Harzer Wasserregal

Harzer Wasserregal
Teichanlagen des Oberharzer Wasserregals bei Buntenbock südlich von Clausthal-Zellerfeld

Das Oberharzer Wasserregal ist ein hauptsächlich im 16. bis 18. Jahrhundert geschaffenes System zur Umleitung und Speicherung von Wasser, das Wasserräder in den Bergwerken des Oberharzer Bergbaus antrieb.

Es zählt zu den größten und bedeutendsten historischen bergbaulichen Wasserwirtschaftssystemen der Welt. Die zur Erzeugung von Wasserkraft entstandenen Anlagen stehen seit 1978 als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz.[1] Sie werden zu einem großen Teil weiterhin betrieben, wobei der Zweck überwiegend in der Landschaftspflege (Pflege einer historischen Kulturlandschaft), im Naturschutz, Tourismus und im Badebetrieb besteht. Wasserwirtschaftlich gesehen haben einige Stauteiche noch einen Zweck im Hochwasserschutz und in der Trinkwassergewinnung. Die Anlagen befinden sich im Anerkennungsverfahren zum Weltkulturerbe. Der offizielle Antrag ist im September 2007 bei der UNESCO eingereicht worden; mit der Anerkennung als Weltkulturerbe wird Ende Juni 2009 gerechnet.[2]

Die Anlagen erstrecken sich über ein Gebiet von grob 200 Quadratkilometern im niedersächsischen Teil des Harzes, wobei die meisten Bauwerke im Raum Clausthal-Zellerfeld, Hahnenklee, Sankt Andreasberg, Buntenbock, Wildemann, Lautenthal, Schulenberg, Altenau und Torfhaus zu finden sind.

Inhaltsverzeichnis

Das Wasserregal

Schematische Darstellung des Oberharzer Wasserregals mit Teichen, Gräben und Wasserläufen sowie der Wasserkraftnutzung in den Bergwerken

Regal bedeutet in diesem Zusammenhang königliches Hoheitsrecht. Mit dem Bergregal verlieh der Landesherr das Recht, Bergbau zu betreiben und mit dem Wasserregal das zur Verfügung stehende Wasser dafür zu nutzen.[3] Andere Wassernutzer, insbesondere Wassermühlen, hatten eine niedrigere Priorität. Dieses Wasserregal war Bestandteil der Bergfreiheiten und in Niedersachsen bis in die 1960er Jahre gültig.[1]

Sehr häufig wird auch der Begriff Oberharzer Wasserwirtschaft für diese historischen Anlagen verwendet. Dieser ist aber nicht präzise genug, da im Oberharz in den letzten hundert Jahren auch eine intensive moderne Wasserwirtschaft durch Talsperren entstanden ist.

Der Oberharzer Bergbau

Siehe: Oberharzer Bergbau

Der Oberharz gehörte einst zu den bedeutendsten Metallrevieren Deutschlands.[4] Die Hauptprodukte des Oberharzer Bergbaus waren Silber, Kupfer, Blei und Eisen, ab dem 19. Jahrhundert auch Zink. Haupteinnahmequelle war jedoch das Silber. Ab dem 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Mittel etwa 40–50 % des in ganz Deutschland geförderten Silbers im Oberharz gewonnen.[5] Die darauf zu entrichtenden Abgaben trugen ganz erheblich zu den Steuereinnahmen der Fürsten- und Königshäuser von Hannover und Braunschweig-Wolfenbüttel bei. Sie sicherten ihnen Macht und Einfluss innerhalb des Deutschen Reichs. Die Lukrativität des Bergbaus rechtfertigte einen hohen Einsatz an Innovationen und Investitionen sowie an technischem Verstand.

Bergbau und Wasser

Darstellung von Stauteichen, Gräben und Wasserläufen zwischen Zellerfeld und Bockswiese um 1868

Bergbau ist, sobald er deutlich in die Tiefe geht, sehr energieintensiv. Im Oberharz wurde der Bergbau als Gangerzbergbau betrieben. Der Abbau folgte den fast senkrecht stehenden Erzgängen in die Tiefe.[6] Doch schon nach wenigen Metern Tiefe erschwerte einsickerndes Wasser den Abbau erheblich. Zunächst wurde dieses von auf Leitern stehenden Männern, den sogenannten Wasserknechten, mit Ledereimern abgeschöpft. Durch den Einsatz von Pferden und Göpelanlagen konnten größere Wassermengen gehoben werden. Pferde waren aber teuer und mussten regelmäßig nach wenigen Stunden ausgewechselt werden.[3] Daher bemühte man sich, zumindest bei den ergiebigen, tiefen Bergwerken auf Wasserkraft zuzugreifen. Sie arbeitete nach ihrer Einrichtung 24 Stunden am Tag kontinuierlich. Dazu wurden Bäche auf Wasserräder umgeleitet, die Kolbenpumpen antrieben, um aus größerer Tiefe und in größeren Mengen Wasser zu heben. Das Prinzip war, Wasser durch Wasser zu heben.[3]

Für den Betrieb der Wasserräder war ständig die ausreichende Versorgung mit Aufschlagwasser notwendig. Der Oberharz ist zwar mit Jahresniederschlägen von über 1300 Millimetern im Jahr recht niederschlagsreich, doch die Bergwerke lagen meist sehr hoch im Gelände, in der Nähe der Wasserscheiden, wo es nur wenig ergiebige Bäche gab. Darüber hinaus führen die Gebirgsbäche im felsigen Gelände sehr wechselnde Wassermengen. Nach wenigen niederschlagsarmen Wochen war oft die Kraftwasserversorgung der Bergwerke gefährdet. Dies führte bei einigen Bergwerken dazu, dass sie aufgegeben werden mussten.[7]

In ihrer Blütezeit gehörten Oberharzer Bergwerke zu den tiefsten der Welt. So wurden bereits um 1700 Schachtteufen von 300 Metern überschritten, um 1830 erreichte man eine Tiefe von 600 Metern und befand sich damit – was man seinerzeit für bedeutsam hielt – unter dem Niveau des Meeresspiegels.[8] Große Schachtteufen bedingen aber einen entsprechend höheren Energieaufwand zur Förderung von Erz und Grubenwasser. Der hohe Energiebedarf, verbunden mit dem schwierigen Wasserangebot, zwang daher zu besonders hohen Anstrengungen.

Häufig errichteten die Bergleute neue Wasserbauwerke in den Perioden, in denen aufgrund des Mangels an Aufschlagwasser keine Förderung möglich war. Wenn sich die Wasserräder nicht mehr drehten, konnte das untertage einsickernde Grubenwasser nicht mehr gefördert werden; das Bergwerk „soff ab“ und der Bergmann wurde „ausgetrieben“. In diesen Phasen konzentrierte sich die Beschäftigung auf den Ausbau der Anlagen des Oberharzer Wasserregals.

Wasserleitungs- und speicherungselemente

Dammgraben bei Altenau

Insgesamt wurden 143 Stauteiche, 500 Kilometer Gräben und 30 Kilometer unterirdische Wasserläufe zur Sammlung, Umleitung und Speicherung des Oberflächenwassers angelegt.[2] Zusätzlich können dem Wasserregal Wasserlösungsstollen von zirka 100 Kilometer Länge zugeordnet werden. Diese waren jedoch nie alle gleichzeitig in Betrieb. Die Harzwasserwerke betreiben heute 65 Stauteiche, 70 Kilometer Gräben und 20 Kilometer Wasserläufe und halten sie instand.[9] Einige kleinere Stauteiche befinden sich noch in der Obhut der Niedersächsischen Landesforsten oder auch in Privatbesitz.

Das Prinzip der Wasserleitung besteht darin, das Wasser in fast parallel zu den Höhenlinien der Hänge verlaufenden Gräben zu sammeln und in die Bergbauregion zu leiten. Diese Hanggräben können durchaus zehn oder mehr Kilometer lang sein (wie der Dammgraben oder der Obere Schalker Graben). Teilweise wurde das so eingesammelte Wasser nicht direkt zu den Wasserrädern geleitet, sondern in Stauteichen (Kunstteichen) gespeichert, um auch in trockenen Perioden genügend Aufschlagwasser zur Verfügung zu haben. Von den Grundablässen der Stauteiche konnte das Wasser in ein Grabensystem zur Beaufschlagung der Wasserräder eingeleitet werden. Meist ordnete man mehrere Wasserräder kaskadenartig hinter- und untereinander an, so dass das Wasser mehrere Wasserräder nacheinander antreiben konnte. Um das Wasser über möglichst viele Wasserräder leiten zu können, musste es auf einem möglichst hohen Niveau gesammelt, gespeichert und weitergeleitet werden.[3]

Die damalige Technik erlaubte es nicht, Staudämme mit einer Höhe von mehr als etwa 15 Metern zu bauen. Auch dies sprach dafür, eher viele kleine Teiche anstatt weniger großer anzulegen. Durch die Kaskadenanordnung der Teiche konnte das Wasser hoch gehalten, das heißt, auf dem höchsten Niveau gespeichert und weitergeleitet werden, um möglichst viele Wasserräder anzutreiben. So sind mehrere landschaftsprägende Teichkaskaden entstanden, die aus vier bis sechs Teichen bestehen.

Die meisten Wasserräder waren Kunsträder und wurden zum Antrieb von Pumpen eingesetzt. Mitunter musste die Kraft über mehrere hundert Meter lange Transmissionen, sogenannte Feldgestänge, zum Bergwerk übertragen werden. Bedeutendere Bergwerke verfügten über ein Kehrrad, welches zur Förderung der Erze und des Haufwerkes eingesetzt wurde.[3] Alle Wasserräder wurden oberschlächtig beaufschlagt. Bis auf einige wenige Rekonstruktionen sind die Wasserräder während des letzten Jahrhunderts verschwunden.

Bauwerke

Stauseen

Siehe: Oberharzer Teiche

Die 143 Stauteiche und Talsperren werden mittels Erddämmen angestaut. Die Dammhöhen variieren zwischen 4,0 und 15,0 Meter; das Stauvolumen liegt im Mittel bei etwa 150.000 Kubikmeter.

Gräben

Siehe: Oberharzer Gräben

Die Gräben sind höhenlinienparallele Hanggräben mit einem sehr geringen Gefälle von weniger als einem Promille und werden von einem Grabenweg begleitet.

Wasserläufe

Siehe: Oberharzer Wasserläufe

Die zwischen 20 und 1000 Meter langen Wasserläufe (Wasserüberleitungstunnel) waren die teuersten Investitionen des Oberharzer Wasserregals. Sie lohnten sich dennoch wegen ihrer geringeren Betriebskosten und der höheren hydraulischen Leistungsfähigkeit.

Sonderbauwerke
  • Der Sperberhaier Damm ist ein von 1732 bis 1734 errichtetes Aquädukt mit über 900 Meter Länge und 16 Meter Höhe.
  • Der Oderteich weicht hinsichtlich seiner Baustoffe und Abmessungen ganz erheblich von den übrigen Oberharzer Teichen ab. Er war nach seiner Fertigstellung im Jahre 1722 bis zum Beginn des modernen Talsperrenbaus im Jahre 1892 die größte Talsperre Deutschlands.[10]
  • In der Polsterberger Hubkunst konnte Wasser des Dammgrabens mittels Wasserkraft auf ein 8 Meter höheres Niveau gepumpt werden.
  • Häufig wird in diesem Zusammenhang auch die Huttaler Widerwaage genannt, die relativ aufwendig gestaltet ist und die Wasser in zwei verschiedene Richtungen fließen lassen kann.

Touristische Erschließung

Aufgrund der Vielzahl der Bauwerke und der Länge der Gräben lässt sich das Oberharzer Wasserregal am besten durch Wandern besichtigen. Auf Betreiben der Harzwasserwerke wurden in den letzten Jahren viele Wasserwanderwege angelegt. Anhand von Hinweistafeln auf markierten Wegen kann man die typischen Elemente des Oberharzer Wasserregals kennenlernen.[9][10] Bis auf wenige Ausnahmen können die meisten Teiche im Sommer zum Baden benutzt werden. Der überwiegende Teil ist an örtliche Angelvereine verpachtet.

Geschichte

Entstehung

Bergbauliche Tätigkeiten im Harz lassen sich bis in das 10. und 11. Jahrhundert zurückverfolgen.[4][10] Die ersten Wasserräder im Harz standen im 13. Jahrhundert im Pandelbachtal südöstlich von Seesen.[2] Seinerzeit wurde der Bergbau einschließlich dieser frühen Anwendung der so genannten Wasserkünste im Bergbau vom Zisterzienserkloster Walkenried betrieben.

Die mittelalterliche Pest entvölkerte den Harz weitgehend und brachte den Oberharzer Bergbau nahezu zum Erliegen. Eine deutliche Wiederbelebung erfolgte ab etwa 1520 auf Veranlassung des Braunschweig-Wolfenbütteler Herzogs Heinrich der Jüngere.[4] Besonders dessen Sohn Herzog Julius von Wolfenbüttel forcierte den begonnenen Oberharzer Erzbergbau und veranlasste die Anlage einer Vielzahl von Teichen und Gräben.

Die großräumige Nutzung der Wasserkraft machte den Aufschwung des Bergbaus im Oberharz erst möglich. Die immer tiefer werdenden Bergwerke benötigten mit der Zeit immer mehr Energie. Wassermangel nach niederschlagsarmen Monaten oder nach längeren Frostperioden war immer wieder ein begrenzender Faktor für den Bergbau.[6] Der Ausbau erfolgte durch Erhöhung bestehender Teichdämme, Anlage neuer Staudämme, Anlage neuer Gräben und Verlängerung bestehender Grabentouren.

Weitere Verbesserungen: Wasserläufe und Wasserlösungsstollen

Ernst-August-Stollen

Ein Beispiel für den weiteren Ausbau des Wasserregals ist die überwiegend im 19. Jahrhundert durchgeführte Optimierung einiger Grabenrouten (Dammgraben, Oberer und Unterer Rosenhöfer Fall) durch Anlage von sogenannten Wasserläufen (Wasserüberleitungsstollen). Durch sie konnte die Grabentour deutlich abgekürzt werden.[3] Dadurch war ein sicherer Winterbetrieb möglich, da Wasser unter Tage nicht einfriert. Des Weiteren war der Unterhaltungsaufwand für eine kurze Tunnelstrecke gegenüber einer längeren Grabentrasse deutlich geringer. Ein besonderer Vorteil lag aber auch in der höheren hydraulischen Leistungsfähigkeit: Durch die kürzere Distanz bei gleichem Höhenunterschied hatte der Wasserlauf ein höheres Gefälle.[10] Anfangs wurden die untertägigen Strecken mühsam mit Schlägel und Eisen aufgefahren. Später wurde auch Schwarzpulver als Sprengstoff zu Hilfe genommen, was den Bau der Wasserläufe erheblich erleichterte und vorantrieb.

Da die meiste Energie für die Wasserhaltung benötigt wurde und der Bedarf hierfür mit den tiefer werdenden Bergwerken immer mehr anstieg, versuchte man schon früh, ihn durch Anlage von Wasserlösungsstollen zu reduzieren. Hierzu wurden vom Bergwerk aus Strecken in die Täler aufgefahren, durch die das Wasser im freien Gefälle ablaufen konnte. Je tiefer das Entwässerungsniveau lag, um so länger mussten die Stollen werden. Der längste dieser Stollen, der Mitte des 19. Jahrhundert erbaute Ernst-August-Stollen, ist 35 Kilometer lang. Er sammelt das Wasser aus den Bergwerken in Bockswiese, Lautenthal, Zellerfeld, Clausthal und Wildemann und führt es nach Gittelde an den Harzrand.[6]

Höhepunkt und Niedergang

Etwa 80–90 % der Stauteiche des Oberharzer Wasserregals entstanden vom 16. bis zum 17. Jahrhundert,[2] während das Dammgrabensystem noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts weiter ausgebaut wurde.[3] Diese Bauwerke trugen erheblich dazu bei, dass der Harz in der frühen Neuzeit zum größten Industriegebiet Deutschlands wurde. Die Erfindung der Dampfmaschine und der Elektrischen Energie änderte nicht sofort die Wasserkraftnutzung. Diese Energieformen wurden relativ sukzessive im Oberharz eingeführt. Bei der Einführung der Dampfmaschine spielten bis zum Bau der Innerstetalbahn natürlich auch die Schwierigkeiten, Kohle in ausreichenden Mengen heranzuschaffen, eine Rolle.

Mit der Verstaatlichung der Bergwerke am 1. Januar 1864 durch das Königreich Hannover fielen neben den Bergfreiheiten auch sämtliche Wassernutzungsrechte an den Staat. Damit beanspruchte das Königreich Hannover auch das Wasserregal, das im Preußischen Wassergesetz von 1913 § 16 und § 381 erstmals legaldefiniert wurde. Nach dem Anschluss des Königreiches Hannover an das Königreich Preußen übernahm die Königlich-Preußische Bergbauinspektion und später die Preussag den Betrieb der Bergwerke des Oberharzes.

Eine Bestandsaufnahme aus dem Jahre 1868 ergab, dass durch das Oberharzer Wasserregal insgesamt 198 Wasserräder mit unterschiedlichen Durchmessern und einer Gesamtleistung von etwa 3000 PS angetrieben wurden.[11]

Um 1900 wurden Schachtteufen von 1000 Metern erreicht. Die Förderung der Erze wurde damit immer aufwendiger. Gleichzeitig musste man bei immer besser werdenden Transportmöglichkeiten auch mit anderen Metallgewinnungen im In- und Ausland konkurrieren. Raubbau während des Ersten Weltkrieges und sehr niedrige Metallpreise in der Weltwirtschaftskrise verursachten auf deren Höhepunkt um 1930 eine große Stilllegungswelle, als große Bergwerke in Clausthal-Zellerfeld, Bockswiese und Lautenthal schließen mussten. In Bad Grund wurde der Oberharzer Erzbergbau noch bis 1992 fortgeführt, doch war für den Betrieb nur ein kleiner Teil der Anlagen des Oberharzer Wasserregals erforderlich.

Stromerzeugung

Der Kranicher Teich bei Hahnenklee mit Striegelhaus

Nach Einstellung des Bergbaus 1930 wurde das Wasser aus dem Oberharzer Wasserregal zur Stromerzeugung genutzt, wobei teilweise neue Bauwerke errichtet wurden. Die Stromerzeugung wurde von der Preussag bis 1980 in den Schächten Kaiser Wilhelm (maximale Leistung 4,5 MW) und Ottiliae (maximale Leistung 1,5 MW) durchgeführt. Die Wasserkraftwerke wurden Anfang der 1980er Jahre stillgelegt, nachdem die Wasserrechte erloschen waren und die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke bei stark steigenden Löhnen und stagnierenden Strompreisen immer mehr zurückging.[1] In Sankt Andreasberg wird das Wasser des Oderteichs, welches über den Rehberger Graben hergeführt wird, noch heute zur Stromerzeugung genutzt. Neben den Kraftwerken Teichtal und Grundstraße befinden sich zwei Kraftwerke in der Grube Samson: In 130 Meter Teufe das Kraftwerk Grüner Hirsch sowie das Kraftwerk Sieberstollen auf 190 Meter Teufe.[12][13]

Das Wasserregal heute

Informationstafel zum Oberharzer Wasserregal am Kaiser Wilhelm Schacht in Clausthal

Nach Stilllegung der Kraftwerke gingen die Anlagen des Wasserregals zunächst auf die niedersächsische Landesforstverwaltung über, die durch das Forstamt Clausthal-Schulenberg viel Arbeit und Geld in die Instandhaltung steckte. Um den Landeshaushalt zu entlasten, wurden ab 1991 die Harzwasserwerke mit der Aufgabe betraut, 65 Stauteiche, 70 Kilometer Gräben und 20 Kilometer Wasserläufe zu betreiben und instand zu halten. Die Betreuung des Oberharzer Wasserregals lassen die Harzwasserwerke von ihrem Betriebshof Clausthal durchführen. Öffentliche Mittel werden hierfür nicht eingesetzt: Die Kosten für die Unterhaltung, jährlich ein siebenstelliger Betrag, müssen die Harzwasserwerke über ihren Trinkwasserverkauf selbst erwirtschaften.[9]

Neben den von den Harzwasserwerken betreuten Anlagen gibt es noch eine Vielzahl von Dammresten, Wasserlaufmundlöchern und vor allem mehreren hundert Kilometern Gräben, die nicht gepflegt werden. Diese Bauwerke genießen einen so genannten passiven Denkmalschutz. Das bedeutet, dass sie ähnlich einer Burgruine dem natürlichen, sehr langsamen Verfall preisgegeben sind, aber auch nicht durch moderne Maßnahmen ohne denkmalschutzrechtliche Genehmigung zerstört werden dürfen.[10]

Für Clausthal-Zellerfeld und Altenau wird der Hirschler Teich, für Zellerfeld der Obere und Mittlere Kellerhals Teich durch die Stadtwerke Clausthal-Zellerfeld zur Trinkwassergewinnung genutzt. Hahnenklee gewinnt sein Trinkwasser aus dem Auerhahnteich und dem Neuen Grumbacher Teich sowie aus dem Oberen Kellerhalsteich.

Großer Kellerhalsteich, im Hintergrund der Kahle Berg, die Westseite der Schalke

Ähnliche Systeme

Ähnliche Systeme gibt es im historischen Silberbergbau bei Freiberg (Sachsen), im norwegischen Kongsberg, in Schemnitz (heute Slowakei) sowie in Schweden. Es ist belegt, dass zwischen diesen Gebieten ein reger Erfahrungsaustausch stattfand. Das Oberharzer Wasserregal ist jedoch das umfangreichste und am meisten vernetzte System, sowohl bezüglich der Anzahl als auch der Gesamtgröße (Grabenlängen, Stauvolumina etc.) der Bauwerke.[2]

Literatur

  • Martin Schmidt: Das Kulturdenkmal Oberharzer Wasserregal. Harzwasserwerke, Clausthal-Zellerfeld 2005 (PDF). 
  • Martin Schmidt: Die Wasserwirtschaft des Oberharzer Bergbaus. 3. Auflage. Harzwasserwerke, Hildesheim 2002, ISBN 3-00-009609-4 (Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft e. V., Heft 13). 
  • Martin Schmidt: WasserWanderWege. 3. Auflage. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 2007. 
  • Walter Knissel, Gerhard Fleisch: Kulturdenkmal „Oberharzer Wasserregal“ – eine epochale Leistung. 2. Auflage. Papierflieger, Clausthal-Zellerfeld 2005, ISBN 3-89720-725-7. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Hugo Haase: Kunstbauten alter Wasserwirtschaft im Oberharz. 5. Auflage. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 1985, ISBN 3-923605-42-0. 
  2. a b c d e Justus Teicke: Talsperren auf dem Weg zum Weltkulturerbe: Das Oberharzer Wasserregal. In: Tagungsband zum 14. Deutschen Talsperrensymposium, Berichte des Lehrstuhls und der Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft. TU München, München September 2007. 
  3. a b c d e f g Martin Schmidt: Die Wasserwirtschaft des Oberharzer Bergbaus. 3. Auflage. Harzwasserwerke GmbH, Hildesheim 2002, ISBN 3-00-009609-4 (Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft e. V., Heft 13). 
  4. a b c Gerhard Fleisch: Die Oberharzer Wasserwirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart. TU Clausthal, Clausthal-Zellerfeld 1983. 
  5. Friedrich Wilhelm Conrad Eduard Bornhardt: Blei-, Silber- und Kupfererzeugung im Oberharz und am Rammelsberg. um 1900 (Niedersächsische Bergarchiv Clausthal, IV B 1b 151). 
  6. a b c Walter Knissel, Gerhard Fleisch: Kulturdenkmal „Oberharzer Wasserregal“ – eine epochale Leistung. 2. Auflage. Papierflieger, Clausthal-Zellerfeld 2005, ISBN 3-89720-725-7. 
  7. Wilfried Ließmann: Historischer Bergbau im Harz. 2. Auflage. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-62930-0. 
  8. Friedrich Wilhelm Conrad Eduard Bornhardt: Wilhelm August Julius Albert und die Erfindung der Eisendrahtseile. VDI-Verlag, Berlin 1934. 
  9. a b c Martin Schmidt: Das Kulturdenkmal Oberharzer Wasserregal. Harzwasserwerke, Clausthal-Zellerfeld 2005 (PDF). 
  10. a b c d e Martin Schmidt: WasserWanderWege. 3. Auflage. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 2007. 
  11. Alfred Dumreicher: Gesammtüberblick über die Wasserwirthschaft des nordwestlichen Oberharzes. 1. Auflage. Oberharzer Geschichts- und Museumsvereins e.V., Clausthal-Zellerfeld 2000, ISBN 3-9806619-2-X (Neuausgabe des Originals von 1868). 
  12. Wasserkraftwerke der Harz Energie. Harz Energie. Abgerufen am 27. März 2009.
  13. Geschichte: Nachbergbauzeit von 1910 bis heute. Bergwerksmuseum Grube Samson. Abgerufen am 27. März 2009.

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