Kaiser-Wilhelm-Schacht (Clausthal)

Kaiser-Wilhelm-Schacht (Clausthal)
Kaiser-Wilhelm-Schacht
Schachthalle und Fördergerüst
Schachthalle und Fördergerüst
Abbau von Bleiglanz, Zinkblende
Größte Tiefe 952 m / 1050 m (Blindschacht)dep1
Betriebsbeginn 1. April 1880
Betriebsende 31. März 1980
Geografische Lage
Koordinaten 51° 48′ 15″ N, 10° 20′ 40″ O51.80415833333310.344452777778Koordinaten: 51° 48′ 15″ N, 10° 20′ 40″ O
Kaiser-Wilhelm-Schacht (Niedersachsen)
Kaiser-Wilhelm-Schacht
Lage Kaiser-Wilhelm-Schacht
Gemeinde Clausthal-Zellerfeld
Kreis Landkreis Goslar
Bundesland Niedersachsen
Revier Berginspektion Clausthal

p2p4

Der Kaiser-Wilhelm-Schacht oder Schacht Kaiser Wilhelm II. war zentraler Förder- und Seilfahrtsschacht des Blei- und Zink-Bergbaus in Clausthal-Zellerfeld im Oberharz (Niedersachsen).

Er lag auf dem Burgstätter Gangzug. Die Tagesanlagen befanden sich im Stadtgebiet von Clausthal an der Erzstraße 24, nahe dem heutigen Bergbauinstitut der Technischen Universität.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Abbau der Metallerze war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Unteren Burgstätter Revier bereits in große Tiefen vorgedrungen. Der damalige tonnlägige Hauptförderschacht Herzog Georg-Wilhelm war bei 756 m Tiefe an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gekommen und die Kehrradförderung technisch überholt.

1880 wurde mit dem Abteufen des Kaiser-Wilhelm-Schachtes begonnen und dieser am 1. Oktober 1892 eingeweiht. Die vorläufige Tiefe des runden Schachtes mit 4,75 m lichten Durchmesser betrug 864 m. Im Gegensatz zu den älteren tonnlägigen Schächten, die im Erzgang aufgefahren wurden und somit bereits beim Abteufen Einnahmen vorweisen konnten, wurde dieser Schacht senkrecht (saiger) im tauben Nebengestein abgeteuft und erreichte den Gangzug erst in etwa 600 m Tiefe. Dieses Vorgehen erforderte auch vollkommen neue Finanzierungswege.

Der Schacht wurde mit einem stählernen Fördergerüst von der Nordhäuser Maschinenfabrik Schmidt, Kranz & Co. ausgestattet. Die Höhe betrug 15,6 m. Es bestanden ursprünglich zwei unabhängige Fördereinrichtungen: Eine Tagesförderung mit einer übertägigen, dampfgetriebenen Trommelfördermaschine und eine Blindförderung aus dem Tiefsten bis zum Ernst-August-Stollen (Tiefe Wasserstrecke) in 360 m Tiefe. Diese Förderanlage war mit einer Wassersäulenmaschine als Antrieb ausgerüstet. Die durch die Blindförderung gehobenen Erze wurden bis 1898 auf der Tiefen Wasserstrecke mit Erzkähnen zum Ottiliae-Schacht und von dort zu Tage gefördert.

Eine zweite Wassersäulenmaschine auf der Ernst-August-Stollen-Sohle betätigte eine aus Stahlprofilen hergestellte Fahrkunst (Länge 854 m) für das Einfahren der Bergleute. Dieses war ungewöhnlich, doch zollte man damit der alten Oberharzer Tradition Tribut, dass kein Bergmann gezwungen werden sollte, an einem Seil zu fahren. Im Ruhrgebiet und im Kalibergbau wurde zu dieser Zeit bereits mit dem Förderkorb eingefahren.

Zwischen 1900 und 1905 diente der Kaiser-Wilhelm-Schacht wegen der Umbauarbeiten des Ottiliae-Schachtes zur Tagesförderung sämtlicher Erze des Burgstätter Gangzuges. Das Erz wurde mit einer elektrischen Feldbahn, der sogenannten Tagesförderstrecke übertägig zur Zentralaufbereitung transportiert. Nach 1905 wurden alle Erze nur noch bis zur Tiefsten Wasserstrecke in rund 600 m Tiefe gehoben und gelangten anschließend mit der elektrischen Grubenbahn untertägig zum Ottiliae-Schacht.

1913 wurde die erste Pelton-Turbine zur Stromerzeugung auf dem Niveau des Ernst-August-Stollens aufgestellt. Wie schon bei den Wassersäulenmaschinen wurde das Antriebswasser über eine Fallleitung im Schacht zugeführt. Für die Blindförderung entstand 1914 ein Blindschacht in der Nähe des Kaiser-Wilhelm-Schachtes bis zirka 1050 m Tiefe.

Im Jahr 1923 übernahm die Preussag als Eigentümer die staatlichen Bergwerke. 1924 wurde die übertägige Fördermaschine auf elektrischen Antrieb umgebaut und die Fahrkunst stillgelegt. Die Einfahrt erfolgte von da an im Förderkorb. Die Weltwirtschaftskrise und das ständige Sinken der Metallpreise auf dem Weltmarkt veranlasste die Preussag, das Erzbergwerk Clausthal 1930 stillzulegen.

Stilllegung und zeitweise Nutzung als Kraftwerk

Nach der Stilllegung als Bergwerksschacht wurde die vorhandene Wasserkraftanlage auf 6 Turbinen ausgebaut. Das Wasser wurde unter Ausnutzung der wasserwirtschaftlichen Teiche und Gräben (Oberharzer Wasserregal) in Clausthal herangeführt und über mehrere Fallleitungen in den Schacht eingeleitet. Auf dem Niveau des Ernst-August-Stollens, in etwa 360 m Tiefe wurde der Strom erzeugt und das Wasser konnte dann über den Ernst-August-Stollen abfließen. Die Leistung des Kraftwerkes betrug zuletzt insgesamt 4,7 MW bei einem Durchfluss von 1,7 m³/s. Damit konnten in einem Mittleren Jahr rund 15 Millionen KWh elektrischer Strom erzeugt werden.

Dieses Wasserkraftwerk wurde Anfang der 1980er Jahre stillgelegt, nachdem die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke bei stark steigenden Löhnen und stagnierenden Strompreisen immer mehr zurückging. Darüber hinaus war das Land Niedersachsen nicht mehr bereit, die Wasserrechte zu verlängern, da man der überregionalen Trinkwasserversorgung den Vorzug geben wollte.[1] Es wurde diskutiert, ein Besucherbergwerk einzurichten und Gästen eine Bootsfahrt auf dem 3 km langen Teilstück des Ernst-August-Stollens bis zum Ottiliae-Schacht zu ermöglichen. Das Vorhaben scheiterte an den hohen Kosten. Der Schacht wurde 1984 mit 60 m Beton verschlossen. Ein kurzes oberes Teilstück blieb auf Drängen des Denkmalschutzes erhalten. Nachdem die Tagesanlagen einige Jahre dem Verfall preisgegeben waren, haben die Harzwasserwerke das Gelände im Jahre 1990 übernommen und dort einen technischen Betriebshof eingerichtet.

Technische Denkmäler, Spuren

Schachthalle und Fördergerüst

Die Tagesanlagen sind dank der Übernahme durch die Harzwasserwerke originalgetreu restauriert worden und stellen heute eine vollständig erhaltene übertägige Erzbergwerksanlage aus den 1880er Jahren dar. Das 1880 errichtete stählerne Fördergerüst ist das zweitälteste erhaltene in Deutschland. Schachthalle und Fördermaschinenhaus werden offiziell vom Oberharzer Bergwerksmuseum mit betreut. Ein kleiner Informationspfad ist vorhanden. Die Schachthalle kann besichtigt werden. Im Innern ist ein Blick in die Schachtröhre bis zur Betonverfüllung in 8 m Tiefe möglich. Im Maschinenhaus steht noch die 1882 als Dampfmaschine erbaute Fördermaschine. Trotz des Umbaus auf elektrischen Antrieb sind die Führungen für die Kreuzköpfe der Pleuelstangen noch erkennbar. In der ehemaligen Kaue befindet sich eine Ausstellung zum Oberharzer Wasserregal. Die Werkstattgebäude dienen dem heutigen Eigentümer als Betriebsgebäude.

Im Außenbereich stehen originalgetreue Nachbauten eines Kunst- und eines Kehrrades nach Vorlage von Henning Calvör.

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Banniza: Das Berg- und Hüttenwesen des Oberharzes. Enke, Stuttgart 1895 (VI. Allgemeiner Deutscher Bergmannstag zu Hannover).
  • Lutz Markworth: Verschlossen und verriegelt: Bergbaurelikte der Königlich-Preußischen Berginspektion Clausthal. Oberharzer Geschichts- und Museumsverein, Clausthal-Zellerfeld 2002, ISBN 3-9806619-6-2.
  • Torsten Schröpfer: Fundgrube: Wissenswertes über den Westharzer Bergbau und das Hüttenwesen. 1. Auflage. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 2000, ISBN 3-923605-08-0 (Schriftenreihe des Oberharzer Geschichts- und Museumsvereins e. V. Clausthal-Zellerfeld).
  • Axel Funke: Fördergerüste des Oberharzes: die Gerüste am Ottiliae- und Kaiser-Wilhelm-Schacht in Clausthal-Zellerfeld. Oberharzer Geschichts- und Museumsverein, Clausthal-Zellerfeld 1984.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hugo Haase: Kunstbauten alter Wasserwirtschaft im Oberharz. 5. Auflage. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 1985, ISBN 3-923605-42-0.

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