und wurde Privatdozent in Tübingen, im Jahr darauf a. o. Professor und Direktor des Instituts für Ur- und Frühgeschichte. 1937 trat Riek der SS bei [1] und arbeitete in den Folgejahren im SS-Ahnenerbe mit.[2]

Rieks Rolle im Nationalsozialismus zeigt exemplarisch, wie sich die Archäologie in den Dienst des NS-Staates stellte. Bereits die Untersuchungen des Hohmichele standen "unter dem Schutz des RFSS, des Reichsführers SS" Heinrich Himmler. Ein SD-Dossier von 1938 weist Riek als "politisch und weltanschaulich unbedingt zuverlässigen" "alten Nationalsozialisten" aus. Von 1940 bis 1941 war er im SS-Sonderlager Hinzert bei Hermeskeil im Hunsrück als dritter Lagerleiter tätig und für die „politische Schulung“ der Häftlinge zuständig.[2] Er soll auch Lagerhäftlinge bei Grabungen eingesetzt haben (Aleburg).

Nach dem Krieg galt er zunächst als vermisst, so dass für die prähistorische Archäologie in Tübingen Kurt Bittel und dann Wolfgang Kimmig berufen wurden. 1956 wurde Riek wieder a. o. Professor.[1] und war bis 1968 Professor für Urgeschichte an der Universität Tübingen. Nachdem er 1966 noch Ordinarius geworden war, wurde er im Jahr darauf emeritiert.[2]

Riek hat sich Verdienste für die Kenntnis der Urgeschichte Süddeutschlands erworben: Zahlreiche Fundstellen des Paläolithikums wurden von ihm entdeckt und erforscht. Bedeutend sind seine Untersuchungen in der paläolithischen Station der Vogelherdhöhle im Lonetal sowie die Untersuchung des Hohmichele, eines Fürstengrabhügels der späten Hallstattzeit bei der Heuneburg.

Publikationen (Auswahl)

  • Kulturbilder aus der Altsteinzeit Württembergs (1935).
  • Ein Fletthaus aus der Wende ältere-jüngere Hunsrück-Eifel-Kultur bei Befort in Luxemburg. Germania 26, 1942, S. 26-34.
  • Das Paläolithikum der Brillenhöhle bei Blaubeuren. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Bad.-Württ. 4/1, Stuttgart 1973.
  • Drei jungpaläolithische Stationen am Bruckersberg in Giengen an der Brenz. Veröff. Staatl. Amt Denkmalpfl. Stuttgart A 2, Stuttgart 1957.
  • Der Hohmichele. Ein Fürstengrabhügel der späten Hallstattzeit. Heuneburgstudien 1. Röm.-German. Forsch. 26, Berlin 1962.
  • Die Eiszeitjägerstation am Vogelherd im Lonetal, Bd. I: Die Kulturen. Leipzig 1934.
  • Die Mammutjäger vom Lonetal. Stuttgart 1951.

Nachrufe/Würdigungen

  • Fundberichte aus Baden-Württemberg 3, 1977, 617-618 (E. Wagner)
  • Raymond Waringo: Die "Aleburg" bei Befort. In: Beaufort im Wandel der Zeiten Bd. 1, Beaufort 1993, S. 55-82. ISBN 2919985000 (Hier: Das SS-Sonderlager Hinzert und die Rolle Rieks in Hinzert S. 77-81.)
  • Michael Strobel: Lebendige und völkische Vorzeit. Ein Beitrag zur Geschichte der prähistorischen Archäologie in Württemberg zwischen 1918 und 1945 In: Christoph Kümmel u.a. (Hrsg.): Archäologie als Kunst. Darstellung - Wirkung - Kommunikation. Tübingen 1999, hierzu S. 76 Anm. 48.
  • Uta Halle: "Der Reichsführer SS wird sich für positive Ergebnisse an den Externsteinen stark interessieren." Die Mittelalterarchäologie im Spannungsfeld nationalsozialistischer Forschung und Propaganda. In: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 12, 2001, Internet-Veröffentlichung
  • Achim Leube / Morten Hegewisch (Hrsg.): Prähistorie und Nationalsozialismus. Die mittel- und osteuropäische Ur- und Frühgeschichtsforschung in den Jahren 1933 - 1945. Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 2, Heidelberg 2002. [Auf Riek wird besonders in den Beiträgen von Michael Strobel (282, 283) und Laurent Oliver (591-594) eingegangen].
  • Hans-Peter Kuhnen (Hrsg.): Propaganda. Macht. Geschichte. Archäologie an Rhein und Mosel im Dienst des Nationalsozialismus. Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier 24 Trier 2002.
  • Alexandra Gatzen: Die Ausgrabung auf der Aleburg bei Befort im Jahre 1941. In: L'archéologie nationale-socialiste dans les pays occupés a l'Ouest du Reich. Actes de la table ronde internationale "Blut und Boden" tenue à Lyon (Rhône) dans le cadre du Xe congrès de la European Association of Archaeologists (EAA), les 8 et 9 septembre 2004 / sous la dir. de Jean-Pierre Legendre, Laurent Olivier. Gollion, Infolio, 2007, p. 257-270. ISBN 978-2-88474-804-9.

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 486.
  2. a b c d Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. aktualisierte Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 497.

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