Maria Lassnig

Maria Lassnig

Maria Lassnig (* 8. September 1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten) ist eine österreichische Malerin und Medienkünstlerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1941 trat Lassnig in die Meisterklasse Wilhelm Dachauer der Wiener Akademie der bildenden Künste ein, die sie, weil man ihre Werke als „entartet“ einstufte, schon 1943 wieder verlassen musste. Sie führte ihr Studium bei Ferdinand Andri und Herbert Boeckl fort. Nach ihrem Diplom im gleichen Jahr kehrte sie 1945 nach Klagenfurt zurück. 1948 ist dies auch der Ort ihrer ersten Einzelausstellung, auf der sie „Körperbewusstseinszeichnungen“ und kleine surreale Figurenkompositionen zeigte.

1951 zog sie wieder nach Wien; ein Paris-Stipendium im gleichen Jahr sowie ein weiterer Aufenthalt 1952 brachte sie in Kontakt mit André Breton, Benjamin Péret, Gisèle und Paul Celan. Erst 1954 kehrte sie an die Akademie der bildenden Künste zurück und schloss in der Klasse Albert Paris Gütersloh ihre akademische Ausbildung ab. Gemeinsam mit Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer gehörte sie zum Kreis um Monsignore Otto Mauer, einem kunstinteressierten Geistlichen und Gründer der „Galerie nächst St. Stephan“. Ein weiterer wichtiger Kontakt waren die Literaten der „Wiener GruppeFriedrich Achleitner, H.C. Artmann, Gerhard Rühm und Oswald Wiener. Gemeinsam mit Arnulf Rainer galt sie als Begründerin der informellen Malerei in Österreich.

Zwischen 1961 und 1968 lebte sie vorwiegend in Paris und malte erste Körperbewusstseinsaquarelle sowie zwei Meter hohe Körpergefühls-Figurationen, die aber nie ausgestellt wurden. 1964 starb ihre Mutter, der Tod erscheint immer wieder in ihren Bildern, Depressionen und ein Leberleiden belasten sie. Lassnig beschloss auszuwandern.

1968 bezog sie ein Atelier in East Village in New York, wo ihre Arbeiten als „strange“ und „morbide“ abgelehnt wurden. Sie besuchte eine Siebdruckklasse in Brooklyn, es entstanden großformatige Seidensiebdrucke, und 1970 einen Zeichentrick-Kurs an der School of Visual Arts. Sie kaufte eine 16-mm-Filmkamera und stellte erste eigene Filme her. Ihr zeichnerisches und filmisches Werk wurde in einer großen Retrospektive in der graphischen Sammlung Albertina in Wien gezeigt. Ein DAAD-Stipendium brachte sie 1978 nach Berlin.[1]

Erst 1980 kehrte sie auf Betreiben der Bundesministerin Hertha Firnberg aus den USA nach Wien zurück und übernahm an der Hochschule für angewandte Kunst eine Professur für Malerei. Dort zählte zu ihren Schülern auch der spätere Grafiker Guido Hoffmann. Gemeinsam mit Valie Export vertrat sie Österreich auf der Biennale in Venedig. 1982 gründete sie in ihrer Meisterklasse Österreichs einziges Lehrstudio für Trickfilm.

Auf der documenta in Kassel wurden Werke Lassnigs 1982 und 1997 ausgestellt. In diesem Zeitraum fanden auch zahlreiche Einzelausstellungen statt, so im Museum des 20. Jahrhunderts in Wien, im Kunstmuseum Düsseldorf und der Kunsthalle Nürnberg, in der Kärntner Landesgalerie, der Galerie Hundertmark in Köln und der Galerie Onnasch in Berlin, im Kunstmuseum Luzern, ab den 1990er Jahren dann auch in Paris, New York, Den Haag, Frankfurt am Main, Zürich, München und Rom.

Am 18. Februar 2004 erhielt sie für ihren „außergewöhnlichen Beitrag zur zeitgenössischen Malerei“ den mit 50.000 Euro dotierten Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt. Mit der alle drei Jahre vergebenen Auszeichnung werden hervorragende Leistungen in Malerei, Graphik, Bildhauerei und Architektur gewürdigt.

Anlässlich des 90. Geburtstages von Maria Lassnig war 2010 in München eine umfangreiche Einzelausstellung der österreichischen Künstlerin zu sehen, mit einem Fokus auf den Werken der letzten Jahre [2].

Werke

Gemeinsam gestaltete Wandmalerei mit Switbert Lobisser aus dem Jahr 1943 in der Klagenfurter Kohldorferstraße 3746.62404314.276508[3]

Malerei

Nach surrealistischen Anfängen ist Lassnig in den 1950er Jahren prägend für das neu aufkommende Informel in Österreich. Kennzeichnend für ihr umfangreiches Werk sind jedoch die Körpergefühlsbilder, mit denen sie sich im Laufe der Jahre vollkommen von stilistischen Zwängen und Vorbildern löst. Das Thema Körper – Körperlichkeit – Körperempfinden wird heute von vielen Künstlerinnen bearbeitet; Lassnig ist eine der ersten, die sehr früh mit ihrer Malerei die weibliche Position in der Kunstwelt und in der Gesellschaft reflektiert und gerade auch den Einfluss des weiblichen Körpers auf Lebensentwurf und Biographie einer Künstlerin drastisch und offen darstellt.

Ihr Mittel ist die klassische Malerei, eine Figuration ohne einfache realistische Abbildung – Lassnig malt das Subjekt, nicht das Objekt. So sind es immer wieder Selbstportraits, angereichert mit surrealen Elementen, die eine eigenartige und ganz spezifische Schwebe zwischen Nähe und Fremdheit erzeugen.

Exemplarisch ist das frühe

  • Stillleben mit rotem Selbstportrait 1969

Das Selbstportrait ist auf einen großen roten Mund reduziert und kann sowohl für Nahrungsaufnahme als auch für Erotik stehen − vielleicht eine kritische Antwort auf die damals aktuelle Pop-Art.

Im Laufe der Jahre werden ihre Selbstbildnisse immer drastischer, sie malt sich als Knödel oder als Rechenmaschine.

  • Sciencefiction-Selbstporträt, 1980, Öl auf Leinwand 76 x 64 cm

Für die Saison 2005/2006 gestaltete sie den Eisernen Vorhang der Wiener Staatsoper.

Film

CHAIRS (1971), 16 mm, Farbe, Ton, 4 Minuten; zu Musik bewegen sich Stühle wie Menschen
SELFPORTRAIT (1971), 16 mm, Farbe, Ton, 5 Minuten; Lebensrückblick im Zeichentrick, erhielt 1972 den New York State Council - Preis
COUPLES (1972), 16 mm Farbe, Ton, 10 Minuten; am Telefon und im Bett sprechen ein Verführer und ein Opfer miteinander: „Du halfst mir, du machtest mich stark - aber du kannst mir nichts vorwerfen; wer so blind liebt, bezahlt mit dem Tod.“
SHAPES (1972), 16 mm, Farbe, Ton, 10 Minuten; menschliche Silhouetten bewegen sich nach Musik von Bach
PALMISTRY (1973), 16 mm, Farbe, Ton, 10 Minuten; A. ein dickes Mädchen weigert sich, dünn zu werden, um Männern zu gefallen; B. das erste Mal, C. beim Handleser: eine Gegenüberstellung von schrecklichem Aberglauben und schrecklicher Wissenschaft
ART EDUCATION (1976), 16 mm, Farbe, Ton, 16 Minuten; feministische Auslegung berühmter Gemälde von u.a. Michelangelo, Vermeer
MARIA LASSNIG KANTATE (1992), 35 mm, Farbe, Ton, 8 Minuten; Idee, Text, Gesang, Zeichnung, Animation Maria Lassnig, Produktion Hubert Sielecki: „Es ist die Kunst jaja, die macht mich immer jünger, sie macht den Geist erst hungrig und dann satt!“

Eigene Veröffentlichungen

Keine Verteidigung, Manifest zur Ausstellung 'Unfigurative Malerei', Klagenfurt, 1951
Malrezepte, Katalog Galerie St. Stephan, Wien, 1960
Chancen für Kreative, Protokolle 68, Wien, 1968
Über die Kopfheiten, Zu den Strichbildern, Neuere Bilder, Biographie, Monographie zur Ausstellung, Ritter Verlag, Klagenfurt, 1985
Die Feder ist die Schwester des Pinsels: Tagebücher 1943 bis 1997 / Maria Lassnig. Hrsg. von Ulrich Obrist. DuMont, Köln 2000, ISBN 3-7701-5295-6
Landleute, Ritter Verlag Klagenfurt, 2004, ISBN 3-85415-355-4

Auszeichnungen

Ausstellungen

Literatur

  • Silke Andrea Schuemmer: einmal von außen, dann von innen. Die Konstituierung des Ichs in den Selbstportraits Maria Lassnigs, ihre bildnerische Umsetzung von Gefühlen und Empfindungen und die Frage nach der Übertragbarkeit des literarischen Begriffs des 'Inneren Monologs' auf Selbstbildnisse. Dissertation an der RWTH Aachen, 2002 (Weblink zur kompletten Dissertation PDF-Format)
  • Albina Colden, Benedikt Mandl: „Empathische Synästhetik - Maria Lassnigs Bilder von der Inneren Welt“ Aurora Magazin, 2007 (Artikel)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Lassnig, Maria beim Berliner Künstlerprogramm des DAAD. Katalog zu ihrer Ausstellung im Haus am Lützowplatz vom 20. Oktober bis 19. November 1978 erschienen beim DAAD, Berlin 1978.
  2. www.art-in.de, abgerufen am 6. März 2011
  3. (ohne Titel). Abgerufen am 27.2.

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