Kastell Irgenhausen

Kastell Irgenhausen
Kastell Irgenhausen
Limes Donau-Iller-Rhein-Limes
(Strecke 5, rückwärtige Linie)
Datierung (Belegung) spätantik
Typ Kastell
Größe 60 × 61 m
Bauweise Stein
Erhaltungszustand Grundriss vollständig ergraben und teilrekonstruiert
Ort Irgenhausen
Geographische Lage (702283 / 246144)47.3582083333338.7925527777778562Koordinaten: 47° 21′ 29,5″ N, 8° 47′ 33,2″ O; CH1903: (702283 / 246144)
Höhe 562 m ü. M.
Vorhergehend Kastell Zürich (Turicum) (westlich)
Vorgelagert Kastell Winterthur (Vitudurum) (nördlich)

Das Kastell Irgenhausen ist ein rückwärtiges römisches Kastell des spätantiken Donau-Iller-Rhein-Limes, dessen militärische Bauwerke während der letzten Phase der römischen Herrschaft in Form von Grenzbefestigungen entlang der Donau angelegt worden sind. Die Anlage liegt bei Irgenhausen, einem Ortsteil von Pfäffikon im Schweizer Kanton Zürich.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Kastell Irgenhausen auf einem Hügel

Das Kastell liegt rund 1,5 km südöstlich der heutigen Kirche von Pfäffikon auf dem «Bürglen», einen Drumlin, rund 400 m vom Ostufer des Pfäffikersees entfernt an der ehemaligen Römerstrasse, die von Kempraten bei Rapperswil-Jona zum Vicus in Vitudurum (Oberwinterthur) führte. Forscher gehen davon aus, dass es dem Schutz der Rheingrenze diente. Der Name «Bürglen» rührt davon her, dass man unter dem etwa 25 m hohen Hügel eine frühmittelalterliche Burg vermutete.

Forschungsgeschichte

Auf dieser Gemarkung fanden sich schon früh Steinfunde, doch glaubte man damals nicht an eine frühmittelalterliche Burgruine. 1897 sollten Steine davon beim Bau einer Fabrik Verwendung finden, was dann zum Teil auch geschah. 1898 konnte Schlimmeres durch die Antiquarische Gesellschaft Zürich verhindert werden, die das Gelände kaufte. Zwischen 1898 und 1908 führte sie archäologische Untersuchungen der Ruinen durch und konservierte sie durch die Restauration der Mauern. 1909 wurde sie als «Kastell Irgenhausen» unter Bundesschutz gestellt. Im Jahre 1920 erfolgte durch Walter Mittelholzer eine frühe luftbildarchäologische Prospektion des Kastells und der Umgebung. Im näherem Umfeld wurden weitere römische Bauten (Villae Rusticae) lokalisiert und ergraben. 1957 wurden Gelände und des Kastell an die Gemeinde Pfäffikon verkauft, in deren Besitz sie sich noch heute ist.

Kastell

Die Umfassungsmauer des Kastells; im Hintergrund der Pfäffikersee

Bei der Datierung des Kastells gibt es zwei Theorien. Die erste geht davon aus, dass das Kastell zur Zeit des Kaisers Diokletian (284–305) um das Jahr 294/295 n. Chr. erbaut wurde, zeitgleich mit anderen, ähnlichen Anlagen wie Tasgetium. Die andere stützt sich auf den bei den Ausgrabungen gefundenen Münzfund des Valentinians I. (364–375), um 364 bis 375 n. Chr., der eine Datierung in valentinianischer Zeit, um das Jahr 370 n. Chr., zulässt. Erstere Theorie kann nicht schlüssig bewiesen werden, da das Kastell nicht an einer römischen Hauptheeresstraße gelegen war, sondern offenbar als Sperrfort an der Verbindungsstraße von Vitudurum (Oberwinterthur) nach Kempraten am Zürichsee diente. Andererseits ist bekannt, dass unter Valentinian I. nicht nur neue Festungen errichtet, sondern auch ältere Bauten erneuert und verstärkt wurden, weshalb der Münzfund nicht zwingend den Beginn der ersten Bauphase markieren muss. Fest steht: Recht bald nach 400 n. Chr. wurde das Kastell geräumt und später bei Alamanneneinfällen zerstört.

Die Ausgrabungen förderten eine bis zu 1,40 m hohe Grundmauer, die einen beinahe quadratisch Umriss von 60 × 61 Metern Seitenlänge und somit eine Fläche von knapp 0,366 Hektar aufweist, zu Tage. Das Kastell hatte vier Ecktürme (8 × 8 m), einen Torturm auf der Südostseite und drei Mitteltürme an Nord-, West- und Südfront (6 × 6 m), sowie eine circa 1,90 m starke Umfassungsmauer, die mit unbehauenen Feldsteinen in Ährenmuster oder auch Fischgrätmuster gebaut wurde. Das dabei von den Römern verwendete Baumaterial wurde aus Gletscherablagerungen gewonnen. Ferner findet sich eine Mischung aus Sernifiten aus dem Glarnerland, Kalksteinen der Helvetischen Decken, sowie Nagelfluhen. Die Mauern der Türme sind zwischen 1,20 bis 1,40 m stark. Der Hauptzugang zum Kastell erfolgte von Süden her durch den Torbau in der Mitte der Ostfront. Die anderen drei Seiten besaßen Nebeneingänge.

Neben den Resten der Ecktürme und der Umfassungsmauer fanden sich auch Reste der steinernen Innenbauten. Ein dreiräumige Bau wurde dabei als Badeanlage (Kastellthermen) gedeutet. Neben einem weiteren Bau mit drei Räumen, der als Principia (Stabsgebäude) gedeutet wurde, fand sich unter dem südlichen Eckturm die Hypokaust-Anlage einer älteren Villa Rustica aus dem 1. bis 3. Jahrhunderts, die vor dem Bau des Forts zerstört worden war. Die übrige Bebauung wurde in Holz ausgeführt und kann deshalb nicht mehr eindeutig bestimmt werden. Jedoch wird von einigen Mannschaftsbaracken, einem Horreum (Getreidespeicher) und einem Praetorium (Kommandantenwohnhaus) ausgegangen.

Die Mauern von zwei Räumen im Innern mit halbrunden Apsiden gehören wahrscheinlich zu einer frühmittelalterlichen christlichen Kirche, der Benignus-Kirche von Pfäffikon, die in den Trümmern des spätantiken Kastells errichtet wurde.

Befundsicherung und Fundverbleib

Für die Restauration der Mauern des Kastells Irgenhausen seiten der Antiquarische Gesellschaft Pfäffikon wurde das römische Original-Baumaterial wieder verwendet und das Kastell anschliessend der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seit dem Verkauf der Anlage hat die Gemeinde Pfäffikon die pflegerischen Tätigkeiten übernommen, die ganzjährig besichtigt werden kann. Fundstücke der Kastellgrabung sowie angrenzender Gutshöfe sind unter anderem im Heimatmuseum Pfäffikon und im Heimatmuseum Wetzikon untergebracht.

Galerie

Literatur

  • Ernst Meyer, Das römische Kastell Irgenhausen. In: Archäologische Führer der Schweiz, Heft 2. Schweizerische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Gemeinde Pfäffikon, Antiquarische Gesellschaft Pfäffikon (Hrsg.). Basel 1969
  • Otto Schulthess: Das römische Kastell Irgenhausen (Kanton Zürich). Amberger, Zürich 1911
  • Otto Schulthess: Das römische Kastell Irgenhausen. 1911. In: Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Band XXVII. Fasi & Beer, Zürich 1912
  • Wilhelm Unverzagt: Einzelfunde aus dem spätrömischen Kastell bei Irgenhausen (Kanton Zürich). In: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde. N.F. 18. 1916. Zürich 1917. S. 257-268
Multimediadokumentation
  • Antiquarische Gesellschaft (Hrsg.): Zeitreise: Irgenhausen. Archäologische Entdeckungen rund um das römische Kastell Pfäffikon Irgenhausen: von der Jungsteinzeit bis zu den Ausgrabungen vor hundert Jahren. Zürcher Oberland Buchverlag, Wetzikon 1999. ISBN 3-85981-196-7

Weblinks

 Commons: Kastell Irgenhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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