Jovian

Jovian
Siliqua des Jovian, um 363

Flavius Jovianus (griechisch Ἰοβιανός, * 331 in Singidunum; † 17. Februar 364 in Dadastana, Türkei), kurz Jovian, war Nachfolger Julians als Kaiser des Römischen Reiches. Er regierte nur einen Winter lang, von 363 bis 364. Jovian, der Christ war, brach mit der christenfeindlichen Politik seines Vorgängers und beendete im Frieden von 363 auch dessen Offensive gegen das persische Sassanidenreich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aufstieg zum Kaiser

Geboren 331 in Singidunum, dem heutigen Belgrad wurde Jovian im christlichen Glauben erzogen. Sein Vater Varronianus fungierte als comes domesticorum, war also der Kommandant eines Kadettenkorps (der protectores domestici), aus dem die Offiziere der Eliteeinheiten rekrutiert wurden. Schon früh entschied sich Jovian für eine militärische Laufbahn und diente später ebenfalls in diesem Korps.

Unter den Kaisern Constantius II. und Julian erklomm er die Karriereleiter. Im Jahr 363, unter Julian, wurde er sogar Kommandant der domestici, obwohl Julian Heiden innerhalb der Armee bevorzugte.

Auf einem insgesamt schlecht geplanten Feldzug kam Julian am 26. Juni 363 während einer Schlacht gegen die Streitmacht der Sassaniden ums Leben. Noch am selben Tag einigte sich ein Kollegium aus den Offizieren Nevitta, Arintheus, Victor und Dagalaifus darauf, Jovian zum neuen Kaiser auszurufen, nachdem der amtierende Prätorianerpräfekt Saturninus Secundus Salutius aus Altersgründen abgelehnt hatte. Für Jovian sprach der gute Ruf seines Vaters. Jovian war offenbar eine angesehene Persönlichkeit, denn er hatte den Leichnam des Kaisers Constantius II. nach Konstantinopel überführt.

Theodoret berichtet (wohl übertrieben) in seiner Kirchengeschichte (4,1), dass Jovian ein ausgezeichneter, angesehener und in mehrfacher Hinsicht hervorragender Mann von sehr hoher körperlicher Gestalt und hochherziger Gesinnung gewesen sei. Er hatte sich militärisch hervorgetan. Ammianus Marcellinus, der Jovian erlebt hatte, äußerte sich deutlich zurückhaltender.

Regierungszeit

Jovian

Die Perser nutzten die Situation geschickt aus. Der persische König Schapur II. gab Befehl, die Intensität der Angriffe auf die sich zurückziehenden Legionen noch zu verdoppeln. Jovian handelte, die totale Vernichtung der römischen Ostarmeen vor Augen, noch im Juli mit den Persern einen Friedensschluss aus. Um sich unbehelligt zurückziehen zu können, musste er gewaltige Territorien, fünf Provinzen jenseits des Tigris, den Persern überlassen, darunter Armenien. Auch die Städte Singara, Nisibis und Bezabde wurden aufgegeben, ihre Einwohner umgesiedelt.

Vor allem der Verlust des stark befestigten Nisibis, das erst sechzig Jahre zuvor unter Galerius von den Römern erobert worden war, stieß allgemein auf Kritik. Jovians Zeitgenosse Ammianus Marcellinus berichtet, dass die Bewohner der Stadt den Kaiser baten, auf eigene Faust gegen die Perser kämpfen zu dürfen, was dieser jedoch ablehnte.[1] Die Christen, darunter der Kirchenlehrer Ephräm der Syrer, mussten Nisibis verlassen, das bis in die Zeit des Kaisers Maurikios, der die Stadt für das Oströmische Reich gewann, unter persischer Kontrolle blieb. Die Stadt diente später immer wieder als Ausgangspunkt persischer Offensiven.

Der von Julian verbannte, von Jovian begnadigte Kirchenvater Athanasius

In Antiochia, dessen Einwohner sich scherzhaft dafür beglückwünschten, dass ihre Stadt nicht ebenfalls an die Perser abgetreten worden war, nahm Jovian erstmals seine innenpolitischen Geschäfte auf. Er widmete sich zunächst der staatlichen Unterstützung und Förderung des unter Julian bedrängten Christentums. Julians ein Jahr zuvor erlassenes Rhetorenedikt wurde zurückgenommen, die christlichen Lehrer durften wieder unterrichten. Da Jovian zugleich den Heiden Religionsfreiheit zuerkannte, gab es dagegen keinen Widerstand. Nur Zauberei und Wahrsagerei blieben weiterhin strafbar. Die Tempelgüter wurden allerdings eingezogen.

Im folgenden Winter zog Jovian weiter nach Westen. Unterwegs erhielt er die Nachricht, dass in Reims eine Gruppe hochrangiger Offiziere revoltiert hatte. Die gallischen Truppen schlugen den Aufstand jedoch nieder und bekannten sich zu ihrem neuen Kaiser. In Ankyra setzte er sich zusammen mit seinem noch jungen Sohn Varronian am 1. Januar 364 als Konsul ein.

Noch bevor der Tross Konstantinopel erreichte, starb Jovian, als er am 17. Februar 364 das Provinzdorf Dadastana erreicht hatte. Man fand ihn tot im Bett, konnte jedoch keine Anzeichen für einen gewaltsamen Tod erkennen. Von den zahlreichen Theorien, die über seinen Tod aufgestellt wurden, erscheint die einer Rauchvergiftung aufgrund eines defekten Abzuges am wahrscheinlichsten.

Jovian wurde im Kaisermausoleum in Konstantinopel bestattet. Valentinian I., ein bis dahin wenig bekannter Gardeoffizier, folgte ihm auf den Thron. Seine Witwe Charito lebte noch zu Beginn der Regierungszeit Theodosius’ I., der junge Varronian wurde (angeblich) teilgeblendet, um ihn als Thronkandidaten auszuschalten.

Bewertung und Quellen

Jovians Friedensschluss mit den Persern wurde von seinen Zeitgenossen und auch in der Forschung oft kritisiert; in späteren Quellen wird der Frieden aber teils ausgewogener beurteilt (etwa Zonaras, Sozomenos, Augustinus von Hippo). Die militärische Notwendigkeit des Friedens wurde vor allem von Zeitgenossen allgemein bestritten. In der neueren Forschung wird jedoch darauf hingewiesen, dass Jovian keine andere Wahl gehabt habe, wenn er nicht den Untergang der römischen Armee riskieren wollte. Diese Auffassung stößt noch immer vereinzelt auf Skepsis, vor allem bei Forschern, die Julians Perserkrieg als relativen Erfolg einschätzen.[2] Tatsache ist jedenfalls, dass dank des Vertrags die römischen Truppen sicher die Heimat erreichten und sich die Beziehungen zwischen den beiden Großmächten vorerst normalisierten.

Insgesamt wird Jovian in der Überlieferung jedoch recht negativ beurteilt. Oft findet man den Spottnamen Winterkaiser (analog zum Winterkönig Friedrich von der Pfalz). Der römische Zeitzeuge Ammianus Marcellinus zeichnet ein sehr negatives Charakterbild Jovians[3] und idealisiert Julian, was freilich auch von seiner Voreingenommenheit zeugt. Auch die Suda, eine byzantinische Enzyklopädie, rückt Jovian in ein sehr negatives Licht.[4] Sein kleiner Sohn verschwindet sogar ganz aus der Überlieferung. Andererseits wird in der Forschung auch die Ansicht vertreten, Jovian habe eine neue Ausgleichspolitik betrieben, mit der Persien und Rom zu einer friedlichen Koexistenz zurückfanden.[5]

Theodoret findet in seiner Kirchengeschichte (4, 5) lobende Worte für die nur achtmonatige Regierungszeit des Kaisers, der die Benachteiligung der Christen beendet und die verbannten Bischöfe wieder eingesetzt hatte. Dieses positive Bild erklärt sich aus dem Kontrast zur vorangegangenen Regierungszeit Julians, der die Kirche massiv unter Druck gesetzt hatte.

Literatur

  • Evangelos Chrysos: Räumung und Aufgabe von Reichsterritorien. Der Vertrag von 363. In: Bonner Jahrbücher 193 (1993), S. 165–202.
  • Alexander Demandt: Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr. C. H. Beck, München 1989, S. 109–111, ISBN 3-406-07992-X. Auch als: Geschichte der Spätantike. München 1998, S. 86f.
  • Geoffrey B. Greatrex und Samuel N.C. Lieu: The Roman Eastern Frontier and the Persian Wars. Part II AD 363–630. A narrative sourcebook. London und New York 2002, S. 1ff. (Quellenauszüge in englischer Übersetzung und mit einem knappen Kommentar versehen.)
  • Noel Lenski: The Election of Jovian and the Role of the Late Imperial Guards. In: Klio 82/2 (2000), S. 492–515.
  • Gerhard Wirth: Jovian, Kaiser und Karikatur. In: Vivarium, Festschrift Theodor Klauser zum 90. Geburtstag. (Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 11, 1984), S. 353–384.

Weblinks

 Commons: Jovian – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Ammian 25,8.
  2. Siehe etwa Demandt, Geschichte der Spätantike, S. 86.
  3. Ammian 25,10.
  4. Suda Stichwort Ἰοβιανός, Adler-Nummer: iota 401, Suda-Online
  5. Siehe Wirth, Jovian, Kaiser und Karikatur.


Vorgänger Amt Nachfolger
Julian (Kaiser) Römischer Kaiser
363–364
Valentinian I.

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