Holzdorf bei Weimar

Holzdorf bei Weimar

Holzdorf war bis 1994 ein Ortsteil der bis dahin selbstständigen Gemeinde Legefeld, die beide heute als Ortsteil Legefeld/Holzdorf zu Weimar gehören. Bekannt ist das Landgut Holzdorf durch sein architektonisch wertvolles Herrenhaus und einen Landschaftspark der „Frühen Moderne“. Die einzigartige Sammlung von Gemälden französischer Impressionisten des Gutsherrn Otto Krebs wurde nach 1945 in die Sowjetunion verbracht und nicht wieder zurückgegeben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge bis 1945

Ein Ort Halsdorf wurde 1271 erstmals erwähnt. Im 14. Jahrhundert wurden die Grafen von Orlamünde als Besitzer eines Landguts genannt. Sie übergaben 1333 die Zuständigkeit für die Dorfkirche an Oberweimar. Der Ort wurde dann fast völlig zur Wüstung und wurde im Kirchenregister von 1500 nicht mehr aufgeführt.

Das Herrenhaus des Gutes stammt aus der Zeit von 1690 bis 1750. Bis 1874 war das Gut im Besitz der Familie Weitzenberg, direkte Nachfahren von Lucas Cranach dem Älteren. Darauffolgende Besitzer erweiterten das Landgut. Seine Blütezeit erlebte es in den 1920er und 1930er Jahren unter dem erfolgreichen Mannheimer Industriellen und Kunstsammler Dr. Otto Krebs (1873–1941). Er erwarb das Gut 1917 und nahm dann umfassende Erweiterungen und Veränderungen vor. Aus dem Gutshaus wurde ein repräsentativer Herrensitz, außen mit einer Fassadenverkleidung aus geschnitzten Schindeln, innen prächtig mit goldverzierten Ledertapeten, Mosaikparkett und belgischen Gobelins. Die Erweiterungen der baulichen Anlage (1920 bis 1939) dienten der Aufnahme einer umfangreichen Kunstsammlung, die Otto Krebs anlegte. Deren Schwerpunkt waren wertvolle Gemälde französischer Impressionisten und Neo-Impressionisten, darunter Cézannes, van Goghs und Gauguins, sowie von Plastiken von Degas und Maillol. Sie galt als eine der bedeutendsten deutschen Privatsammlungen von Gemälden. Ihr materieller Wert wurde (in den 1990er Jahren) auf eine Milliarde Deutsche Mark geschätzt.[1]

Der Gartenarchitekt Franz Wirtz aus Frankfurt schuf auf zehn Hektar einen ansprechenden Landschaftspark der Frühen Moderne, mit überlebensgroßen Skulpturen (unter anderen von Rodin, Meunier und Lehmbruck), Pavillons, Badegarten mit Schwimmteich und Badehäuschen. Ab Mitte der 1920er nutzte Krebs die gesamte Gutsanlage einschließlich des Parks für wechselnde Ausstellungen seiner Sammlung. Otto Krebs starb 1941. Er übertrug einen großen Anteil seines Vermögens (Strebel-Werke u.a. Immobilien) an eine Stiftung für Krebs- und Scharlach-Forschung.

1945 bis jetzt

Im April 1945 besetzten US-Truppen das Landgut. Dem Museumsdirektor Scheidig gelang die Rückführung des vor den Luftangriffen auf Weimar nach Holzdorf geretteten Max Reger-Archivs. Erst dabei entdeckte er, dass sich hinter „sicheren“ Spezial-Tresortüren im Gutskeller die Gemäldesammlung von Otto Krebs befinden musste. Anfang Juli 1945 bezog Marschall Tschuikow, der Leiter der SMAD Thüringen, Quartier im Herrenhaus. Das Gut wurde zu einem Versorgungszentrum der Roten Armee. Nach der Enteignung des Guts und Überführung in Landeseigentum versuchte Scheidig 1946 über den Präsidenten des Landes Thüringen, die Gemäldesammlung zu retten. Das scheiterte am Widerstand von Tschuikow: Vor der Räumung des Guts durch die sowjetische Besatzung 1952 (wahrscheinlich bereits 1948) wurden die Gemälde in die Sowjetunion abtransportiert. Es ist dabei nicht sicher, ob die sowjetischen Kunstschutzoffiziere noch die vollständige Sammlung vorgefunden haben. Eine (nicht originale) Inventarliste enthielt 98 Gemälde und 18 Plastiken. 20 Gemälde sind inzwischen verschollen, 78 Bilder befinden sich im Archiv der Eremitage in St. Petersburg. 55 von ihnen wurden 1995 in einer Sonderausstellung/Beutekunst-Ausstellung Verborgene Schätze gezeigt.[2] Der wertvollere Teil der Park-Skulpturen ist in ein Berliner Museum überführt worden.[3]

Das Gut Holzdorf wurde nach Abzug der Sowjetarmee als Schulungsstätte, Kinderheim und Schule (Polytechnische Oberschule mit Klassen 5 bis 10) genutzt. In den 1960er Jahren wurde ein großer, dreigeschossiger Plattenbau als Schule in den Park gesetzt, der auch heute (2009) noch steht. Die Wirtschaftsgebäude gehörten zur DDR-Zeit einer LPG. Besitzerin des Gutes ist – nach Leerstand von 1996 bis 2000 – die Diakonie Landgut Holzdorf gGmbH. Im Gut soll das Evangelisches Institut für Sozialberufe in Weimar eingerichtet werden.

Das Gut besteht jetzt aus einem Karee von Herrenhaus, Quergebäude, Wirtschaftsgebäuden und (früherem) Verwaltungsbau, sowie dem Park mit Plattenbau. Es besteht dringender Sanierungsbedarf, dessen Kosten auf 15 Millionen Euro geschätzt werden.[4] Es existiert ein Förderverein Landgut Holzdorf e.V.

Verkehr

Der Ortsteil Holzdorf verfügt über eine Haltestelle der Ilmtalbahn zwischen Weimar und Bad Berka.

Besonderes

Holzdorf wurde auch bekannt durch ein Eisenbahnunglück im Jahre 2003, als zwei Triebwagen unweit des Ortes auf der eingleisigen Ilmtalbahn frontal zusammenstießen, wobei es eine Tote und 28 zum Teil schwer Verletzte gab.

Einzelnachweise

  1. Günter Wermusch und Nick Reimer: Wir bitten ergebenst um Erlaubnis zur Bergung. Berliner Zeitung, 29. Mai 1995
  2. Günter Wermusch und Nick Reimer: Wir bitten ergebenst um Erlaubnis zur Bergung. Berliner Zeitung, 29. Mai 1995
  3. Jürgen Richter: Verwahrloste Hochherrschaftlichkeit. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.Oktober 2008
  4. Jürgen Richter: Verwahrloste Hochherrschaftlichkeit. FAZ, 24. Oktober 2008

Weblinks

50.94055555555611.2777777777787Koordinaten: 50° 56′ N, 11° 17′ O


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