- Klima und Vegetation der Balkanhalbinsel
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Die Balkanhalbinsel liegt am Übergang der mediterranen- und kontinentalen Klimazone. Auf zwei Seiten vom Meer umgeben nimmt die Ozeanität durch die im Westen der Halbinsel an der Küste exponiert der Westwindzone ausgesetzten Gebirge vom Küstensaum zum Landesinneren rapide ab. Damit ist das Klima schon in kürzerer Entfernung von der Meeresküste durch stärkere Kontinentalität und schneereiche Winter geprägt.
Die durch die Gebirgssysteme vor allem hygrisch und ventilatorisch stärker veränderten solaren Klimate der Balkanhalbinsel werden durch lokale, mesoskalige und makroskalig wirksame, das Klima stark modifizierende, Windesysteme geprägt. Darunter fallen die durch die Topographie bedingten Mountain waves wie die kalte Bora und der warme Föhn, die vor allem im Gebirge wirksam sind, sowie die durch Unterschiede der Luftdruckgradienten bewirkten saisonalen makroskaligen Windsysteme der Kosava, Etesien und des Scirocco.
Das durch die klimatische Vielfalt, das ausgeprägte Relief, die vielfältige Topographie und der subtropischen Lage und auch besonders der zum übrigen Europa höheren Klimagunst der Erdvergangenheit, ist in diesem Teil des Europäischen Kontinentes auch eine reichhaltige Vegetation entwickelt, die die mit Abstand vielfältigsten Formationen sowie den größten Artenreichtum des Kontinentes aufweist. Daher beherbergt die Balkanhalbinsel allein über 160 Gehölzarten und mehr als 7000 Kormophyten, von denen alleine 3000 endemische Arten sind.
Klima
Die Gebirge des Balkans gliedern sich klimatisch in humid-temperate, submediterrane und mediterrane sowie subhumid-kontinentale Typen, was den Gebirgsklimatypen X1, X2 und X3 entspricht. Edaphische Abweichung der generellen Typen ergeben sich in Karstgebieten in ansonsten humiden Klimaten. Zudem reihen sich Karstgebirge von den Julischen Alpen zum Peloponnes. Somit sind klimatische und edaphische Faktoren stärker kombiniert in Alpen, Pyrenäen oder Karpaten. Ein klimatischer Makrogradient ist primär für zönotische Unterschiede verantwortlich. Karstgebirge des Nordwestens sind generell humid, im Südosten semihumid bis semiarid.
Vegetation
Phytogeographisch lässt sich der Balkan in den basophilen ozeanischen Westen (Illyrien) und kontinentalen azidophilen Osten (Moesien) gliedern. Illyrien ist Zentrum mesophiler Buchenwälder, die submontan bis subalpin dominieren, während in Moesien subalpin Fichte boreale Wälder bildet. Stärker unterschieden sind kolline Stufen; die Eichen im Osten (Quercus frainetto, Zerreiche (Q. cerris)) werden im Westen durch humide Eichen-Hainbuchenwälder (Quercus petrea, Carpinus betulus) ersetzt. Die balkanische Region ist durch viele nur für seine Umgebung typische (tertiäre) Arten bereichert: z.B. Griechischer Ahorn (Acer heldreichii), Serbische Fichte (Picea omorika), Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), Corylus colurna, Pinus peuce P. heldreichii, Ramonda serbica oder Amphoricarpos neumayeri.
Die Vegetation großer Ökosysteme (phytogeographische Territorien oder Vegetationsgürtel) ist ökologisch, chorologisch und floristisch-entwicklungsgeschichtlich sehr einheitlich. Durch Relief und den Beziehungen, die sich aus der Lage, insbesondere zu den Meeren, ergeben, erfolgt innerhalb dieser Horione eine aus den klimatischen Faktoren und den Aspekten des Naturraumes differenzierte Teilung. Die Balkanhalbinsel ist Teil des holarktischen Florenreiches. Sie ist weiter in eine mediterrane sowie zirkumboreale Region zu ordnen.
Die westliche sowie östliche zentrale Balkanhalbinsel ist in zwei Phytohorione, illyrisch und moesisch (nach den röm. Provinzen Illyria und Moesia), zu teilen. Thrakien ist pontische Unterregion. Als Subhorione der mitteleuropäischen Florenregion, ist Illyrien mit basophilen, Moesien mit azidophilen Typen verbunden. Die reich gegliederte Küste Dalmatiens gehört zur adriatischen Provinz der mediterranen Florenregion. Die epirische und ägäische Küste mit den griechischen Inselgruppen sind Teil der ostmediterranen Provinz. Damit sind floristische Prinzipien vorgegeben. Unterschiede resultieren aus der Mischung der Horoelemente einzelner Gebiete, die wiederum von naturräumlichen Gegebenheiten und der Vegetationsgeschichte abhängen.
Flora
Die Genese der balkanischen Flora vollzog sich während tertiärer, glazialer und postglazialer Phasen. Heute treten keine alten mesozoischen Vertreter (wie z.B. in den Floren Ostasiens oder Argentiniens) mehr auf. Der Basisbestand insbesondere der Waldflora ist dennoch seit der Kreide bekannt (z.B. Eichen (Quercus), Buchen (Fagus), Kastanien (Castanea), Erlen (Alnus), Weiden (Salix)). Die thermophilere tertiäre Flora war an tropischen Elementen reicher als heute, wo nur eine kleine Zahl reliktischer Arten (Frauenhaarfarn (Adiantum capillus-veneris)), Gattungen (Yams (Dioscorea)) und Familien (Gesneraceae) überlebt hat. Außertropische tertiäre Formen sind dagegen reichlich vertreten (z.B. Platanengewächse (Platanus), Rosskastanien (Aesculus hippocastanum), Tollkraut (Scopolia), Sibiraea, Thelygonum, Serbische Fichte (Picea omorika), Pinus peuce, Forsythia europaea, Gemeiner Flieder (Syringa vulgaris)). Durch die isolierte Stellung, die nächsten Verwandten sind zumeist in Ostasien oder dem vorderen Orient zu finden und die heterogene phytogeographische Genese, sind alle paläoendemischen Tertiärrelikte ökologisch und horologisch sehr differenzierte Vertreter unterschiedlicher vegetationsgeographischer Einheiten. Seit dem Tertiär erfolgte die Evolution der mediterranen Gebirgsflora, dies unabhängig arktoalpiner Einflüsse.
Die Grenze zwischen den florenhistorisch determinierten alpinen und oromediterranen Systemen fand man anhand 1350 Gefäßpflanzen balkanischer Gebirge nördlich des Parnass. Die südliche Grenze der arktoalpinen Gemeinschaften ist zugleich auch die nördliche Grenze der Hochgebirgspflanzen südlicher Herkunft. Diese Grenze stimmt außerdem mit den Gebieten der stärksten pleistozänen Vereisung der Gebirge überein, deren signifikanteste Ausnahme sind der Orjen, der stark vereist war, aber wenig Alpenarten aufweist, wie auch der entfernt gelegene Olymp. Im Velebit (Nordwest-Kroatien), der, obwohl fast unvereist, ganz arktoalpin geprägt ist, spielt die abkühlende Wirkung der Bora eine zentrale Rolle. Die höchsten Horione sind folgenden Zono- und Orobiomen zuzurechnen:
- mediterrane Region mit zwei Provinzen:
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- Adriatisch-Ionische Region
- Ägäische Region
- Mitteleuropäische Region mit zwei Provinzen:
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- Illyrische Region
- Balkanische Region
- Pontische Region
- zirkumboreale Region (supalpine Stufe kontinentaler Gebirge)
- alpin-nordische Region (Gebirgstundra)
Geoelemente anderer Regionen wie der irano-turanischen, arktischen, atlantischen, orientalischen sind vereinzelt vorhanden, bilden aber nur kleine disjunkte und sporadische Populationen auf entsprechenden Standorten. Der geringen Durchschnittshöhe wegen sind die mittelhohen dinarisch-hellenidischen sowie bulgarischen Hochgebirge heute unvergletschert. Damit fehlen großteils arktische Horoelemente. Nur wenige Firnfelder sind ganzjährig im Durmitor, insbesondere aber in den Prokletije vorhanden. Hier finden sich damit auch subnivale Zonen. Orobiome der Gebirge lassen eine Anordnung der Horione als Stufen erkennen.
Als Beispiel sei hier die Höhenzonierung im Orjen erwähnt. Hier sind 4 Horione ausgebildet, wobei die nur zirkumboreale rudimentär vorkommt (die mitteleuropäische reicht hier max. 1.700 m hoch). Die Vegetation im Orjen gehört zum südostdinarischen Typ und ist durch ausgeprägte mediterrane Prägung herausstechend.
Nach Turrill (1929) finden sich auf der Balkanhalbinsel 6.340 Arten. Mit den in der Flora Europaea aufgeführten 10.500 Arten verglichen, kommt der Balkanhalbinsel auch die Schlüsselrolle der europäischen Vegetationsgeschichte zu. Folgende Konditionen sind dafür anzuführen:
- eine Flora, die viele tertiäre Arten enthält, welche hier die Eiszeiten überleben konnten
- paläoendemische Relikte
- Isolation der Landmassen, Inseln und Gebirgsgruppen. Änderungen des Meeresspiegels. Fragmentierung, Isolation und Migration von Arten, Bildung neuer Habitate
- autonome Evolutionszentren der Nähe zu anderen Florenzentren
- Einflussnahme des Menschen durch Zerstörung und Wechsel der natürlichen Landbedeckung, Schaffung neuer Habitate und Introduzierung neuer Arten.
Griechenland als endemitenreichster Teilraum besitzt 1.100 endemische Arten. Der Endemismus beruht vor allem auf der hohen Spezifikation der illyrisch-balkanischen Florenprovinz. Die vergleichsweise höhere Artenvielfalt zu Alpen und Pyrenäen, durch größere petrographische Heterogenität als Pyrenäen und gegen die Alpen die Einbettung zwischen Florenprovinzen, macht die komplexen Dinariden zu dem auffälligen Endemitenzentrum mit hohem Artenpotential.
Die illyrische Provinz besitzt vier endemische Gattungen: Petteria, Halacsya, Haberlea, Jankaea. Endemiten sind: Picea omorika (Serbien, Bosnien), Pinus peuce (Gebirge zwischen 41°-43° N), Primula deorum (Bulgarien), Saxifraga ferdinandi-coburgii, Petteria ramentacea (Dalmatien, Herzegowina, Montenegro, Nord-Albanien), Oxytropis prenja, Griechischer Ahorn (Acer heldreichii), Forsythia europaea (Nord-Albanien, Kosovo), Moltkia petraea, Wulfenia baldaccii (Montenegro, Nord-Albanien), Haberlea rhodopensis (Bulgarien, Nordost-Griechenland), Ramonda serbica, Jankaea heldreichii (Olymp), Amphoricarpos neumayeri (Orjen), Cicerbita pancicii, Lilium jankae, Dioscorea balcanica (Montenegro, Nord-Albanien). Reliktarten der illyrisch-balkanischen Provinz sind: Europäische Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia), (Juglans regia), Syringa vulgaris, Baum-Hasel (Corylus colurna), Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) etc.
Reliktische Pflanzengesellschaften finden sich zumeist in Schluchten, die der Flora als Refugium dienten. Eisernes Tor (Donau), Neretva, Drina, Tara, Cijevna, Morača, Vikos Aoos, Radika etc. sind die bekanntesten.
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