Landkreis Graudenz

Landkreis Graudenz

Der Landkreis Graudenz (bis 1900 Kreis Graudenz) war ein von 1818 bis 1920 bestehender preußischer Landkreis im Regierungsbezirk Marienwerder. Mit diesem gehörte er zur Provinz Westpreußen, zwischenzeitlich von 1829 bis 1878 zur Provinz Preußen. Von 1939 bis 1945 war er unter dem Namen Landkreis Graudenz als Teil des im besetzten Polen errichteten Reichsgaus Danzig-Westpreußen nochmals eingerichtet.

1910 umfasste der Landkreis Graudenz die beiden Städte Lessen und Rehden sowie 152 weitere Gemeinden und Gutsbezirke.[1]

Inhaltsverzeichnis

Verwaltungsgeschichte

Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstand am 1. April 1818 der Kreis Graudenz im Regierungsbezirk Marienwerder in der Provinz Westpreußen. Dieser umfasste meist ländliche Gebiete um die Städte Graudenz, Lessen und Rehden. Das Landratsamt war in Graudenz.

Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen (nicht: Ostpreußen) und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen. 1878 wurde die Provinz geteilt, der Kreis ging wieder an Westpreußen.

Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis mit Preußen zum Norddeutschen Bund und ab 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.

Am 1. Oktober 1887 trat der Kreis einen Teil seines Gebietes an den neuen Kreis Briesen ab. Seit dem 1. Januar 1900 bildete die Stadtgemeinde Graudenz einen selbstständigen Stadtkreis. Der Kreis wurde in Landkreis Graudenz umbenannt.

Nach dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 gehörte der Kreis nunmehr als Grudziądz dem polnischen Staat an. Nach der deutschen Besetzung Polens während des Polenfeldzuges wurde zum 26. Oktober 1939 der polnische Landkreis Grudziądz unter seinem deutschen Namen Graudenz Teil des neugebildeten Reichsgaus Westpreußen – später Danzig-Westpreußen – im Regierungsbezirk Marienwerder.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und wurde danach wieder ein Teil Polens.

Kommunalverfassung

Der Landkreis Graudenz gliederte sich zunächst Stadtgemeinden, Landgemeinden und selbstständige Gutsbezirke. Nach dem Überfall auf Polen wurden die Städte Lessen und Rehden der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, welche die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst; Gutsbezirke gab es nicht mehr.

Bevölkerung

Im folgenden eine Übersicht[2] mit offiziellen Angaben zu Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kreis 1887 und 1900 verkleinert wurde und die Zahlenreihen über diese Zeitpunkte hinweg nicht vergleichbar sind. Für das Jahr 1900 sind hier Stadt- und Landkreis Graudenz allerdings noch zusammengefasst.


Jahr 1821 1831 1841 1852 1861 1871 1880 / 1890 1900 / 1910
Einwohner 31.471 32.895  ? 49.168 51.382 59.737  ? / 63.250 76.799 / 48.818
Evangelische
Katholiken
Juden
17.203
13.871
364
18.865
13.525
463
  28.258
19.697
948
29.416
20.686
1.136
33.588
24.721
1.269
  /
/
/
36.903
24.742
1.213
43.776
31.395
1.117
/
/
/
25.234
22.659
152
deutschsprachig
zweisprachig
polnischsprachig
  20.064
-
12.831
  33.410
-
15.758
34.915
-
16.467
    /
/
/
44.683
1.013
17.532
53.954
1.372
21.452
/
/
/
28.755
889
19.157

Ortsnamen (1939–1945)

Durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 galten vorläufig hinsichtlich der bisher polnischen Ortsnamen die bis 1918 gültigen deutschen Ortsnamen. Diese globale Rückbenennung war möglich, da noch das gesamte deutsche Kartenwerk für die 1920 an Polen abgetretenen Gebiete (auch) die früheren deutschen Ortsnamen weitergeführt hatte. Durch die Anordnung betreffend Änderung von Ortsnamen des Reichstatthalters in Danzig-Westpreußen vom 25. Juni 1942 wurden mit Zustimmung des Reichsministers des Innern alle Ortsnamen eingedeutscht, entweder in der Form von 1918 oder als lautliche Angleichung oder Übersetzung, zum Beispiel:

  • Grutta: Frankenhain,
  • Jankowitz: Hansdorf, Kr. Graudenz
  • Karschewo: Schassau,
  • Königlich Dombrowken: Königsdamerau,
  • Melno: Melden
  • Sawda Wolla: Freisauden,
  • Slupp: Starkenberg, Kr. Graudenz,
  • Wielkalonke: Altlanke.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gemeindeverzeichnis 1910 mit Einwohnerzahlen
  2. Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.106

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