Hans von Weber

Hans von Weber

Hans von Weber (* 22. April 1872 in Dresden; † 22. April 1924 in München) war ein deutscher Verleger und Kunstmäzen. Er gehörte zur Gruppe der literarischen Individualverleger und prägte maßgeblich die deutsche Buchkunst.

Leben und Werk

Hans von Weber entstammte einer sächsischen Beamtenfamilie; sein Urgroßvater, Konsistorialpräsident Karl Gottlieb von Weber schuf das sächsische Kirchenrecht und wurde dafür in den Adelsstand erhoben; sein Großvater war ein leiblicher Vetter von Theodor Körner; ein verwandtschaftliches Verhältnis zum Komponisten Carl Maria von Weber bestand nicht. Nach seiner Schulzeit an der Fürstenschule St. Afra und dem Gymnasium Dresden Neustadt studierte er ohne Abschluss in Lausanne, Freiburg, Heidelberg und Leipzig und schloss sich verschiedenen Künstlerkreisen an. 1898 übersiedelte er nach München und bezog ein Haus in Nymphenburg. Am 29. März 1898 heiratete er Anna Jäger, am 10. August 1900 wurde der einzige Sohn Wolfgang geboren.

Hans von Weber galt als äußerst wohlhabender Bohemien und führte ein dementsprechendes Leben innerhalb der Schwabinger Künstlerszene. Er gehörte keiner der bekannten Künstlervereinigungen an, hatte aber zahlreiche Kontakte zu bekannten Künstlern wie z.B. Richard Dehmel, Eduard Graf von Keyserling oder über seinen Vetter Kurt Martens zum jungen Schriftsteller Thomas Mann. Um die Jahrhundertwende agierte er als Mäzen und Geschäftsmann. Er galt als Entdecker Alfred Kubins, dessen erste Kunstmappe er zwischen 1901 und 1903 verlegte. Kubin setzte ihm später in seinem Roman Die andere Seite ein literarisches Denkmal.

1905 verlor er einen Großteil seines Vermögens bei riskanten Börsenspekulationen. Mit den verbliebenen Mitteln gründete er einen Verlag, in dem von 1908 bis 1910 die Kunstzeitschrift Hyperion erschien. Daneben gab es ein Buchprogramm mit jungen, internationalen Autoren zu denen die ersten deutschen Werke von Andre Gide und Gilbert Keith Chesterton zählten.

Hyperion galt als direkter Nachfolger der Kunstzeitschriften Jugend, Pan und Insel. Als Wegbereiter einer neuen Künstlergeneration veröffentlichte sie Texte u.a. von Hugo von Hofmannsthal, Franz Kafka, Heinrich Mann, Rainer Maria Rilke und Robert Musil. Hinzu kamen Abbildungen der Kunstwerke von Aristide Maillol, Camille Pissarro, Auguste Rodin, Hans von Marees und anderen. Wirtschaftlich ein Flop, wurde die Zeitschrift nach dem dritten Jahrgang eingestellt. Der Verlag firmierte jedoch weiterhin unter dem Namen Hyperion-Verlag Hans von Weber, bis der Hyperionverlag 1913 an einen Industriellen verkauft wurde, der die Verlagsleitung an den jungen Ernst Rowohlt übertrug. Hans von Weber blieb weiterhin unter seinem eigenen Namen als Verleger tätig. 1917 gelangte der Hyperionverlag an den bedeutenden Verleger des Expressionismus, Kurt Wolff.

Ab 1909 änderte sich der verlegerische Schwerpunkt. Neben neuer Belletristik traten bibliophile Reihenwerke: ab 1909 die Hundertdrucke, später die Hundertfünfzig-, Dreiangel- und Hyperiondrucke. Damit wurde der Verlag zu einem der Vorreiter der deutschen Buchkunstbewegung, die das bibliophile, qualitativ hochwertige Buch förderte. Besonders die Hundertdrucke waren ein großer Erfolg. Bis 1929 erschienen 44 Bände in kleiner Auflage mit einer auf 100 Exemplare limitierten, signierten und in der Regel besonders hochwertig gebundenen Vorzugsausgabe. Inhaltlich orientierten sie sich am klassischen Kanon des Bildungsbürgers: Lessing, Goethe, Schiller, Wieland, Heine, u.s.f. Einige der Ausgaben waren illustriert, Max Unold, Emil Preetorius, Bruno Goldschmitt, Franz Kolbrand und Hans Meid zählten zu den Künstlern. Die Reihenwerke waren das eine Standbein, das den Fortbestand des Verlages sicherte. Das zweite bildete die Zeitschrift Der Zwiebelfisch, die, ursprünglich nur als Marketingmaßnahme gedacht, zwischen 1909 und 1948 in insgesamt 25 Jahrgängen erschien. Inhaltlich eine Mischung aus (Buch-)kunst- und Satirezeitschrift traf sie genau den Geschmack des Publikums. Sie war zugleich die erste deutsche Zeitschrift die sich mit dem Thema typographische Gestaltung von Büchern beschäftigte.

Der Verlag überstand die schwierigen Jahre während des und nach dem ersten Weltkrieg. Hans von Weber erkrankte 1920 schwer; am 22. April 1924, seinem 52. Geburtstag, verstarb er an den Folgen seiner Herz-Kreislauf-Erkrankung. Der Verlag wurde von seinem Sohn Wolfgang von Weber weitergeführt. 1928 wurde er an die ehemalige Verlagssekretärin Frau Anna Roith verkauft, die einen Neuanfang in Österreich versuchte. Anfang der 30er Jahre wurde die Verlagstätigkeit eingestellt. Eine Neugründung der Zeitschrift Zwiebelfisch nach 1945 gelang nicht.

Literatur

  • Jürgen Eyssen: Buchkunst in Deutschland. Vom Jugendstil zum Malerbuch. Hannover 1980
  • Georg Kurt Schauer [Hg.]: Deutsche Buchkunst 1890–1960, Hamburg 1963
  • Julius Rodenberg: Deutsche Pressen. Eine Bibliographie. Zürich, Wien, Leipzig 1925
  • W. Zils-München [Hg.]: Geistiges und künstlerisches München in Selbstbiographien. München 1913
  • Zwiebelfisch, XVII. Jahrgang Heft 3/4 (Hans von Weber Gedächtnisheft). München 1924
  • Ralph Berger: Hans von Weber - Ein Verleger aus München. Magisterarbeit, Erlangen 1993 (nicht veröffentlicht)

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