Luserke

Luserke

Martin Luserke (* 3. Mai 1880 in Berlin; † 1. Juni 1968 in Meldorf) war ein deutscher Schriftsteller und Reformpädagoge.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Luserke war gebürtigerer Berliner. Das pietistisch geprägte Elternhaus schickte ihn mit 15 Jahren zur Lehrerausbildung auf das Herrnhuter Lehrerseminar in Niesky (Lausitz). Er wurde anschließend Elementarlehrer am gymnasialen Pädagogium in Niesky. Dem Pietismus entfremdet, studierte er 1904 Mathematik und Philosophie an der Universität Jena. Er unternahm 1905 eine meereskundliche Studienfahrt in die Bretagne, die zu einer mehrmonatigen Wanderung durch das Gebiet der keltischen Steinzeitkultur wurde. Das war das Urerlebnis seines Lebens, dessen Abenteuercharakter ihm bewusst wurde als sagenhafter Erzähler wie als Pädagoge. Vom akademischen Lehrbetrieb wie von der offiziellen Pädagogik enttäuscht, brach er 1906 das Studium ab.

Ostern 1906 schloss er sich dem Reformpädagogen Hermann Lietz an und unterrichtete an seinem Landerziehungsheim Haubinda. Als es auch hier zu Konflikten mit der Leitung kam, gründete er mit einer Gruppe von "Pädagogischen Rebellen", zu denen Gustav Wyneken, Paul Geheeb und August Halm gehörten, im Herbst 1906 die Freie Schulgemeinde Wickersdorf. Hier entstanden auch seine ersten "Laienspiele" und die frühen Erzählungen. Bei periodisch auftretenden Konflikten mit Wyneken übernahm Luserke von 1910 bis 1924 die Leitung von Wickersdorf. Unterbrochen wurde die Führung durch Luserkes Kriegsdienst und Gefangenschaft von 1914 bis 1917 und von 1919 bis 1921, als Wyneken wieder vorübergehend die staatliche Lizenz zur Leitung erhielt.

Da Wyneken Mitglied der Schulgemeinde blieb, selbst im benachbarten Pippelsdorf wohnte und ein eigenes Zimmer im Internat behielt, suchte Luserke dem ständigen Gegensatz auszuweichen durch seine Gründung der "Schule am Meer" auf Juist (1924). Es war geplant, Juist als Spielzentrum und Ausbildungsstätte für Spielleiter einzurichten (mit Unterstützung des preußischen Kultusministeriums und des Berliner Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht). Von 1929 bis 1931 wurde eine große Theaterhalle errichtet. Nach vergeblichen Hoffnungen auf Anerkennung oder Übernahme der Schule durch die NS-Kulturpolitik wurde sie 1934 aufgelöst.

Luserke führte weiterhin ein Leben als freier Schriftsteller (es entstanden u.a. der Roman "Hasko" und eine Wikinger-Trilogie). Auf der Tjalk "Krake", seiner schwimmenden Dichterwerkstatt, war Luserke in der Nord- und Ostsee - in Begleitung seines Sohnes Dieter (1918-2005) - unterwegs. Auf dem Schiff entstanden Seegeschichten in unmittelbarer Erfahrung. 1939 siedelte Luserke sich in Meldorf (Schleswig-Holstein) an. Es entstanden viele neue Texte für das Laientheater. In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Luserke an der Vollendung seiner Auffassung vom Spiel der Shakespeare-Komödien ("Pan-Apollon-Prospero", 1957) und an seiner Lebensphilosophie ("Agitur ergo sum?", 1974).

Martin Luserke starb 1968 im Alter von 88 Jahren in Meldorf und liegt auf dem Friedhof in Hage (Ostfriesland) begraben.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (Auswahl)

Novellen und Erzählungen

  • Die Legende von Kabirah und dem heiligen Bogen, 1918
  • Der erzwungene Bruder, 1930
  • Das schnellere Schiff, 1931
  • Der kleine Schühß, 1935
  • Sivard Einauge, 1936
  • Windvögel in der Nacht, 1936
  • Die Fahrt nach Letztesand, 1936
  • Krake kreuzt im Nordmeer, 1937
  • Reise zur Sage, 1940
  • Der Turm "Dat Nige Wark", 1942
  • Geschichten von See und Strand, 1942

Romane

  • Tanil und Tak, 1925
  • Sar Ubo und Siri, 1925
  • Hasko der Wassergeuse, 1936
  • Obadjah und die ZK 14 oder die fröhlichen Abenteuer eines Hexenmeisters, 1937
  • Wikinger (Trilogie)
  1. Der Eiserne Morgen, 1938
  2. Die Hohe See, 1941
  3. Kampf ohne Gnade, 1945

Pädagogische Schriften

  • Schulgemeinde. Der Aufbau der neuen Schule, 1919
  • Warum arbeitet der Mensch?, 1919
  • Schule am Meer. Ein Weg vom Wachsen deutscher Jugend, 1925

Logbücher

  • Das Logbuch des guten Schiffes "Krake"

Literatur

  • Cornelia Susanne Anna Godde: Das Laienspiel als reformpädagogisches Element. Die Bedeutung Martin Luserkes für das heutige Bildungswesen. Wehle, Witterschlick/Bonn 1990. (= Beiträge zu Erziehungswissenschaften; 3) ISBN 3-925267-38-7
  • Martin Kießig: Martin Luserke. Gestalt und Werk. Versuch einer Wesensdeutung. Univ. Diss., Leipzig 1936.
  • Martin Luserke. Reformpädagoge - Dichter - Theatermann; Gründer und Leiter der "Schule am Meer" auf der Nordseeinsel Juist (1925-1934), hrsg. v. Jörg Ziegenspeck. Neubauer, Lüneburg 1990. (= Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik; 6) ISBN 3-88456-072-7
  • Franz L. Pelgen: Das Laienspiel und die Spielweise Martin Luserkes. Univ. Diss., München 1957.
  • Ulrich Schwerdt: Martin Luserke (1880-1968). Reformpädagogik im Spannungsfeld von pädagogischer Innovation und kulturkritischer Ideologie. Eine biographische Rekonstruktion. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1993. (= Studien zur Bildungsreform; 23) ISBN 3-631-46119-4

Weblinks


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