King-James-Bibel

King-James-Bibel
Frontispiz der 1611 erschienenen Erstausgabe

Die King-James-Bibel (engl. King James Version (KJV)) ist eine englische Übersetzung der Bibel. Sie wurde im Auftrag von König Jakob I. von England für die Anglikanische Kirche erstellt. Daher rührt auch der Name King-James-Bibel, denn King James ist die englischsprachige Form von König Jakob. Seit ihrer Erstveröffentlichung im Jahre 1611 ist sie die einflussreichste englischsprachige Übersetzung der Bibel. In der Folgezeit wurden sieben Auflagen herausgegeben; die 1769 entstandene ist die heute in der Hauptsache verwendete.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Die KJB entstand als Reaktion auf die protestantische Lehre, nicht die Auslegung durch Kirchenobere, sondern die Bibel selbst sei die Grundlage christlicher Lehre („Sola scriptura“). Um jedem Christen den Zugang zur Schrift zu ermöglichen, wurde in Folge der Reformation die Übersetzung der Bibel in die Umgangssprache erforderlich. Zwar hatte es schon im Frühmittelalter – bevor die Katholische Kirche begann, nur noch die Lateinische Bibel zuzulassen – Übersetzungen von Teilen der Bibel ins Angelsächsische gegeben; die ersten im eigentlichen Sinne englischen Übersetzungen der Bibel waren aber erst etwa 100 Jahre vor dem Erscheinen der KJV entstanden, nämlich die Tyndale-Bibelübersetzung die vom evangelischen Theologen William Tyndale angefertigt wurde. Die englische Kirche benutzte die offiziell sanktionierte “Bishops’ Bible”, die allerdings in der Bevölkerung kaum benutzt wurde. Beliebter war die „Genfer Bibel“, die in Genf unter dem direkten Nachfolger des Reformators Johannes Calvin für dessen englische Anhänger entstanden war. Deren Fußnoten vertraten jedoch einen calvinistischen Puritanismus, der König Jakob zu radikal war.

Von 1533 an, als Heinrich VIII die oberste Kirchengewalt dem König von England zuerkannte, wurde der von William Tyndale 1526 übersetzte Text revidiert, der Grundlage für die heute weltweit verbreitete Authorized Version oder King-James-Bibel von 1611 wurde. Jakob berief dazu im Jahre 1604 eine Synode am Hampton Court Palace ein, wo er eine neue Übersetzung vorschlug, die die populäre Genfer Bibel ersetzen sollte. Den Übersetzern wurde dabei angetragen, der Lehre der anglikanischen Kirche zu folgen sowie polemische Fußnoten zu unterlassen. Unter Anderem verlangte er:

  • der „Bishop’s Bible“ soweit möglich zu folgen, und bei Namen biblischer Personen dem Alltagsgebrauch zu folgen;
  • traditionellem kirchlichen Brauch zu folgen, und das Wort Church („Kirche“) nicht durch Congregation („Gemeinde“) zu ersetzen;
  • Fußnoten nur zur Worterklärung zu verwenden;
  • den Text der Übersetzung im Konsens aller Übersetzer zu finden;
  • bei Uneinigkeit weitere Gelehrte heranzuziehen.

Die Übersetzung wurde von 47 Gelehrten, aufgeteilt in eine Reihe von Arbeitsgruppen, erstellt. Jede Gruppe arbeitete an einem Bibelabschnitt, die anschließend miteinander harmonisiert wurden. Die Arbeitsgruppen waren:

  • First Westminster Company (1. Buch Mose bis 2. Buch der Könige): Lancelot Andrewes, John Overall, Hadrian Saravia, Richard Clarke, John Laifield, Robert Tighe, Francis Burleigh, Geoffry King, Richard Thompson, William Bedwell.
  • First Cambridge Company (1. Buch der Chronik bis Hohelied): Edward Lively, John Richardson, Lawrence Chaderton, Francis Dillingham, Roger Andrews, Thomas Harrison, Robert Spaulding, Andrew Bing.
  • First Oxford Company (Jesaja bis Maleachi): John Harding, John Reynolds, Thomas Holland, Richard Kilby, Miles Smith, Richard Brett, Daniel Fairclough.
  • Second Oxford Company (die vier Evangelien, die Apostelgeschichte und die Offenbarung des Johannes): Thomas Ravis, George Abbot, Richard Eedes, Giles Tomson, Henry Savile, John Peryn, Ralph Ravens, John Harmar.
  • Second Westminster Company (die Briefe des Neuen Testaments): William Barlow, John Spencer, Roger Fenton, Ralph Hutchinson, William Dakins, Michael Rabbet, Thomas Sanderson.
  • Second Cambridge Company (Die Apokryphen oder deuterokanonischen Bücher): John Duport, William Brainthwaite, Jeremiah Radcliffe, Samuel Ward, Andrew Downes, John Bois, John Ward, John Aglionby, Leonard Hutten, Thomas Bilson, Richard Bancroft.

Literarische Qualität

Sowohl die Prosa als auch die Poesie der KJV werden traditionell geschätzt; der Wandel der englischen Sprache seit ihrer Veröffentlichung lassen den Text dem modernen Leser jedoch archaisch erscheinen. Verbreitete sprachliche Anachronismen sind die Verwendung der Wörter thou, thee, thine, thy, thyself (2. Person Singular du, dich, dein; modernes Englisch verwendet you, your, yours, yourself). Das Verständnis des Textes durch moderne Leser wird auch dadurch oft erschwert, dass sich die Bedeutung einzelner Wörter gewandelt hat – z. B. let bedeutet heute lassen, damals aber hindern.

Eine sprachliche Eigenheit ist die Verwendung der besitzanzeigenden Genitivform, z. B. sein (des Tieres) Blut, die im Mittelenglischen his blood, im Neuenglischen its blood hieße. Die etwas ältere Übersetzung von William Tyndale, die entstand, als der Übergang vom Mittelenglischen zum Neuenglischen gerade im vollen Gange war, umging dieses Problem durch Verwendung der Form the blood thereof, „das Blut davon“ die in beiden Sprachformen möglich ist. Die KJV folgte dieser inzwischen als biblisch empfundenen Ausdrucksform.

Teilweise wurden allerdings auch weder his noch its verwendet, sondern die Substantive wurden wie im Deutschen einem Geschlecht zugeordnet, sodass auch das Wort her manchmal zulässig wurde: And the stars of heaven fell unto the earth, even as a fig tree casteth her untimely figs, when she is shaken of a mighty wind. (Offenbarung 6,13)

Die Übersetzer der KJV scheuten sich ebenfalls nicht, heute als anstößig empfundene Wendungen zu benutzen, wenn die wörtliche Übersetzung dies verlangte (1. Buch Samuel, Kap. 25, Vers 22: So and more also do God unto the enemies of David, if I leave of all that pertain to him by the morning light any that pisseth against the wall.). Fast alle neueren englischen Bibeln (und auch die meisten deutschen) setzten in solchen Fällen Euphemismen ein, die dem Originaltext nur ungenau entsprechen. Die Miniatur-Bibel von Franz Eugen Schlachter aus dem Jahr 1905 bzw. die Revision von 1951 hatten ebenfalls diese Übersetzung.

Die Übersetzer benutzten den masoretischen Text für das Alte und den von Erasmus von Rotterdam veröffentlichten Textus receptus für das Neue Testament. Ihnen gelang eine sehr textnahe Übersetzung; im Ursprungstext nicht vorhandene, sondern nur implizierte Wörter wurden durch eckige Klammern oder Kursivdruck gekennzeichnet, in den frühen Ausgaben durch Antiqua innerhalb des gotischen Fließtextes. Im neuen Testament ist die Übersetzung kaum zu beanstanden, im alten Testament finden sich allerdings viele Übersetzungsformen, die zeigen, dass die Übersetzer das hebräische Vokabular und die Strukturen der hebräischen Grammatik nur unvollkommen verstanden – steckte die christliche Hebraistik damals doch noch in ihren Anfängen.

Moderne Übersetzungen der Bibel nutzen teilweise auf neuen Manuskriptfunden basierende Ausgangstexte. Dadurch ergeben sich einige auch inhaltliche Abweichungen zwischen der KJV und neueren Übersetzungen; diese werden von einer Minderheit der konservativen Christen, vor allem in den USA, als Verfälschung der ‚wahren‘ Bibel angesehen und abgelehnt. Die Mehrheit der amerikanischen konservativen Protestanten nutzt allerdings heute die „New International Version“ der Bibel, eine verhältnismäßig freie moderne Übersetzung. Ferner erfreut sich dort die „New King James Version“ (NKJV, Erstausgabe 1982) großer Beliebtheit, die die heute teilweise ungewohnte Satzstellung der KJV beibehalten hat, lediglich heute ungebräuchliche Wörter durch moderne ersetzt, und als eine der wenigen aktuellen Bibelübersetzungen im NT nach dem Textus receptus revidiert wurde.

Weitere Entwicklung

Obwohl die KJV die “Bishops’ Bible” als offizielle Bibel der anglikanischen Kirche ersetzen sollte, ist kein expliziter Erlass bekannt. Dennoch setzte sich die KJV im Gebrauch im Gottesdienst durch.

In breiten Bevölkerungsschichten wurde die Genfer Bibel lange vorgezogen; bis zum englischen Bürgerkrieg blieb sie in Gebrauch. Danach galt ihr Gebrauch als politisch problematisch, da sie die vergangene Ära des Puritanismus vertrat. Die KJV erlangte weite Verbreitung und Beliebtheit.

Neue Ausgaben der KJV weichen in folgenden Punkten von der Erstausgabe ab:

  • Die ursprünglich in die KJV aufgenommenen Apokryphen und Deuterokanonischen Bücher fehlen meistens in neueren Ausgaben. Diese Auslassung folgt der Lehre der anglikanischen Kirche, die jene Bücher als nicht göttlich inspiriert ansieht.
  • Die Erstausgabe enthielt eine Reihe von Textalternativen, wenn keine Einigkeit über die Lesart des Originaltextes besteht. Diese Varianten sind gewöhnlich nicht mehr enthalten; nur die amerikanische Cornerstone UltraThin Reference Bible, von Broadman and Holman herausgegeben, enthält sie heute noch.
  • Die Erstausgabe hatte Anmerkungen, wenn ein Textabschnitt Zitat eines anderen ist, oder einen direkten Bezug darstellt. Diese Anmerkungen sind selten in modernen Ausgaben enthalten.
  • Die ursprüngliche Widmung der Übersetzung an König James I findet sich heute noch in britischen, seltener in anderen Ausgaben.
  • Eine Einleitung der Übersetzer, die ihre Arbeit rechtfertigen und ihre Absichten und Methoden darlegen, fehlt heute in fast allen Ausgaben.
  • Die umfangreichen Anhänge der Erstausgabe, z. B. über Kalenderberechnung, fehlen in den modernen Ausgaben.
  • Der Drucksatz der Erstausgabe verwendete „v“ für das kleingeschriebene „u“ und „v“ am Wortanfang, und „u“ für „u“ und „v“ im Wort. Das „s“ im Wortinneren wurde durch „ſ“ dargestellt. Das „j“ kam nur nach „i“ oder als letzter Buchstabe in Römischen Zahlen vor. Satzzeichen waren anders als heute. Der Artikel „the“ wurde durch „ye“ ersetzt, welches den mittelenglischen Buchstaben þ („thorn“) durch ein „y“ darstellte. Weiter findet sich „ã“ für die Buchstabenkombinationen „an“ oder „am“ (eine Art Kurzschrift), um enger drucken zu können.

Modernen Ausgaben liegt der 1769 von der Universität Oxford herausgegebene Text zu Grunde, der im Original fehlende Worte durch Kursivdruck kennzeichnete sowie einige Druckfehler und damals bereits anachronistische Ausdrücke korrigierte. Ausdrücke, die erst nach 1769 ungebräuchlich wurden, finden sich dagegen auch in den neuesten Ausgaben der KJV.

Der Originaltext ist in einer Ausgabe von Thomas Nelson (ISBN 0-517-36748-3) und einer kommentierten Ausgabe der Hendrickson Publishers (ISBN 1-56563-160-9) zugänglich.

Urheberrecht

Im Vereinigten Königreich unterliegt die KJV einem andauernden Urheberrecht des Staates, im Wesentlichen um es als offizielles Dokument der Staatskirche unter andauernden Schutz zu stellen. Britische Ausgaben erfordern daher eine Lizenz der Regierung, oder der Universitäten von Oxford oder Cambridge, die die Druckrechte besitzen. Kommentierte Bibeln fallen nicht unter diesen Schutz. In allen anderen Staaten ist die KJV Gemeingut, darf also von jedermann in jeder beliebigen Weise genutzt werden.

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (landläufig als „Mormonen“ bekannt) veröffentlichte eine Ausgabe, die in Fußnoten Änderungen des Bibeltextes durch den Kirchengründer Joseph Smith und Verweise auf das Buch Mormon und ihre sonstigen heiligen Schriften enthält, und auch eine Ausgabe der Bibel in einem Band mit dem Buch Mormon und den anderen in dieser Kirche vorhandenen heiligen Schriften.

Siehe auch

Literatur

Weblinks


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