Maierisli

Maierisli
Maiglöckchen
Maiglöckchen (Convallaria majalis)

Maiglöckchen (Convallaria majalis)

Systematik
Klasse: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Unterklasse: Lilienähnliche (Liliidae)
Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
Familie: Mäusedorngewächse (Ruscaceae)
Gattung: Convallaria
Art: Maiglöckchen
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Convallaria
L.
Wissenschaftlicher Name der Art
Convallaria majalis
L.

Das weitverbreitete Maiglöckchen (Convallaria majalis) (Schweiz: Maieriesli) ist heute die einzige Pflanzenart der monotypischen Gattung Convallaria in der Familie der Mäusedorngewächse (Ruscaceae). Der botanische Name setzt sich aus lateinisch: Convallaria für „in den Tälern vorkommend“ und lateinisch: majalis auf den Monat Mai bezogen, zusammen. Das Verbreitungsgebiet sind die gemäßigten Zonen Nordamerikas und Eurasiens, also die Holarktis.

Inhaltsverzeichnis

Pflanzenbeschreibung

Beim Maiglöckchen handelt es sich um eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 25 cm erreicht. Es besitzt ein bis zu 50 cm tief wurzelndes Rhizom als Speicher- und Überdauerungsorgan und wird daher botanisch zu den Rhizomgeophyten gezählt. Das relativ dünne, kriechende und ausläuferartige Rhizom verzweigt sich monopodial. Die oberirdischen Sprosse bilden sich daher jeweils hinter der Rhizomspitze. Mit Hilfe ihrer anfangs kegeligen Form durchbrechen die jungen Triebe im Frühjahr den Erdboden.

Der ansonsten unbeblätterte und aufrecht wachsende Stängel wird von meist zwei langgestielten, breit-lanzettlichen Laubblättern scheidig eingehüllt. Die Länge der dunkelgrünen und auf ihrer Blattoberseite glänzenden Blätter entspricht in etwa der des kantigen Stängels.

Zwischen April und Juni entwickeln sich in einem mehr oder weniger einseitswendigen traubigen Blütenstand fünf bis zehn nickende, breitglockige Blüten. Kennzeichnend für die reinweißen Blüten des Maiglöckchens ist der charakteristische, intensiv süßliche Duft, mit dem potenzielle Bestäuber angelockt werden. Die Blütenhülle des Maiglöckchens ist einheitlich gestaltet und, wie bei der Familie der Mäusedorngewächse weit verbreitet, erfolgt keine Unterteilung in Kelch und Krone. Die sechs 5 bis 9 mm langen Perigonblätter sind bis auf sechs kurze, zurückgebogene Zipfel glockenförmig miteinander verwachsen. Die Blütenhülle umgibt zwei Kreise mit je drei Staubblättern. Diese säumen den rundlichen, oberständigen Fruchtknoten, der in drei Fächer unterteilt ist. Jedes Fach beinhaltet vier bis acht Samenanlagen. Den kurzen, dicken Griffel schließt eine kleine Narbe ab. Die Blüte des Maiglöckchens ist zwittrig, d.h. sie enthält Staub- und Fruchtblätter in einer Blüte.[1]

Botanisch gesehen handelt es sich um Glockenblumen mit Streueinrichtung.

Das Maiglöckchen bietet keinen Nektar an, besitzt jedoch am Grund des Fruchtknotens anbohrbares saftreiches Gewebe.[2]. Die Bestäubung der Blüten erfolgt über Insekten, wobei Bienen als Hauptbestäuber in Erscheinung treten. Das Maiglöckchen verfügt über zwei Strategien, Fremdbestäubung zu fördern. Zum einen bilden die Blüten des Maiglöckchens - auf verschiedene Individuen verteilt- unterschiedlich lange Griffel aus, was botanisch als Heterostylie bezeichnet wird und bezogen auf die einzelne Pflanze eine Bestäubung der Blüten untereinander verhindern soll[2]. Zum anderen reifen innerhalb derselben Blüte die Staubbeutel vor den Narben. Diese Strategie - in der Botanik Proterandrie genannt - soll eine Bestäubung der Einzelblüte mit sich selbst vermeiden. Dennoch führt beim Maiglöckchen auch Selbstbestäubung zum Fruchtansatz.[2].

Fruchtstand des Maiglöckchens

Wie viele Pflanzen bedient sich auch das Maiglöckchen mehrerer Ausbreitungsmechanismen (Polychorie). Die Früchte, rote Beeren, entwickeln sich im Sommer und werden von Tieren, die deren gelbliche und birnenförmige Samen wieder ausscheiden, verbreitet. Insbesondere Amsel und Rotdrossel (Vogelausbreitung) tragen zur endochoren Ausbreitung bei. Als beliebte Garten- und Friedhofspflanze (bewusste Saatgutausbreitung durch den Menschen: Ethelochorie) gelingt es dem Maiglöckchen, sich von diesen kultivierten Standorten in die nähere Umgebung auszubreiten. Noch häufiger nutzt das Maiglöckchen über sein Rhizom die Möglichkeit der vegetativen Selbstausbreitung.

Verbreitung

Das Maiglöckchen ist in fast ganz Europa und im gemäßigten Asien heimisch und weit verbreitet. In Nordamerika gilt es als eingebürgert. Im südeuropäischem Raum sind seine Bestände gewöhnlich auf Gebirgslagen begrenzt[1],[3]. Zuchtformen des Maiglöckchens, wie z.B. die blass-rosa blühende 'Rosea', sind jedoch weltweit verbreitet

Das gesellig wachsende Maiglöckchen gilt als Klassen-Charakterart der Buchen- und sommergrünen Eichenwälder Europas. In trockenen bis leicht feuchten, lichten Laubwäldern, insbesondere in Buchen-und Eichenwäldern mittleren Artenreichtums und lichten Kiefernwäldern bildet es oft dichte Bestände aus. Im Gebirge ist das Maiglöckchen bis in Höhenlagen von 1900 m auf Bergmatten, Geröllhalden und in lichten Gebüschen beheimatet.
Das Maiglöckchen gilt als Kennart des Maiglöckchen-Haselgebüschs (Convallario-Coryletum), eine Assoziation, die dem Verband Wärmeliebende Gebüsche (Berberidion) zugeordnet ist. Das bisher nur aus dem Schweizer Jura bekannt gewordene Gebüsch wird von der Hasel dominiert und entwickelt sich als Pioniergesellschaft auf Kalkböden potenziell natürlicher Ahorn-Linden-Wälder. Es besiedelt gewöhnlich hochkolline bis montane Lagen und tritt dort als Waldmantel in Erscheinung. Neben den Kennarten Hasel und Maiglöckchen bilden Gemeiner Efeu (Hedera helix), Alpen-Kreuzdorn (Rhamnus alpina) und insbesondere die (sub-)mediterranen Arten wie Gemeine Pimpernuss (Staphylea pinnata), Strauch-Kronwicke (Coronilla emerus) und Gemeine Schmerwurz (Tamus communis) die diagnostischen Sippen.[4]

Das Maiglöckchen bevorzugt sommerwarme Klimalagen und halbschattige Standorte. Es gedeiht sowohl auf kalkreichen als auch auf sauren Böden. In sehr schattigen Waldlagen bildet die Pflanze oftmals nur Blätter, jedoch keine Blüten aus. Die Ausbreitung erfolgt hier überwiegend vegetativ über die Wurzelausläufer[5]. Das Maiglöckchen ist ein Mullbodenkeimer und ist hierbei auf Wurzelpilze angewiesen.[3].

Systematik

Während es früher wenige Arten in der Gattung Convallaria gab, gibt es heute nur noch eine einzige Art mit etwa vier Varietäten[6]:

  • Maiglöckchen (Convallaria majalis L.):
    • Convallaria majalis var. keiskei (Miq.) Makino (Syn: Convallaria keiskei Miq.)
    • Convallaria majalis L. var. majalis
    • Convallaria majalis var. montana (Raf.) H.E.Ahles (Syn.: Convallaria montana Raf.)
    • Convallaria majalis var. transcaucasica (Utkin ex Grossh.) Knorring (Syn.: Convallaria transcaucasica Utkin ex Grossh.)

Nur noch Synonyme in anderen Gattungen sind beispielsweise:

  • Convallaria cirrhifolia Wall. --> Polygonatum cirrhifolium (Wall.) Royle
  • Convallaria fruticosa L. --> Cordyline fruticosa (L.) A.Chev.
  • Convallaria japonica Thunb. --> Ophiopogon japonicus (Thunb.) Ker Gawl.
  • Convallaria odorata Mill. --> Polygonatum odoratum (Mill.) Druce
  • Convallaria racemosa L. --> Maianthemum racemosum (L.) Link
  • Convallaria verticillata L. --> Polygonatum verticillatum (L.) All.

Verwendung

Das Maiglöckchen wird auch als Schnittblume und für Topfpflanzen angebaut. Bei der vegetativen Vermehrung durch Teilung der Rhizome ist zu beachten, dass im ersten Jahr, wenn das „Auge“ austreibt, nur Blätter gebildet werden; erst im zweiten Jahr entwickeln sich dann die Blüten. Ein geübter Blick erkennt vegetative und blühfähige Rhizomteile, sie müssen entsprechend sortiert werden, damit nur blühfähige Rhizomteile in die „Treiberei“ kommen. Maiglöckchen findet man auch in vielen Parks und Gärten.

Die Stadt Drossen (heute Ośno Lubuskie, PL) war bis 1945 wegen der dortigen Maiglöckchenzucht als die „Maiblumenstadt“ bekannt.

Ein heutiges Anbaugebiet ist die Samtgemeinde Elbmarsch in der Nähe von Hamburg.

Das Blütenöl des Maiglöckchens wird häufig Parfüms zugesetzt.

Medizinische Bedeutung

Das Maiglöckchen ist wegen der in der Pflanze enthaltenen Glykoside zugleich Gift- und Heilpflanze. Die Glykoside des Maiglöckchens wirken ähnlich wie die Digitalisglykoside des Roten Fingerhuts. Die Inhaltsstoffe der Pflanze werden nicht nur in der traditionellen Heilkunde[7], sondern teilweise auch in der evidenzbasierten Medizin eingesetzt.

Die Maiglöckchen enthalten sekundäre Pflanzenstoffe, die schon seit dem Mittelalter eine Rolle in der Medizin als pflanzliche Heilmittel spielen. Prinzipiell werden dabei die Auszüge aus:

  • den Wurzeln (Radix) Radix Convallariae
  • den Blättern (Herba) Herba Convallariae
  • und den Blüten (Flos) Flores Convallariae

unterschieden. Insbesondere sind es die herzwirksamen Steroide (Cardenolide) bzw. deren Glykoside die als Herzglykoside im Zentrum des Interesses stehen. Zu nennen seien hier unter anderem Convallatoxin, Convallatoxol, Lokundjosid und das Convallosid. Insbesondere das letzte ist möglicherweise mit dem Inhaltsstoff g-Strophanthin identisch. Saponine und Flavonoide runden das Bild ab. Die Maiglöckchenpräparate werden als sogenannte Kardiaka bei der Herzinsuffizienz/Herzschwäche eingesetzt. Insbesondere wird der rasche Wirkungseintritt von Cavallaria gewürdigt (Hans Flück, Heinz Schilcher).

Die Inhaltsstoffe des Maiglöckchens sind wie alle herzwirksamen Cardenolide sehr giftig! Bei Einnahme zu großer Mengen kann Übelkeit auftreten sowie Herzrhythmusstörungen. Auch das Blumenwasser kann giftig sein.

Das Maiglöckchen in der bildenden Kunst

Das Paradiesgärtlein mit Maiglöckchen am unteren Bildrand

Früher war es für bedeutende Ärzte üblich, sich mit bestimmten medizinischen Symbolen portraitieren zu lassen; als Symbol für die Heilkunde fungierte oft das Maiglöckchen. So hat sich z. B. Nikolaus Kopernikus mit einem Maiglöckchen in der Hand abbilden lassen; dieses Bild ist nur erklärlich, wenn man weiß, dass der so berühmte Astronom auch Medizin studierte und diesen Beruf bis zu seinem Tode in Frauenburg ausübte. Dieses Bild, gemalt von Tobias Stimmer (1534-1584), hängt im Straßburger Münster neben der bekannten astronomischen Uhr. Eine weitere Abbildung von Kopernikus mit einem Maiglöckchen in der Hand ist in der englischen Version von Nikolaus Kopernikus aufgeführt.

Darüber hinaus zählte das Maiglöckchen in der christlichen Ikonographie neben der Lilie, der Rose und anderen Pflanzen zu den sogenannten Marienblumen; mit seinen kleinen weißen, nickenden Blüten war es Symbol für die keusche Liebe, die Demut und die Bescheidenheit von Maria. Entsprechend ist das Maiglöckchen auf den Gemälden meist unauffällig und klein am unteren Bildrand dargestellt; ein typisches Beispiel dafür ist das bekannte Gemälde Paradiesgärtlein von einem unbekannten Meister aus dem 15. Jahrhundert.

Das Maiglöckchen in der Literatur

Das wohlriechende und frühblühende Maiglöckchen hat seit jeher die Phantasie zahlreicher Dichter beflügelt. Beispielhaft seien hier Eichendorff und Fallersleben erwähnt.

Maiglöckchen und die Blümelein

Maiglöckchen läutet in dem Tal,
das klingt so hell und fein,
so kommt zum Reigen allzumal,
ihr lieben Blümelein!
Die Blümchen, blau und gelb und weiß
Sie kommen all herbei,
Vergißmeinnicht und Ehrenpreis
und Veilchen sind dabei.

Maiglöckchen spielt zum Tanz im Nu
und alle tanzen dann.
Der Mond sieht ihnen freundlich zu,
hat seine Freude dran.

Den Junker Reif verdroß das sehr,
Er kommt ins Tal hinein;
Maiglöckchen spielt zum Tanz nicht mehr.
Fort sind die Blümelein.

Doch kaum der Reif das Tal verläßt,
da rufet wieder schnell
Maiglöckchen auf zum Frühlingsfest
und leuchtet doppelt hell.

Nun hält's auch mich nicht mehr zu Haus
Maiglöckchen ruft auch mich.
Die Blümchen gehn zum Tanze aus,
zum Tanzen geh auch ich!

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich (1798-1874)

Quellen

  • Angelika Lüttig: Hagebutte & Co, Fauna-Verlag ISBN 3-935980-90-6
  • Peter Schmersahl: Das Maiglöckchen - Symbol des Arztes, der Maria und der Liebe, Deutsche Apotheker Zeitung 140, 2056, 2000
  • Rothmaler: Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen, Grundband, Spektrum-Verlag ISBN 3-8274-1359-1
  • Stinglwagner, Haseder, Erlbeck: Das Kosmos Wald-und Forstlexikon, Kosmos-Verlag, ISBN 978-3-440-10375-3
  • Düll, Kutzelnigg Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands, Quelle & Meyer Verlag, 2006, Seiten 141 f. ISBN 3-494-01397-7
  • Gedichte über das Maiglöckchen

Einzelnachweise

  1. a b Angelika Lüttich: Hagebutte & Co S. 188f.
  2. a b c Duell, Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands S. 140ff.
  3. a b Stinglwagner, Haseder, Erlbeck: Das Kosmos Wald-und Forstlexikon S. 558
  4. Heinrich E. Weber: Gebüsche, Hecken, Krautsäume, Ulmer Verlag 2003, S. 111 ISBN 3-8001-4163-9
  5. Das Maiglöckchen im Naturlexikon
  6. Convallaria bei GRIN.
  7. vgl. auch Walter von Brunn: Das Maiglöckchen als Symbol des Arztes, Die medizinische Welt 10 (1936), S. 505f.

Weblinks


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