Lutz Eigendorf

Lutz Eigendorf
Lutz Eigendorf
Eigendorf (l.) 1975 im Trikot des BFC Dynamo
Eigendorf (l.) 1975 im Trikot des BFC Dynamo
Spielerinformationen
Geburtstag 16. Juli 1956
Geburtsort Brandenburg an der HavelDDR
Sterbedatum 7. März 1983
Sterbeort BraunschweigBRD
Größe 182 cm
Position Mittelfeld
Vereine in der Jugend
bis 1970
1970–1974
Motor Süd Brandenburg
Berliner FC Dynamo
Vereine als Aktiver
Jahre Verein Spiele (Tore)1
1974–1979
1980–1982
1982–1983
Berliner FC Dynamo
1. FC Kaiserslautern
Eintracht Braunschweig
100 (7)
53 (7)
8 (2)
Nationalmannschaft
1978–1979 DDR 6 (3)
1 Angegeben sind nur Liga-Spiele.

Lutz Eigendorf (* 16. Juli 1956 in Brandenburg an der Havel; † 7. März 1983 in Braunschweig) war ein deutscher Fußballspieler. Der Defensivspieler, der sechs Länderspiele für die DDR-Nationalmannschaft bestritt, setzte sich im Frühjahr 1979 in die Bundesrepublik ab. Vier Jahre später kam Eigendorf unter bis heute ungeklärten Umständen ums Leben.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Eigendorf begann mit dem Fußballspielen bei Motor Süd Brandenburg, ehe er 1970 in die Jugend des DDR-Vorzeigeklub BFC Dynamo wechselte. Ab 1974 bestritt er für den Berliner Fußballclub 100 Oberliga-Spiele, in denen er sieben Tore erzielte. Am 30. August 1978 debütierte Eigendorf beim 2:2-Unentschieden der DDR-Nationalmannschaft gegen Bulgarien, wobei er für beide Tore der DDR-Auswahl verantwortlich zeichnete.

Am 20. März 1979 nutzte Eigendorf nach einem Freundschaftsspiel des BFC Dynamo beim 1. FC Kaiserslautern einen Stadtbummel in Gießen (Gießen war damals auch die erste Anlaufstelle für DDR-Flüchtlinge in der Bundesrepublik), um sich von der Mannschaft abzusetzen. Er kehrte nach Kaiserslautern zurück, wo er sich als Spieler anwerben lassen wollte. Wegen der Flucht wurde Eigendorf von der UEFA für ein Jahr gesperrt, in dieser Zeit arbeitete er als Jugendtrainer beim 1. FC Kaiserslautern.

Nach der Flucht Eigendorfs wurde dessen in Berlin verbliebene Ehefrau Gabriele zusammen mit der gemeinsamen Tochter unter ständige Beobachtung des Ministeriums für Staatssicherheit gestellt. Anwälte, die ebenfalls für das MfS arbeiteten, leiteten ein zügiges Scheidungsverfahren ein. Gabriele Eigendorf heiratete wieder. Wie sich später herausstellte, war der Mann ein „Romeo“, ein Agent des MfS, der Liebesverhältnisse zu verdächtigen Personen aufbauen und sie auf diese Weise bespitzeln sollte. Eigendorf selbst, der 1982 vom 1. FC Kaiserslautern zu Eintracht Braunschweig wechselte, geriet ebenfalls ins Visier der Stasi. Bis zu 50 Westdeutsche, die für das MfS als Informanten arbeiteten, überwachten ihn fast ständig.[1]

Tod

In der Nacht des 5. März 1983 wurde Eigendorf bei einem Verkehrsunfall im Braunschweiger Stadtteil Querum schwer verletzt und starb zwei Tage später. Entgegen den Zeugenaussagen von Vereinskollegen, nach denen Eigendorf am besagten Abend nur wenig Bier getrunken hatte, ergab die Analyse einer Blutprobe einen Blutalkoholgehalt von 2,2 Promille.[2] Bereits kurz nach dem Unfall gab der Spielerberater Holger Klemme damals anonym die Vermutung weiter, es sei auf den rechten Vorderreifen geschossen worden.[3] Andere anonyme Hinweise sprachen von einem Schuss durch die Windschutzscheibe. In einem anonymen Brief wurde behauptet, dass die Bremsen des Wagens von der Stasi manipuliert worden seien. Bei den daraufhin durchgeführten Untersuchungen des Unfallwagens konnten keine Einschüsse festgestellt werden, und die Bremsen waren intakt.[3] 1990 wurde die Meldung bekannt, dass Eigendorf durch ein von der Stasi auf die Türklinke des Autos aufgetragenes "Kontaktgift" innerhalb zehn Minuten fahruntüchtig gemacht worden wäre. Toxikologen ist allerdings kein derartig wirkendes Gift bekannt.[3] Nach Öffnung der Stasi-Archive konnten Jahre später weitere Hinweise gefunden werden, dass der Verkehrsunfall ein von der Staatssicherheit der DDR zumindest geplanter Mordanschlag gewesen sein könnte. So soll Eigendorf mit Alkoholspritzen behandelt und anschließend auf kurvenreicher Strecke geblendet worden sein.[1] Auslöser soll angeblich ein Fernseh-Interview Eigendorfs gewesen sein, in dem sich dieser kritisch über den DDR-Fußball äußerte.[4] Am 9. Februar 2010 sagte der mehrfach vorbestrafte, ehemalige IM „Klaus Schlosser“ alias Karl-Heinz Felgner vor dem Düsseldorfer Landgericht in einem Prozess, in dem er wegen schweren Raubes zu sechseinhalb Jahren Haftstrafe verurteilt werden sollte, aus, dass er von der Stasi einen offiziellen Mordauftrag für Eigendorf erhalten, aber nicht ausgeführt habe.[5][2][6]

Anfang 2011 gab die zuständige Staatsanwaltschaft bekannt, es gebe im Fall Eigendorf keine objektiven Hinweise auf ein Fremdverschulden.[5]

Siehe auch

Literatur

  • Heribert Schwan: Tod dem Verräter: Der lange Arm der Stasi und der Fall Lutz Eigendorf. Droemer Knaur Verlag, München 2000, ISBN 3-426-77516-6
  • Klaus Huhn: Der "Endlos-Mord" an Lutz Eigendorf. Verlag "Das neue Berlin", Berlin 2011, ISBN 978-3-360-02043-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. Mitteldeutscher Rundfunk: DDR-Fußballer - Flucht als „Verrat“, eingesehen am 4. Juli 2011.
  2. a b http://www.dradio.de/dlf/sendungen/sport/1125448/
  3. a b c Wir finden dich überall, Der Spiegel, 20. August 1990
  4. Heribert Schwan: WDR-Dokumentation „Tod dem Verräter“ (März 2000) und ZDF-Dokumentation "Im Netz der Stasi - Sonderauftrag Mord" (September 2010)
  5. a b Eigendorfs Todesakte bleibt geschlossen
  6. http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/8/0,1872,8108520,00.html

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