- Hierogamie
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Die Hierogamie (griechisch ιερογαμία, ierogamía, „die heilige Hochzeit“) oder dem Hieros gamos (griechisch ιερός γάμος, ierós gámos, wiederum „die heilige Hochzeit“, auch Theogamie) beschreibt die Hochzeit zweier Götter[1]. Manchmal wird der Terminus auch auf die Vereinigung zwischen einer Gottheit und einem Sterblichen angewendet.
Inhaltsverzeichnis
Verbreitung
Die Heilige Hochzeit, besonders die zwischen Zeus und Hera spielte eine wichtige Rolle im Kult der Griechen[2]. In den mesopotamischen Kulturen von Sumer, Assur und Babylon spielte Hierogamie die bedeutendenste Rolle im Kult.
Griechenland
Einmal im Jahr vereinigte sich Hera mit ihrem Gatten Zeus unter einem Keuschbaum (Vitex agnus castus L.) Lygos auf Samos[3]. Ein Bad im Imbrasos erneuerte danach ihre Jungfräulichkeit. Hera war auch unter einem Lygos geboren worden. Die Feiern der Tonaia, bei dem das Kultbild mit Keuschbaumzweigen umwunden wurde, erinnerte an dieses Ereignis. Dieser Baum stand am Altar in Heraion und wurde unter anderem von Pausanias beschrieben[4]. Weitere wichtige Götterheiraten sind die zwischen Hades und Persephone, Demeter Erinys und Poseidon, Demeter und Iasion.
Die rituelle Vereinigung der athenischen Basilinna mit Dionysos ist ein Beispiel der Heiligen Hochzeit eines Gottes und einer Sterblichen. Einmal im Jahr wurde dafür das älteste Dionysos-Heiligtum Athens, das den Namen „In den Sümpfen“ (έν λίμναις) trug, geöffnet, wo dann dieses Ereignis stattfand.[5]
Rom
Die Metamorphosen des Apuleius beschreiben die Hochzeit eines Gläubigen in Gestalt des Sonnengottes mit Isis: "Nämlich im eigentlichen Zentrum des Gotteshauses stellte ich mich, wie man mich anwies, auf ein vor dem Bild der Göttin errichtetes Holzpodest ... Aber in der rechten Hand hielt ich eine Fackel mit entfacher Flamme, und um meinen Kopf schlang sich ein prächtiger Kranz aus schimmernden Palmblättern, die strahlenförmig vorstanden. So ward ich wie der Sonnengott ausstaffiert" [6].
Celticum
Den Kelten war die Heilige Hochzeit wohl ebenfalls bekannt. Der Herrschaftsantritt eines irischen Königs war nur dann gültig, wenn er sich zuvor mit dem personifizierten Symbol des Landes, der Königin als Vertreterin der Landesgöttin, aber auch einem weiblichen Tier, fast immer einer Stute, geschlechtlich verband.[7] Dies ist in mehreren Erzählungen überliefert, in denen sich meistens eine erst alte und hässliche, dann junge und wunderschöne Frau als „Herrschaft über Schottland und Irland“ (gälisch flathius Alban is Erenn) bezeichnet. Die Verwandlung der alten in die junge Frau ist ein Symbol für die Verjüngung des Landes durch den neuen, jungen König.[8] Nach Miranda Green ist auch in der Verbindung römischer Götter mit keltischen Göttinnen Galliens und Britanniens eine Form der Hierogamie des Herrschers mit der Landesgöttin zu sehen. Beispiele sind Apollon/Grannus und Sirona, Mars/Loucetius und Nemetona, Mars/Lenus und Ancamna, und einige andere.[9]
Timor
Auch die Urbevölkerung Timors lebt mit der Vorstellung einer heiligen Hochzeit zwischen Himmel und Erde. Näheres siehe Atoin Meto.
Mesopotamien
Die Feier des Hieros gamos in Sumer konnte teilweise nach Keilschrifttexten rekonstruiert werden. Das Fest war Teil des Neujahrsfestes. Der Stadtfürst vollzog eine rituelle Vereinigung mit Inanna. Wer die Rolle der Inanna einnahm, ist unklar[10], meist wird angenommen, daß es sich um eine Priesterin handelte[11]. Das Ritual des Neujahrsfestes ist auch aus einem aramäischen Text aus Syene bekannt[12]. Er berichtet von der kultischen Vereinigung des Königs von Araš (ʿrš, rš) mit der Götting Nana.
Judentum
Die Kabbalah kennt eine Heilige Hochzeit zwischen Gott und der Šeḫinah[13].
Literatur
- Helmut Uhlig: Das Leben als kosmisches Fest. Magische Welt des Tantrismus. Bergisch-Gladbach 1998. ISBN 3-7857-0952-8.
- Gerhard Wehr: Heilige Hochzeit, Symbol und Erfahrung menschlicher Reifung. ISBN 978-3-939647-05-8.
- Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3.
- Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. Kröner, Stuttgart 1994, ISBN 3-520-46601-5.
- Bernhard Maier: Die Religion der Kelten. Götter, Mythen, Weltbild. Beck, München 2001, ISBN 3-406-48234-1.
Einzelnachweise
- ↑ Aphrodite Aavagianou 1991, Sacred Marriage in the Rituals of Greek Religion. Europäische Hochschulschriften Serie 15, Classics, 54. Frankfurt, Peter Lang
- ↑ Marielouise Cremer 1982, Hieros gamos im Orient und in Griechenland. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 48, pp. 283-290
- ↑ Marielouise Cremer 1982, Hieros gamos im Orient und in Griechenland. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 48, pp. 283-290
- ↑ Pausanias VII,4,4
- ↑ Bernhard Maier: Die Religion der Kelten. Götter, Mythen, Weltbild. S. 102.
- ↑ Apuleius, Metamorphosen XI,25
- ↑ Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. S. 164 f.
- ↑ Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. S. 531 f.
- ↑ Miranda Green: Pagan Celtic Religion: Archeology and Myth. In: Transactions of the Honourable Society of Cymmrodorion, Issued by the Society, London 1990, S. 25.
- ↑ Moshe Weinfeld, Feminine Features in the Imagery of God in Israel: The Sacred Marriage and the Sacred Tree. Vetus Testamentum 46/4, p. 525
- ↑ Jean Bottero, La Hiérogamie àpres l'epoque sumèrienne. In: Samuel N. Kramer, Le mariage sacré à Babylone (Paris 1983), pp. 175-214
- ↑ Richard C. Steiner, The Aramaic Text in Demotic Script: The Liturgy of a New Year's Festival Imported from Bethel to Syene by Exiles from Rash. Journal of the American Oriental Society 111/2, 1991, pp. 362-363
- ↑ Moshe Weinfeld, Feminine Features in the Imagery of God in Israel: The Sacred Marriage and the Sacred Tree. Vetus Testamentum 46/4, p. 516
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