Altenglische Grammatik

Altenglische Grammatik

Die Struktur des Altenglischen ähnelt eher derjenigen des Lateins als der des heute gesprochenen Neuenglischen. Es wurden vier Kasus (Fälle) und bei Verben (im Singular) drei Personen unterschieden. Die Satzstellung war noch freier, als sie es sogar heute noch im Deutschen ist. Auch ein fünfter Kasus (der Instrumental) ist in Resten erhalten geblieben: So ist das neuenglische Wort why „warum“ (ae. hwy) ein alter Instrumental des Wortes „was“.

Inhaltsverzeichnis

Die Kasus

Das Altenglische kennt fünf Kasus, auch wenn der Instrumental nur noch in Resten als eigene Form existiert. Der Gebrauch der Kasus weist zahlreiche Parallelen zum Deutschen auf, auch wenn die Verwendungsmöglichkeiten vielfältiger sind.

Nominativ

Der Nominativ dient wie im Deutschen zur Bezeichnung des Subjekts eines Satzes, eines Adressaten (bspw. „Seht, mein König!“) oder eines Prädikativums (bspw. „Er ist Lehrer“).

Genitiv

Der Genitiv hat im Altenglischen drei Funktionen:

1. Possessiv


2. Partitiv


3. Eigenschaft

Dativ

1. Dativobjekt/Indirektes Objekt


2. Besitz


3. Vergleich


4. Mittel, Art und Weise

Akkusativ

Im Akkusativ steht (wie auch im Deutschen) das direkte Objekt transitiver Verben.

Instrumental

1. Mittel, Art und Weise


2. Begleitung


3. Zeitausdrücke

Silbenlänge

In der Altenglischen Grammatik spielt die Silbenlänge eine große Rolle, da eine Reihe von Flexionsendungen nach langen Stammsilben entfallen. Als lang gelten dabei Silben, die einen langen Vokal oder Diphthong enthalten, oder aber zwar einen kurzen Vokal oder Diphthong enthalten, aber auf mindestens einen Konsonanten auslauten (im Nominativ Singular von Substantiven und Adjektiven zwei Konsonanten, da der zweite bei der Flexion Teil der Endung wird und nicht mehr Teil der Stammsilbe ist).

Substantive

Die Substantive des Altenglischen werden in der historischen Grammatik in mehrere Deklinationsklassen eingeteilt. Grob unterscheidet man dabei zwischen der starken und der schwachen Deklination, die aber noch feiner unterteilt werden können. Zu diesen beiden hinzu kommen noch kleine Restklassen, wie z. B. die Verwandtschaftsbezeichnungen.

An Kasus kannte das Altenglische vier bis fünf. Der fünfte Kasus, der Instrumental, war nur noch zu Beginn der altenglischen Periode klar vom Dativ geschieden, während er später formal mit diesem zusammenfiel.[1] Die übrigen vier Fälle waren – wie im Deutschen –: Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ. Im Neuenglischen sind nur der Nominativ-Akkusativ Singular (ae. stān[2], ne. stone), der Nominativ-Akkusativ Plural (stānas, heute stones) sowie, bei einigen Substantiven, der Genitiv Singular erhalten geblieben. Von einer Klassenunterteilung ist, bis auf ein paar Ausnahmen wie child-children, goose-geese, ox-oxen, nichts erhalten geblieben.

An grammatischen Geschlechtern wurden drei unterschieden, das Maskulinum, das Femininum, und das Neutrum. Numeri wurden beim Substantiv zwei differenziert, der Singular und der Plural. In der Pronominalflexion gab es aber auch noch eine Zweizahl (z. B. 1. Pers. Sg., wit 1. Pers. Du. „wir beide“, we 1. Pers. Pl.).

Die starke Deklination – a- und ō-Deklination

Die a-Deklination beinhaltet Maskulina und Neutra und ist vergleichbar mit der lateinischen o-Deklination[3] (z. B. lat. dominus „Herr“). Die ō-Deklination hingegen beinhaltet Feminina und ist mit der lateinischen ā-Deklination vergleichbar (z. B. lat. domina „Herrin“). a- und ō-Deklination werden noch feiner unterteilt in eine ja- und wa-Deklination, bzw. eine jō- und wō-Deklination. Diese werden aber unterhalb gesondert behandelt.

Die typischen Endungen für die a- und ō-Deklination im westsächsischen Dialekt des Altenglischen sind Folgende:

Die Endungen der starken Deklination
Kasus Maskulin Neutrum Feminin
Singular Plural Kurz Lang Kurz Lang
Singular Plural Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ -as -u -u -a -a
Genitiv -es -a -es -a -es -a -e -a[4] -e -a
Dativ -e -um -e -um -e -um -e -um -e -um
Akkusativ -as -u -e -a, -e -e -a, -e
Die starke Deklination
Kasus Maskulin
stān Stein
Neutrum Feminin
Singular Plural Kurz
scip Schiff
Lang
word Wort
Kurz
ðegu Empfang
Lang
sorg Sorge
Singular Plural Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ stān stānas scip scipu word word ðegu ðega sorg sorga
Genitiv stānes stāna scipes scipa wordes worda ðege ðega sorge sorga
Dativ stāne stānum scipe scipum worde wordum ðege ðegum sorge sorgum
Akkusativ stān stānas scip scipu word word ðege ðega/ðege sorge sorga/sorge

Substantive mit Vokalwechsel æ zu a

Einige Substantive der a-Deklination vollziehen einen Wechsel im Vokalismus zwischen Singular und Plural. Diese Wörter haben als Vokal im Singular ein æ, das sich im Plural (bzw. vor a, o, u)[5] zu a wandelt.

dæg Tag m.
Kasus Singular Plural
Nominativ dæg dagas
Genitiv dæges daga
Dativ dæge dagum
Akkusativ dæg dagas

Substantive mit Nominativ-Singular-Auslaut auf -h

Substantive, die im Nominativ Singular auf -h auslauten, verlieren dieses vor einer Endung, die mit Vokal beginnt. Ist der Vokal der Stammsilbe dabei kurz, so kommt es unter Umständen zur Längung (vgl. Nom. Sg.: mearh → Gen. Sg. mēares). Zusätzlich kommt es zu Zusammenziehungen von Vokalen, wenn dem -h unmittelbar ein Vokal vorausgeht, sodass der Genitiv Singular zu scōh „Schuh“ nicht *scōes, sondern scōs lautet.

Substantive auf -h
Kasus Maskulin
mearh Pferd
Neutrum
feorh Leben
Maskulin
scōh Schuh
Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ mearh mēaras feorh feorh scōh scōs
Genitiv mēares mēara fēores fēora scōs scōna[6]
Dativ mēare mēarum fēore fēorum scō scōm
Akkusativ mearh mēaras feorh feorh scōh scōs


Sustantive der starken Deklination mit -e
Kasus Maskulin
ende Ende
Neutrum
stȳle Stahl'
Singular Plural Singular Plural
Nominativ ende endas stȳle stȳlu
Genitiv endes enda stȳles stȳla
Dativ ende endum stȳle stȳlum
Akkusativ ende endas stȳle stȳlu

Zweisilbige Substantive

engel Engel m.
Kasus Singular Plural
Nominativ engel englas
Genitiv engles engla
Dativ engle englum
Akkusativ engel englas

Substantive mit -w oder -ġ vor der Endung

Substantive mit -w oder -ġ vor der Endung
Kasus Neutrum
smeoru Fett
Feminin
sinu Sehne
Feminin
lǣs Weide
Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ smeoru smeoru sinu sinwa lǣs lǣswa
Akkusativ smeoru smeoru sinwe sinwa, -e lǣswe lǣswa, -e
Genitiv smeorwes smeorwa sinwe sinwa lǣswe lǣswa
Dativ smeorwe smeorwum sinwe sinwum lǣswe lǣswum

Die schwache Deklination

Die Endungen der schwachen Deklination
Kasus Maskulin Neutrum Feminin
Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ -a -an -e -an -e -an
Genitiv -an -ena -an -ena -an -ena
Dativ -an -um -an -um -an -um
Akkusativ -an -an -e -an -an -an
Die schwache Deklination
Kasus Maskulin
nama Name
Neutrum
ēage Auge
Feminin
tunge Zunge
Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ nama naman ēage ēagan tunge tungan
Genitiv naman namena ēagan ēagena tungan tungena
Dativ naman namum ēagan ēagum tungan tungum
Akkusativ naman naman ēage ēagan tungan tungan

Weitere Deklinationsklassen

Athematische Substantive

Athematische Substantive
Kasus Maskulin
fōt Fuß
Feminin
hnutu Nuss
Feminin
bōc Buch
Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ fōt fēt hnutu hnyte bōc bēc
Genitiv fōtes fōta hnyte, hnute hnuta bēc, bōce bōca
Dativ fōte fōtum hnyte, hnute hnutum bēc, bōc bōcum
Akkusativ fōt fēt hnutu hnyte bōc bēc

Zu dieser Klasse gehören des Weiteren (angeben ist jeweils der Nominativ Singular und Plural):

Maskulinum: tōþ, tēþ Zahn; mann, menn Mann; frēond, frīend Freund; fēond, fīend Feind

Femininum: studu, styde Pfosten; hnitu, hnite; āc, ǣc Eiche; gāt, gǣt Ziege(nbock); brōc, brēc; gōs, gēs Gans; burg, byrg Stadt; dung, ding Gefängnis; turf, tyrf Rasen; grūt, grȳt; lūs, lȳs Laus; mūs, mȳs Maus; neaht, niht Nacht

Femininum mit Verlust des -h in einigen Formen: furh, fyrh Furche; sulh, sylh Pflug; þrūh, þrȳh; wlōh, wlēh

Femininum with compression of endings: cū, cȳ Kuh

u-Deklination

Die u-Deklination
Kasus Maskulin
sunu Sohn
Maskulin
feld Feld
Singular Plural Singular Plural
Nominativ sunu suna feld felda
Genitiv suna suna felda felda
Dativ suna sunum felda feldum
Akkusativ sunu suna feld felda

Substantive der Verwandtschaft

Substantive der Verwandtschaft
Kasus Maskulin
fæder Vater
Maskulin
brōðor Bruder
Feminin
mōdor Mutter
Feminin
sweostor Schwester
Feminin
dohtor Tochter
Singular Plural Singular Plural Singular Plural Singular Plural Singular Plural
Nominativ fæder fæd(e)ras brōðor (ge)brōðor mōdor mōdra/mōdru sweostor (ge)sweostor, -tru, -tra dohtor dohtor
Genitiv fæder fæd(e)ra brōðor (ge)brōðra mōdor mōdra sweostor (ge)sweostra dohtor dohtra
Dativ fæder fæderum brēðer (ge)brōðrum mēder mōdrum sweostor (ge)sweostrum dehter dohtrum
Akkusativ fæder fæd(e)ras brōðor (ge)brōðor mōdor mōdra/mōdru sweostor (ge)sweostor, -tru, -tra dohtor dohtor

Neutra mit -r- im Plural

lamb Lamm n.
Kasus Singular Plural
Nominativ lamb lambru
Genitiv lambes lambra
Dativ lambe lambrum
Akkusativ lamb lambru


Pronomen

Die meisten Pronomen werden nach Kasus, Numerus und Genus gebeugt; im Plural haben die meisten Pronomen nur eine Form für alle Geschlechter. Außerdem haben viele Altenglische Pronomen den Dual bewahrt (dieser bezieht sich speziell auf Gruppen von zwei Personen oder Dingen, zum Beispiel „wir zwei“,„ihr zwei“ oder „die beiden“). Er war zwar eher ungebräuchlich, blieb jedoch erhalten.

Erste Person
Kasus Singular Dual Plural
Nominativ ic, īc wit
Genitiv mīn uncer ūser, ūre
Dativ unc ūs
Akkusativ mec, mē uncit, unc ūsic, ūs
Zweite Person
Kasus Singular Dual Plural
Nominativ þū git
Genitiv þīn incer ēower
Dativ þē inc ēow
Akkusativ þēc, þē incit, inc ēowic, ēow
Dritte Person
Kasus Singular Plural
Mask. Neut. Fem.
Nominativ hit hēo hiē m., hēo f.
Genitiv his his hire hiera m., heora f.
Dativ him him hire him
Akkusativ hine hit hīe hiē m., hīo f.

Viele der oben gezeigten Formen haben starke Ähnlichkeiten mit ihren modernen englischen Äquivalenten: So wurde die Genitivform ēower zu „your“ (euer), ūre zu „our“ (unser) und mīn zu „mine“ (meines).


Verben

Die Verben werden grundsätzlich in zwei Gruppen geteilt, die starken Verben und die schwachen Verben. Die starken Verben bilden die Zeitform Präteritum sowie das Partizip Präteritum durch Veränderung des Stammvokals (s.g. Ablaut), die schwachen durch das Anfügen eines dentalhaltigen Elements. Innerhalb dieser Gruppen erfolgen weitere Aufgliederungen. So werden zum Beispiel die starken Verben in sieben Klassen, so genannte Ablautreihen, eingeteilt, während die schwachen Verba nach ihrem Ableitungssuffix durch drei Gruppen klassifiziert werden.

Zu den Tempora ist zu sagen, daß das Altenglische, wie auch das Althochdeutsche, noch keinen eigenständigen Futur kannte; es existierten allein das Präteritum für die Vergangenheit und das Präsens, das gleichmäßig für Gegenwart und Zukunft verwendet wurde.

Starke Verben

Die starken Verben bilden ihr Präteritum, sowie ihr Partizipium Präteritum mit Hilfe des aus dem Indogermanischen ererbten Ablautes. Dabei werden im Verbalbereich vier Stämme unterschieden, auf denen die jeweiligen Zeitformen basieren. Der erste Stamm wird zur Bildung des Präsensparadigmas, sowie des Infinitives und des Präsenspartizipes verwendet (z. B. rīdan „reiten“). Die zweite Stammform bildet ausschließlich die 1. und 3. Person Präteritum Indikativ (z. B. iċ rād „ich ritt“), während der dritte Stamm den restlichen präteritalen Formen zu Grunde liegt (z. B. wē ridon „wir ritten“). Das Partizip Präteritum wird schließlich durch die vierte Stammform gebildet (z. B. (ġe-)riden „geritten“).

Auch das Deutsche kennt diese Tempusbildung mit Hilfe von vier Stammformen, wenngleich bei den neuhochdeutschen starken Verben meist nur mehr drei Stämme vorhanden sind, da die Präteritalformen oft ausgeglichen wurden (z. B. binden – ich band – wir banden – gebunden). Die ursprüngliche Vierteilung ist aber noch im Verbum werden zu erkennen: werden – ich ward (archaisch für: ich wurde) – wir wurden – geworden.

Ablautreihen

Je nach Vokalalternanz werden die starken Verben in sieben Ablautklassen eingeteilt.

Stammbildung bei den starken Verben
Klasse 1. Stammform 2. Stammform 3. Stammform 4. Stammform
I ī ā i i
II ēo, ū ēa u o
III Feinunterteilung (Erläuterung: siehe unterhalb)
IIIa e æ u o
IIIb eo ea u o
IIIc e ea u o
IIId i a u u
IIIe ie ea u o
IV e æ ǣ o
V e æ ǣ e
VI a ō ō a
VII ē, ēo ē, ēo

Im Folgenden eine Auflistung der konsonatischen Umgebung des sich verändernden Vokals.

  • Erste Klasse: 1 Konsonant folgt dem Vokal
  • Zweite Klasse: 1 Konsonant folgt dem Vokal
  • Dritte Klasse: Je nach folgenden Konsonanten ergeben sich Unterschiede:
    • a: 2 Konsonanten (außer Liquid (l od. r) und Nasal + Kons.) folgen dem Vokal
    • b: r oder h + Konsonant folgen dem Vokal
    • c: l + Konsonant folgt dem Vokal
    • d: Nasal + Konsonant folgt dem Vokal
    • e: Palataler Konsonant (ġ, ċ, sc) geht dem Vokal voraus; 2 Konsonanten folgen dem Vokal
  • Vierte Klasse: 1 Liquid oder Nasal folgt dem Vokal
  • Fünfte Klasse: 1 Konsonant (Frikativ oder Plosiv) folgt dem Vokal
  • Sechste Klasse: 1 Konsonant folgt dem Vokal
  • Siebte Klasse: unregelmäßig; der Vokal der 1. und 4. Stammform kann unterschiedlich sein, lediglich 2. und 3. Stammform haben ē oder ēo als Vokal; ehemals reduplizierende Verben

Es können aber auch Ausnahmen von dieser Liste auftreten. So ist die Form murnan „trauern, beklagen“ der dritten Ablautreihe zuzurechnen, obwohl sie kein eo in der 1. Stammform aufweist. Solche Ausnahmen werden hier nicht berücksichtigt. Zudem kann es in der 2. und 3. Person Singular Indikativ Präsens zu einer Vokalalternanz auf Grund von Umlaut kommen (z. B. helpanþū hilpst – vgl.: Deutsch: helfen – du hilfst), der aber keine Form des Ablauts ist.

Die Konjugation der starken Verben sollen folgende Beispiel veranschaulichen:

Konjugation Pronomen Klasse I
'reiten'
Klasse II
'frieren'
Klasse III
'helfen'
Klasse IV
'tragen'
Klasse V
'schlafen'
Klasse VI
'singen'
Klasse VII
'heißen'
Infinitive rīdan frēosan helpan beran swefan galan hātan
tō rīdenne tō frēosenne tō helpenne tō berenne tō swefenne tō galenne tō hātenne
Präsens
Indikativ
ic rīde frēose helpe bere swefe gale hāte
þū rītst frīest hilpst birst swifst gælst hǣtst
hē/hit/hēo rītt frīest hilpþ birþ swifþ gælþ hǣtt
wē/gē/hīe rīdaþ frēosaþ helpaþ beraþ swefaþ galaþ hātaþ
Präteritum
Indikativ
ic rād frēas healp bær swæf gōl hēt
þū ride frure hulpe bǣre swǣfe gōle hēte
hē/hit/hēo rād frēas healp bær swæf gōl hēt
wē/gē/hīe ridon fruron hulpon bǣron swǣfon gōlon hēton
Präsens
Konjunktiv
ic/þū/hē/hit/hēo rīde frēose helpe bere swefe gale hāte
wē/gē/hīe rīden frēosen helpen beren swefen galen hāten
Präteritum
Konjunktiv
ic/þū/hē/hit/hēo ride frure hulpe bǣre swǣfe gōle hēte
wē/gē/hīe riden fruren hulpen bǣren swǣfen gōlen hēten
Imperativ Singular rīd! frēos! help! ber! swef! gal! hāt!
Plural rīdaþ! frēosaþ! helpaþ! beraþ! swefaþ! galaþ! hātaþ!
Partizip Präsens rīdende frēosende helpende berende swefende galende hātende
Partizip Perfekt (ġe)riden (ġe)froren (ġe)holpen (ġe)boren (ġe)swefen (ġe)galen (ġe)hāten

Anmerkungen:

  • Bei Formen wie (þū) rītst, (hē) rītt, (hē) frīest, (hē) hǣtt kommt es zu Assimilationen (z. B. -dst wird zu -tst; -sþ wird zu -st; -tþ wird zu -tt).
  • In der 2. und 3. Person Singular Präsens Indikativ tritt i-Umlaut ein (e > i, ēo > īe, etc.).
  • Beim Verbum frēosan „frieren“ kommt es zum Grammatischen Wechsel zwischen 1., 2. und 3., 4. Stammform (-s- im Gegensatz zu -r-).

Schwache Verben

Die folgende Tabelle zeigt die Konjugation der Verben Swebban (zum schlafen bringen) (Klasse I), Hǣlan (heilen) (Klasse I) und Sīðian (reisen) (Klasse II).

Konjugation Pronomen 'zum Schlafen bringen' 'heilen' 'reisen'
Infinitive swebban hǣlan sīðian
tō swebbanne tō hǣlanne tō sīðianne
Präsens Indikativ
ic swebbe hǣle sīðie
þū swefest hǣlst sīðast
hē/hit/hēo swefeþ hǣ sīðað
wē/gē/hīe swebbaþ hǣlaþ sīðiað
Präteritum Indikativ ic swefede hǣlde sīðode
þū swefedest hǣldest sīðodest
hē/hit/hēo swefede hǣle sīðode
wē/gē/hīe swefedon hǣlon sīðodon
Präsens Konjunktiv ic/þū/hē/hit/hēo swebbe hǣle sīðie
wē/gē/hīe swebben hǣlen sīðien
Präteritum Konjunktiv ic/þū/hē/hit/hēo swefede hǣlde sīðode
wē/gē/hīe swefeden hǣlden sīðoden
Imperativ Singular swefe hǣl sīða
Plural swebbaþ hǣlaþ sīðiað
Partizip Präsens swefende hǣlende sīðiende
Partizip Präteritum swefed hǣled sīðod

Präteritopräsentia

Die Präteritopräsentia sind eine Klasse von Verben, die ihre Präsensformen nach Art eines starken Präteritums und das Präteritum wie schwache Verben bilden. Diese Verben entstanden durch den optativen Gebrauch der Präteritumformen, der auf die Gegenwart oder Zukunft bezogen war. So stammt witan (wissen) von einem Verb ab, das ursprünglich „gesehen haben“ bedeutete (das lateinische Verb videre (sehen) stammt von derselben Wurzel). Das Präsens wird wie das ursprüngliche Präteritum gebildet. Aus diesem Grund sind die erste Person Singular und die dritte Person Singular im Präsens identisch.

Im Altenglischen gibt es nur wenige Präteritopräsentia, und nicht alle sind in sämtlichen Formen dokumentiert.

Konjugation Pronomen 'können, etwas beherrschen' 'können, mögen, die Möglichkeit haben etwas zu tun' 'sollen' 'wissen' 'haben, schuldig sein' 'nützen' 'wagen' 'sich erinnern, meinen' 'brauchen, dürfen' 'müssen'
Infinitiv cunnan magan sculan witan āgan dugan durran munan mōtan
Präsens Indikativ
ic cann mæg sceal wāt āh deah dearr man þearf mōt
þū canst meaht scealt wāst āhst dearst manst þearft mōst
hē/hit/hēo cann mæg sceal wāt āh deah dearr man þearf mōt
wē/gē/hīe cunnon magon sculon witon āgon dugon durron munon þurfon mōton
Präteritum Indikativ
ic cūðe meahte sceolde wisse, wiste āhte dohte dorst munde þorfte mōste
þū cūðest meahtest sceoldest wissest, wistest āhte dohte dorst munde þorfte mōste
hē/hit/hēo cūðe meahte sceolde wisse, wiste āhte dohte dorst munde þorfte mōste
wē/gē/hīe cūðon meahton sceoldon wisson, wiston
Präsens Konjunktiv
ic/þū/hē/hit/hēo cunne mæge scule wite āge dyge, duge durre myne, mune þyrfe, þurfe mōte
wē/gē/hīe cunnen mægen sculen witaþ
Präteritum Konjunktiv
ic/þū/hē/hit/hēo cūðe meahte sceolde wisse, wiste
wē/gē/hīe cūðen meahten sceolden

Unregelmäßige Verben

Außerdem gibt es eine weitere Gruppe von vier unregelmäßigen Verben, „wollen“, „tun“, „gehen“ und „sein“, die eigene Konjugationsschemata haben, welche stark von denen der anderen Klassen abweichen. Das hängt damit zusammen, dass diese Verben die am häufigsten gebrauchten sind.

Dōn 'tun', gān 'gehen', and willan 'wollen' werden folgendermaßen konjugiert:

Konjugation Pronomen 'tun' 'gehen' 'wollen'
Infinitiv dōn gān willan
Präsens Indikativ
ic wille
þū dēst gǣst wilt
hē/hit/hēo dēð gǣð wile
wē/gē/hīe dōð gāð willað
Präteritum Indikativ
ic/hē/hit/hēo dyde ēode wolde
þū dydest ēodest woldest
wē/gē/hīe dydon ēodon woldon
Präsens Konjunktiv (alle Personen) wille
Präteritum Konjunktiv (alle Personen) dyde ēode wolde
Partizip Präsens dōnde willende
Partizip Perfekt gedōn gegān

Das Verb 'sein' ist aus drei verschiedenen Wurzeln (suppletiv) zusammengesetzt:

Konjugation Pronomen sēon bēon wesan *eran Deutsch
Infinitiv sēon bēon wesan *eran sein
Präsens Indikativ
ic eom bēo wese - bin
þū - bist wesest, wisst eart bist
hē/hit/hēo is bið weseð, wist - ist
wē/gē/hīe sind(on) bēoð wesað earon sind/seid
Präteritum Indikativ
ic wæs - war
þū wǽre - warst
hē/hit/hēo wæs - war
wē/gē/hīe wǽron - waren/wart
Präsens Konjunktiv
ic/þū/hē/hit/hēo sīe bēo wese - sei/seist
wē/gē/hīe sīen bēon wesen - seien/seiet
Präteritum Konjunktiv
ic/þū/hē/hit/hēo wǽre - wäre
wē/gē/hīe wǽren - wären
Imperativ
(singular) bēo wes - sei
(plural) bēoð wesað - seid
Präsens Partizip bēonde wesende - seiend
Partizip Perfekt gebēon - gewesen

Die Präsensformen von wesan werden fast nie benutzt. Die beon Formen werden normalerweise zum Bezug auf die Zukunft benutzt. Das moderne englische Verb 'to be' nimmt seine Präsensformen von sēon und *eran, seine Vergangenheitsformen von wesan, seine Konjunktivform im Präsens von beon, in der Vergangenheit von wesan, Infinitiv, Imperativ und Partizip von beon.

Zahlwörter

Syntax

Literatur

  • Brunner, Karl: Altenglische Grammatik. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1965
  • Campbell, Alistair: Old English Grammar. Oxford: Oxford University Press, 1959. ISBN 0-19-811943-7
  • Mitchell, Bruce und Robinson, Fred: A Guide to Old English. Sixth Edition. Oxford: Blackwell Publishing, 2001. ISBN 0-631-22636-2

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. vgl. dazu: Campbell, 1959, S. 223f.
  2. Die Abkürzung ae. bedeutet „Altenglisch“.
  3. vgl. auch: Brunner, 1965, S. 194
  4. Selten tritt auch die Endung -(e)na aus der schwachen Deklination auf; vgl. dazu: Brunner, 1965, S. 206f. §252 Anm. 4.
  5. vgl. auch: Campbell, 1959, S. 224f.
  6. Die nasalhaltige Endung hier stammt aus der schwachen Deklination. (vgl.: Campbell, 1959, S. 225)

Siehe auch

Weblinks


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