Jürgen Thumann

Jürgen Thumann
Jürgen Thumann (links) mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso auf dem European Business Summit 2011 in Brüssel

Jürgen R. Thumann (* 17. August 1941 in Schwelm) ist Präsident der Europäischen Arbeitgebervereinigung BUSINESSEUROPE. Von 2005-2009 war er Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er ist Vorsitzender des Beirates der Heitkamp & Thumann Group in Düsseldorf, Aufsichtsratsvorsitzender der Heitkamp BauHolding und in weiteren Gremien von Unternehmen und Verbänden tätig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jürgen R. Thumann stammt aus einer Unternehmerfamilie. Sein Vater betrieb seit 1925 in Schwelm eine Firma für Metallhandel und Metallverarbeitung – die Thumann Stahl Service Center. Sein Urgroßvater mütterlicherseits gründete 1892 in Wanne ein Bauunternehmen, das lange von Thumanns Cousin, Engelbert Heitkamp, geführt wurde.

Jürgen R. Thumann schloss seine Schulausbildung mit der mittleren Reife ab, absolvierte danach bis 1960 eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann. Als sein Vater im Oktober 1960 ganz überraschend starb, trat Jürgen R. Thumann im frühen Alter von 19 Jahren und gerade erst mit der Lehre fertig, als geschäftsführender, persönlich haftender Gesellschafter in das elterliche Unternehmen ein. Die Mutter hatte den (nach damaligem Recht) noch Minderjährigen für mündig erklärt, sein Patenonkel Robert Heitkamp stand ihm zur Seite. „Damit war ich Unternehmer! Eine Entscheidung, die ich nie bereut habe, obwohl sie die schwierigste meines Lebens war!“ (Thumann)

Thumann hatte Erfolg, baute das Unternehmen kontinuierlich aus – von einem auf drei Werke, von 40 Millionen auf gut 300 Millionen Mark Umsatz. 1992 verkaufte er die Firma an den niederländischen Stahlkonzern Hoogovens, der heute Teil von Tata Steel ist.

1966 war Thumann bereits in das Unternehmen seines Schwiegervaters – die Hille & Müller-Gruppe in Düsseldorf – eingestiegen. Es handelte sich um ein Kaltwalzwerk mit Oberflächenveredelung, das auch international produzierte. 1975 wurde Thumann hier persönlich haftender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung. Er baute das Unternehmen aus, nahm den niederländischen Konzern Hoogovens als Partner in das Unternehmen, um 1997 auch dieses Unternehmen – wie zuvor schon den elterlichen Betrieb – ebenfalls an Hoogovens zu verkaufen. Schon 1978 hatte er gemeinsam mit seinem Cousin Engelbert Heitkamp die Heitkamp & Thumann KG – heute: Heitkamp & Thumann Group in Düsseldorf gegründet.

1998 zog sich Thumann von der Spitze des Konzern-Managements zurück, ist seitdem Vorsitzender des Beirates und verstärkte seine Aktivitäten im BDI.

Die Heitkamp & Thumann Group, Düsseldorf vereint unter dem Dach einer Holdinggesellschaft über 20 mittelständische Unternehmen, die in vier Geschäftsbereichen organisiert sind (H&T Battery Components – Presspart – H&T Automotive Components (ein Werk dieses Bereichs wurde 2008 an Johnson Controls verkauft) – Corporate Enterprises). Die Unternehmen der Gruppe sind tätig auf spezialisierten Märkten der Metall- und Kunststoffverarbeitung, gehören zu Deutschlands „hidden champions“, die auf dem Weltmarkt als Quasi-Monopolisten ausgetüftelte Produkte anbieten. „Wir suchen Marktnischen, in denen wir die Chance haben, Weltmarktführer zu werden.“ (Thumann)

Mit insgesamt fast 2.000 Beschäftigten in Fertigungsstätten und Vertriebsbüros in Deutschland, England, USA, Singapur, Tschechien, Spanien, Dubai, Indien, Brasilien und China werden derzeit etwa 300 Millionen Euro Umsatz (2010) erwirtschaftet. 20 Prozent der Aktivitäten liegen in den USA, 22 Prozent im heimischen Markt. Topprodukt sind Batteriehülsen, die nahezu von sämtlichen Batterieherstellern geordert werden. Der Weltmarktanteil wird von Thumann selbst auf „deutlich über 50 Prozent“ beziffert.

Im Februar 2009 übernahm Thumann von seinem Cousin die Mehrheit der Anteile an der Heitkamp BauHolding GmbH, dessen Aufsichtsrat er vorsitzt.[1]

Seit 2008 ist Thumann Mitglied des Aufsichtsrates von Thyssen Krupp.[2]

Im August 2010 positionierte sich Thumann als einer von 40 Unterzeichnern des Energiepolitischen Appells, einer Lobbyinitiative der vier großen Stromkonzerne um die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke voranzubringen.

Verbandstätigkeit

Über seine unternehmerische Tätigkeit hinaus engagierte sich Thumann seit 1991 in den Wirtschaftsverbänden der Stahl- und Metallverarbeitung. 2001 wurde er zum Präsidenten des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung e. V. /WSM – einem Mitgliedsverband des BDI – gewählt. Thumann ist heute Ehrenpräsident des WSM. Seit 1991 ist er Mitglied im BDI-Präsidium. Am 29. November 2004 wurde der damals 63-jährige auf Vorschlag seines Vorgängers Michael Rogowski für zwei Jahre zum BDI-Präsidenten gewählt. Am 20. November 2006 bestätigte ihn die Mitgliederversammlung des BDI für weitere zwei Jahre als Präsidenten. In geheimer Wahl stimmten 156 der 162 Mitglieder für ihn (6 Enthaltungen). Ende 2008 übernahm sein Nachfolger Hans-Peter Keitel das Amt. 2008 übernahm Thumann außerdem den Co-Vorsitz des TransAtlantic Business Dialogues (TABD), einem Zusammenschluss von rund 40 CEOs amerikanischer und europäischer Unternehmen. Ziel des TABD ist es, optimale Rahmenbedingungen durch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der EU und den USA zu schaffen.[3]

Seit 1. Juli 2008 ist Thumann Präsident des europäischen Arbeitgeberverbandes BUSINESSEUROPE.[4]

Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit engagierte sich Thumann im Reitsport: Der passionierte Pferdegespannfahrer war von 2001 bis 2005 Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, des Dachverbandes der 7.300 Reit- und Fahrvereine mit insgesamt rund 760.000 Mitgliedern. Für das Amt des BDI-Präsidenten gab Thumann die Präsidentschaft bei den Reitern auf.

Thumann und die Spedition Dehnhardt

Im Oktober 2006 musste sich Jürgen Thumann in Anlehnung an die Heuschreckendebatte dem Vorwurf stellen, er sei „schlimmer als eine Heuschrecke“. Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Der Betriebsratschef Peter Trapp der Firma Spedition Dehnhardt in Meinerzhagen, die Jürgen Thumann gehört, warf Thumann vor, er habe „die Firma systematisch ausbluten“ lassen. Eine zweite Firma von Jürgen Thumann hatte, nachdem die Spedition Dehnhardt Verluste schrieb, die 120 Lkw des Unternehmens für 3,7 Millionen Euro (unrealistische 30.000 Euro pro LKW) übernommen und danach die Firma durch Leasinggebühren und Mietkosten nahe an die Insolvenz gebracht.[5]

Die Gebäude der Spedition hatte Thumann nach dem Kauf von Dehnhardt einer seiner anderen Firmen überschrieben. Die Lastwagen waren an die Thumann-Holding verkauft worden. [6]

Privates

Jürgen R. Thumann ist seit 1963 verheiratet und Vater zweier Töchter.

Einzelnachweise

  1. WAZ vom 4. August 2010
  2. Handelsblatt.com vom 29. Juni 2009
  3. BDI Webseite abgerufen am 29. Dezember 2010
  4. BUSINESSEUROPE Latest News, abgerufen am 3. Juli 2009
  5. Spiegel Nr. 41 – S. 87
  6. WDR, 6. Oktober 2006. taz, 10. Oktober 2006

Weblinks

 Commons: Jürgen Thumann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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