Juvavum

Juvavum
Römischer Weihestein in der Friedhofsmauer von Grödig

Iuvavum war der römische Name für das heutige Salzburg. Die vorher keltische Siedlung wurde um 15 n. Chr. von den Römern besetzt. Nach der Erhebung zum municipium in der Priovinz Noricum (später Ufernoricum) unter Kaiser Claudius erlebte sie eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. 171 wurde Iuvavum jedoch von germanischen Invasoren vollständig zerstört und teilweise erst nach Jahrzehnten wieder aufgebaut. Der in der Folge einsetzende schleichende Niedergang, bedingt durch ständige Sorge um den Einfälle von Germanenstämmen in die grenznahe Stadt wurde nur noch durch eine kurze Nachblüte unter Konstantin dem Großen unterbrochen.

Geschichte

Der Name Iuvavum ist keltischen Ursprungs und geht auf das Volk der Alaunen (ein Gau der Vindeliker) zurück, das im Flachgau, Tennengau und dem Raum Rupertiwinkel siedelte. Keltische Höhensiedlungen gab es auf dem Rainberg, dem Kapuzinerberg und dem Festungsberg. Diese wurden jedoch 15 v. Chr. im Verlaufe eines römischen Feldzugs gegen die alpinen Kelten unter Tiberius und Drusus kampflos unterworfen. In der Folgezeit wurden die bisherigen Einwohner zwangsweise in das Tal zwischen den Bergen umgesiedelt. Neben den verkehrstechnischen Vorteilen, die eine Siedlung im Tal bot, konnten die Römer die Kelten so besser überwachen, was die Gefahr eines Aufstandes verringerte. Außerdem waren die befestigten Höhensiedlungen nach der römischen Besetzung dank der Pax Romana, dem Frieden, den die Römer brachten, gar nicht mehr nötig.[1]

Iuvavum gehörte zu Noricum, das zunächst innerhalb des Römischen Reiches nur als „besetztes Gebiet“ eingestuft war, also noch nicht die vollen Rechte einer römischen Provinz genoss. Trotzdem florierte Iuvavum schon in dieser Phase schnell, wozu die Lage an einem römischen Verkehrsknotenpunkt ebenso beitrug wie die Lage an der Salzach (römisch Iuvarus, Ivarus). Claudius (41–54) beförderte Noricum schließlich offiziell zur Provinz, Iuvavum wurde zur autonomen Stadt (municipium) erhoben und war damit die erste Siedlung mit einer städtischen Selbstverwaltung nördlich der Alpen. Der Verwaltung Iuvavums unterstand damit ein weites Gebiet, das im Westen das Chiemgau, den Rupertiwinkel und das Inngebiet miteinschloss.[2]

Römische Mauerreste unter dem heutigen Residenzplatz. Ausgrabungsarbeiten 2007

171 n. Chr. stürmten germanische Stämme, vor allem Markomannen und Quaden, den römischen Limes und verwüsteten große Teile Noricums, bevor sie bis nach Oberitalien vordrangen (Markomannenkriege). Iuvavum wurde vollständig zerstört, viele Einwohner getötet oder verschleppt. Nach dem endgültigen Sieg des Kaisers Mark Aurel über die Germanen 180 n. Chr. wurde die Stadt nur langsam wiederaufgebaut. Zunächst verzögerte eine Seuche die Arbeiten, dann, unter Kaiser Commodus (180–192), die Inflation. Erst unter Septimius Severus (193–211) konnte Iuvavum in größerem Umfang wiederhergestellt werden. Die Stadt erholte sich jedoch nie wieder vollständig von der Zerstörung. Kleine Stadtteile wurden nicht wieder errichtet.

In der Folgezeit litt Iuvavum besonders unter der Reichskrise des 3. Jahrhunderts. Abermals fielen 241 n. Chr. Germanen in Noricum ein und verwüsteten große Gebiete, dieses Mal handelte es sich jedoch um Alamannen. Auch Iuvavum war stark betroffen. Die durch ständige Usurpationen geschwächte Zentralregierung konnte die Sicherheit der Grenzprovinz nicht garantieren, die Germanen überschritten immer wieder den Limes. Erst Diokletian konnte seit 384 die Krise beenden. Er reformierte unter anderem die Gliederung des Reiches in Provinzen, Noricum etwa wurde in Noricum ripense (Ufernorikum), zu dem auch Iuvavum gehörte, und Noricum mediterraneum (Binnennoricum) geteilt. Dank den Reformen Diokletians konnte sich die Stadt noch einmal erholen und erlebte unter Konstantin dem Großen (306–337) eine letzte Nachblüte.

Mit der beginnenden Völkerwanderung konnten die römischen Kaiser die Grenzen Noricums immer weniger sichern. Germaneneinfälle waren bald an der Tagesordnung, die Bewohner Iuvavums zogen sich aus dem Tal auf die sichereren Berge zurück. Spätantike Verteidigungsanlagen sind für den Nonnberg und den Festungsberg archäologisch bezeugt. Die Vita sancti Severini schließlich, die von Eugippius verfasste Biographie des spätantiken Heiligen Severin von Noricum, gibt Aufschluss über die Anfänge des Christentums in Iuvavum. Sie erwähnt eine Kirche und ein Kloster, das vermutlich am damaligen Ortsrand gestanden hat.[3]

Der Untergang des Weströmischen Reiches mit der Absetzung des letzten Kaisers Romulus Augustulus 476 hatte auf die Einwohner Iuvavums zunächst keine direkten Auswirkungen. Die Machtübernahme des Germanen Odoaker war für die Iuvavenser nur ein weiterer Machtwechsel im ohnehin politisch instabilen und zudem weit entfernten Rom. Ein bedeutenderer Einschnitt war die Evakuierung eines Großteils der römischen Bevölkerung aus Noricum, die Odoaker mit Hilfe der Römer im Jahr 488 veranlasste. Der verbleibende Rest der Einwohner der Stadt zog sich vermutlich auf die Anlagen auf dem Nonnberg und dem Festungsberg zurück.

Literatur

  • Heinz Dopsch, Robert Hoffmann: Geschichte der Stadt Salzburg. Verlag Anton Pustet, Salzburg – München 1996, ISBN 3-7025-0340-4, S. 28–71.

Anmerkungen

  1. Dazu Dopsch, Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg, S. 39–40. So auch allgemein der kurze Überblick zum keltischen Städtewesen bei Alexander Demandt, Die Kelten, München 2007, S. 68–72, hier S. 70.
  2. Plinius der Ältere, naturalis historia 3,146 bezeichnet Iuvavum als oppidum Claudium; dazu Dopsch, Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg, S. 40–42.
  3. Eugippius, Vita sancti Severini 13–14. Dazu Dopsch, Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg, S. 66–68.

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