- Steroid
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Steroide (griechisches Adjektiv στερ[ιν]οειδή, von στερεό, stereó: „das Feste, Starre, Solide“ (abgeleitet vom Namen des ersten bekannten Steroids, dem Cholesterin) und der Endung -oeides „ähnlich“) sind eine Stoffklasse der Lipide (Moleküle mit lipophilen Gruppen, in der Regel wasserunlöslich). Steroide sind Derivate des Kohlenwasserstoffs Steran (Cyclopentanoperhydrophenanthren).
Natürliche Steroide kommen in Tieren, Pflanzen und Pilzen vor. Ihre biochemischen Aufgaben reichen von Vitaminen und Sexualhormonen (Androgene beim Mann beziehungsweise Estrogene bei der Frau) über Gallensäure und Krötengifte bis zu den herzaktiven Giften von Digitalis und Oleander.
In Tieren und im menschlichen Organismus stellt Cholesterin das wichtigste Steroid dar; Pflanzen enthalten es dagegen nicht. Aus Cholesterin werden Lipoproteine und Steroidhormone aufgebaut, z. B. die Hormone der Nebennierenrinde (Corticosteroide). Künstliche Derivate des männlichen Sexualhormons Testosteron, die Anabolika, werden als Muskelaufbaupräparate verwendet. Diese sind auch als Dopingmittel einer an Sport interessierten Öffentlichkeit bekannt.
Inhaltsverzeichnis
Struktur
Das Grundgerüst der Steroide ist das Steran. Eine strukturelle Gemeinsamkeit ist der Cyclopentanoperhydrophenanthren-Ring (Ausnahme: Vitamin D). Steroide haben eine starre Molekülgestalt, in der Regel einen relativ hohen Schmelzpunkt und lassen sich gut kristallisieren. Durch die asymmetrischen C-Atome an den Ringverknüpfungen sind zahlreiche Struktur-Isomere möglich, die unterschiedlich gefaltet sind. Nicht alle möglichen Faltungen kommen in der Natur vor. Nach allgemeiner Konvention dient die Position der Methylgruppe am Kohlenstoffatom 10 als Bezugspunkt für die systematische Namensgebung der Isomere: zu der Methylgruppe „quer“ stehende Substitutienten werden mit dem Index α (Alpha) bezeichnet, „längs/parallel“ (trans) stehende mit β (Beta). Bei Gallensäuren z. B. sind die Ringe A und B cis-verknüpft (90° Abwinklung), sie zählen zu den 5β-Androstanen. Steroidhormone sind an dieser Stelle dagegen trans-verknüpft (5α-Androstane). Nebengruppen werden abgekürzt (z. B. „-ol“ = Alkoholgruppe). Die Position von Doppelbindungen wird mit einem Δ (Delta) angegeben. Der systematische Name von Cholesterin ist z. B. Cholest-Δ5-en-3β-ol.
Biosynthese der Steroidhormone
Die Biosynthese geht vom Lanosterol aus, welches das Sterangerüst liefert und zunächst unter Abspaltung dreier Methylgruppen, Hydrierung und Isomerisierung zu Cholesterin abgebaut wird. Über drei verschiedene Wege entstehen aus Cholesterin Aldosteron, Testosteron und Cortisol. Dies geschieht in der Nebennierenrinde und in den männlichen und weiblichen Gonaden (Hoden und Ovar). Im Ovar wird zunächst auch Testosteron (männliches Geschlechtshormon) produziert, welches dann mit einer Aromatase (Enzym, welches den Ring A des Steroidgerüstes zu einem Benzolring dehydriert) zu Estradiol umgebaut wird. Die Enzyme, welche die einzelnen Schritte vom Cholesterin zu den Steroidhormonen katalysieren, können durch Gendefekte gestört sein. Relativ häufig ist der 21-Hydroxylase-Mangel. Dieser führt zu einer Überproduktion von Geschlechtshormonen, da der Weg zum Cortisol und Aldosteron gestört ist. Die Krankheit nennt sich Adrenogenitales Syndrom.
Abbau
Im Menschen werden die Steroide in der Leber durch Hydroxylierung und Konjugation mit Glycin oder Taurin wasserlöslich gemacht und als Gallensäuren über die Galle ins Duodenum (vorderer Teil des Dünndarms) ausgeschieden.
Einteilung
- Sterine (Sterole) (beispielsweise Cholesterin (Cholesterol), Ergosterin (Ergosterol))
- Gallensäuren (beispielsweise Cholsäure)
- Steroidhormone
- Glucocorticoide (beispielsweise Cortison)
- Mineralocorticoide (beispielsweise Aldosteron)
- Estrogene (beispielsweise Estron, Estradiol)
- Gestagene (beispielsweise Progesteron)
- Androgene (beispielsweise Testosteron, Androsteron)
- Insektenhormone (beispielsweise Ecdyson)
- herzwirksame Steroide (Aglykone der Herzglykoside)
- Cardenolide (beispielsweise Digoxigenin, Digitoxigenin, Gitoxigenin, Strophanthidin)
- Bufadienolide (beispielsweise Cillarenin, Hellebrigenin, Uzarigenin)
- Sapogenine (beispielsweise Digitogenin, Diosgenin)
- Steroidalkaloide (beispielsweise Solanidin, Tomatidin)
Literatur
- Christoph Rüchardt: Die Entdeckung und die Struktur von Steroiden. Arbeiten von Heinrich Kilian (1855–1945), Adolf Windaus (1876–1959) und Heinrich Wieland (1877–1957). In: 550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Bd. 4. Alber, Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 978-3-495-48254-4, S. 207–210 (Digitalisat)
Weblinks
- IUPAC-Nomenklatur der Steroide (engl.)
- Steroide (PDF-Datei) – umfangreiches Skript
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