Grannus

Grannus

Grannus (gall. Grannos) war ein Heilgott der Kelten und wurde mit dem römischen Apollo gleichgesetzt. Seine Partnerin war die Göttin Sirona.

Inhaltsverzeichnis

Verehrung

Heiße Quellen wie hier bei Aquae Granni (heute Aachen) waren dem Grannus geweiht.

Grannus war offenbar der keltische Gott mit der größten Ausbreitung. Das Zentrum seiner Verehrung lag in den Provinzen Niedergermanien, Obergermanien und Raetia, inklusive den Agri decumates. Besonders in Faimingen, Lauingen (Donau) und Höchstädt an der Donau, alle in der römischen Provinz Raetia, jetzt Bayrisch Schwaben, wurden viele dem Grannus geweihte Inschriften gefunden.[1] In Faimingen steht der von Kaiser Caracalla gestiftete Apollo-Grannus-Tempel. Doch Widmungen finden sich von Musselburgh in Schottland[2] und Astorga, Provinz Hispania citerior (Spanien)[3] bis nach Ephesos am Ägäischen Meer.[4] Ein Bronzeeimer mit einer Inschrift an Apollo Grannus stammt sogar aus einem Grabhügel in Fycklinge bei Västerås (Schweden).[5] In einer Inschrift aus Horbourg-Wihr (Elsass) hat er den Beinamen Mogounus „Mächtiger“[6] oder „Jüngling“ [7] und eine Inschrift aus Branges (Département Saône-et-Loire) ist dem „Weithinschauenden“[6] bzw. „Weitsichtigen“ gewidmet.[8]

Amphitheater von Grand (Département Vosges)

Grannus wurde nicht nur von Kelten verehrt. Nachdem einige Alamannen mit gewissen Zaubermitteln und Zaubersprüchen den Kaiser Caracalla (211–217) krank gemacht hatten, bat er umsonst Apollon Grannus (Γράννος), Asklepios und Sarapis um Heilung.[9]

Grannus wurde vor allem in Heilbädern verehrt und der Ort Aachen, wo heiße Quellen der Erde entspringen, hieß in römischer Zeit vermutlich Aquae Granni »Wasser des Grannus«.[10] Nach diesem Gott ist ebenfalls das gallo-römische Quellheiligtum von Grand an der ehemaligen Römerstraße Lyon-Trier (heute Ort Grand (Département Vosges)) benannt, wo drei dem Grannus gewidmete Inschriften gefunden wurden.[11] Das Sironabad bei Nierstein am Rhein ist dem Götterpaar Apollo Grannus und Sirona geweiht.[12]

Eins seiner Kultzentren, neben Aachen, könnte sich im Trierer Tempelbezirk im Altbachtal befunden haben.[6]

Name

Der gallische Name Grannos wird meist als „Sonne“ (air. grían »Sonne«) gedeutet und derjenige seiner Partnerin Sirona als „Großer Stern“. Doch ist eine Ableitung aus ie. *guhr-snó-s »Wärmer« (kelt. *Grasnos) wahrscheinlicher, zumalen Heilbäder von natürlichen warmen Quellen gespeist werden. Im Altirischen hat sich dann die Bedeutung „warm“ sekundär zu „Sonne“ verschoben.[13]

Birkhan zitiert Whatmougs Dialects of Ancient Gaul (1971), der ein angebliches gallisches Wort granus („Bart“, „Schnurrbart“, auch „Augenbraue“) nennt; allerdings gibt es auch eine germanische Entsprechung, vergleiche unser Wort Granne. Das im Dictionary of the Irish Language (1983) auf S. 370 angeführte mittelirische grenn bzw. bretonische grann lassen eine keltische Form aber durchaus möglich scheinen. Dies könnte auf die erwachsene Männlichkeit und Schönheit des Gottes hinweisen. Die Ableitung bei Olmsted bezweifelt Birkhan allerdings, da sie mit dem a-Vokalismus von ā nur schwer vereinbar sei.[6]

Andere bekannte keltische Heilgötternamen wie Belenus, Bormo/Borvo[14] und Toutiorix stellen nach heutigem Stand regionale Varianten desselben keltischen Heilgottes dar.

Siehe auch

Literatur

Weblink

Anmerkungen

  1. CIL III, 5870 In h(onorem) d(omus) d(ivinae) / Apolli(ni) Granno / Baienius Victor / et Baienius Victor / et Baienius Victo/rinus fili(i) eius ex / vis{s}u signum cum base
    CIL III, 5871 Apollini / Granno / signum cum / base MIRPA
    CIL III, 5873 Apollini Granno et Sanctae Hygiae [3] / [M]at(ri) deum ipsorum pro salute Luci[
    CIL III, 5874 [D]ei Apollinis Granni / [pro salute Imp(eratoris) Caes(aris) M(arci) Au]rel(i) Antoni[[[ni]]] / 6 / 3 p(atris) p(atriae) / [3 Dio]nysius leg(atus) Aug(usti) pr(o) p(raetore) / [3] Kal(endas) Iunias
    CIL III, 5876 Apollini / Granno / M(arcus) Ulpius / Secundus / |(centurio) leg(ionis) III Ital(icae) / cum signo / argenteo / v(otum) s(olvit) l(ibens) l(aetus) m(erito)
    CIL III, 5881 Apollini / Granno / Sabinius / Provincia/lis ex voto / l(ibens) l(aetus) m(erito)
  2. The Roman Inscriptions of Britain (RIB) 2132
  3. AE 1968, 230 Serapidi / Sancto / Isidi Myr(i)onym<a=O>(e) / Cor(a)e Invictae / Apollini Granno / Marti Sagato / Iul(ius) Melanio / proc(urator) Augg(ustorum) / v(otum) s(olvit)
  4. 1905 in der Bibliotheksmauer von Ephesos gefunden, in griechischer Schrift ein Reisebericht durch das ganze Römische Reich bis zu Apollo Grannus
  5. AE 1903, 273 Apollini Granno / donum Ammillius / Constans praef(ectus) templi / ipsius / v(otum) s(olvit) l(ibens) l(aetus) m(erito)
  6. a b c d Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3, S. 620 f.
  7. CIL XIII, 5315 Apollini Gran/no Mogouno / aram / Q(uintus) Licini(us) Trio / d(e) s(uo) d(edit)
  8. CIL XIII, 2600 Deo Apol/lini Gran/no Amarcolitan(o) / Veranus / Verci f(ilius) Tilander / v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito)
  9. Cassius Dio: Römische Geschichte 77,15,2.
  10. Maximilian Ihm: Aquae Grani (Granni). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,1, Stuttgart 1895, Sp. 300.
  11. CIL XIII, 5940 [3]o Invi[cto] / ac deinde c/[3 A]ntoninum / [3]s numini e[ius] / [3]mi ser(vus?) [ // ]IN[ // ]EC[3] / [3]VM / [3]EI[
    CIL XIII, 5942 [Gra]nni [3] / [3 A]quilinus [3] / [3 Li]ngon(ius) VM[3] / [v(otum) s(olvit)] l(ibens) [m(erito)]
    AE 1937, 55 Deo Apollini] / [Gr]anno Consi[n]ius / [tri]bunus / somno iussus
  12. alle Inschriften in Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. S. 150 f.
  13. Garrett S. Olmsted: The gods of the Celts and the Indo-Europeans, Innsbruck 1994. ISBN 3-85124-173-8.
  14. siehe Maximilian Ihm: Bormo. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 733.

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