Kastell Eining

Kastell Eining
Kastell Eining
Alternativname Abusina
Limes ORL NN (RLK)
Strecke (RLK) 15; Rätischer Limes
Datierung (Belegung) um 80 n. Chr.
bis 5. Jahrhundert
Typ Kohortenkastell
Einheit a) Cohors IIII Gallorum
b) Vexillatio der Cohors II Tungrorum milliaria equitata
c) Vexillatio der Cohors IIII Tungrorum milliaria equitata
d) Cohors III Britannorum equitata
Größe max. 147 × 125 m = 1,8 ha
Bauweise a) Holz-Erde
b) diverse Steinkastelle
c) steinernes Kleinkastell
Erhaltungszustand freigelegt und konserviert
Ort Neustadt an der Donau-Bad Gögging/Eining
Geographische Lage 48° 51′ 1″ N, 11° 46′ 15″ O48.85027777777811.770833333333360Koordinaten: 48° 51′ 1″ N, 11° 46′ 15″ O
Höhe 360 m ü. NHN
Vorhergehend ORL 75 Kastell Pförring (westlich)
Anschließend Kastell Unterfeld (nördlich)
Kleinkastell Weltenburg-Frauenberg (nördlich)
Vorgelagert Kleinkastell Hienheim (nördlich)

Das Kastell Eining, in antiker Zeit Abusina genannt, ist ein ehemaliges römisches Kohortenkastell und liegt nahe dem heutigen Dörfchen Eining, einem Ortsteil von Neustadt an der Donau nördlich von Bad Gögging. Es ist Bestandteil des zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenen Rätischen Limes und eine der wenigen vollständig freigelegten und in ihren Grundmauern rekonstruierten Wehranlagen an diesem Limesabschnitt.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Kastell Abusina befindet sich etwa 500 m südlich des heutigen Eininger Ortszentrums auf dem Donau-Hochufer zwischen der nach Sittling führenden Straße und dem knapp nördlich des Kastells in die Donau mündenden Flüsschen Abens, das einst namengebend für den römischen Ort war.

In antiker Zeit lag es hier in strategisch und verkehrsgeographisch wichtiger Position. Konnte doch von diesem Punkt aus sowohl der Schiffsverkehr auf der Donau, als auch ein an dieser Stelle befindlicher Straßenknotenpunkt kontrolliert werden, bei dem ein Verkehrsweg von der römischen Donausüdstraße in südöstliche Richtung abzweigte und ein weiterer über eine Donaufurt nach Westen führte. Die nächstgelegenen größeren Garnisonen waren das Alen-Kastell Pförring auf dem nördlichen Donauufer, gegenüber dem heutigen Neustadt an der Donau, sowie das Legionslager Castra Regina, das heutige Regensburg. Ein kleinerer Nachteil des Standortes, die fehlende Sichtverbindung zum Kastell Pförring und zu dem ebenfalls auf dem nördlichen Donauufer befindlichen Anfang des mit einer Mauer ausgebauten Limesabschnitts bei Hienheim konnte durch einen zusätzlichen Wachturm auf dem Weinberg kompensiert werden.

Forschungsgeschichte

Abusina als ARUSENA
auf der Tabula Peutingeriana
(Bildmitte oben)

Der Name Abusina war schon lange durch verschiedene antike Quellen bekannt, erschien aber in unterschiedlichen Schreibweisen. Die Varianten ABVSINA, AVSINA, ALLVSINA, AVSENA und ARUSENA finden sich auf der Tabula Peutingeriana, im Itinerarium Antonini, in der Notitia dignitatum sowie auf Inschriftensteinen.

So wusste bereits die beginnende Neuzeit von der Gegend um Eining als ehemaligem römischem Ort. Sowohl bei Johannes Aventinus als auch bei Peter Apian, die beide heute längst verschollene Steindenkmäler in Eining gesichert hatten, findet Abusina Erwähnung. Danach fiel es aber für ein paar hundert Jahre in Vergessenheit, bis sich im 19. Jahrhundert das Interesse gebildeter bürgerlicher Schichten auf die antiken Zeugnisse in Deutschland richtete.

Stand der Ausgrabungen 1903
(Norden = rechts)

Von den Aktivitäten der Reichs-Limes-Kommission (RLK) wurde das Kastell jedoch nicht erfasst, da diese mit dem Abschluss des mit der Limesmauer ausgebauten Grenzabschnitts bei Hienheim, auf der anderen Seite der Donau endeten. Den Beginn seiner Erforschung verdankt der Kastellplatz vielmehr der Initiative des Eininger Pfarrers Wolfgang Schreiner, der 1879 mit den ersten Ausgrabungen begann, die er zunächst aus privaten Mitteln finanzierte[1]. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wurden die Grabungen nun bis zunächst 1920 fortgesetzt, zuletzt unter der Aufsicht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Danach ruhten die archäologischen Forschungen für nahezu ein halbes Jahrhundert. Erst 1968 wurde die wissenschaftliche Erforschung auf Initiative von Hans Schönberger, dem Direktor der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, wieder aufgenommen.

Bei einem Wettbewerb, dem Kastellgelände ein neues Gesicht zu geben, setzte sich 2010 ein Münchner Designerteam durch. Es hatte Pläne vorgelegt, mehrere Konstruktionen aus überdimensionalen Stahlplatten im Ausgrabungsgelände zu verteilen, um die archäologische Stätte zu „beleben“. Zudem wurde ein neuer Eingangsbereich, Toiletten und ein Wegenetz für Besucher in der heute parkähnlichen Landschaft geplant. Versteckte Mauerreste sollen mit „Kräuterbepflanzung“ „sinnlich wahrnehmbar werden.“ Der Pächter von Abusina, der Verein Historia Romana, hatte im Gegensatz zur öffentlichen Hand Bedenken gegen die Pläne vorgebracht und hätte die benötigten, erheblichen Geldmittel besser in die Substanzerhaltung der antiken Baureste investiert gesehen.[2]

Das nicht unerhebliche Fundmaterial aus Eining verteilt sich im Wesentlichen auf das Archäologische Museum der Stadt Kelheim[3], das Stadt- und Kreismuseum Landshut, die Archäologische Staatssammlung München und das Stadtmuseum Abensberg. Das Kastellgelände selbst ist heute ein kleiner aber attraktiver archäologischer Park.

Kastell- und Vicusgeschichte

Urkundlich der Gründungsinschrift wurde das Kastell Abusina zur Zeit der Herrschaft des flavischen Kaisers Titus um das Jahr 80 n. Chr. durch die Cohors IIII Gallorum ("4. Gallierkohorte") zur Sicherung der Donaulinie als Teil der Nordgrenze des römischen Imperiums errichtet. Diese Kohorte war auch die erste Stammeinheit, die in dem neuen Kastell Quartier bezog. In seiner ersten Bauphase bestand das Lager aus einer Umwehrung in Holz-Erde-Bauweise und in seinem Inneren aus recht einfachen Fachwerkbauten.

Im frühen 2. Jahrhundert, wohl gegen Ende der Regierungszeit des Kaisers Trajan wurde die Gallierkohorte durch eine Vexillatio, ein gut 500 bis 600 Mann starkes Detachement der Cohors II Tungrorum milliaria equitata („2. Teilberittene Kohorte doppelter Stärke der Tungrer“) ersetzt.[4] Etwas später, zwischen 138 und 147, trat vermutlich die Vexillatio einer Schwestereinheit, der Cohors IIII Tungrorum milliaria equitata für einige Jahre ihre Stelle.

Ab 153 schließlich ist die Cohors III Britannorum equitata („3. teilberittene britannische Kohorte“) mit sechs Zenturien Infanterie und sechs Turmen Kavallerie in Eining nachgewiesen. Sie verblieb dort bis zum endgültigen Ende der römischen Herrschaft über die Provinz Raetien im frühen 5. Jahrhundert. Eine ihrer ersten Aufgaben bestand in dem Umbau des Lagers in ein Steinkastell. Diese Maßnahme stand im Zusammenhang mit einer koordinierten Verstärkung des gesamten regionalen Limesabschnitts in antoninischer Zeit.

Die Notwendigkeit der Ausbaumaßnahmen erwies sich schon bald. Während der Markomannenkriege unter Mark Aurel geriet die Provinz Raetien in schwere Bedrängnis und entglitt zumindest partiell und zeitweise der römischen Kontrolle. Dabei wurden auch Kastell und Vicus von Eining erstmals zerstört. Das Gebiet zwischen Abusina und Castra Regina konnte vermutlich erst um das Jahr 175 herum durch die in Regensburg beheimatete Legio III Italica (3. Italische Legion) wieder freigekämpft werden. Teile dieser Legion wurden vorübergehend in der Eininger Flur "Unterfeld" stationiert.

Büste des Caracalla
(Paris, Louvre)

Nach dem Neuaufbau des Kastells und des Lagerdorfes begann eine bis ins erste Drittel des 3. Jahrhunderts währende Phase der Ruhe und des Wohlstands für Abusina. Den politischen Höhepunkt dieser Zeit bildete zweifellos der Besuch des Kaisers Caracalla in Eining im Jahre 213. Caracalla hatte sich nach Raetien begeben, um einen Präventivkrieg gegen die sich nördlich der Donau bedrohlich konzentrierenden Alamannen zu koordinieren. Die nun eingeleiteten militärischen Operationen verliefen so erfolgreich, dass sie die Provinz und damit auch Abusina für weitere zwei Jahrzehnte vom Druck der Alamannen befreiten.

Ab dem Jahr 233 aber gehörten die relativ stabilen Zeiten für die Grenzbewohner der Vergangenheit an. Im Zuge eines ersten Alamanneneinfalls wurde Abusina erneut zerstört. Es folgten weitere Wellen der alamannischen Beute- und Eroberungszüge, bis im Jahre 260 die römische Grenzwehr in Raetien nahezu völlig zusammenbrach und die Provinz im Chaos versank. Auch Eining wurde bei diesem Alamannensturm wiederholt niedergebrannt. Zahlreiche Hortfunde, darunter auch der berühmte „Verwahrfund von Eining“,[5] der 1975 zufällig entdeckt worden war, zeugen von dieser Zeit. Die 3. Britannische Kohorte und die 3. Italische Legion gehörten zu den wenigen überlebenden militärischen Verbänden und waren die letzten stabilisierenden Faktoren in der Region.

Die Kohorte von Abusina hielt sich in ihrer Garnison bis durch die diokletianisch-konstantinischen Heeresreformen Ende des 3., Anfang des 4. Jahrhunderts sowie durch den Ausbau des Donau-Iller-Rhein-Limes die Situation in den Grenzgebieten wieder beruhigt werden konnte. Die Reformen schufen ein größeres, im Hinterland stationiertes Bewegungsheer und reduzierten die Stärke der unmittelbar an der Grenze stehenden Truppen, deren Kasernen zu kleineren und stärker befestigten burgi umgebaut wurden. Gleichzeitig wurde durch den Limesausbau die westliche Flanke Raetiens, die durch den Verlust der Agri decumates entstanden war, gestärkt. Die Änderungen der römischen Heeresstruktur spiegeln sich im Kastell Eining exemplarisch wider. Der Personalbestand der Britannerkohorte wurde vermindert und in der Südwestecke des alten Kastells errichtete man auf − einschließlich Gräben − nur noch weniger als einem Viertel der bisherigen Fläche eine burgenähnliche Kleinfestung. Die Umwehrung der restlichen drei Viertel wurden aber auch in der Folgezeit instand gehalten und das alte Kastellareal sowohl von den Militärs als auch von der Zivilbevölkerung genutzt. Letztere hatte den alten Eininger Vicus nach 260 nicht wieder aufgebaut, sondern suchte nunmehr hinter den Mauern des Kastells Schutz.

Zum endgültigen Untergang Abusinas kam es schließlich um die Mitte des 5. Jahrhunderts, wohl infolge eines von Westen erfolgenden Vorstoßes der Alamannen. Möglicherweise gehörte die letzte im Schutz der Fortifikation verbliebene romanische Bevölkerungsgruppe zu denen, die durch die Evakuierungsmaßnahmen des Severin von Noricum gerettet wurden.

Der Kern der bajuwarischen Siedlung Oweninga, aus der das heutige Eining hervorging, bildete sich rund 500 m nördlich von Abusina und entstand erst im 6. oder 7. Jahrhundert, so dass hier keine Siedlungskontinuität vorliegt.

Kastellbefunde

Luftbild des Kastells auf einer Infotafel des archäologischen Parks (Norden = links)
Donausteilufer
Principia und linkes Lagertor (am rechten Bildrand)

Bedingt durch die lange Dauer seiner Existenz und die darin wiederholt stattfindenden Veränderungen der strategischen Rahmenbedingungen, sowie durch mehrfache Zerstörungen erfuhr das Kastell Abusina zahlreiche Umbau- und Wiederaufbaumaßnahmen. Dies führte zu einer hohen Komplexität der Baubefunde. Das sich heute dem Besucher darbietende Kastell ist somit nicht die Momentaufnahme eines einzelnen Zeitabschnitts, sondern stellt ein Konglomerat verschiedener Bauphasen dar. Dadurch erscheinen die heute sichtbaren Strukturen dem archäologischen Laien zunächst etwas verwirrend.

Von dem ursprünglichen Holz-Erde-Kastell aus flavischer Zeit ist nichts mehr erhalten. Es war aber in seinen Grundrissen Maß gebend für alle nachfolgenden Steinkastelle vor dem Beginn der Spätantike. Mit den Abmessungen von 147 m Länge und 125 m Breite bedeckte es eine Fläche von rund 1,8 ha und entsprach damit der durchschnittlichen Größe eines römischen Kohortenkastells mit Kavallerie. Anfangs war das Kastell mit seiner Porta Praetoria (Haupttor) nach Norden hin ausgerichtet, erst im Zusammenhang mit dem Umbau zum Steinkastell in der Mitte des 2. Jahrhunderts wurde die Ausrichtung dahingehend geändert, dass die Hauptausfallpforte nach Osten wies. Diese Änderung des Innenaufbaus ist maßgeblich für das sich heute bietende asymmetrische Bild verantwortlich.

Das kaiserzeitliche Militärlager von Eining war auf drei Seiten von einem doppelten Spitzgraben umgeben. Jeder einzelne Graben besaß eine Breite von acht und eine Tiefe von vier Metern. Zur Donau hin war das Grabensystem unterbrochen, wohl weil das steil abfallende Ufer und der Fluss selbst ein hinreichendes Annäherungshindernis darstellten. Die an den Ecken abgerundete Wehrmauer des viertorigen Kastells besaß eine Stärke von 1,4 m und war vermutlich fünf Meter hoch. Zusätzlich war auf der Mauerinnenseite der Agger, eine Erdrampe angeschüttet. Die Mauer war an ihren Ecken, an den Toren und zwischen Ecken und Toren mit Türmen bewehrt.

Im Zentrum des Kastellinneren befinden sich die noch sichtbaren Mauerzüge der Principia, des Stabsgebäudes. Hier befanden sich die Diensträume (Tabularia), die Waffenkammer und unter dem Fahnenheiligtum (Aedes) die Truppenkasse. Etwas nördlich der Principia lag das Praetorium, das geräumige und komfortable Wohngebäude des Kommandanten. Darüber hinaus verfügte das Lager über alle für seine Größenordnung üblichen Ausstattungsmerkmale. Von diesen Bauten, Mannschaftsbaracken, Pferdeställe, Werkstätten, Lazarett und Arrestgebäude ist jedoch heute nichts mehr sichtbar. Im Kastellareal wurden die Reste einer Panzerstatue aufgefunden, wie sie einst für den Kaiser im Fahnenheiligtum stand. Diese Fragmente datieren in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts.[6]

In spätantiker Zeit wurde das Kastell deutlich verkleinert. In seiner Südwestecke errichtete man ein stark befestigtes, burgenähnliches Kleinkastell. Hierbei wurden Teile der Außenumwehrung des alten Lagers in den Neubau mit einbezogen und die neue Fortifikation gegen die Restfläche durch einen Wehrgraben abgetrennt. Einschließlich dieses Grabens verfügte der Burgus über weniger als ein Viertel der ursprünglichen Fläche der Garnison. Der Rest diente der durch die Kriege stark dezimierten Zivilbevölkerung als neuer Wohnbereich an Stelle des aufgegebenen Vicus.

Mitte des 5. Jahrhunderts endet die Nutzung des Kastells von Eining.

Vicusbefunde

Das Militärlager von Eining war fächerförmig von einer Zivilsiedlung, einem Vicus umgeben. Seine Hauptverkehrsachsen bildeten die Donausüdstraße, die man bogenförmig um das Kastell geleitet hatte und der unmittelbar vor der Porta Praetoria nach Osten hin von dieser Straße abzweigende Verkehrsweg. Die Ausdehnung des Vicus selbst betrug von der Kastellpforte in jede Richtung etwa 500 m, so dass sich zur Blütezeit des Lagerdorfes eine Ausdehnung von rund einem Kilometer in nordsüdlicher und knapp einem halben Kilometer in westöstlicher Richtung ergab.

Hier ließen sich die Angehörigen aktiver Soldaten nieder, ebenso Händler, Handwerker und Gastwirte die den Bedarf des Militärlagers an Gütern und Dienstleistungen deckten. Später kamen Soldaten die ihre Dienstzeit beendet hatten hinzu, wie durch zahlreiche bei den Ausgrabungen gefundene Entlassungsurkunden, so genannte Militärdiplome, festgestellt werden konnte.
Die meisten Gebäude des Vicus waren einfache Fachwerkhäuser, aber auch vereinzelte Steingebäude, zum Teil mit Fußbodenheizung versehen und bis zu einer Länge von 50 m groß, konnten mittels feldarchäologischer Methoden sowie durch Luftbildarchäologie nachgewiesen werden.

Unmittelbar außerhalb der Kastellmauern befanden sich zwei zeitlich aufeinander folgende Badeanlagen. Eine erste kleine Therme war am Steilufer der Donau errichtet worden, musste aber wegen permanenter Hochwassergefahr schon bald wieder aufgegeben werden. Sie wurde durch eine große, repräsentative und mit allem Komfort der Zeit versehene Thermenanlage nördlich des Kastells ersetzt.

Ebenfalls vor der Nordfront des Lagers entstand eine große, beheizbare und mit einem kleinen Badetrakt versehenen mansio, eine Herberge und Pferdewechselstation für Dienstreisende im staatlichen Auftrag. Die Mansio von Eining war gleichzeitig auch Standquartier der Benefiziarier, einer mit Zollbefugnissen ausgestatteten Art Straßenpolizei, die für die Sicherheit des römischen Fernstraßennetzes verantwortlich war.

Der Vicus von Abusina erlebte im Laufe seiner rund 180-jährigen Geschichte einige Zerstörungen und Wiederaufbauten. Nach dem großen Alamannensturm von 260 jedoch wurde er aufgegeben. Die überlebende Bevölkerung zog sich von diesem Zeitpunkt an hinter die schützenden Mauern des Kastells zurück.

Wachturm auf dem Weinberg

Da vom Kastell Abusina aus keine unmittelbare Sichtverbindung zum nächsten Kastell in Pförring und zu dem Punkt bestand, an dem der ausgebaute Teil des Limes nordöstlich von Hienheim auf die Donau stieß, wurde auf dem nordöstlich von Eining befindlichen Weinberg ein Wachturm errichtet um diese Lücke zu schließen. Dieser Wachturm existierte bis ins 3. Jahrhundert und wurde wohl in der Zeit der Alamanneneinfälle zerstört. Unmittelbar bei seinen Fundamenten konnten zwei weitere Steinbauten nachgewiesen werden, die zu einer Mannschaftsunterkunft, in der die Besatzung des Wachturms untergebracht war, und zu einem kleinen Tempel des Mars und der Victoria gehörten.

Im Bauschutt dieser Anlagen fanden sich auch Hinweise auf eine Nutzung des Platzes als christliche Kultstätte in nachrömischer, frühmittelalterlicher Zeit. Möglicherweise wurden die Grundmauern der Mannschaftsunterkunft von den sich ab dem 6./7. Jahrhundert in dieser Gegend ansiedelnden baioarii zur Errichtung einer einfachen Kirche verwendet.

Versorgungslager im Unterfeld

Hauptartikel: Kastell Unterfeld

Nur wenig nördlich außerhalb des Ortskerns von Eining, befindet sich unter den Äckern der Flur „Unterfeld“ ein größeres römisches Militärlager. Das Lager bedeckt mit seinen Seitenlängen von 328 mal 320 Metern eine Fläche von 10,6 Hektar. Heute wird das Areal von der Straße, die von Eining nach Staubing führt und sich in etwa am Verlauf der ehemaligen Via Principalis orientiert, durchschnitten.

In antiker Zeit war das Lager mit einer Rasensodenmauer bewehrt und von einem System von drei parallel verlaufenden Spitzgräben umgeben. Mit seiner Porta Praetoria war es zum Feind hin, auf die Donau ausgerichtet. Die ehemalige Umwehrung ist an dieser Seite allerdings nicht mehr vorhanden, sondern wurde in den vergangenen Jahrhunderten wohl von der Donau weggespült. Das Lagerinnere bestand bis auf die Principia und das Praetoriums, die beide aus Stein errichtet waren, ausschließlich aus Fachwerkbauten. Das Kastell entstand in der Zeit der Markomannenkriege und existierte nur für kurze Zeit um das Jahr 175.

Wahrscheinlich war das Militärlager im Unterfeld ein Nachschublager der Legio III Italica (3. Italische Legion) in dem ein Teil dieser Einheit logistische Aufgaben verrichtete, vermutlich verstärkt und geschützt durch berittene Auxiliartruppen. Endgültige Sicherheit über die Funktion des Lagers kann aber nur durch großflächige Ausgrabungen gewonnen werden.

Denkmalschutz

Das Kastell Abusina und die erwähnten Anlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-786-12347-0, S. 322ff.
  • Thomas Fischer und Günter Ulbert: Der Limes in Bayern. Von Dinkelsbühl bis Eining. Theiss, Stuttgart 1983, ISBN 3-806-20351-2, S. 106ff.
  • Thomas Fischer und Konrad Spindler: Das römische Grenzkastell Abusina-Eining. Theiss, Stuttgart 1984. (Führer zu archäologischen Denkmälern in Bayern: Niederbayern 1), ISBN 3-8062-0390-3.
  • Thomas Fischer: Eining Stadt Neustadt a. d. Donau, Lkr. Kelheim, Obb.. In: Wolfgang Czysz u.a.: Die Römer in Bayern. Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-11-6, S. 434ff.
  • Thomas Fischer: Kastelle Ruffenhofen, Dambach, Unterschwaningen, Gnotzheim, Gunzenhausen, Theilenhofen, Böhming, Pfünz, Eining. In: Jochen Garbsch (Hrsg.): Der römische Limes in Bayern. 100 Jahre Limesforschung in Bayern. Ausstellungskataloge der Prähistorischen Staatssammlung 22, 1992, 37 ff.
  • Thomas Fischer, Erika Riedmeier Fischer: Der römische Limes in Bayern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008. ISBN 978-3-7917-2120-0.
  • Markus Gschwind: Abusina. Das römische Auxiliarkastell Eining an der Donau vom 1. bis 5. Jahrhundert n. Chr. Beck, München 2004. (Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, 53), ISBN 3-406-10755-9.
  • Ute Jäger: Die Römer an der Donau. Bad Gögging, Kastell Eining. WEK, Treuchtlingen 1993, ISBN 3-924-82853-9.
  • Hans-Jörg Kellner: Der römische Verwahrfund von Eining. Beck, München 1978. (Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, 53), ISBN 3-406-00499-7.
  • Paul Reinecke: Das römische Grenzkastell Abusina bei Eining – Donau, Buchdruckerei A. Kettner, Riedenburg 1957.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Schreiner: Eining und die dortigen Römer-Ausgrabungen. Ein kleiner Wegweiser durch dieselben. Thomann'sche Buchhandlung, Landshut 1887.
  2. Gabriele Ingenthron:Moderne Stahlträger auf historischen Mauern. Donaukurier vom 28. Juli 2010. [1]. Abgerufen am 28. Juli 2010.
  3. Webpräsenz des Archäologischen Museums der Stadt Kelheim
  4. Diese Abkommandierung ist ein exemplarisches Indiz für die Mobilität, Flexibilität und damit Modernität des Exercitus Romanorum, des römischen Heeres: während die Stammeinheit in Britannien stationiert blieb, war es problemlos möglich das Detachement dieser Truppe zwischenzeitlich im weit entfernten Donauraum einzusetzen.
  5. Der "Verwahrfund von Eining" gehört neben den Schatzfunden von Weißenburg und Straubing zu den bedeutendsten archäologischen Entdeckungen in Bayern. Er enthält Teile von römischen Paraderüstungen, wurde von Hans-Jörg Kellner dokumentiert und befindet sich heute in der Archäologischen Staatssammlung München.
  6. Martin Kemkes: Das Bild des Kaisers an der Grenze – Ein neues Großbronzenfragment vom Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Forschungen zur Funktion des Limes, Band 2. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2117-6, S. 144.

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