Heftroman

Heftroman
Einige deutsche Groschenromane des frühen 20. Jahrhunderts

Heftroman (auch Groschenroman oder Groschenheft genannt) bezeichnet eine Form der Trivialliteratur. Es handelt sich um Romane im Format DIN A5, die in preisgünstiger Heftform in hohen Auflagen veröffentlicht wurden und als billige Konsumware gedacht waren.

Die Bezeichnung Groschenhefte und Groschenroman stammt aus einer Zeit, in der sie einen oder mehrere Groschen kosteten. Heute kosten in Heftform publizierte Romane zwischen ein und fünf Euro.

Das Format existiert vor allem im deutschsprachigen Raum; in den Vereinigten Staaten z. B. wird das entsprechende Marktsegment von billigen Taschenbüchern ausgefüllt.

Inhaltsverzeichnis

Taschenheft

Taschenhefte sind Romane, die mit einer Klebebindung im Format DIN B6 hergestellt wurden und deren Ausstattung ungefähr den heutigen Taschenbüchern entspricht, wobei meist deutlich dünneres Umschlagpapier verwendet wird. Dabei unterscheidet sich der Vertriebsweg von Taschenbüchern insofern, als die Taschenhefte nicht über den Buchhandel zu beziehen sind. Daher ist der Erscheinungsrhythmus, wie bei Zeitschriften üblich, mehrwöchentlich und nicht monatlich. Taschenhefte wurden ebenfalls als Groschenromane bezeichnet.

Geschichte

Diese Art der Literatur hat sich schon früh, zuerst als Einblattdruck, später in Form einfacher Broschüren, verbreitet. Die Gattung entstand durch Übersetzungen italienischer und französischer sowie zum Teil antiker Quellen, wobei die Themen Liebe und Abenteuer einen Schwerpunkt bildeten. Zum damaligen Zeitpunkt druckte man die so bezeichneten „Volksbücher“ auf billigem, löschblattartigem Papier und verkaufte danach das Produkt für wenig Geld auf Jahrmärkten. Diese Volksbücher ermöglichten den Fortbestand einer Vielzahl alter Sagen und Märchen. Diese Heftchen boten Kindern und Erwachsenen humorvolle und lehrende, spannende und traurige Erzählungen, dienten der Erbauung ebenso wie der Unterhaltung und deckten so eine breite Themenpalette ab.

Im Laufe der Zeit gerieten die Volksbücher mehr und mehr in Vergessenheit, wurden jedoch von den Deutschen Romantikern im 19. Jahrhundert zu neuem Leben erweckt.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts lassen sich Heftromane in Form meist wöchentlich erscheinender Druckerzeugnisse auf dem Buch– und Zeitschriftenmarkt in den meisten Ländern Europas und in Nordamerika finden. In England und Nordamerika wurden sie analog zum deutschen Begriff als Penny Dreadfuls oder Dime Novel bezeichnet, in Deutschland wurden im 19. Jahrhundert auch die Begriffe Eisenbahnliteratur oder (seitens der Verlage) Conversations- und Reiseliteratur verwendet. Groschenromane erschienen zunächst im „Großformat“ (Quart), später im Oktav- oder Duodezformat. Dem Druckbogen entsprechend hatten sie einen Umfang von 24 oder 32 Seiten, später auch von 50 bis 100 Seiten. Die Hefte waren teilweise reich illustriert. Auffällig war ein farbiges Titelbild, das eine dramatische Szene darstellte und mit einer reißerischen Unterzeile versehen war.

Die Jahre zwischen 1905 und 1914 war die Blütezeit des deutschen Heftromans. Weder vor dieser Zeit noch danach hat es so viele Heftromanreihen und vergleichbar hohe Auflagen gegeben. In dieser Zeit konnten sich die Heftromane mit ihren Serienhelden endgültig durchsetzen. Vor 1914 erschienen in Deutschland rund 100 Heftreihen. Dabei dominierten drei Verlage: Der Verlag für Volksliteratur und Kunst (Berlin), der Dresdner Roman Verlag und der Verlag für moderne Lektüre (Berlin).

Als weitere Vorläufer der Groschenhefte können die „Collectionen“ oder „Bibliotheksreihen“ genannt werden. Geschrieben wurden und werden sie meist von Autoren, die anonymen oder unter einem Pseudonym schreiben, oder auch von Schreibkollektiven nach standardisierten Vorgaben je nach Genre. Es gibt sie in den verschiedensten Themenbereichen, sogenannte Frauen- bzw. Arztromane wie z. B. „Der Bergdoktor“, „Dr. Stefan Frank“ etc., Schicksals-, Berg/Heimat-, Schlossromane, aber auch Kriminalromane, Science-Fiction, Fantasy, Horror, Der Landser oder Wildwestromane (Western). Einige dieser Romanserien besitzen eine durchgängige Storyline, die die einzelnen Romane verbindet (bspw. Perry Rhodan). Mehrere erfolgreiche Romanvorlagen wurden verfilmt (Jerry Cotton) oder gingen als Fernsehserie auf Sendung (John Sinclair).

Literarische Einordnung

Der Heftroman gehört zur Trivialliteratur, einem Genre der Stereotypen und einfachen sprachlichen Mittel, was mitunter zur Abstemplung des gesamten Genres als „Schundliteratur“ führt.

Die Verlage müssen aus geschäftspolitischen Gründen auf bewährte Konzepte setzen. Formen und Inhalte werden gezielt reproduziert und wenig variiert. Aufgrund des niedrigen Preises und der hohen Auflage spielt Originalität wegen der damit verbundenen Marktrisiken meist eine untergeordnete Rolle. Um bei Bedarf Autoren austauschen zu können, wird der Handlungsrahmen häufig in Form eines Serienexposés festgelegt, in dem wiederkehrende Charaktere, Vorgeschichten und dramaturgische Schablonen vorgegeben sind.

Heftromane erscheinen heute als Serien und als Reihen.

Gewöhnlich steht im Mittelpunkt einer Serie ein Held, der immer wieder neue Abenteuer zu bestehen hat. In Deutschland gelang es verschiedenen Serien mit diesem Konzept Kultstatus zu erreichen. Dazu gehören die Spannungsromanklassiker Buffalo Bill, „der Held des wilden Westens“, die Heftserie Rolf Torring, Nick Carter, „Amerikas größter Detektiv“, Nat Pinkerton oder später die Science-Fiction-Serie Perry Rhodan, die Krimiserie um den FBI-Agenten Jerry Cotton oder die Gespenster-Krimi-Serie Geisterjäger John Sinclair. Im Liebesromanbereich erscheinen insbesondere die Arztromane als Serien (zum Beispiel Dr. Stefan Frank, Dr. Norden oder Der Bergdoktor).

Heftroman-Reihen hingegen umrahmen in sich abgeschlossene Geschichten zu einem bestimmten Thema. Im Themenbereich der Liebesromane finden sich überwiegend solche Reihen. Im Fürstenroman beispielsweise wird jede Woche eine neue Geschichte aus der Welt des Hochadels erzählt. Ein weiteres Beispiel hierfür sind die Heimatromane, die in den bayerischen oder österreichischen Bergen spielen. Diese Romanzen folgen der immer gleichen Dramaturgie und lassen Roman für Roman ein neues potenzielles Liebespaar aufeinandertreffen. Dieses gerät in einen Konflikt, die Liebe scheint unwiederbringlich verloren, der Konflikt wird gelöst, weil das Paar (oder einer der beiden) für die Liebe kämpft und am Ende verspricht man sich ewige Treue.

Im Themenbereich Abenteuer erscheinen neben der umstrittenen Reihe Landser hauptsächlich Westernromane.[1]

Bekannte Autoren, die mit Heftromanen zunächst ihr Geld verdienten und deren Namen nun in anderen Zusammenhängen Bekanntheit erlangten, sind: Wolfgang Hohlbein, Karl May (= Kolportage-Autor), Stefan Wolf, Hedwig Courths-Mahler, Horst Bosetzky (= -ky) und viele andere mehr.

Literatur

  • Anna Basener: Heftromane schreiben und veröffentlichen. Autorenhaus Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86671-074-0.
  • Heinz J. Galle: Groschenhefte. Die Geschichte der deutschen Trivialliteratur. Ullstein, Frankfurt am Main und Berlin 1988, ISBN 3-548-36556-6.
  • Heinz J. Galle: Populäre Lesestoffe. Groschenhefte, Dime Novels und Penny Dreadfuls aus den Jahren 1850 bis 1950. Universitäts- und Stadtbibliothek, Köln 2002, ISBN 3-931596-19-2 (Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln 10), Ausstellungskatalog.
  • Heinz J. Galle: Volksbücher und Heftromane. Streifzüge durch über 100 Jahre populäre Unterhaltungsliteratur. DvR, Lüneburg 2005–2006,
  • Hans-Otto Hügel: Lob des Mainstreams. Herbert von Halem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-93825-815-6, S. 246–271.
  • Thomas König GeisterwaldKatalog. Bibliographie der deutschen Heftromane. König, Berlin 2000–2009,
  • Weitere Literatur siehe Artikel Kolportageroman

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Anna Basener: „Heftromane schreiben und veröffentlichen“. Autorenhaus-Verlag, 2010, ISBN 978-3-86671-074-0

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