Leopold Wölfling

Leopold Wölfling
Leopoldo Fernando de Austria-Toscana.jpg

Leopold Wölfling, bis 1902 Erzherzog Leopold Ferdinand Salvator von Österreich (* 2. Dezember 1868 in Salzburg; † 4. Juli 1935 in Berlin), war der älteste Sohn des Großherzogs Ferdinand IV. von Toskana und Ururenkel von Kaiser Leopold II. aus dem Haus Habsburg-Lothringen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Erziehung

Als sich die Einigung Italiens abzeichnete, verließ Leopold Wölflings Vater wie alle anderen Verwandten die Toskana und ließ sich in Salzburg nieder, wo er eine angemessene Bleibe gefunden hatte und aufgrund der reichlichen Unterstützung durch Kaiser Franz Joseph I. ein Leben wie ein regierender Fürst führen konnte. So konnte er seinem Sohn Leopold Ferdinand Salvator eine ausgezeichnete Erziehung zukommen lassen, bei der großer Wert auf das Erlernen von Sprachen gelegt wurde. Für diese interessierte sich der Sohn genauso wie für Mathematik.

Beruflicher Werdegang

Er begann seine Karriere wie viele andere Mitglieder seiner Familie als Seekadett bei der k.u.k. Kriegsmarine, wo er 1890 zum Linienschiffsfähnrich befördert wurde. Seine gewünschte Verbindung mit Elvira, der Tochter des spanischen Thronprätendenten Don Carlos VII., wurde vom Kaiser aus politischen Gründen untersagt; Franz Joseph wollte Österreich-Ungarn auch nicht indirekt in die wirre spanische Innenpolitik involviert wissen.

Franz Ferdinand, damals Zweiter in der Thronfolge, unternahm 1892–1893 mit einem Wissenschaftlerteam eine Weltreise mit dem Schiff „SMS Kaiserin Elisabeth“. Leopold durfte den fünf Jahre älteren und militärisch sowie in der Rangordnung bei Hof wesentlich höher stehenden Erzherzog, der 1896 Thronfolger wurde, begleiten, kam aber mit dem Vorrang seines Verwandten nicht zurecht. Es kam zu unerfreulichen Auftritten zwischen den beiden, bei denen Leopold den Höchstrangigen an Bord als Möchtegern-Kaiser tituliert haben soll. Franz Ferdinand beschwerte sich beim Kaiser, der Leopold in Sydney den Befehl zukommen ließ, die Heimreise anzutreten. Den in Österreich Angelangten teilte der Kaiser zur Dienstleistung als Hauptmann dem k.u.k. Infanterieregiment Nr. 8 in Brünn zu.

Dorthin nahm Leopold jedoch Wilhelmine Adamovic(z) mit, die er im Wiener Augarten, nach einem anderen Bericht im mährischen Olmütz[1] kennengelernt und in die er sich verliebt hatte (obwohl er in der Zwischenzeit mit einer anderen Frau ein uneheliches Kind gezeugt hatte). Er wollte die als Prostituierte arbeitende Tochter eines Postbeamten heiraten.

Daraufhin wurde er in den entferntesten Teil der Doppelmonarchie, nach Przemyśl in Galizien, versetzt. Allerdings nahm er Wilhelmine als Haushälterin mit. Jedoch legte er Wert darauf, dass die junge Dame Manieren annahm und sich auch in Wort und Schrift weiterbildete. Als dies dem Kaiser zu Ohren kam, ließ er den Erzherzog kurzerhand in eine Anstalt für Nervenkranke in Koblenz bringen. Der Erzherzog lenkte zu spät ein und bat um einen neuen Militärposten, auf Gnade des Kaisers hoffend. Dieser lehnte kategorisch ab.[2]

Bruch mit dem Kaiserhaus

Leopold reiste 1902 mit Wilhelmine in die Schweiz, wahrscheinlich unterstützt von seiner Schwester Luise. Am 14. Dezember 1902 schrieb er von Zürich aus an den Kaiser: Ich bitte Eure Majestät, meine Stellung und Rang als Erzherzog ablegen und den Namen Wölfling annehmen zu dürfen. Der Kaiser entsprach seiner Bitte und regelte seine finanzielle Versorgung aus dem Familienversorgungsfonds des Hauses Habsburg-Lothringen – unter der familieninternen Bedingung, dass Leopold auf Dauer im Ausland lebe. (Die Schilderung, Leopold sei ausgebürgert und des Landes verwiesen worden, entbehrt der rechtlichen Grundlage. Vom Grundsatz, dass Österreicher weder ausgebürgert noch aus Österreich ausgewiesen werden dürfen, machte nur das Habsburgergesetz 1919 eine Ausnahme, und auch diese nur für Habsburger, die weiterhin Herrschaftsansprüche auf das Gebiet der Republik Österreich erhoben.)

Von der Schweiz erhielten er und Wilhelmine, mit der er ab 1903 verheiratet war, Wohnsitzerlaubnis und Bürgerrecht. Nach vier Jahren wurde das Paar allerdings bereits geschieden, und kurz darauf, am 26. Oktober 1907, heiratete Leopold Wölfling Maria Ritter, eine junge Frau aus dem Münchner Rotlichtmilieu. Die beiden zogen nach Paris, wo Maria an einem Nervenfieber erkrankte, sodass auch diese Beziehung scheiterte. Wölfling lebte ohne irgendwelche Aufgaben vor sich hin.

Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich zum Dienst in der k.u.k. Armee, wurde aber auf Entscheidung des Kaisers abgelehnt.

Jahre ohne Geld

Nach dem Ersten Weltkrieg geriet er immer mehr in Schulden, da nach dem Zusammenbruch der Monarchie die Apanagen aus dem Familienfonds nicht mehr flossen (der Fonds war von der Republik Österreich im Habsburgergesetz 1919 konfisziert worden) und die Krone als Währung bald enormer Inflation unterlag. Da er von der Familie nicht mehr unterstützt wurde, sah sich Wölfling an die private Abmachung, im Ausland zu leben, nicht mehr gebunden.

Mit Vertrag vom 2. Jänner 1922 adoptierte Wölfling Aloisia, geb. Starik, später verwitwete Faitlik und verehelichte Böhm bzw. Ebner, an Kindesstatt. Aloisia wurde von ihm, wie ein von der Österreichischen Nationalbibliothek 2011 publiziertes Faksimile aus dem Jahr 1929 (Meiner lieben Tochter Luise von ihrem alten getreuen Vater) zeigt, Luise genannt.[3]

Wölfling fand keine für ihn geeignete Erwerbsarbeit. Ab Oktober 1926 führte er gemeinsam mit Luise, die damals den Familiennamen Böhm führte, in einem Wiener Gemeindebau in Kaisermühlen (damals 2., heute 22. Bezirk) eine Greißlerei.[4] Der ehemalige Erzherzog schnitt nun für die Kundschaft, zumeist Donaumatrosen und Kutscher[4], Wurst auf. Nach Aufgabe des Geschäftes blieb nur ein Berg von Schulden.

Die Republik lehnte ab, ihm eine „Gnadenpension“ zu gewähren.

1928 tat Wölfling kund, dass er sich als Fremdenführer – insbesonders <sic!> in der Hofburg und im kaiserlichen Schloß in Schönbrunn – seinen Lebensunterhalt verdienen wolle.[5]

Er zog dann nach Berlin, wo er als begeisterter Anhänger der Nationalsozialisten mehr schlecht als recht mit seiner nun dritten, weit jüngeren Ehefrau Klara Hedwig Pawlowski sein Leben durch Gelegenheitsarbeiten fristete. In relativ armen Verhältnissen starb er am 4. Juli 1935 in Berlin, wo er noch am Totenbett in den neuen Machthabern die Garanten für eine bessere Zukunft sah.[6]

Er wurde auf dem Friedhof III der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde, Mehringdamm 21, in Berlin-Kreuzberg beerdigt. Sein und seiner Frau Grabdenkmal ist ein schmiedeeisernes, teilweise vergoldetes Kreuz mit Christuscorpus unter einer Verdachung.

Eigene Werke

  • Habsburger unter sich. Freimütige Aufzeichnungen eines ehemaligen Erzherzogs, Verlag Goldschmidt-Gabrielli, Berlin-Wilmersdorf 1921[7]
  • My life story. From archduke to grocer, Hutchinson & Co, London 1930[8]
  • Als ich Erzherzog war, Verlag Selle-Eysler, Berlin 1935[9]
  • Souvenirs de la Cour de Vienne, Payot, Paris 1937[10]

Nachlass

Die Österreichische Nationalbibliothek gab 2011 bekannt, sie habe einen bedeutenden Teilnachlass des Erzherzogs Leopold Ferdinand Salvator von Österreich erworben. Dieser stamme aus dem Besitz der von Leopold 1922 adoptierten Aloisia Wölfling, geb. Starik, und beleuchte vor allem die Jahre 1929–1933, in denen Leopold in Mauer bei Wien (heute 23. Bezirk Wiens, Adresse: [Maurer] Lange Gasse 6) gewohnt habe. Im Nachlass befinde sich unter anderen persönlichen Dokumenten das Ablehnungsschreiben zu seinem Antrag auf Versorgungsgenuss und ein Brief des christlichsozialen Spitzenpolitikers Ignaz Seipel, in der Zwischenkriegszeit zweimal Bundeskanzler der Republik Österreich.[11]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Allerlei. Österreich. Der frühere Erzherzog Leopold Ferdinand in Olmütz zu Besuch. In: Badener Zeitung, Baden bei Wien, 9. Mai 1928, S. 4
  2. Sigrid-Maria Größing, Bericht über den Erzherzog, Tageszeitung Kronenzeitung, Wien, 25. Mai 2008
  3. Österreichische Nationalbibliothek (Hrsg.): Newsletter, Wien, Nr. 1, März 2011, S. 7
  4. a b Allerlei. Österreich. Der ehemalige Erzherzog Leopold von Toskana als Greislereibesitzer. In: Tageszeitung Badener Zeitung, Baden bei Wien, 30. Oktober 1926, S. 5
  5. Allerlei. Ein ehemaliger Erzherzog als Fremdenführer in Wiener Schlössern. In: Tageszeitung Badener Zeitung, Baden bei Wien, 19. August 1928, S. 5, Mitte links
  6. Sigrid-Maria Größing, Bericht über den Erzherzog, Tageszeitung Kronenzeitung, Wien, 25. Mai 2008
  7. Österreichische Nationalbibliothek, elektronischer Katalog ab 1992
  8. ÖNB-Katalog, a. a. O.
  9. ÖNB-Katalog, a. a. O.
  10. ÖNB-Katalog, a. a. O.
  11. ÖNB-Newsletter, a. a. O.

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