Josef Kleutgen

Josef Kleutgen

Josef Kleutgen, gelegentl. Joseph Kleutgen, (* 9. September 1811 in Dortmund; † 13. Januar 1883 in St. Anton bei Kaltern, Südtirol) war ein deutscher Theologe und Jesuit.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1829 schloss Kleutgen das Gymnasium erfolgreich mit dem Abitur ab und begann mit 19 Jahren, an der Ludwig-Maximilians-Universität München Pädagogik zu studieren. Mit Beginn seines Studiums wurde Kleutgen auch Mitglied der Burschenschaft Germania. Bereits Ostern 1832 wechselte er an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster, um dort Katholische Theologie unter anderem bei Theodor Katerkamp zu studieren. Im darauf folgenden Jahr beendete Kleutgen dieses Studium in Paderborn und trat ins dortige Priesterseminar ein.

Am 28. April 1834 trat Kleutgen in den Jesuitenorden ein und begann am Kollegium Spiritus Sanctus in Brig (Kanton Wallis) sein zweijähriges Noviziat, wo er zwei Jahre später auch als Dozent fungierte. Später wirkte er auch als Professor für Moralphilosophie und Rhetorik am Kollegium Sankt Michael (Freiburg im Üechtland). 1837 wurde er zum Priester geweiht.

Ab 1843 ging Kleutgen im Auftrag seines Ordens nach Rom, wo er mehrere Ämter seines Ordens bekleidete. Bis 1880 wirkte er als Professor für Rhetorik am Collegium Germanicum. 1851 betraute man ihn mit den Aufgaben eines Konsultators (Gutachter) der Congregatio indicis librorum prohibitorum; 1872 arbeitete er nochmals am Index Librorum Prohibitorum mit.

Zwischen 1858 und 1862 wirkte Kleutgen unter dem Ordensgeneral Pierre Jean Beckx als Sekretär im Mutterhaus des Ordens. 1868 bestimmte man ihn zum Berater Bischof Konrad Martins, der auf dem ersten Vaticanum 1869 eine wichtige Rolle spielen sollte. Kleutgen war nicht nur an den Vorbereitungen beteiligt, sondern auch maßgeblich an der Ausarbeitung von Martins Vorlage für die Konstitutionen „De fide catholica“ und „De ecclesia Christi“.

Neben seinem Lehrauftrag in Rom wirkte Kleutgen 1870/78 als Prediger und Dozent für Rhetorik in Tirol. Anschließend holte man ihn als Studienpräfekt wieder zurück nach Rom an die Gregoriana. Für die Enzyklika Aeterni Patris von Papst Leo XIII. schuf Kleutgen die Basis; dies gilt als eine seiner letzten Arbeiten.

1879 erlitt Kleutgen einen Schlaganfall, der ihn zwang, fast alle seine Ordensämter in Rom aufzugeben. Ein Genesungsurlaub in Chiesi (Piemont) brachte keine Erleichterung, da ihn bereits nach kurzer Zeit ein weiterer Anfall heimsuchte. Kleutgen zog sich 1881 nach Tirol zurück und wirkte noch einige Zeit in Innsbruck.

Am 13. Januar 1883 starb er im Alter von 71 Jahren in St. Anton (heute Gemeinde Völs (Südtirol)). Anlässlich seines Todes bezeichnete Papst Leo XIII. Kleutgen als Princeps philosophorum („Fürst unter den Philosophen“).

Aus seiner Zeit als Professor sind Konstantin Gutberlet, Franz Seraph Hettinger, Josef Hergenröther, Mathias Joseph Scheeben als seine wichtigsten Schüler zu nennen.

Als engagierter Vertreter der Neuscholastik konnte sich Kleutgen neben seinen Ordenskollegen, wie Carlo Maria Curci, Carlo Passaglia oder Giovanni Perrone, einreihen. Gerade in Deutschland war Kleutgen ein großer Verteidiger der Neuscholastik, deren Basis er u. a. auch in der antiken Philosophie sah. Damit stand Kleutgen gegen die „Modernisten“, wie z. B. seinen ehemaligen Ordenskollegen Anton Günther, aber auch Theologen wie Georg Hermes oder Johann Baptist von Hirscher.

Wilhelm Baum schrieb in seinem NDB-Artikel über Kleutgen: "Die durch ihn maßgeblich vollzogene Festlegung der katholischen Theologie auf die Scholastik im nachtridentinischen Verständnis und die Unterdrückung der deutschen Theologie - insbesondere der katholischen Tübinger Schule - war eine der verhängnisvollsten Fehlentscheidungen der katholischen Kirche in der jüngeren Zeit."[1]

In Zusammenhang eines DFG-Forschungsprojektes des Kirchenhistorikers Hubert Wolf um einen Inquisitionsprozeß um das Kloster San Ambrogio in Rom im Jahre 1859 wird von einer Liebesbeziehung zwischen einer Novizenmeisterin und Kleutgen berichtet. [2].

Einzelnachweise

  1. NDB 12 (1979), S.57 f., abgerufen am 8. Dezember 2010
  2. DFG-Forschungsprojekte von Hubert Wolf - Laufendes Forschungsprojekt Nr. 4; abgerufen am 8. Dezember 2010

Werke (Auswahl)

  • Ars dicendi. Priscorum potissimum praeceptis et exemplis illustrata. Marietta, Turin 1885
  • Das Evangelium des heiligen Matthäus nebst einer Abhandlung über das Wunderbare. Nach seinem innern Zusammenhang in Kürze erklärt. Herder, Freiburg 1882
  • Die Ideale und ihre wahre Verwirklichung. Ein Wort zum Verständnis der deutschen Classiker. Hamacher, Frankfurt/M. 1868
  • Institutiones theologicae in usum scholarum. Pustet, Regensburg
  1. De ipso Deo. 1881 (mehr nicht erschienen)
  • Kleinere Werke. Theissing Verlag, Münster
  1. Leben frommer Diener und Dienerinnen Gottes. 1867
  2. Briefe aus Rom. 1869
  3. Über die alten und neuen Schulen. 1871
  4. Predigten 1. 1873
  5. Predigten 2. 1874
  • Die oberste Lehrgewalt des römischen Bischofs. Groppe Verlag, Trier 1870
  • Philosophie der Vorzeit verteidigt, zwei Bände. Verlag Minerva, Frankfurt/M. 1974 (Repr. d. Ausg. Innsbruck 1878)
  • Die Theologie der Vorzeit verteidigt, vier Bände (in fünf). Theissing Verlag, Münster 1860-73. - Als "Beilagen" zur Theologie der Vorzeit erschienen:
  1. Über die Verurtheilung des Ontologismus durh den Hl. Stuhl. 1868
  2. Zu meiner Rechtfertigung. 1868
  3. Vom intellectus agens und den angebornen Ideen. Zur Lehre vom Glauben 1875
  • Über die Einheit der Person Jesu Christi. In: Der Katholik. Zeitschrift für katholische Wissenschaft und kirchliches Leben/2. Folge Jg. 49 (1869), S. 166-193, 286-312, 404-427, 525-541, 641-679
  • Über die Verfolgung der Kirche in unseren Tagen. 3 Reden. Herder, Freiburg/B. 1866
  • Über die Wünsche, Befürchtungen und Hoffnungen im Betreff der bevorstehenden Kirchenversammlung. Theissing Verlag, Münster 1969

Literatur

  • Wilhelm Bartz: Das Problem des Glaubens in Auseinandersetzung mit Josef Kleutgen. Paulinus-Verlag, Paderborn 1950
  • Konrad Deufel: Kirche und Tradition. Ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Wende im 19. Jahrhundert am Beispiel des kirchlich-theologischen Kampfprogramms P. Josef Kleutgen, S.J. Schöningh Verlag, Paderborn 1976
  • Leonhard Gilen: Kleutgen und die Theorie der Erkenntnisbilds. Verlag Hain, Meisenheim am Glan 1956
  • Michael Kappes: Josef Kleutgen. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 54–56.
  • Friedrich Lauchert: Kleutgen, Joseph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 216–218.
  • Ludwig Lercher (Hrsg.): P. Josef Kleutgen, S.J. Sein Leben und seine literarische Wirksamkeit; zum Säkulargedächtnis seiner Geburt. Pustet, Regensburg 1910
  • Detlef Peitz, Die Anfänge der Neuscholastik in Deutschland und Italien (1818-1870). Verlag nova&vetera, Bonn 2006, 146-198.

Weblinks


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