- Lehnrichter
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Erbgericht (auch Lehngericht) hieß im Mittelalter und in der frühen Neuzeit der Sitz des Erbrichters, also jenes Mitgliedes der dörflichen Gemeinde, der dem Dorfgericht vorstand und dieses Amt an seine Nachkommen weitergeben konnten, ohne dass der Inhaber der Niedergerichtsbarkeit, dies war häufig der Grundherr, Einfluss auf die Besetzung der Stelle nehmen konnte. Der Erbrichter erhielt einen Teil der Gerichtsgebühren und der fälligen Bußgelder, zumeist ein Drittel. Der Rest ging an den Inhaber der Gerichtsbarkeit.
In den Ländern östlich der Elbe-Saale-Linie wurde das Erbrichteramt bei der Anlage von Dörfern nach deutschem Recht (Sachsenspiegel) geschaffen und in der Regel mit einem besonders großen Bauerngut verbunden. Nicht selten kam die Erbrichterstelle in den Besitz des Lokators und seiner Nachkommen. Er wurde damit für die Verdienste um die Gründung des Dorfes entlohnt. Häufig war mit dem Erbrichteramt auch das Schankrecht verbunden. Deshalb heißen noch heute in nicht wenigen Dörfern Gaststätten Erbgericht.
Ganz ähnlich war dem Erbrichter von der Funktion her der Lehnrichter, nur hatte dieser sein Amt und sein Gut eben als Lehen. Deshalb war er zusätzlich auch zur Heeresfolge verpflichtet, wenn seine Herrschaft ihn dazu aufforderte. In der Oberlausitz war die Belehnung mit dem Richteramt bis zum Dreißigjährigen Krieg keine Seltenheit, sie kamen vor allem im sorbischen Siedlungsgebiet vor, wenngleich auch dort in der Mehrzahl Erbgerichte bestanden.
Die Entstehung der Oberlausitzer Richterlehen ist ungeklärt. Manche Historiker sind der Auffassung, dass sie aus dem sorbischen Adel oder den Zupanen hervorgegangen sind. Mit der Ostbesiedelung ging eine Christianisierung einher und bekehrte sorbische Adlige unterstützten die neuen Herren. Vielen Sorben erschien die von den deutschen Kolonisten eingeführte Erbgerichtsbarkeit mit einer weitgehenden lokalen Selbstverwaltung als vorteilhaft. 1218 lehnten sich sorbische Bauern gegen ihren Feudalherren Mocco von Stolpen auf und unterstützten Bischof Bruno von Meißen bei der Landnahme[1].
Eine besondere Rolle hatten die Erblehnrichter im Amt Stolpen inne, z. B. in Großdrebnitz. Sie unterstanden keiner Feudalherrschaft, das Richteramt war erblich und die Güter wurden frühzeitig allodifiziert, d. h., in persönliches Eigentum oder Freigüter umgewandelt. Die Erbrichter waren zumeist von Frondiensten befreit. Beispiele für das Bestehen von Erbgerichten gibt es in Sachsen:
- in Cunnersdorf bei Hohnstein,
- in Arnsfeld,
- in Borlas bei Rabenau,
- in Dittersbach bei Dürrröhrsdorf-Dittersbach,
- in Fürstenau (Geising),
- in Cunnersdorf bei Gohrisch,
- in Gohrisch,
- in Hellendorf bei Pirna,
- in Jugel bei Johanngeorgenstadt,
- in Lengefeld (Erzgebirge),
- in Nassau/Erzgeb.
- in Niederottendorf bei Neustadt in Sachsen,
- in Oberscheibe (Ortsteil von Scheibenberg),
- in Ostro bei Panschwitz-Kuckau,
- in Polenz bei Neustadt in Sachsen,
- in Porschdorf bei Bad Schandau,
- in Radibor bei Bautzen,
- in Rathen,
- in Röhrsdorf bei Klipphausen
- in Schirgiswalde,
- in Sehma,
- in Seyde bei Hermsdorf/Erzgeb.,
- in Wehrsdorf
- in Zinnwald (später Grenzsteinhof)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Roland Paeßler, Die Erbrichter in der Umgebung von Bischofswerda, In: Mathias Hüsni (Hrsg.), Schiebocker Landstreicher, H. 3, Burkau 2008, S. 8-16, ISSN 18667872
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