- Iberia (Kaukasien)
-
Iberien bezeichnet einen antiken georgischen Staat. Das Zentrum dieses Staates lag östlich des Lichi-Gebirges im Tal des Kura. Auch der Name Iberia ist gebräuchlich.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung des Königreichs Iberien
Nach den Einfällen der Kimmerer und Skythen in Kleinasien im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. entstanden mehrere kleine Staaten auf dem Gebiet des heutigen Georgiens. Um etwa 550 v.Chr. bildete sich der Staat Iberien heraus. Dieser lag in direkter Nachbarschaft zum persischen Achämenidenreich und unterlag daher noch mehr als sein Nachbarstaat Kolchis einem starken persischen Einfluss in Politik und Kultur. Die frühe Hauptstadt war wahrscheinlich Uplisziche, eine in Innerkartli gelegene in Fels gehauene befestigte Stadt, die schon sehr früh angelegt worden war.
In Iberien gab es schon bald eine große soziale Differenzierung zwischen Arm und Reich. Dies belegen Grabfunde. Die Bautechnik, insbesondere der Festungsbau war bereits weit fortgeschritten und es gab mehrere bedeutende Städte wie Chowle, Kaspi, Sarkine, Urbisi und Odsrche.
Die Dynastie der Parnawasiden
Nachdem Alexander der Große Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. das Perserreich erobert hatte, fiel nach seinem Tod auch sein Reich in sich zusammen. Iberien, das durch die Vernichtung Persiens unabhängig wurde, wurde daraufhin durch die neu entstandenen Staaten Armenien und Pontos bedroht.
Aus Pontos kam ein gewisser Ason, wahrscheinlich ein in Pontos gebürtiger Georgier. Die Berichte, er wäre von Alexander dem Großen eingesetzt worden, lassen sich nicht bestätigen, da dieser zudem nie in Georgien war. Ason eroberte die Kolchis, Iberien, den Fluss Berdudshi bis zum Schwarzen Meer und die Grenzgebiete von Iberien zu Heretien. Er machte Mzcheta zu seiner Hauptstadt. Seine Herrschaft soll grausam und blutrünstig gewesen sein, so versuchte er, das alte Herrschergeschlecht Iberiens auszurotten und konnte es zumindest vertreiben.
Der letzte Sohn der Familie, Parnawas, jedoch kehrte zurück und verbündete sich mit Kudschi, dem Herrscher von Kolchis. Auch die Osseten und Völkerschaften Dagestans beteiligten sich daraufhin an dem Angriff auf Ason, da sie ihm nicht mehr tributpflichtig sein wollten. So wurde Ason in die Festungen von Klardschetien vertrieben und Parnawas eroberte den Rest des Landes. Es gelang ihm, sich mit Antiochos von Assyrien zu verbünden, sodass er Unterstützung aus Armenien bekam. Im Jahr darauf erhielt aber auch Ason Verstärkung aus Griechenland. So kam es bei Nakalakewi bei Artini zur Schlacht, die die Georgier gewannen. Daraufhin verheerte Parnawas das griechische Gebiet Andsiandsor und eroberte Klarsheti. Mzcheta wurde auch seine Hauptstadt.
Das Reich des Parnawas war, ähnlich wie das Perserreich, in Verwaltungsdistrikte gegliedert. Sein Staat umfasste ganz Ost- und Südgeorgien und große Teile Westgeorgiens. Kolchis war ihm freundschaftlich verbunden. Er schaffte die Grundlage für das Entstehen eines georgischen Volkes und eines gemeinsamen Staates. Durch Heiratspolitik festigte er die Verbindungen zu den Osseten und Durdsuken. Es wurden während seiner Zeit viele Nachbargebiete unter iberische Kontrolle gebracht, vor allem in Nordkaukasien und Kaukasisch-Albanien. Mit dem Seleukidenreich verband Iberien eine enge Freundschaft. Auch die Kultur wurde gefördert und die georgische Sprache verbreitet. Die georgische Schrift wurde einigen Quellen nach von Parnawas geschaffen, wahrscheinlich aber nur überarbeitet und vereinheitlicht. Auch entfaltete sich eine rege Bautätigkeit.
Parnawas Sohn und Nachfolger Saurmag musste sich einem Aufstand der Eristawis, der Fürsten, erwehren, was ihm nur mit Hilfe der Osseten und Durdsuken gelang.
Nach ihm begannen Kriege in Iberien und die Einheit geriet in Gefahr. Die Kolchis wurde ganz unabhängig, und unter König Mirwan drangen die Durdsuken in Iberien ein und verwüsteten die nördlichen und östlichen Landesteile. Daraufhin griff Mirwan die Durdsuken an, besiegte sie und zerstörte ihre Hauptstadt Tschartali.
Im 2. Jahrhundert v. Chr. verlor Iberien dann die südlichen Provinzen Kisiqien, Meskheti, Klardsheti und Teile von Niederkartli an Armenien. Pontos gewann mehr und mehr Einfluss und konnte unter seinem Herrscher Mithridates VI. Eupator sich die Kolchis einverleiben.
Nachdem König Parnadshom die Religion der Perser angenommen hatte, erhoben sich erneut die Eristawis, die die alte Religion behalten hatten, und töteten ihn mit Hilfe der Armenier. Daraufhin lehnte sich Iberien stark an Armenien an.
Als im dritten mithridatischen Krieg 66 v. Chr. die Römer Pontos endgültig besiegten, unterwarfen sie darauf auch Armenien und dann auch Kolchis und Iberien, welches auch mit Pontos verbündet gewesen war. So wurde Iberien für lange Zeit ein römischer Vasallenstaat.
Zwischen Rom und Persien
66 v. Chr. zog Gnaeus Pompeius gegen Iberien. König Artag versuchte die Römer zu einer friedlichen Lösung zu bewegen, scheiterte aber an deren Siegeswillen. Die Römer kamen überraschend schnell und konnte so das Gebiet südlich des Kura rasch einnehmen. Bald darauf eroberten sie einige Gebiete nördlich des Flusses, während Artag ihnen nur auswich. Als es dann doch zur Schlacht kam, erlitten die Iberier eine schwere Niederlage. Nachdem ein für die Römer verlustreicher Kleinkrieg begonnen hatte, rodeten sie die Wälder um den Iberiern den Schutz zu nehmen. Auch entdeckten die römischen Soldaten viele Frauen unter den Kriegern, weshalb man in Rom glaubte, Pompeius kämpfe gegen die Amazonen. Bald darauf gab Artag endgültig auf. Iberien wurde Verbündeter und Vasall Roms und Artag musste seine Söhne als Geiseln nach Rom schicken. Bald darauf eroberte Pompeius auch Kolchis und Albanien.
Erst im 1. und 2. Jahrhundert konnte sich Iberien wieder erholen. Das erneute Erstarken Iberiens wurden durch Armeniens Schwäche und den Kampf zwischen Rom und dem Partherreich begünstigt. Auch die guten Beziehungen zu den Alanen (Osseten) wirkten sich positiv aus. In den dreißiger jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. gelang es nach einem Aufstand des parthischen Adels und mit der Zustimmung Roms sogar große Teile des zwischen Rom und Parthien umstrittenen Armeniens zu besetzen. Daraufhin entbrannte ein Krieg zwischen Iberien und Parthien um Armenien, in den sich auch Sarmaten und Albanier einmischten. Iberien gewann diesen Krieg und König Mirdat setzte seinen Sohn Mirdat als armenischen König ein. Sein Bruder Parsman griff nachdem er König geworden war Armenien an und stieß Mirdat vom Thron.
Parsmans Sohn Mirdat führte in den siebziger Jahren erneut Krieg in Armenien, wobei er, wie bei den Iberiern üblich, sein Heer mit Truppen der Alanen verstärkte. Parsman II. führte in den dreißiger und fünfziger Jahren des 2. Jahrhunderts Krieg gegen die Parther und gegen römische Besitzungen. Die Römer behandelten Iberien in dieser Zeit mit äußerster Vorsicht, Trajan bezeichnete Iberien als Freund und Verbündeten. Das gute Verhältnis verschlechterte sich jedoch nachdem die Georgier die Römer vollständig aus Armenien vertrieben, erfolgreich gegen das Partherreich kämpften und öffentlich Spott gegen Rom trieben. Allerdings erkannte Rom die Grenzen Iberiens von der Südostküste des Schwarzen Meeres bis zum Unterlauf des Mtkwari und vom Kaukasus bis zum Araxes an, was die Beziehungen wieder verbesserte.
Auch in der Folgezeit konnten die Parther Iberien nicht erobern und auch die Sassaniden, die dann die Herrschaft in Persien übernahmen, operierten zunächst erfolglos.
Unter König Amasasp aber wurde der Einfluss der Perser stärker, es entwickelte sich aber ein freundschaftliches Verhältnis. Allerdings griffen während seiner Regierungszeit die Osseten mehrfach an. Es gelang Amasap aber, die Osseten zu besiegen, woraufhin er ihr Land nördlich des Kaukasus verwüstete. Durch sein starkes Bündnis mit den Persern am Ende seiner Regierung fielen die südlichen Eristawis zum Gegner Rom ab.Dadurch konnte das Imperium Romanum seinen Einfluss wieder ausweiten.
In der nachfolgenden Zeit orientierte sich Iberien wieder mehr an Rom, da Persien seine Grenzen direkt bedrohte. Daher wurde im 4. Jahrhundert auch das Christentum zur offiziellen Religion erklärt. Die Perser verstärkten daraufhin ihre Angriffe auf Iberien und konnten 368 den iberischen König Saurmag vertreiben und einen gewissen Aspagur als König einsetzen. Als Saurmag mit römischer Hilfe zurückkam kam es für kurze Zeit zur Teilung des Landes. In den siebziger Jahren gelang es den Persern wieder ganz Iberien unter ihre Kontrolle zu bringen. Im 5. Jahrhundert gingen die Perser zeitweise auch gegen die georgische Kirche vor. Ab 540 versuchten die Sassaniden verstärkt die Georgier zu assimilieren und sich Iberien, aber auch Armenien und Albanien endgültig einzuverleiben.
König Wachtang Gorgasal versuchte daraufhin in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts Widerstand gegen die Perser zu organisieren, doch hatte er nicht uneingeschränkten Rückhalt unter den Fürsten. Er besiegte auch die Chasaren und Alanen nördlich des Kaukasus, die während der Perserherrschaft die Kaukasuspässe überrannt hatten. Nach einem Bündnis mit den Hunnen wagte er den offenen Aufstand gegen Persien. Armenien schloss sich ihm bald an. Da die Hunnen jedoch nicht zu Hilfe kamen, verlor Wachtang den Krieg, Armenien und Iberien konnten jedoch ihre Selbstständigkeit dennoch ausbauen. Als Wachtang sich aber später weigerte mit Persien gegen Rom zu ziehen, kam es erneut zum Krieg. Bei der Schlacht am Iori wurde Wachtang schwer verletzt und starb bald darauf. Seitdem ist er das Symbol für den Widerstand gegen Persien. Auf ihn soll auch die Gründung von Tbilisi zurückgehen.
Zu Beginn des 6. Jahrhunderts wurde das Königtum von Iberien von den Persern liquidiert und Iberien so endgültig ein Teil des Sassanidenreiches.
Wiedererringung der Selbstständigkeit
571 brachen in Armenien und Iberien Aufstände gegen die Perser aus. Die Aufständischen schickten Boten nach Konstantinopel, um den byzantinischen Kaiser um Unterstützung zu bitten. Vorerst konnten die Iberier und Armenier die persischen Truppen besiegen und deren Befehlshaber töten. Doch bald konnten die Perser die Lage wieder stabilisieren und im Friedensvertrag von 577 zwischen Byzanz und dem Sassanidenreich wurden Iberien und Armenien erneut persisch.
Gegen Ende der Regierungszeit Hormizds IV. wurde Persien von Machtkämpfen erschüttert. Hormizd wurde gestürzt und sein Sohn Chosrau II. floh nach Byzanz. Nachdem er die persische Krone mit byzantinischer Hilfe wiedererlangt hatte trat er einen großen Teil von Armenien und auch Iberien bis Tbilisi an Byzanz ab. Bald konnte den Persern ganz Iberien genommen werden. Herrscher über Iberien war dann Gwaram (Gurgen) aus dem Parnasawidengeschlecht, der als Kuropalat des byzantinischen Kaisers herrschte. Praktisch regierte er als König, Iberien war weitestgehend unabhängig. Als sich die Iberier einem byzantinischen Kriegszug gegen Persien nicht anschlossen, wendeten sich diese an die Chasaren um Hilfe. Die Chasaren fielen aber eigenmächtig in Iberien ein und belagerten gemeinsam mit den Byzantinern Tbilisi, in dem sich georgische und persische Truppen verschanzten. Sie konnten die Stadt aber nicht einnehmen. Nach der Niederlage der Perser in der Schlacht bei Ninive 627 aber war Tbilisi schutzlos und die Chasaren nahmen es ein. Laut armenischen Chronisten plünderten und mordeten sie bis keiner mehr am Leben war. Danach war Iberien deutlich mehr von Byzanz abhängig als zuvor.
Arabische Eroberung
Nach der Eroberung Armeniens drangen die Araber in Iberien (Kartli) ein. 642 und 643 n. Chr. zogen sie plündernd durchs Land, konnten aber zurückgeschlagen werden. Nach einer Niederlage in Armenien floh der byzantinische Feldherr nach Kartli. Die Araber folgten ihm und da er die Macht des Araberreichs kannte schickte der Erismtawari von Iberien ihnen reiche Geschenke. Daraufhin wurde Iberien Schutz garantiert. So wurde Iberien Vasall der Araber; es mussten versprengte arabische Soldaten von den Iberiern versorgt werden sowie der Islam geachtet.
Nach einem Krieg innerhalb des Kalifats, der bis 661 dauerte, errang Iberien wieder mehr Unabhängigkeit. Nach gewalttätigen Versuchen des neuen Kalifen, die Kaukasusländer wieder ganz unter seine Herrschaft zu bringen, fielen diese endgültig von ihm ab. Byzanz forderte daraufhin auch Tribut aus Kaukasien. 686 einigten sich Byzanz und das Kalifat darauf, sich die Zahlungen aus Iberien und Armenien zu teilen. Dies wollten die Georgier nicht dulden und zogen unter Führung des Nerse nach Armenien, wo sie ein arabisches Heer besiegten. Daraufhin fiel eine byzantinische Armee in Iberien ein und stellte die frühere byzantinische Oberherrschaft wieder her. Diese unsichere Lage nutzten nun auch die Chasaren aus und zogen plündernd durch Kaukasien.
Dies war aber nicht von Dauer, denn bis Ende des 7. Jahrhunderts konnten die Araber Iberien wieder vollständig unter ihre Kontrolle bringen. In der Folgezeit kam es häufig zu Aufständen der Georgier, die aber immer von den Arabern niedergehalten werden konnten. Als in den dreißiger Jahren ein Aufstand losbrach schickten die Araber Merwan, den die Georgier "den Tauben" nannten. Er sollte die Iberier bestrafen und richtete große Verwüstungen in Georgien an. 737 unternahmen die Araber einen letzten Vorstoß in den Kaukasus, um sich an den Chasaren zu rächen. Die Araber stellten in Iberien einen Emir an die Spitze des Landes, der Erismtawari blieb aber weiter im Amt, verlor jedoch stetig an Macht. Mit der Zeit kam es zu einer umfangreichen Islamisierung der Gesellschaft und insbesondere die Christen wurden verfolgt. 764 brachen die Chasaren erneut in Kaukasien ein und brachten den Arabern schwere Niederlagen bei. Sie eroberten sogar Tbilisi, blieben jedoch nicht in dieser Region sondern plünderten nur und zogen dann wieder ab.
Ende des 8. Jahrhunderts verstärkte sich der Widerstand gegen die Araber. Auch viele Feudalherren unterstützten ihn nun. Durch den Machtverlust des Erismtawari von Kartli wuchs ihr Einfluss und nun wollten auch sie die Vorherrschaft der Araber loswerden. Zu Beginn des 9. Jahrhunderts schafften die Araber die Funktion des Erismtawari endgültig ab. So entstanden neue feudale Fürstentümer. Dem Kalifat gingen zuerst Kachetien, Heretien und Tao-Klardschetien verloren, später auch Innerkartli. Trotz mehrerer Kriegszüge der Araber umfasste das Emirat bald nur noch Tbilisi und Niederkartlien.
Das Königreich Iberien löste sich so während der Araberherrschaft mehr und mehr auf. Nach der Abschaffung des Amtes des Erismtawari hörte es auf zu existieren. Seine Nachfolge trat vor allem der Staat Kartli an, der als Emirat bald völlig selbstständig von den arabischen Kalifen sein sollte.
Siehe auch
Literatur
- Heinz Fähnrich: Geschichte Georgiens von den Anfängen bis zur Mongolenherrschaft. Shaker, Aachen 1993, ISBN 3-86111-683-9.
- Nodar Assatiani, Alexandre Bendianachvili: Histoire de la Géorgie, édition l'Harmatan, 1997. ISBN 2-7384-6186-7.
- Otar Lordkipanidse - Heinzgerd Brakmann: Iberia II (Georgien). In: Reallexikon für Antike und Christentum 17 (1996) 12-106.
Wikimedia Foundation.