Lettische Legion

Lettische Legion
Appell der lettischen Freiwilligen-SS-Legion, November 1943

Während des zweiten Weltkrieges wurden nach der deutschen Besetzung Lettlands 1941 lettische Freiwillige aufgerufen, sich dem deutschen Kampf gegen die Sowjetunion anzuschließen. Später unterlagen alle lettischen Männer der Wehrpflicht und dienten in deutschen oder lettischen Verbänden. Insgesamt standen ca. 160.000 Letten während des Krieges in deutschen Diensten. Der größte Teil von ihnen gehörte entweder freiwillig oder gezwungen zur Waffen-SS.

Lettischer SS-Freiwilliger. Schaubild im Militärmuseum Riga.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Hintergründe

Das Gebiet der Lettischen SSR wurde im Sommer 1941 von der Wehrmacht erobert. Es wurden in vielen Städten Polizei-, Selbstschutz- und Ordnungsdienst-Bataillone aufgestellt. Diese Verbände waren zuerst als Hilfstruppen und für Polizeiaufgaben im Hinterland gedacht. Manche der Bataillone wurden zur Partisanenbekämpfung eingesetzt. Außerdem wurden schon 1941 Massenexekutionen an Juden und Kommunisten durchgeführt. Der SD bediente sich dabei unter anderem mancher dieser Polizei-Bataillone.

Aufgrund des ungünstigen Kriegsverlaufs wurde beschlossen, die militärische Kapazität Lettlands zu nutzen. Nach der deutschen Niederlage in der Schlacht von Stalingrad 1943 genehmigte Hitler die Aufstellung einer lettischen Legion. Für sie wurde auf vier Bataillone lettischer Selbstschutztruppen zurückgegriffen, die bereits zuvor schon im Rahmen der 2. SS-Brigade eingesetzt worden waren. Um auf Divisionsstärke zu kommen wurden Freiwillige über die Zwangsverpflichtung zum Arbeitsdienst mobilisiert. Die lettische Legion erhielt etwa 17.900 Mann. Himmlers Forderung nach weiteren 20.000 Mann übernahm die lettische Selbstverwaltung in der Hoffnung auf Erfüllung ihrer politischen Forderungen nach einem freien Lettland. Sie rief einige Jahrgänge zur Musterung auf, von denen 5.167 zum Wehrdienst einberufen wurden. Aus der mit Freiwilligen aufgefüllten lettischen Legion wurde die 15. Waffen-Grenadier-Division der SS „Lettland” (lettische Nr. 1) gebildet. Die 19. Waffen-Grenadier-Division der SS (lettische Nr. 2) wurde Anfang 1944 aus drei lettischen Polizeibataillonen und neu gemusterten Rekruten gebildet.[1]

Zur Kennzeichnung trugen die lettischen SS-Männer ein Hakenkreuz am rechten Kragenspiegel, sowie die lettische Fahne am linken Ärmel.

12 lettische Freiwillige erhielten das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes, 16 das Deutsche Kreuz in Gold und neun Letten wurden mit der Ehrenblattspange ausgezeichnet.

Mehr Hintergrundinformationen - u.a. auch zur Motivation der Freiwilligen - siehe unter Ausländische Freiwillige der Waffen-SS.

Kriegsverbrechen

In die "Lettische Legion", die Hitler Treue zu schwören hatte, wurden 1943-1944 lettische Strafkommandos der Sicherheitspolizei SD, die 1941-1943 durch zahlreiche Operationen der Vernichtung der Bevölkerung auf den Territorien Lettlands, Russlands und Weißrusslands berüchtigt waren, eingegliedert.

Die Einheiten wurden für Massenerschießungen im Wald von Biķernieki und zur Bewachung von Todeslagern und des Konzentrationslagers in Salaspils eingesetzt.

1942 verbrannten die lettischen Sonderkommandos das Dorf Fjodorowka im Tschudskoj Rayon des Nowgoroder Gebietes und die Siedlung Osno. In den Ortschaften Lubnizy, Osez, Krechno (60 km nord-westlich von Nowgorod), sowie im Lager für Kriegsgefangene in Krasnoje Selo unweit von Leningrad führten sie Massenbrandstiftungen und Erschießungen durch.

Für die „Heldentaten“ bei der Vernichtung der Zivilbevölkerung wurde dem bekanntesten Führer der lettischen Strafkommandos Victors Arājs 1942 der Rang eines SS-Sturmbannführers verliehen, 1943 wurde er mit dem Kreuz für Kampfverdienste mit Schwerten ausgezeichnet.

Nach dem Krieg

Mit der Kapitulation gerieten ca. 25.000 - 30.000 lettische Militärpersonen in die Kriegsgefangenschaft der Westmächte. Diese wurden 1946 zum Großteil entlassen. Die meisten von ihnen emigrierten später nach Übersee. In die Kriegsgefangenschaft der Sowjetunion gerieten etwa 50.000 lettische Soldaten. Diese wurden in sogenannten Filtrationslagern verhört und gerichtlich verurteilt. Als belastend galt besonders der Kampf gegen Partisanen, der Erwerb von Orden etc. In russischer Gefangenschaft kamen etwa 25 Prozent von Ihnen um. Den Überlebenden wurde nach Verlauf der Strafe oder Amnestie die Rückkehr nach Lettland erlaubt. Eine ehemalige SS Zugehörigkeit galt als Makel, die einem beruflichen Aufstieg im Weg stand.

Im Kriegsgefangenenlager Zedelheim waren 1945 etwa 12.000 lettische Militärpersonen interniert. Am 28. Dezember wurde von Ihnen die Organisation "Daugavas Vanagi"(Düna Falken) als Interessenvertretung der ehemaligen Legionäre gegründet. Die Organisation betrachtet den Kriegseinsatz als Kampf gegen den Bolschewismus. 1950 wurde von der Organisation der 16. März als Gedenktag der Gefallenen eingeführt.

Umgang mit der Geschichte

Seit der Erneuerung der Unabhängigkeit Lettlands werden die "Legionäre" von vielen als Freiheitskämpfer angesehen und geehrt.

Der 16. März, an dem 1944 beide lettischen Divisionen im selben Frontbereich kämpften, wird als Legionärstag begangen. Er war bis 2000 nationaler Feiertag, musste aber auf ausländischen Druck aufgehoben werden. Es nahmen nicht nur Vertreter der national-radikalen politischen Kräfte Lettlands, sondern auch andere lettische politische, gesellschaftliche und religiöse Persönlichkeiten, darunter auch der Minister für Kultur I. Ribene und der Exekutivsekretär des Verteidigungsministeriums für Integrationsfragen in der NATO R. Graube, an einer Veranstaltung von SS-Veteranen in Lestene teil. Den Rahmen des im heutigen Europa Üblichen sprengen auch militärische Ehrenbezeigungen, die von der Ehrenkompanie der nationalen Streitkräfte Lettlands denjenigen erwiesen wurden, die in der Waffen-SS gedient hatten. Auch gab es mehrmals Aufrufe der ehemaligen SS-Legionäre und der Vertreter des Verteidigungsministeriums Lettlands, die "militärische Erfahrung" der Legionäre bei der Erziehungsarbeit der Angehörigen der heutigen lettischen Armee auszunutzen. Auf dem Rigaer Brüderfriedhof erinnert eine Denkmalsanlage an die lettischen Freiwilligen. Viele ihrer Gefallenen sind hier beigesetzt.

In den letzten Jahren werden die Veteranen des Zweiten Weltkrieges, die auf den Seiten der Anti-Hitler-Koalition gekämpft haben, gerichtlich verfolgt. Ihnen wird als Schuld unterstellt, gegen lettische Waffen-SS-Divisionen gekämpft zu haben. Am 30. April 2004 verurteilte das Oberste Gericht Lettlands den 81-jährigen ehemaligen russischen Partisanen Wassili Kononow wegen Kriegsverbrechen zu einer Haftstrafe von 20 Monaten, weil er 1944 an der Hinrichtung von lettischen Kollaborateuren, die den deutschen Besatzungskräften als Polizisten bei der Verfolgung von Antifaschisten gedient hatten, beteiligt gewesen sein soll.

siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rolf-Dieter Müller: An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim 'Kreuzzug gegen den Bolschewismus' 1941-1945, München 2007, ISBN 3861534487, S. 167-172

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