Leopold Museum

Leopold Museum
Leopold Museum

Das Leopold Museum ist ein 2001 eröffnetes Kunstmuseum in Wien, das für seine außergewöhnliche Schiele- und Klimt-Sammlung bekannt ist.

Die Bestände des Leopold Museums wurden vom Kunstsammler Rudolf Leopold und seiner Ehefrau Elisabeth Leopold gesammelt und sind seit 1994 Eigentum einer staatsnahen Stiftung. Das Museum ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des ebenfalls 2001 eröffneten MuseumsQuartiers (MQ) im 7. Bezirk, Neubau (Adresse: Museumsplatz 1), und verzeichnete 2009 rund 316.000 Besuche.

Inhaltsverzeichnis

Das Gebäude

Das Museum dominiert als schräg gestellter weißer Kubus gemeinsam mit dem schwarzen Kubus des MUMOK (des Museums moderner Kunst Stiftung Ludwig) den Haupthof des MQ, dessen Bau zu 75 % vom Bund und zu 25 % von der Stadt Wien finanziert wurde. Die beiden Neubauten bilden einen Kontrast zu den Hof begrenzenden historischen Gebäuden der einstigen k.k. Hofstallungen. Der nach Entwürfen des Architektenbüros Ortner & Ortner (Laurids und Manfred Ortner) gestaltete quaderförmige Bau des Leopold Museums misst 40 x 46 x 24 m und ist außen mit weißem Muschelkalk verkleidet. Der Eingang wird über eine zehn Meter breite Freitreppe erreicht (außerdem besteht ein barrierefreier Zugang). Die Böden der Ausstellungssäle sind mit Eichenparkett ausgelegt, für alle sichtbaren Metallteile wurde patiniertes Messing verwendet. Vom obersten Stockwerk des Museums hat man durch ein Panoramafenster Ausblick auf die Altstadt.

Die Sammlung

Egon Schiele: Selbstporträt mit Lampionfrüchten

Rudolf Leopold, von Beruf Augenarzt, hatte in den 1950er Jahren Kunst zu sammeln begonnen. Er interessierte sich für Werke von Künstlern, die damals nur Wenigen bedeutend erschienen, aber inzwischen auf dem Kunstmarkt längst Spitzenpreise erzielen. Das Leopold Museum beherbergt die weltgrößte Sammlung von Werken Egon Schieles und bietet damit einen einzigartigen Überblick über das Schaffen dieses bedeutenden Zeichners und Malers des österreichischen Expressionismus.

Werke von Gustav Klimt, einer der herausragendsten Künstlerpersönlichkeiten der Wiener Secession, präsentieren einen weiteren Vorreiter der modernen Malerei in Österreich. Andere bedeutende in der Sammlung vertretenen Künstler sind: Oskar Kokoschka, Carl Schuch, Albin Egger-Lienz, Leopold Hauer, Anton Kolig, Alfred Kubin, Kolo Moser, Herbert Boeckl, Anton Faistauer, Ferdinand Georg Waldmüller, Anton Romako, Josef Hoffmann, Robert Hammerstiel, Richard Gerstl und Albert Paris Gütersloh.

Gemälde, Grafiken und Objekte weiterer Künstler des 19. und des 20. Jahrhunderts, darunter kostbares Kunsthandwerk und originales Mobiliar des Jugendstils und der Wiener Werkstätte, komplettieren die Schausammlung des Museums.

Die Stiftung

Gustav Klimt: Tod und Leben

Anfang der 1990er Jahre verhandelte Leopold mit dem für Kunst zuständigen Unterrichtsministerium über die Zukunft seiner Sammlung. Sie war von öffentlichem Interesse, da der Staat selbst, wie 2010 festgehalten wurde, das Versagen der Kulturpolitik und der Kunsthistoriker bzw. deren Ignoranz gegenüber der jüngeren Vergangenheit[1] zu kompensieren hatte. Man einigte sich 1994 darauf, dass Leopold 2,2 Milliarden Schilling (160 Millionen €) erhalte, wenn er seine Kunstsammlung in eine von ihm gemeinsam mit dem Staat zu errichtende Stiftung einbringe. Weiters werde Rudolf Leopold auf Lebenszeit zum künstlerischen Leiter der Sammlung bzw. des auf Staatskosten zu bauenden Museums bestellt und erhalte im Stiftungsvorstand wie der Staat vier Vertreter. Die 1994 erfolgte Stiftungsgründung wurde von der Österreichischen Nationalbank unterstützt. Leopold brachte 5266 inventarisierte Kunstwerke, damals auf einen Gesamtwert von 7,9 Milliarden Schilling geschätzt[2], in die Stiftung ein (und sammelte als Privatmann mit dem vom Staat erhaltenen Betrag weiterhin Kunst).

Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Bundesabgabenordnung, es besteht keine Gewinnerzielungsabsicht. Zweck der Stiftung ist nach § 2 der Stiftungsurkunde:

Die Stiftung hat den Zweck, die vom Stifter gegründete Sammlung auf Dauer zu erhalten, der Öffentlichkeit durch den Betrieb eines Museums zugänglich zu machen, zu dokumentieren und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Dadurch soll insbesondere die in Wien zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandene „Moderne“ in ihrer Bedeutung für die kulturelle Entwicklung Österreichs dargestellt werden.

Rudolf Leopold ist am 29. Juni 2010 verstorben. Seither wird der Stiftungsvorstand aus vier vom Unterrichtsministerium bestellten weisungsfreien Vertretern und aus drei Vertretern der Familie Leopold gebildet, darunter seine Witwe und sein Sohn. Die Nachfolge Leopolds als künstlerischer Leiter hat im September 2011 der Kunsthistoriker Tobias G. Natter angetreten.[3]

Restitutionsfragen

Das Leopold Museum ist kein Bundesmuseum der Republik Österreich, da es auf einer Privatstiftung beruht. Das 1998 erlassene Kunstrückgabegesetz ist daher auf dieses Museum nicht anwendbar. (Das Gesetz verpflichtet die staatlichen Institutionen zu Provenienzforschung und zur Rückgabe von Objekten, die per Notverkauf, Raub, Beschlagnahme durch NS-Dienststellen oder andere unfaire Vorgänge erworben wurden.)

1998 wurde nach einer Ausstellung der Stiftung im Museum of Modern Art in New York das Bildnis Wally von Egon Schiele als angebliches „Diebsgut“ beschlagnahmt. Im Juli 2010 einigte sich das Leopold Museum mit den Erben nach Lea Bondy-Jaray und der US-Regierung darauf, dass das Eigentumsrecht an diesem Bild gegen eine Zahlung von 19 Millionen $ (14,8 Mio. €) definitiv an das Leopold Museum übergeht[4]. Die Übergabe des Bildes an Vertreter der Privatstiftung fand am 27. Juli 2010 in New York statt. Das Gemälde ist nun wieder im Leopold Museum zu sehen. Die Leopold Museum-Privatstiftung ließ das Gemälde Häuser mit bunter Wäsche (Vorstadt II) am 22. Juni 2011 bei Sotheby's London versteigern, um den für den Vergleich in der sog. Causa Wally (Rechtsstreit um Egon Schieles "Bildnis Wally Neuzil") aufgenommenen Kredit begleichen zu können. Das Werk erbrachte 22 Millionen Pfund Sterling, einen Rekordpreis für Schiele.

Zur Erforschung anderer strittiger Ankäufe aus der Zeit der privaten Sammeltätigkeit Leopolds hat der Vorstand der Stiftung nach langem Zögern unabhängiger Provenienzforschung zugestimmt. Die von Leopold zu verantwortende zögerliche Haltung der Stiftung, sich der Aufarbeitung dieser Vorgänge freiwillig zu widmen, wurde 2008 von der Israelitischen Kultusgemeinde öffentlichkeitswirksam massiv kritisiert[5]. Die Leopold-Museum-Privatstiftung stellte dem gegenüber fest, dass sie gemeinsam mit der Republik Österreich am Weg einer zusätzlichen, unabhängigen Provenienzforschung festhalte[6]. Der Bericht der bestellten Provenienzforscher erging nach einigen Verzögerungen im Juni 2010 an Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Er nennt vorerst vier Gemälde, die zu restituieren empfohlen wird, und soll nun im Stiftungsvorstand zu entsprechenden Beschlüssen führen. Bei einigen weiteren Werken sind ergänzende Recherchen erforderlich.

Einzelnachweise

  1. Matthias Dusini: Er kam, sah und kaufte, in: Wochenzeitung Falter, Wien, Nr. 27, 7. Juli 2010, S. 29
  2. Matthias Dusini, a.a.O.
  3. Tobias Natter ist „angekommen“. Leopold Museum präsentiert neuen Leiter.
  4. ORF-Website, 21. Juli 2010
  5. Tatort Leopold Museum: Israelitische Kultusgemeinde macht am 70. Jahrestag der Reichspogromnacht auf österreichisches Raubkunst-Dilemma aufmerksam APA-Presseaussendung vom 9. November 2008
    Thomas Trenkler: „Unglaubliche Niedertracht“. NS-Raubkunst: Rudolf Leopold meldet sich mit befremdlichen Ansagen zu Wort, in: Der Standard, Wien, 3. Februar 2009, S. 25
  6. Presseaussendung Leopold Museum-Privatstiftung vom 26. November 2008

Literatur

  • Leopold Museum Privatstiftung (Hrsg.): 5 Jahre Leopold Museum. 12 Jahre Leopold Museum-Privatstiftung. Eine Zeitskizze. Edition Jesina & raum.kunst.wien, Wien 2006, ISBN 3-902216-29-8.

Weblinks

 Commons: Leopold Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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