Kammler

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SS-Obergruppenführer Hans Kammler

Hans Kammler (* 26. August 1901 in Stettin; † 9. Mai 1945) war Architekt, Leiter von Bau- und Rüstungsprojekten im Deutschen Reich, SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS in einer Raketenwerferdivision. Er war verantwortlich für das Massaker an 208 wehrlosen Zivilisten in Warstein vom 21. bis zum 25. März 1945.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Von 1908 bis 1918 besuchte Kammler das Gymnasium in Bromberg/Ulm und Danzig, wo er 1919 die Reifeprüfung ablegte. Vom 6. Februar 1919 bis zum 10. April 1919 diente er als Freiwilliger beim Leib-Husarenregiment Nr. 2; vom 23. Mai 1919 bis zum 31. Juli 1919 als Freiwilliger beim Grenzschutz Ost, Freiwilligen-Sturmabteilung Roßbach (Freikorps). Im August 1919 schied er aus dem Militärdienst aus und begann ein Studium der Architektur (Fachrichtung: Hochbau) an der TH Danzig und in München, das er am 25. Oktober 1923 mit dem Examen an der TH Danzig abschloss.

Von 1924 bis 1925 wurde er für den preußischen Staatsdienst im Hochbau ausgebildet; von Februar 1924 bis Februar 1925 hatte er die Bauleitung der Großsiedlung Zehlendorf inne. Von 1925 bis 1928 entwarf und beaufsichtigte er den Bau von Siedlungen u.a. in Berlin und Bochum; er beteiligte sich an Wettbewerben um Generalbebauungspläne und die Ausführung von Großbauten. Am 4. Februar 1928 erfolgte die Ernennung zum Regierungsbaumeister.

Von April 1928 bis März 1931 war er als wissenschaftlicher Sachbearbeiter bei der Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen tätig. Am 14. Juni 1930 heiratete er Jutta Horn (* 12. April 1908 in Naumburg). Von 1931 bis 1933 arbeitete er als Sachbearbeiter in der Gauleitung Groß-Berlin der NSDAP. Am 29. November 1932 promovierte er an der TH Hannover zum Doktor der Ingenieurwissenschaften mit dem Thema „Zur Bewertung von Geländeerschließungen für die großstädtische Siedlung“[1].

Am 1. März 1933 trat er in die NSDAP ein und erhielt die Mitgliedsnummer 1.011.855, am 20. Mai 1933 in die SS (SS-Nr. 113.619). Von 1933 bis 1936 war er Leiter der Abteilung für Wohnungs- und Siedlungswesen in der Gauleitung Groß-Berlin der NSDAP. Am 20. April 1936 wurde er Untersturmführer der Waffen-SS; am 1. Juni 1936 Referent für Bauangelegenheiten im Reichsluftfahrtministerium (RLM). Am 1. November 1936 folgte die Beförderung zum Regierungsbaurat und am 1. Juni 1937 zum Oberregierungsbaurat. Im RLM wurde er Gruppenleiter.

Am 1. August 1940 wurde Kammler zum SS-Standartenführer befördert und zum SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) versetzt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1941 wurde er zum Leiter der Amtsgruppe C (Bauwesen) des WVHA ernannt. Am 1. Juni 1941 wechselte er mit dem Dienstgrad eines SS-Oberführers in die Waffen-SS und wurde zum Führer im Hauptamt Haushalt und Bauten (HAHB).

Es folgte die Ernennung zum Chef des Amtes II (Bauten) des HAHB am 1. Juni 1941; er wurde Generalreferent für das deutsche Bauprogramm des Führers im Stab Dr. Ley. Am 20. April 1942 wurde er zum SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS befördert.

Seit dem 1. August 1943 war Kammler verantwortlich für den Ausbau der unterirdischen Produktionsstätten des A4-Raketenprogramms. Am 1. September 1943 wurde er von Himmler zum „Sonderbeauftragten des Reichsführers SS für das A 4-Programm“ ernannt. Am 30. Januar 1944 wurde er zum SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS befördert. Unter Kammlers Leitung begann die Untertageverlagerung der Raketenproduktion in ein Stollensystem bei Nordhausen. [2] Albert Speer bezeichnete nach dem Krieg das sogenannte „Mittelwerk“ bei Nordhausen als „wirklich einmalige Tat“. Die unterirdische Fabrik sei in Europa beispiellos und stehe „selbst für amerikanische Begriffe unübertroffen“ da.[3] Mit B8 Bergkristall schuf Kammler ab 1944 auch eine der größten und modernsten unterirdischen Fabriken für Me-262-Düsenjagdflugzeuge in St. Georgen/Gusen unweit von Mauthausen.[4]

Schon vorher war ihm die Verantwortung den Einsatz der V2-Rakete zugewiesen worden; ab September 1944 fanden Raketenangriffe auf London, Paris und später auch auf Antwerpen und Brüssel statt. Kammler war dazu die SS Division z.V. (zur Vergeltung) unterstellt worden. Es handelte sich um mehrere Werferbatterien. Der Personalbestand betrug Anfang 1945 etwa 11.000 Mann. Die Raketenstellungen befanden sich Ende 44 in den Niederlanden, Belgien und Westdeutschland. Mit dem Vorrücken der Alliierten mussten die Raketenstellungen in Belgien und den Niederlanden aufgegeben werden auch die Stellungen im Westen von Deutschland mussten geräumt werden.

Auf dem Rückzug kam Kammler (mittlerweile SS-Obergruppenführer) mit seinem Stab in die Nähe von Warstein. Dort trafen die SS-Truppen auf russische Fremdarbeitertrupps, die ebenfalls auf dem Rückzug waren und in behelfsmäßigen Lagern untergebracht waren. Im Arnsberger Wald (u. a. in Warstein und Suttrop) ließ Kammler bei drei Erschießungsaktionen vom 21. bis zum 23. März 1945 208 wehrlose Angehörige dieser Fremdarbeitertrupps, darunter Frauen und Kinder, erschießen, weil sie angeblich Ausschreitungen begangen hätten [5].

Tod Kammlers

Am 3. April 1945 war Kammler das letzte Mal bei Hitler und machte ihm offensichtlich Hoffnungen. „Kammler macht sich ausgezeichnet, und man setzt auf ihn große Hoffnungen.“ (Goebbels, Tagebuch 4. April 1945). Während Kammler im Führerbunker noch den schneidigen General gegeben hatte, deutete er am 13. April gegenüber Speer seine Zukunftspläne an. Der Krieg sei verloren, und es wäre besser, sich jetzt noch abzusetzen. Er wolle sich mit den Alliierten in Verbindung setzen und ihnen neueste Rüstungstechnologie im Tausch gegen seine persönliche Freiheit anbieten.[6]

Nach dem 23. April 1945 fuhr Kammler zunächst nach Ebensee in Österreich, wo es zu einem Treffen mit SS-Führern kam, und am Morgen des 4. Mai nach Prag. Gegenüber dem Journalisten Gunter d'Alquen prophezeite Kammler, „dass wir in Prag noch etwas erleben werden“. [7]. Am Abend des 4. Mai begann der Prager Aufstand. Der letzte Widerstand der Deutschen wurde mit dem Einmarsch der sowjetischen Truppen am 9. Mai 1945 gebrochen.

Kammler verübte am Abend des 9. Mai 1945 Suizid [8]. Das stellte sich in dem Prozess gegen die Untergebenen Kammlers wegen des Massakers an den Fremdarbeitern heraus, der am 9. Dezember 1957 in Arnsberg begann.

Diese Informationen über den Selbstmord scheinen in den Wirren des Kriegsendes verloren gegangen zu sein, denn im Juli 1948 beantragte Jutta Kammler, den Tod von Hans Kammler für den Todeszeitpunkt 9. Mai 1945 gerichtlich festzustellen. Durch Beschluss des Amtsgerichtes Berlin-Charlottenburg vom 7. September 1948 wurde Kammler für tot erklärt.

Literatur

  • Michael Thad Allen: The Business of Genocide – The SS, Slave Labour and the Concentration Camps, London 2002
  • Walter Naasner: SS-Wirtschaft und SS-Verwaltung, Düsseldorf 1998,
  • Rainer Fröbe: Hans Kammler, Technokrat der Vernichtung, in: Robert Smelser; Enrico Syring (Hg.): Die SS. Elite unterm Totenkopf. 30 Lebensläufe, Paderborn 2000
  • Tom Agoston: Teufel oder Technokrat? Hitlers graue Eminenz, Mittler & Sohn, ISBN 3-8132-0432-4
  • Rainer Karlsch: Hitlers Bombe, DVA 2005, ISBN 3-421-05809-1
  • Rainer Karlsch, Heiko Petermann (Hrsg.): Für und Wider Hitlers Bombe, 2007 Waxmann Verlag Münster/New York, ISBN 3-8309-1893-3
  • Niels Gutschow: Ordnungswahn. Architekten planen im eingedeutschten Osten 1939-1945, Bauwelt Fundamente 115, Birkhäuser 2001, ISBN 3-7643-6390-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Kammler: Zur Bewertung von Geländeerschließungen für die großstädtische Siedlung. Dissertation, TH Hannover 1932
  2. Heinz Dieter Hölsken, Die V-Waffen: Entstehung – Propaganda – Kriegseinsatz, Stuttgart 1984; Michael Neufeld, Die Rakete und das Reich, Berlin 1995; Volkhard Bode, Gerhard Kaiser, Raketenspuren: Peenemünde 1936–1994, Berlin 1995; Jens-Christian Wagner, Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora, Wallstein 2001.
  3. Schreiben von Speer an Kammler vom 17. Dezember 1943, BArch Berlin-Lichterfelde, R 3, Nr. 1585
  4. Rudolf A. Haunschmied, Jan-Ruth Mills, Siegi Witzany-Durda: St. Georgen-Gusen-Mauthausen - Concentration Camp Mauthausen Reconsidered. BoD, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8334-7440-8. S. 127ff
  5. Arnsberger Rundschau vom 29.Januar 1959
  6. Vgl. Albert Speer, Sklavenstaat
  7. Gesprächsnotiz Jürgen Thorwald mit Gunter d’Alquen vom 13./14. März 1951, IfZ München, ZS 2/I, Bl. 71
  8. Der Spiegel, Mittwoch, der 11. Dezember 1957, S. 34

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