- Althebräische Grammatik
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Die Grammatik der hebräischen Sprache (Althebräisch) als Sprache des Tanach (Altes Testament) ist schon seit Jahrhunderten Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen. Hier wird ein Einblick in die althebräische Grammatik aus moderner linguistischer Sicht gewährt.
Die Umschrift der hebräischen Begriffe und Beispiele ist in IPA, entsprechend der tiberianischen Vokalisierung, nach folgendem Schema:
א ב ג ד ה ו ז ח ט י כ ל מ נ ס ע פ צ ק ר ש ת אִ אֵ אֶ אַ אָ אֹ אוֹ אֻ אוּ אֱ אֲ אֳ אְ ʔ b β ɡ ɣ d ð h w z ħ tˤ j k x l m n s ʕ p f sˤ q r ʃ s t θ i e ɛ a a ɔ o u ĕ ă ŏ ə – Die Vokallänge ist allophonisch und bleibt unbezeichnet; matres lectionis werden nicht transkribiert.
Inhaltsverzeichnis
Lautlehre (Phonologie)
Lautumfang
Konsonanten
Das hebräische Alphabet ist eine Weiterentwicklung des phönizischen Alphabetes. Der Lautstand der hebräischen Sprache hat sich im Laufe der Geschichte in verschiedenen Aussprachetraditionen gewandelt, was sich in der über viele Jahrhunderte entstandenen hebräischen Literatur widerspiegelt. So kommt es, dass einigen der 22 Zeichen mehrere (ähnlich klingende) Laute zugeordnet sind.
Hinweise auf eine unterschiedliche Aussprache der Buchstaben Chet ח und Ajin ע finden sich in der griechischen Schreibweise von Eigennamen in der Septuaginta. So wird z. B. in den Namen Rachel oder Achaz das hebräische Chet mit griechischem χ Chi wiedergegeben, während es in Eva oder Isaak mit anlautendem Vokal wiedergegeben wird. Ähnlich wird im Ortsnamen Anathoth hebräisches Ajin mit anlautendem Vokal wiedergegeben, während es bei Gaza oder Gomorrha als γ Gamma erscheint. Die Konsequenz bei der griechischen Wiedergabe und die Korrespondenz zu entsprechenden arabischen Lauten legen nahe, dass im Hebräischen dieser Zeit die Unterscheidung der uvularen und pharyngalen Frikative noch existierte, während in späterer Zeit nur noch die pharyngalen Laute gesprochen wurden.[1]
Gemäß dem tiberiensischen Vokalisationssystem wird bei den Buchstaben ב Beth, ג Gimel, ד Daleth, כ Kaph, פ Pe und ת Taw jeweils eine „weiche“ (spirantisierte) und eine „harte“ (plosive) Aussprache unterschieden. Man nimmt an, dass die Spirantisierung dieser Laute unter dem Einfluss des Aramäischen einsetzte.
Ebenfalls zur Darstellung zweier Laute dient das vorletzte Zeichen des Alphabetes. Nach dem tiberiensischen System wird durch einen diakritischen Punkt die Aussprache als Schin שׁ (Punkt rechts oben) oder als Sin שׂ (Punkt links oben) unterschieden. Vermutlich war der Laut Sin zunächst dem Schin ähnlicher und wurde daher mit demselben Zeichen geschrieben. Später glich sich die Aussprache dem Samech an, so dass sich bereits in biblischen Schriften die Vertauschung von Samech ס und Sin שׂ findet.
Es gibt Hinweise, dass auch das Resch ר doppelt realisiert wurde. Dies ist jedoch in der masoretischen Punktation nicht festgehalten.[2]
Vokale
Das Hebräische unterscheidet im masoretischen Vokalisationssystem die sieben Vokalfärbungen i – e – ɛ – a – ɔ –o –u und deren kurze oder lange Aussprache. Für semitische Sprachen wird angenommen, dass es ursprünglich nur drei Vokale (i, a, u) gab und die übrigen durch Umwandlung dieser drei entstanden sind. [3] Zur Aussprache und Schreibweise im Einzelnen siehe Hebräische Schrift.
Lautveränderungen
Phonetische Gesetzmäßigkeiten nehmen in modernen Hebräisch-Lehrbüchern teilweise viel Raum ein. Die Kenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten kann das Verstehen von Formbildungen erleichtern, ist jedoch zum Erlernen der Sprache nicht unbedingt erforderlich.
Veränderung von Konsonanten
In der hebräischen Sprache verändern sich verschiedene Konsonanten durch Wortbildung, Beugung (Flexion), oder aus Gründen des sprachlichen Wohlklanges. Dies geschieht durch Vertauschung, Angleichung (Assimilation), Auslassung, Hinzusetzung und Versetzung der Konsonanten. Vertauschung findet unter Lauten statt, die ähnlich klingen oder mit demselben Sprechorgan artikuliert werden. Angleichung findet statt, wenn Konsonanten in einer schwer auszusprechenden Kombination auftauchen (vergl. dt. selbständig statt selbstständig). Auslassung erfolgt bei „schwachen“ Konsonanten, wenn sie auf Grund ihrer Stellung kaum hörbar wären. Hinzugesetzt werden Konsonanten, um die Aussprache anderer Konsonanten zu erleichtern (vergl. dt. beim Wort(e) nehmen). Versetzung kommt nur bei Zischlauten aus Gründen des Wohlklanges vor.
Veränderung von Vokalen
Eine charakteristische Erscheinung in semitischen Sprachen sind die sogenannten „Pausalformen“. So nennt man Formen, die durch die verstärkte Betonung eines Wortes am Satzende entstehen. Die dabei vor sich gehenden Veränderungen der Vokale werden in der masoretischen Vokalisation in dem Bestreben, die ursprüngliche Aussprache zu erhalten, schriftlich festgehalten. Aus einem Seggol (ɛ) wird dabei in der Regel ein Qamaz (a), wobei diese Änderung keinen Einfluss auf die lexikalische oder grammatikalischen Wortbedeutung hat. Weiteres zu diesem Thema siehe im Artikel Teamim.
Silbenbildung
Die Silbenbildung hat ebenfalls Einfluss auf die Bildung von grammatischen Formen. Im Hebräischen unterscheidet man zwei Möglichkeiten: Eine Silbe ist offen, d. h. sie endet mit einem Vokal (KV), oder sie ist geschlossen, d. h. sie endet auf einen oder zwei Konsonanten, letzteres nur am Wortende (KVK, KVKK).
Silben, die mit einem Vokal beginnen, gibt es im Hebräischen nicht (strenggenommen im Deutschen auch nicht, nur dass wir den Stimmeinsatz (Alef, Ajin) vor dem Vokal nicht mitschreiben). Einzige Ausnahme ist der Buchstabe Waw in der Bedeutung „und“, der vor bestimmten Konsonanten als u ausgesprochen wird. Mehrere Vokale stehen nie nebeneinander. Es gibt keine Silben ohne Vokal.
Doppelkonsonanz am Silbenanfang wird aufgelöst, in dem der erste Konsonant ein kaum hörbares e (genannt Schwa) erhält (KəKV). Dies hat für die Formenbildung Konsequenzen, in der Praxis wird dies je nach Sprechbarkeit gehandhabt (z. B. ʃəˈtajim שְׁתַּ֫יִם „zwei“; im Ivrith ˈʃtajim).
Wortbetonung
Die Betonung eines hebräischen Wortes lag – historisch betrachtet – ursprünglich auf der vorletzten Silbe (lat. Paenultima, aramäisch milʕel מִלְעֵיל). Im Laufe der Sprachgeschichte wurde diese durch den Abfall der kurzen Auslautvokale vielerorts zur letzten Silbe, so dass in heutiger Aussprachetradition meist die letzte Silbe (lat. Ultima, aramäisch milraʕ מִלְרַע) den Wortton trägt. Ausgenommen davon sind die Segolata. Der Wegfall der ursprünglichen Endvokale führte bei ihnen zu einer Doppelkonsonanz im Wortauslaut, die aufgelöst wurde, indem der erste der aufeinander folgenden Konsonanten mit Segol vokalisiert wurde; die Betonung blieb aber an der ursprünglichen Stelle, also auf der nunmehr wieder vorletzten Silbe.
Bei der Bildung grammatischer Formen kann die Betonung eines Wortes wechseln, (z. B. durch Anhängen der Personalpronomina ans Verb).
Formenlehre (Morphologie)
Das Nomen
Geschlecht und Zahl
Das Hebräische unterscheidet zwei Geschlechter (weiblich und männlich). Abstrakta sind häufig weiblich.
Neben Singular und Plural gibt es im Hebräischen – wie in verwandten semitischen Sprachen – den Dual, eine Form, die für typischerweise im Paar auftretende Dinge gebraucht wird (jað יָד „Hand“, jaˈðajim יָדַיִם „beide Hände“, etc.), aber auch für einige Zeitbegriffe (jom יוֹם „Tag“, jomim יָמִים „Tage“, joˈmajim יוֹמַיִם „zwei Tage“; ˈrɛɣɛl רגל „Bein“, rəɣaˈlim רְגָלִים „(mehrere) Beine“, raɣˈlajim רַגְלַיִם „beide Beine“).
Die Einzahl des männlichen Geschlechtes weist als „Grundform“ keine besondere Endung auf. Männliche Nomina enden in der Mehrzahl oftmals auf -im ים-; viele weibliche Nomen enden in der Einzahl auf -a ה- bzw. -iθ ית- und in der Mehrzahl auf -oθ ות-, doch gibt es hierzu zahlreiche Ausnahmen. Das Wort ˈʔɛrɛsˤ ארץ „Erde, Land“ ist z. B. der Form nach männlich, wird aber wie ein weibliches Wort gebraucht, mit der Mehrzahlendung auf -oθ: ʔăraˈsˤoθ אֲרָצוֹת. Es gibt auch Worte, die der Form nach als Mehrzahl erscheinen, aber wie einzahlige gebraucht werden ʔɛ̆loˈhim אֱלֹהִים „Gott“.
Verbindung von zwei oder mehreren Nomen
Zu diesem Zweck gibt es in semitischen Sprachen den sogenannten Status Constructus (siehe Syntax), der die Funktion des Genitivs übernimmt und in Ein- und Mehrzahl des Nomens spezielle Formen bildet.
Nomenklassen
In der Literatur des Hebräischen werden phonetische und morphologische Bildungsprinzipien relativ ausführlich behandelt und klassifiziert. Dies mag lohnend erscheinen, insofern es sich um wenige, durchschaubare Prinzipien handelt. Zu den wichtigsten Klassen gehören die Segolata (dreikonsonantige Nomen, die mit Segol – einem offenen ɛ – vokalisiert und auf der vorletzten Silbe betont werden).
Zugehörigkeit
Ein langes i, an einem Nomen angehängt, drückt die Zugehörigkeit zu einem Land, Volk oder auch zu einer Zahl aus (jisraˈʔel יִשְׂרָאֵל „Israel“, jisrəʔeˈli ישְׂרְאֵלִי „Israelit“; ʃəˈnajim שְׁנַיִם „zwei“, ʃeˈni שֵׁנִי „zweiter“).
He an Nomen angehängt
Der Konsonant He, der an ein Nomen angehängt wird, kann diesem eine richtungsweisende Funktion verleihen, so dass das Nomen zum Lokaladverb wird. Dieses Phänomen wird in der Fachsprache He locale genannt. Beispiele: ˈʔɛrɛsˤ ארץ „Land“, mit He locale ˈʔarsˤa אַ֫רְצָה „ins Land“; ˈmaʕal מָעַל „oben“, ˈmaʕla מַעְלָה „nach oben“.
Nomen mit Possessivpronomen
In der hebräischen Sprache bilden Possessivpronomina (dein, sein, mein etc.) mit dem dazugehörigen Nomen eine Worteinheit.
Das Adjektiv
Adjektive richten sich in Geschlecht und Zahl nach dem dazugehörigen Substantiv, wie in vielen europäischen Sprachen. Die Adjektive sind in der Regel dem Nomen nachgestellt. Beispiel: ʃaˈna שָׁנָה „Jahr“, tˤoβ טוֹב / tˤoˈβa טוֹבָה „gut“ (männliche/weibliche Form), ʃaˈna tˤoˈβa „gutes Jahr“.
Im Unterschied zu den meisten Sprachen hat das hebräische Adjektiv keine Steigerungsformen (besser, schneller …). Steigerungen werden durch die Präposition min מִן־ (Kurzform mi- מִ) ausgedrückt, die sonst meistens mit „von“ übersetzt wird, bei einem Vergleich aber dem deutschen „als“ entspricht. Dies hat in einigen Fällen zu falschen Bibelübersetzungen geführt. Ein bekanntes Beispiel ist Genesis Kapitel 49, Vers 12. In seinem abschließenden Segensspruch für seine zwölf Söhne wendet sich der Patriarch Jakob an Juda und sagt: ħaxliˈli ʕeˈnajim mijˈjajin uləβen‿ʃiˈnajim meħaˈlaβ חַכְלִילִ֥י עֵינַ֖יִם מִיָּ֑יִן וּלְבֶן־שִׁנַּ֖יִם מֵֽחָלָֽב׃, in der Version der Elberfelder Bibel: „Seine Augen sind trübe vom Wein und seine Zähne weiß von Milch.“ Eine solche Übersetzung würde auf übermäßigen Alkohol- und Milchkonsum hindeuten. Gemeint ist vielmehr: „Seine Augen sind funkelnder als Wein, seine Zähne sind weißer als Milch.“
Zahlwörter
Für Grundzahlwörter von drei bis zehn gilt die Regel der umgekehrten Polarität, d. h. weibliche Formen der Zahlwörter werden mit männlichen Formen des Nomens verbunden und umgekehrt. Die Regel der umgekehrten Polarität geht auf die protosemitische Epoche zurück; eine überzeugende Erklärung ist dafür bisher nicht gefunden worden. Beispiel: ʃəloʃa‿ʔănaˈʃim „drei Männer“, ʃəloʃ‿naˈʃim „drei Frauen“.
Zwischen „11“ und „20“ wird die Einerzahl der Zehnerzahl vorangestellt (wie im Deutschen), über „20“ wird die Einerzahl der Zehnerzahl nachgestellt und mit „und“ verbunden (wie im Französischen). Beispiele: ʔaħad‿ʕaˈsar אַחַד־עָשָׂר (m.) „elf“ (wörtl. „eins-zehn“); ʔɛsˈrim wəʔɛˈħad (m.) „einundzwanzig“ (wörtl. „zwanzig und eins“).
Von „eins“ bis „zehn“ gibt es spezielle Ordnungszahlen. Größere Ordnungszahlen werden durch die entsprechenden Kardinalzahlen mit dem bestimmten Artikel gebildet.
Die Ordnungszahlen enden in der Grundform (Einzahl maskulin) auf ein Jod und sind von der entsprechenden Kardinalzahl abgeleitet. Beispiel: ʃeʃ שֵׁשׁ „sechs“, ʃiˈʃi שִׁשִּׁי „sechster“.
Einzige Ausnahme ist das Wort für „erster“: ri(ʔ)ˈʃon רִאשׁוֹן ist nicht vom Wort für „eins“ abgeleitet, sondern von ro(ʔ)ʃ רִאשׁוֹן רֹאשׁ, „Kopf, Anfang“.
Das Verb
Allgemeines
Dem hebräischen Verb liegt meist eine dreikonsonantige Wurzel zugrunde, welcher der Sinn des Bedeutungsfeldes anhaftet. Diese Wurzel erhält durch unterschiedliche Vokalisation und weitere Elemente ihre konkrete Bedeutung im Satz (vergl. dt. BND: BiNDe, BaND, geBuNDen, der BuND, das BaND etc.)
In hebräischen Wörterbüchern ist es bei Verben üblich, als Stichwort diese Wurzel anzugeben und alle abgeleiteten Formen unter dieses Stichwort einzuordnen.
Bezüglich der Formenbildung werden regelmäßige und unregelmäßige Verben unterschieden. Unregelmäßige Verben enthalten Konsonanten, die unter Umständen Veränderungen erfahren, sei es, dass sie nicht mehr gesprochen werden oder dass sie auch in der Schrift ganz entfallen. Unregelmäßig sind auch Verben, die nur aus zwei Konsonanten bestehen.
Konjugation
Das Hebräische kennt zwei Konjugationsmuster, die jeweils ein eigenes Verbalsystem bilden und die nach ihrer Bildungsweise benannt werden. Die Formen der Suffixkonjugation (auch „Afformativkonjugation“) entstehen (ausschließlich) durch an den Stamm angehängte Nachsilben. Die Formen der Präfixkonjugation (auch „Präformativkonjugation“) entstehen durch an den Stamm angehängte Vorsilben (einige zusätzlich mit Nachsilben).
In beiden Konjugationen werden Person, Numerus und Genus ausgedrückt. Das Personalpronomen ist ebenfalls im konjugierten hebräischen Verb enthalten. Ein selbständiges Personalpronomen wird nur gebraucht, wenn die Person hervorgehoben werden soll.
Eine traditionelle Bezeichnung der beiden Konjugationsmuster ist „Perfekt“ für die Suffixkonjugation und „Imperfekt“ für die Präfixkonjugation. Diese Bezeichnungen sind jedoch problematisch, da sich ihre Bedeutung von derjenigen der deutschen Tempora gleichen Namens unterscheidet.
Beispiel für Perfekt- und Imperfektformen des regelmäßigen Verbs kaˈθaβ כָּתַב „schreiben“:
Perfekt Imperfekt כָּٰתַבְתִּי kaˈθaβti „ich habe geschrieben“ אֶכְתְּוֹב ʔɛxˈtoβ „ich werde schreiben“ כָּתַבְתָּ kaˈθaβta „du (m.) hast geschrieben“ תִּכְתּוֹב tixˈtoβ „du (m.) wirst schreiben“ כָּٰתַבְתְּ kaˈθaβt „du (f.) hast geschrieben“ תִּכְתְּבִי tixtəˈβi „du (f.) wirst schreiben“ כָּתַב kaˈθaβ „er hat geschrieben“ יִכְתּוֹב jixˈtoβ „er wird schreiben“ כָּתְבָה kaθəˈβa sie hat geschrieben תִּכְתּוֹב tixˈtoβ „sie wird schreiben“ כָּٰתַבְנוּ kaˈθaβnu „wir haben geschrieben“ נִכְתּוּב nixˈtoβ „wir werden schreiben“ כְּתַבְתֶּם kəθaβˈtɛm „ihr (m.) habt geschrieben“ תִּכְתְּבוּ tixtəˈβu „ihr (m.) werdet schreiben“ כְּתַבְתֶּן kəθaβˈtɛn „ihr (f.) habt geschrieben“ תִּכְٰתּוֹבְנָה tixˈtoβna „ihr (f.) werdet schreiben“ כָּתְבוּ kaθəˈβu „sie (m.) haben geschrieben“ יִכְתְּבוּ jixtəˈβu „sie (m.) werden schreiben“ כָּתְבוּ kaθəˈβu „sie (f.) haben geschrieben“ תִּכְٰתּוֹבְנָה tixˈtoβna „sie (f.) werden schreiben“ Im Althebräischen bezeichnet das Perfekt einen Zustand bzw. eine abgeschlossene Handlung, während das Imperfekt eine im Fluss befindliche – unabgeschlossene – Handlung beschreibt. Die zeitliche Bedeutung dieser beiden Konjugationen hängt stark von dem Kontext ab, in dem sie verwendet werden. Hier ist insbesondere die Satzstruktur entscheidend:
- Steht das Verb oder das Subjekt an erster Stelle?
- Ist ein „und“ (hebr. „Waw“, die so genannte Copula) an das Verb angeschlossen oder nicht? Wenn ja, so wird aus einer abgeschlossenen Handlung eine unabgeschlossene und umgekehrt (Hier ist auch der Vokal entscheidend, der auf das Waw folgt, nicht immer bedeutet eine Copula vor dem Verb eine Zeitverschiebung.)
Für das Modernhebräische („Ivrith“ עִבְרִית) wurde das Zeitsystem stark vereinfacht:
- Das Perfekt wird als reine Vergangenheitsform verwendet.
- Das Imperfekt dient als Zukunftsform. (Hier zeigt sich die Verwendung von lateinisch geprägten Bezeichnungen für die hebräische Grammatik als besonders unpassend.)
- Für die Gegenwart wurde eine Partizipialkonstruktion zum Standard erklärt, die im Althebräischen zur Kennzeichnung des Progressivs verwendet wird: das Personalpronomen (z. B. aˈni אֲנִי „ich“) wird mit dem Partizip (wie üblich nach Geschlecht und Zahl dekliniert) verbunden, z. B. aˈni loˈmed אֲנִי לוֹמֵד „ich (bin) ein Lernender“, d. h. „ich lerne“; at loˈmedet אַתְּ לוֹמֶדֶת „du (f.) (bist) eine Lernende“, d. h. „du lernst“.
Konjugationsstämme
Zum Ausdruck verschiedener Aktionsarten kennt das Hebräische ein System von Modifikationen des Verbalstammes. Man spricht von „Konjugationsstämmen“, hebr. binjaˈnim בִּנְיָנִים. Die unveränderte Reihe bezeichnet man als „Grundstamm“ (G-Stamm), hebr. paˈʕal oder qal קַל. Zu ihr existiert eine Passivreihe, von der sich im Biblischen Hebräisch aber nur Reste erhalten haben. Einziges Überbleibsel ist das Partizip Passiv. Daneben gibt es den N-Stamm, hebr. nifˈʕal נִפְעַל. Er erfüllt zumeist die Funktion eines Reflexivs oder Passivs zum Grundstamm, hat aber gelegentlich auch aktive Bedeutung.
Zum Ausdruck des Veranlassens werden die sog. „Kausativ-Stämme“ (K-Stämme), hebr. hifˈʕil הִפְעִיל bzw. hofˈʕal קַל (passiv) benutzt. Sie werden im Perfekt durch Vorsetzen der Silbe hi- bzw. ho- gebildet. Oft empfiehlt sich eine Hilfsübersetzung mit der Bedeutung im Grundstamm mit „lassen“. Bsp.: G-Stamm „kommen“, K-Stamm „kommen lassen“, d.h. „bringen“.
Eine dritte Gruppe bilden die Intensiv- bzw. Doppelungs-Stämme (D-Stämme). Ihr Charakteristikum ist die Verdoppelung des mittleren Wurzelkonsonanten. Zum sog. piʕˈʕel פִּעֵל existiert als Passiv das puʕˈʕal פֻּעַל und als Reflexiv das hiθpaʕˈʕel הִתְפַּעֵל. Die Bedeutung wurde in älteren Theorien in der Intensivierung des im Grundstamm ausgedrückten gesehen. Diese Ansicht lässt sich aber kaum halten.
Sonderfälle
He
An einige Imperfektformen der ersten Person Singular wird der Buchstabe He (He cohortativum, von lat. cohortor „ermuntern, anfeuern, ermahnen“) angehängt. Es verleiht dem Verb die Bedeutung des Wünschens, Wollens oder der Selbstermunterung. Beispiel: ʔɛqˈtol אֶקְטֹל „ich töte“; ʔɛqtoˈla אֶקְטְלָה „ich will töten“.
Waw
Durch ein Waw in der Bedeutung „und“, das einer konjugierten Verbform vorangestellt wird, erhält eine Vergangenheitsform eine Zukunftsbedeutung und umgekehrt.
Nun
Die Hinzufügung des Buchstabens Nun – ein n – an Verbformen heißt in der Fachsprache „Nunation“ oder auch Nun paragogicum (von griech. paragoge = Verlängerung). Da dieses Nun keine grammatikalische Bedeutung hat, wird es beim Übersetzen nicht berücksichtigt. Es ist vergleichbar mit dem Dativ-E (z. B. in „dem Kinde“), das hauptsächlich um des Wohlklangs willen eingeschoben wird. Siehe auch Nunation.
Personal- und Possessivpronomen
In der hebräischen Sprache bilden die Personalpronomen mit den betreffenden Nomen, Verben und Partikeln eine Worteinheit. Nur im Nominativ erscheinen sie als separate Wörter (ʔăˈni אֲנִי „ich“, huʔ הוּא „er“). Dies ist nicht nur so zu verstehen, dass man einfach den Leerraum zwischen den Worten weglässt. Das mit Personalpronomen versehene Wort kann dabei seine innere Struktur verändern.
Man geht davon aus, dass alle Personalpronomen ursprünglich separate Worte waren und sich mit der Zeit so eng an das Bezugswort anschlossen, dass sie mit diesem eine Einheit bildeten (vergl dt. er hat’s).
Partikeln
Partikeln sind diejenigen Teile der Sprache, welche die Beziehung zwischen den Wörtern herstellen. Es handelt sich größtenteils um Konjunktionen und Präpositionen. Die wichtigste hebräische Konjunktion ist wə- וְ in der Bedeutung „und“, die mit dem anschließenden Wort verbunden wird (siehe „Das Verb“). Auch der Artikel ha- הַ wird dem Wort direkt vorangestellt, jedoch nach dem wə- וְ, falls dieses auch hinzukommt: wəhaqˈqol וְהַקּוֹל „und die Stimme“. Die am häufigsten gebrauchten Präpositionen sind einsilbig (offene Silbe). Solche Präpositionen werden mit dem folgenden Substantiv ebenfalls verbunden, werden also zu einer Vorsilbe. Beispiele: bə- בְּ bzw. ba- בַּ/בָּ, wenn das Substantiv mit Artikel definiert ist, bezeichnet die Standortangabe: baˈʔarɛsˤ בָּאָרֶץ „im Land“. lə- לְ bzw. la- לַ/לָ in der definierten Form, bezeichnet die Richtungsangabe: laˈʔarɛsˤ לָאָרֶץ „ins Land“. Ferner gibt es Präpositionen, die aus einer geschlossenen Silbe bestehen, z. B. tox תּוֹךְ „inmitten von“ oder mul מוּל „vor“, oder auch mehrsilbige Präpositionen wie liqˈraθ לִקְרַאת „entgegen“. Diese werden mit dem nachfolgenden Wort nicht direkt verbunden, sind also selbständige Wörter.
Satzbau (Syntax)
Status Constructus
Der Status constructus (= Verbindung eingehende Stellung) hat die Funktion des Genitivs. Er zeigt ein Abhängigkeitsverhältnis an. Der Unterschied zum deutschen Genitiv besteht darin, dass sich nicht das Wort beugt, das im Genitiv steht („König“, „Vater des Königs“), sondern das Wort, dass den Genitiv verlangt (ʔaβ אָב „Vater“, ˈmɛlɛx מֶלֶךְ „König“, ʔaβi‿ˈmɛlɛx אֲבִי־מֶלֶךְ „Vater des Königs“). Das ist inhaltlich identisch, aber eine andere syntaktische Form. Die Normalform bezeichnet man als Status absolutus.
Geschichtliches
Die Grundlagen der hebräischen Grammatik wurden erstmals im 10. Jahrhundert von jüdischen Gelehrten festgelegt, einer der ersten war Aaron ben Ascher. Seine Arbeit wurde von Mitgliedern der Familien Kimchi und Ibn Tibbon fortgesetzt. Alle diese Grammatiker verfügten über gründliche Arabischkenntnisse und entnahmen zahlreiche Ausdrücke zur Festlegung von Regeln der hebräischen Sprache aus der arabischen Grammatik.
Einzelnachweise
Die Fußnoten geben aus Gründen der Übersichtlichkeit nur ein Kürzel an:
- (Gesenius 1831) Wilhelm Gesenius: Hebräische Grammatik. 10. Auflage. Halle 1831.
- (Gesenius 1909) Gesenius-Kautzsch-Bergsträsser: Hebräische Grammatik. 1995. Nachdruck der 28. Auflage, Leipzig 1909.
- (Jenni 1981) Ernst Jenni: Lehrbuch der hebräischen Sprache des Alten Testamentes. Basel, Frankfurt am Main 1981.
- (Körner 1985) Jutta Körner: Hebräische Studiengrammatik. Langenscheidt 1985 (beruht auf der vierbändigen Grammatik von Rudolf Meyer).
- (Lambdin 1999) Thomas O. Lambdin: Lehrbuch Bibelhebräisch. Giessen, Basel 1999.
Fußnoten:
- ↑ Richard C. Steiner: On the Dating of Hebrew Sound Changes (*Ḫ > Ḥ and *Ġ > ‘) and Greek Translations (2 Esdras and Judith). In: Journal of Biblical Literature 124 (2005), S. 229-267.
- ↑ Geoffrey Khan: The Pronunciation of the reš in the Tiberian Tradition of Biblical Hebrew. In: Hebrew Union College Annual 66 (1995), S. 67-80.
- ↑ Gesenius 1909, S.37
Siehe auch
Weiterführende Literatur
- Jenni, Ernst: Das hebräische Pi'el: Syntaktisch-semasiologische Untersuchung einer Verbalform im Alten Testament. Zürich 1968.
- Hoftijzer, Jacob: Überlegungen zum System der Stammesmodifikationen im klassischen Hebräisch. In: Zeitschrift für Althebraistik. 5 (1992), 117–134.
- Jenni, Ernst: Aktionsarten und Stammformen im Althebräischen: Das Pi'el in verbesserter Sicht. In: Zeitschrift für Althebraistik. 13 (2000), 67–90.
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