Magische Formel

Magische Formel

Als Zauberformel wurde die arithmetisch 1959 festgelegte Zusammensetzung der siebenköpfigen Schweizer Landesregierung (Bundesrat) aus je zwei Mitgliedern der Parteien FDP, CVP (damals KCV) und SP sowie einem Mitglied der SVP (damals BGB) bezeichnet. Die Zusammensetzung des Bundesrates nach dieser Formel währte bis 2003.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung 1959

Die Formel ergab sich in Verhandlungen der Parteien vor der Bundesratswahl in der Vereinigten Bundesversammlung vom 17. Dezember 1959. Sie widerspiegelte als parteienübergreifende Konkordanzregierung sowohl einen inhaltlichen Konsens wie auch die arithmetischen Wähleranteile der vier grössten Parteien in den Nationalratswahlen 1959. Dadurch fand die SP definitiv Aufnahme in der Exekutive, und die Vormachtstellung der FDP war erstmals seit 1848 gebrochen. Die CVP-Vorgängerin KCV, deren damaliger Generalsekretär Martin Rosenberg als Erfinder der Zauberformel gilt, profitierte von ihrer neuen Stellung als Mehrheitsbeschafferin.

Abänderung 2003

Diese Zauberformel wurde in der Bundesratswahl vom 10. Dezember 2003 durch die vereinigte Bundesversammlung gesprengt. Die SVP hatte in den beiden vorangegangenen Parlamentswahlen (1999 und 2003) grosse Gewinne erzielt, war zur stärksten Partei im Nationalrat aufgestiegen, und beanspruchte nun einen zweiten Sitz in der Landesregierung. Dabei verlangte sie eine Wahl ihres Anführers Christoph Blocher, ohne die sie sich andernfalls in die Opposition zurückziehen wolle. Blocher gewann die Wahl gegen die bisherige Ruth Metzler-Arnold.

FDP, SP und SVP belegten nun je zwei Sitze und die CVP einen, womit die Parteizusammensetzung wieder annähernd den arithmetischen Wähleranteilen entsprach. Sie wurde teilweise „neue Zauberformel“ genannt. Dieser Zustand dauerte aber nur bis Juni 2008, als die beiden SVP-Vertreter aus der Partei austraten bzw. ausgeschlossen wurden.

Vergleich 2003 / 1999 und 1959

Quellen: [1][2]
Partei         
2003
        
1999
        
1959
Stimmenanteil
NR-Wahlen
     Bundesratssitze Stimmenanteil
NR-Wahlen
     Bundesratssitze Stimmenanteil
NR-Wahlen
     Bundesrats-
sitze
Anspruch      Wirklichkeit Anspruch      Wirklichkeit






SVP
SP
FDP
CVP
Grüne
26.6 %
23.3 %
17.3 %
14.4 %
7.4 %
2.1
1.8
1.4
1.1
0.6
2
2
2
1
0
22.5 %
22.5 %
19.9 %
15.9 %
5.0 %
1.8
1.8
1.6
1.3
0.4
1
2
2
2
0
(BGB)     12 %
26 %
24 %
(KCV)     23 %
1
2
2
2






Total 89.0 % 7 85.8 % 7 85 % 7



Sitzverteilung im Bundesrat seit 1919

Bundesratswahlen 2007 und Spaltung der SVP

Nachdem bei den Bundesratswahlen 2007 statt Christoph Blocher überraschend die nicht kandidierende SVP-Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat gewählt worden war, kündigte die SVP an, von nun an Oppositionspolitik zu betreiben. Gleichzeitig wurden Widmer-Schlumpf und der bisherige SVP-Bundesrat Samuel Schmid von den Sitzungen der SVP-Fraktion ausgeschlossen[3] und somit als Bundesräte fraktionslos, blieben aber (zunächst) Parteimitglieder der SVP.

Bis im Juni 2008 bestand der Bundesrat damit weiterhin aus je zwei SP-, FDP- und SVP-Parteimitgliedern und einem der CVP, womit die arithmetische Konkordanz - je nach Standpunkt - als formal gewahrt bezeichnet werden konnte. Allerdings betrachtete die SVP ihre beiden Bundesräte nicht als ihre Vertreter und proklamierte, da sie nun nicht mehr im Bundesrat vertreten sei, das Ende der schweizerischen Konkordanzpolitik.[4]

Nach der am 16. Juni 2008 erfolgte Abspaltung der SVP Graubünden von der SVP Schweiz durch Umbenennung in BPS (später BDP) Graubünden[5][6] bestand der Bundesrat für kurze Zeit aus je zwei SP- und FDP-Parteimitgliedern sowie je einem der CVP, SVP und BDP. Wenig später trat auch das verbleibende SVP-Mitglied Samuel Schmid zur BDP über. Die SVP war damit nicht mehr in der Exekutive vertreten.

Zu dieser Zeit forderten sowohl die Grünen, die zwar im Vormarsch sind, aber durch die Abspaltung der GLP geschwächt wurden als auch die SVP einen Sitz im Bundesrat. In der Mitte erfuhren die CVP (durch Fraktionszusammenschluss mit EVP und GLP) sowie die FDP (durch Fusion mit der LPS) eine Konsolidierung. Die Anhängerschaft der SVP fiel mit der Spaltung gemäss einer ersten repräsentativen Umfrage von 29 auf 23 Prozent, wobei vier Prozent zu den drei ersten BDP-Kantonalparteien und der Rest zu FDP, CVP und GLP abwanderten.[7]

Nachdem Samuel Schmid am 12. November 2008 den Rücktritt aus dem Bundesrat per 31. Dezember 2008 bekannt gab, wurde am 10. Dezember die Bundesratswahl 2008 abgehalten. Sowohl die Grünen als auch die SVP erhoben Anspruch auf den freiwerdenden Sitz. Schliesslich gelang der SVP mit Ueli Maurer die Rückkehr in den Bundesrat.

Referenzen

  1. Vladimir Rott: Die „Zauberformel“ nüchtern betrachtet – Bundesrat, Stellenprozente, Qualifikation, 31. Oktober 2003, auf den Seiten vjrott.com
  2. Artikel Zauberformel im Historischen Lexikon der Schweiz
  3. Ein eigentlicher „Ausschluss“, wie ihn die SVP proklamierte, ist rechtlich gar nicht möglich, da nur Parlamentarier – und nicht Bundesräte – Mitglieder einer Fraktion sein können. Die Bundesräte einer Partei gehören zwar üblicherweise dem Fraktionsvorstand an und nehmen an den Fraktionssitzungen mit beratender Stimme teil, dürfen aber – im Gegensatz zu Fraktionsmitgliedern – weder Anträge stellen noch abstimmen. Da ein Bundesrat somit ohnehin nicht Mitglied einer Fraktion sein kann, kann er auch nicht ausgeschlossen werden.
  4. Schwarzer Tag für die direkte Demokratie, Pressemitteilung der SVP, 13. Dezember 2007
  5. SVP Schweiz schliesst Bündner Sektion aus, NZZ Online, 2. Juni 2008
  6. Die Bürgerliche Partei Schweiz (BPS) entsteht, NZZ Online, 16. Juni 2008
  7. Blocher führt die SVP in die Misere, SonntagsZeitung, 6. Juli 2008

Weblinks


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