Jean-Marc Barr

Jean-Marc Barr
Jean-Marc Barr (2002)

Jean-Marc Barr (* 27. September 1960 in Bitburg, Deutschland) ist ein französisch- amerikanischer Schauspieler, Regisseur, Produzent und Drehbuchautor. Einem weltweiten Publikum wurde er 1989 durch seine Hauptrolle in Luc Bessons Unterwasserepos Im Rausch der Tiefe bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Kindheit und Studium

Jean-Marc Barr wurde 1960 im rheinland-pfälzischen Bitburg geboren. Seine Kindheit verbringt er bis zum Alter von acht Jahren in Deutschland, dann zieht seine Familie 1968 ins französische Montreuil. Geprägt ist Jean-Marc Barrs Familienleben von der ständigen Abwesenheit seines US-amerikanischen Vaters, der für die US Air Force in zwei Kriegen dient und später unter US-Präsident Richard Nixon zum Sicherheitschef der Air Force One avanciert, seine Mutter ist französischer Abstammung und zwanzig Jahre jünger als ihr Ehemann. Als Barrs Vater aus dem Vietnam-Krieg heimkehrt, übersiedelt die Familie 1974 ins kalifornische San Diego. Hier verbringt Barr wie zahlreiche amerikanische Jugendliche viele Stunden vor dem Fernsehgerät. Mit 17 Jahren beginnt Barr eine Ausbildung zum Priesterschüler, beendet diese jedoch nach nur vier Monaten. Auf Wunsch seines Vaters soll Barr Karriere bei der US Air Force machen. Doch es zieht ihn nicht zum Militär. Stattdessen schreibt er sich an einer nordkalifornischen Universität ein und studiert Philosophie.

Arbeit als Schauspieler

1980 geht Jean-Marc Barr nach Paris, wo er sein Studium an der Sorbonne weiterführt. Zwei Jahre später zieht er nach London, um erste Erfahrungen als Schauspieler zu sammeln. Er schließt sich einer Theatergruppe an und ist in englischsprachigen Shakespeare-Produktionen zu sehen, bevor er den letzten schauspielerischen Schliff an der renommierten Guildhall School of Music and Drama erhält. 1986 verlässt Barr England und zieht wieder nach Frankreich zurück.

Sein Filmdebüt gibt Jean-Marc Barr 1984 in Brian Gilberts Romantikfilm Der Märchenprinz. Ein Jahr später ist er in Bruce Beresfords misslungenem König David zu sehen. In dem britisch-amerikanischen Abenteuerfilm, in dem Richard Gere die Titelrolle des israelischen Königs bekleidet, übernimmt Barr die Rolle des Absalom, eines der jüngeren Söhne König Davids, der versucht, seinen Vater zu stürzen. Am Pariser Theatre Gerard Philippe in Saint-Denis feiert Barr anschließend mit Friedrich Schillers Drama Die Verschwörung des Fiesko zu Genua sein erstes Bühnenengagement, daneben ist er in diversen Fernsehfilmen zu sehen. 1987 bekommt er einen größeren Part in John Boormans Tragikomödie Hope and Glory - Der Krieg der Kinder. In dem semiautobiografischen Werk, das zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in London spielt, ist er in der Rolle des Kapitänlieutnants Bruce Carrey zu sehen.

Höhepunkt seiner Karriere

1988 folgt die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Luc Besson und damit auch seine erste Hauptrolle. In Bessons märchenhaft anmutendem Drama Im Rausch der Tiefe verkörpert er den wortkargen Einzelgänger Jacques Mayol, der an den gleichnamigen französischen Rekordtaucher angelehnt ist. Barr liefert sich in dem Film ein packendes Duell um den Freitauch-Weltrekord mit Jean Reno, der Jacques italienischen Kontrahenten Enzo zum besten gibt. Halb Mensch, halb Delfin ist Jacques hin- und hergerissen zwischen der irdischen Liebe zu Johana (gespielt von Rosanna Arquette) und dem Ruf seines maritimen Paradieses. Der Konflikt gipfelt in einem unvergesslich dunklen und märchenhaften Ende. "Neun Monate haben wir gedreht, und ich bin zweimal fast ertrunken. Dieser Film hat mein Leben verändert," so Barr, der durch Luc Bessons Drama über Nacht in Frankreich zum Star wird sowie zum Idol zahlreicher Teenager. Für seine schauspielerische Leistung wird er ein Jahr später, neben so etablierten Mimen wie Jean-Paul Belmondo, Gérard Depardieu oder Daniel Auteuil, als Bester Hauptdarsteller für den César nominiert, das französische Äquivalent zum Oscar.

Obwohl Kritiker dem charismatischen Schauspieler eine internationale Karriere im Filmgeschäft voraussagen, kann Jean-Marc Barr trotz vielfacher Anstrengungen nicht mehr an den Erfolg von Luc Bessons Unterwasser-Epos anknüpfen. In der Folgezeit wird er in Frankreich nur noch mit der Rolle des tapsigen Jacques identifiziert und hält sich deshalb für mehrere Jahre vom Film fern. In der Zwischenzeit spielt er Theater in London, u. a. inszeniert Sir Peter Hall mit ihm eine Tennessee-Williams-Inszenierung an der Seite von Vanessa Redgrave.

Zusammenarbeit mit Lars von Trier

Jean-Marc Barr greift erst 1991 wieder seine Filmkarriere auf, als er in Lars von Triers Thriller Europa die Hauptrolle übernimmt. In dem düsteren, teilweise am Film Noir angelehnten Werk spielt Barr Leonard Kessler, einen jungen amerikanischen Pazifisten deutscher Abstammung, der im Jahr 1945 nach Deutschland reist, um beim Wiederaufbau des Landes zu helfen. Er bekommt eine Anstellung als Schlafwagenkondukteur bei der Zentropa-Eisenbahnlinie. Hier macht Barrs Film-Charakter bald die Bekanntschaft mit der trägen, aber subversiven Welt von Katharina Hartmann (gespielt von Barbara Sukowa), der Tochter des Eisenbahnmagnaten, für den Kessler arbeitet. Der Film, abwechselnd in schwarz-weiß und in Farbe gedreht, begründet einen neuen Karriereabschnitt in Jean-Marc Barrs schauspielerischem Schaffen, und es entsteht eine intensive Zusammenarbeit mit Lars von Trier. Der dänische Regisseur engagiert den Schauspieler in seinen Filmen fortan in diversen Nebenrollen. 1996 agiert Barr in von Triers Breaking the Waves an der Seite von Emily Watson und Stellan Skarsgård als Techniker auf einer Ölbohrplattform. 2000 spielt er neben Björk und Catherine Deneuve in Dancer in the Dark, drei Jahre später ist er in Dogville einer der Gangster in den Reihen von James Caan, der Nicole Kidman gewaltsam aus der Gefangenschaft in einem US-amerikanischen Bergdorf befreit. Dazwischen ist er in der Albert-Camus-Adaption Die Pest (1992), Nicole Garcias Familiendrama Der Lieblingssohn (1994), sowie in Harry Hooks historischen Abenteuerfilm St. Ives – Alles aus Liebe (1998) zu sehen. 2005 brilliert Barr in der französischen Komödie Meeresfrüchte in der Nebenrolle des schwulen Klempners Didier und arbeitet in Manderlay und Direktøren for det hele zum fünften und sechsten Mal mit Regisseur Lars von Trier zusammen. 2007 folgt die Titelrolle in dem Serien-Pilotfilm Martin Paris, in dem er als extrovertierter Illusionist versucht, die entführte Tochter eines Waffenhändlers wieder aufzuspüren.

Karriere als Regisseur

Im Jahr 1999 entschließt sich Jean-Marc Barr auf Anraten Lars von Triers, selbst ins Regiefach zu wechseln. Mit Lovers folgt er den vom dänischen Regisseur festgelegten Regeln des Dogma 95, mit der ein neuer Realismus im Film erreicht werden soll. Lovers, den Barr zusammen mit seinem französischen Landsmann Pascal Arnold produziert, bei dem er Regie führt, das Drehbuch schreibt und auch als Kameramann fungiert, erzählt die schlichte Liebesgeschichte zwischen dem jugoslawischen Maler Dragan, der sich illegal in Frankreich aufhält, und der Pariser Buchhändlerin Jeanne. Für die Hauptrollen verpflichtet Barr Sergej Trifunovic und Élodie Bouchez, mit der er 1998 in der französischen Tragikomödie J'aimerais pas crever un dimanche vor der Kamera stand.

Zwar verwendet Barr entgegen den Dogma-Regeln Videomaterial und unterlegt die Bilder mit Musik, doch sein Regiedebüt ist der erste Dogma-Film eines Nicht-Skandinaviers, und er wird beim Filmfestival Cottbus für junges osteuropäisches Kino mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet. Die geplante Trilogie über Liebe und Freiheit, die Barr und Arnold mit Lovers begonnen haben, schließen sie 2001 mit Too Much Flesh und Being light ab. In den beiden Filmen, die fernab der Dogma-Regeln gedreht werden, vertraut Barr beide Male auf Lovers-Hauptdarstellerin Élodie Bouchez und spielt selbst die männliche Hauptrolle. 2004 dreht Jean-Marc Barr erneut unter Mitwirken Pascal Arnolds das Drama Without Love mit u. a. Geraldine Chaplin und Kathleen Turner in den Hauptrollen. Auch an diesem Projekt ist Barr als Darsteller beteiligt.


Jean-Marc Barr, der 1995 von der britischen Filmzeitschrift Empire Magazine auf Platz 82 der hundert erotischsten Stars in der Filmgeschichte gewählt wurde, ist seit 1993 mit der jugoslawischen Pianistin Irina Decermic verheiratet,[1] die alle seine Regiearbeiten vertont hat.

Filmografie

Schauspieler (Auswahl)

  • 1984: Der Märchenprinz (The Frog Prince)
  • 1985: König David (King David)
  • 1987: Hope and Glory
  • 1988: Im Rausch der Tiefe (Le grand bleu)
  • 1990: Höllenglut (Le brasier)
  • 1991: Europa
  • 1992: Die Pest (La peste)
  • 1994: Les faussaires
  • 1994: Der Lieblingssohn (Le fils préferé)
  • 1995: Für Ehre und Vaterland (Marciando nel buio)
  • 1995: Iron Horsemen
  • 1996: L'echappée belle
  • 1996: Breaking the Waves
  • 1996: Mo'
  • 1998: The Scarlet Tunic
  • 1998: Préférence
  • 1998: Verrückt nach ihr (Folle d'elle)
  • 1998: Ça ne se refuse pas
  • 1998: J'aimerais pas crever un dimanche
  • 1998: St. Ives – Alles aus Liebe (St. Ives)
  • 2000: Dancer in the Dark
  • 2000: Too Much Flesh
  • 2001: Being Light
  • 2002: Les fils de Marie
  • 2002: La Sirène rouge
  • 2003: Saltimbank
  • 2003: Dogville
  • 2003: Eine Affäre in Paris (Le Divorce)
  • 2003: Les clefs de bagnole
  • 2004: Without Love
  • 2004: CQ2 (Seek You Too)
  • 2005: Meeresfrüchte (Crustacés et coquillages)
  • 2005: Manderlay
  • 2005: Tara Road
  • 2006: Chacun, dans sa nuit
  • 2007: Martin Paris – Magier des Verbrechens (Martin Paris, TV)

Regisseur

  • 1999: Lovers
  • 2000: Too Much Flesh
  • 2001: Being Light
  • 2004: Without Love

Auszeichnungen

César

  • 1989: nominiert als Bester Hauptdarsteller für Im Rausch der Tiefe

Europäischer Filmpreis

  • 2005: nominiert für den Publikumspreis als Bester Darsteller für Meeresfrüchte

Weitere

Filmfestival Cottbus

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Jean-Marc Barr. In: Munzinger-Archiv / Internationales Biographisches Archiv 04/08

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