- Landesbehörde für Verfassungsschutz
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In Deutschland bestehen in acht Bundesländern eine Landesbehörde für Verfassungsschutz mit der Aufgabe, mit nachrichtendienstlichen Mitteln zum Verfassungsschutz beizutragen. In den anderen Bundesländern sind die Teil des Verfassungsschutzes in deren Innenministerien integriert.
Inhaltsverzeichnis
Historische Entwicklung und Trennungsgebot
Im Jahre 1950 wurde mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz in der Bundesrepublik erstmalig ein Inlandsnachrichtendienst erschaffen, der seitdem von der Polizei organisatorisch, kompetenziell und funktionell getrennt ist. In der Folgezeit haben die Länder vom Bund unabhängige Landesämter für den Verfassungsschutz eingerichtet.
Die Trennung von Polizei und Verfassungsschutz ergibt sich ausdrücklich aus den Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder sowie in Brandenburg und Sachsen zusätzlich aus den dortigen Landesverfassungen; ob sich aus dem Bundesstaatsprinzip des Art. 20 Grundgesetz ein Trennungsgebot schlussfolgern lässt, ist umstritten.
Das Trennungsgebot besagt, dass für Nachrichtendienste und Polizei jeweils eigene organisatorisch voneinander getrennte Behörden geschaffen werden sollen (organisatorische Komponente), beide Einrichtungen eine unterschiedliche Aufgabenstellung haben (funktionelle Komponente) und darüber hinaus mit unterschiedlichen Befugnissen agieren (kompetenzielle Komponente). Das Trennungsgebot bedeutet nicht, dass eine Informationsweitergabe zwischen Polizei und Verfassungsschutz verboten wäre. Vielmehr ist dort, wo die jeweilige Aufgabenerfüllung das erforderlich macht, eine Zusammenarbeit der Behörden gefordert. Das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum in Berlin und die neu geschaffene Antiterrordatei sind beispielhaft für eine solche Zusammenarbeit.
Organisatorischer Aufbau
In der Bundesrepublik existieren 16 Landesbehörden und zwei Bundesbehörden für den Verfassungsschutz. Neben dem Bundesamt für den Verfassungsschutz nimmt der Militärische Abschirmdienst für den Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums die Aufgaben des Verfassungsschutzes wahr.
Die Landes- und Bundesbehörden sind voneinander getrennt und es bestehen grundsätzlich keine Weisungsbefugnisse zwischen ihnen.
Die Organisation der Landesbehörden ist unterschiedlich geregelt. Während einige Länder ähnlich dem Bund ihre Verfassungsschutzbehörden als Landesämter organisieren, die dem jeweils zuständigen Innenressort unterstellt sind (z. B. Bayern, Sachsen), ist der Verfassungsschutz in anderen Ländern als Abteilung organisatorischer Bestandteil des jeweiligen Innenressorts (z. B. Brandenburg, Berlin).
Aufgaben
Die Aufgabe des Verfassungsschutzes wird z. B. vom Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG)[1] so beschrieben: Er "dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder" (§ 1 Abs. 1 BbgVerfSchG). Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählen dabei: Die Grundrechte, das Recht des Volkes, die Volksvertretung frei zu wählen, die Bindung an Recht und Gesetz, das Recht auf Bildung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung, die Unabhängigkeit der Gerichte und der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft (§ 4 Abs. 3 BbgVerfSchG).
In einigen Bundesländern (z.B. Bayern) beobachten die Landesämter auch Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität.
Die in Deutschland besonders gebotene Trennung zwischen Nachrichtendiensten und Polizei erlaubt dem Verfassungsschutz nur eine beobachtende Aufgabe. Der Verfassungsschutz beobachtet auch Menschen, die keine Straftaten begehen.
Die Landesbehörde für Verfassungsschutz hat eine Informationspflicht, sie veröffentlicht beispielsweise jährlich den Verfassungsschutzbericht. Die Arbeit von Landesbehörden für Verfassungsschutz greift in die Grundrechte von Bürgern ein. Die Regierung rechtfertigt diesen Eingriff mit dem Konzept der wehrhaften Demokratie.
Befugnisse / Informationserhebung
Neben der Erhebung sachbezogener offener Daten im Rahmen der Aufgabenerfüllung stehen den Landesbehörden je nach den für sie geltenden gesetzlichen Grundlagen verschiedene sog. nachrichtendienstliche Mittel zur Erhebung personenbezogener Daten zu. Bei einem nachrichtendienstlichen Mittel handelt es sich grundsätzlich um Mittel und Methoden der verdeckten Informationsbeschaffung. Dazu zählen klassischer Weise:
- Einsatz von sog. V-Männern: Der Verfassungsschutz bedient sich zur Informationserhebung sog. menschlicher Quellen, die aus der beobachteten extremistischen Szene kommen und die dort gewonnenen Informationen an die Nachrichtendienste weitergeben. Sie stehen in keinem Beschäftigungsverhältnis zur Verfassungsschutzbehörde.
- Observationen
- Verdeckte Ermittlungen und Befragungen
- Verwendung von Legenden und Tarnpapieren
- Überwachung des Fernmelde- und Postverkehrs nach dem Gesetz zu Artikel 10 GG.
Diese Aufzählung ist nicht abschließend und variiert in den einzelnen Ländern und dem Bund je nach deren gesetzlichen Grundlagen.
Einzelne Länder
In der Hälfte der Bundesländer sind eigene Landesämter für Verfassungsschutz eingerichtet:
- Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg
- Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz
- Landesamt für Verfassungsschutz Bremen
- Landesamt für Verfassungsschutz der Freien und Hansestadt Hamburg
- Landesamt für Verfassungsschutz Hessen
- Landesamt für Verfassungsschutz Saarland
- Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen
- Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz
In folgenden Ländern ist der Verfassungsschutz eine Abteilung des Innenministeriums[1]:
- Berlin
- Brandenburg
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
Quellen und Literatur
- Wolfgang Buschfort, Geheime Hüter der Verfassung, Schöningh-Verlag Paderborn 2004, ISBN 3-506-71728-6
- Hans-Gert Lange, 50 Jahre Bundesamt für Verfassungsschutz in der Öffentlichkeit, in: BfV(Hg.), 50 Jahre im Dienst der inneren Sicherheit, Köln 2000.
- Kay Nehm, Das nachrichtendienstliche Trennungsgebot und die neue Sicherheitsarchitektur, in: NJW Jg.46 (2004); S. 3289–3295.
- Winfriede Schreiber, Beobachtung und Aufklärung: Die Arbeit der Brandenburgischen Landesbehörde für Verfassungsschutz, in: Julius Schoeps u. a. (Hg.), Rechtsextremismus in Brandenburg. Handbuch für Analyse, Prävention und Intervention, Berlin 2007
Belege
Weblinks
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