- KHM 77
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Die kluge Gretel ist ein deutsches Märchen, das die Brüder Grimm in den Kinder- und Hausmärchen publizierten (KHM 77).
Inhalt
Eine ess- und trinklustige Haushälterin mit dem typisierenden Namen "Gretel" erhält von ihrem Arbeitgeber den Auftrag, für ihn und den erwarteten Gast zwei Hühner zu braten. Sie macht sich an die Arbeit, doch als Gastgeber und Gast etwas auf sich warten lassen, isst sie erst das eine, dann auch das andere Huhn. Um dem Strafgericht ihres Herren zu entgehen, spielt sie ihn und den Gast gegeneinander aus. Der Gast flüchtet, der Hausherr rennt ihm nach. Gretel sitzt fröhlich in ihrer Küche.
Interpretation
Die kluge Gretel entspricht weniger dem Märchenschema, als dem Muster von Burleske und Schwank. Sie könnte mit ihrer Drei-Figuren-Konstellation ein Vorbild in der Commedia dell'arte haben.
Die fröhliche Unmoral der Gretel-Geschichte rückt diese in die Nähe von Märchen wie Die drei Spinnerinnen oder Der kluge Knecht, wo sich eine Frau oder ein Angehöriger der dienenden Schicht nicht um die herrschenden Normen kümmert. Die Brüder Grimm nahmen neben sehr moralischen Geschichten, in denen weibliche Tugenden - beziehungsweise die von oben geforderte Diener-Moral - wie Fleiß, Treue, Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft verherrlicht wurden (Goldmarie in Frau Holle), eben auch subversiv-hedonistisches Material auf, um zu dokumentieren, was sich "das Volk" erzählte. Es ist anzunehmen, dass die Grimms auf Seiten des Volkes standen, gehörten sie doch später zu den Göttinger Sieben, die wegen ihrer aufmüpfig-demokratischen Ideen geschasst wurden.
Aus psychoanalytischer Sicht erscheint die Gretel als eine "Es"-Figur, die von keinerlei "Ich" oder "Über-Ich" in Schach gehalten wird, sondern ihren Trieben freien Lauf lässt und sich sofortige Lusterfüllung gönnt. Das Märchen wirkt darum besonders gut auf Kinder im Vorschulalter, wie der Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil in seinem Werk Lo und Lu - Roman eines Vaters zeigt. Im Kapitel "Märchenstunde" interpretieren dort die Kinder das Märchen pantomisch (siehe Leseprobe im Eintrag Lo und Lu).
Weblinks
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