Marie Laurencin

Marie Laurencin
Marie Laurencin, 1949
Fotografie von Carl van Vechten, aus der Van Vechten Collection der Library of Congress

Marie Laurencin (* 31. Oktober 1883 in Paris; † 8. Juni 1956 ebenda) war eine französische Lyrikerin und Malerin.[1][2] Laurencin war bekannt als Muse des Dichters Guillaume Apollinaire.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marie Laurencin wurde als uneheliches Kind geboren; ihre Mutter war Mélanie-Pauline Laurencin, ihr Vater Alfred-Stanislas Toulet, ein Steuerrevisor, zu dem sie wenig Kontakt hatte,[3]. Bereits mit 18 Jahren wurde sie von ihrer Mutter nach Sèvres geschickt, um in der dortigen Manufaktur die Kunst der Porzellanmalerei zu erlernen. Ihre weitere Ausbildung erfolgte in Paris am Lycee Lamartine. Zu ihren frühen Förderern gehörten ihre Mutter und ihr Zeichenlehrer, die sie in ihren nächtlichen künstlerischen Studien und dem Vorhaben, Malerin zu werden, unterstützten, bis sie schließlich Aufnahme an der Académie Humbert in Paris fand. Hier traf sie auf Georges Braque und machte durch ihn die Bekanntschaft mit Picasso und Guillaume Apollinaire. Diese wurden zu ihren weiteren Förderern, und schon bald wurde sie in kunsttheoretische Diskussionen eingebunden, die später zum Kubismus führten. 1905 veröffentlichte Laurencin eine Reihe von lyrischen Werken unter dem Pseudonym Louise Lalanne.

Henri Rousseau: La Muse inspirant le poète, 1909. (Ein Porträt Apollinaires und Marie Laurencins)

Marie lebte mit Ihrer Mutter eng zusammen, „wie eine ältere und eine jüngere Nonne” [4], doch war sie seit 1907 mit Apollinaire verbunden. Im selben Jahr hatte sie ihre erste Ausstellung im Salon des Indépendants. 1908 begleitete sie Apollinaire zu dem von Picasso ausgerichteten „Bankett für Rousseau“ im Bateau-Lavoir[5]. Das Bild, das Henri Rousseau von beiden malte, entstand im Jahr darauf. 1912 hatte sie eine Ausstellung in der Galerie Barbazanges zusammen mit Robert Delaunay, sowie 1913 auf der Armory Show in New York. Die Beziehung zu Apollinaire endete nach dem Tod der Mutter im Jahr 1913. Sie blieben jedoch bis zu seinem Tod, der sie in Verzweiflung setzte – er erlag der Spanischen Grippe im November 1918 – in Verbindung.[6] Ebenfalls 1913 schloss sie einen Vertrag mit dem bekannten Kunsthändler Paul Rosenberg, der sie bis zum Jahr 1940 vertrat. Im selben Jahr erschienen Apollinares Gedichtband Alcools, in dem sich mehrere Gedichte auf sie beziehen sowie Les Peintres Cubistes, in dem sie vertreten war.[7]

Die Kunstsammlerin Gertrude Stein kaufte das erste Bild aus der Serie Apollinaire et ses amis aus dem Jahr 1908. Es zeigt Picasso, Laurencin, Apollinaire, Fernande Olivier und Picassos Hund Fricka (heute im Baltimore Museum of Art).[8] Dieser Kauf machte Laurencin in der Avantgarde bekannt. Jean Cocteau formulierte freundschaftlich: „Arme Hindin, zwischen den Fauves und den Kubisten gefangen“, und Rodin bezeichnete sie als „Fauvette“.[9] Stein vermerkte später in ihrer Autobiografie über Laurencin:

Everybody called Gertrude Stein Gertrude, or at most Mademoiselle Gertrude, everybody called Picasso Pablo and Fernande Fernande and everybody called Guillaume Apollinaire Guillaume and Max Jacob Max but everybody called Marie Laurencin Marie Laurencin.[10]

1912 machte Laurencin die Bekanntschaft des deutschen Schriftstellers Hanns Heinz Ewers, der ihr im gleichen Jahr sein Stück Das Wundermädchen von Berlin (La Jeune fille miraculeuse de Berlin), ein Revolutionsdrama aus dem Jahr 1848, widmete. Mit ihm hatte sie eine Beziehung, die bis 1920 andauerte. [11] Im Herbst 1913 lernte sie den deutschen Maler Otto von Wätjen kennen, der Stammgast im Café du Dôme war. Am 22. Juni 1914 heiratet das Paar in Paris, Laurencin wurde deutsche Staatsangehörige. Um einer Ausweisung zuvorzukommen, zogen beide zu Beginn des Ersten Weltkriegs nach Spanien, wo Laurencin in Andalusien im Sommer 1915 und im Sommer 1916 mit Ewers zusammentraf. Zwischen Januar und März 1917 gab sie zusammen mit Francis Picabia, Albert Gleizes und Arthur Cravan die dadaistische Zeitschrift 391 heraus, in der ihre Gedichtsammlung Le petit Bestiaire veröffentlicht wurde.[12] 1918 zog das Ehepaar nach Düsseldorf. 1921 ließ Laurencin sich scheiden und kehrte nach Paris zurück. Am 18. April 1922 wurde ihr die französische Staatsbürgerschaft wieder zuerkannt.[13]

Ab 1924 beschäftigte sich die Künstlerin mit Bühnenbildentwürfen. In dieser Zeit entstanden beispielsweise eine Bühnendekoration zu Djagilews Ballett Les Biches, aufgeführt von den Ballets Russes, oder 1928 ein Bühnenbild für die Comédie-Française. Außerdem veröffentlichte sie einige Buchillustrationen, unter anderem zu Lewis Carrolls Kinderbuch Alice im Wunderland. Von 1932 bis 1935 gab sie Unterricht an der Kunstakademie Villa Malakoff im 16. Arrondissement von Paris. Am 31. Juli 1935 wurde ihr das Band der Légion d’honneur verliehen.[14] 1942 erschien ihr Memoiren- und Gedichtband Le Carnet des nuits in Brüssel.[15]

Marie Laurencin starb in der Nacht zum 8. Juni 1956 an Herzversagen. Wunschgemäß wurde sie in einem weißen Kleid bestattet, in der einen Hand hielt sie eine Rose, und Liebesbriefe Apollinaires bedeckten ihr Herz. Ihre Grabstätte liegt auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise. Der Nachlass ging zum Teil an Suzanne Moreau-Laurencin, die 1925 als Dienstmädchen eingestellt worden war, und die sie 1954 adoptiert hatte, sowie zum größeren Teil an die Stiftung der Waisen von Auteuil.[16]

Werk

Apollinaire et ses amis
Marie Laurencin, 1909
Öl auf Leinwand, zweite Fassung
Centre Georges Pompidou, Paris

Link zum Bild
(Bitte Urheberrechte beachten)

Trotz der langen Zeit, die Laurencin mit den kubistischen Künstlern geteilt hatte, entwickelte sie ihren eigenen Stil, der frei von den kunsttheoretischen Überlegungen des Kubismus blieb. Sie beschäftigte sich in ihren Bildern auf luftige und fast blasse Art und Weise mit lyrischen Motiven wie zum Beispiel grazilen jungen Mädchen umsäumt von Blumen oder begleitet von Katzen und Hunden. Laurencin ist bekannt für die zarte Abgestuftheit ihrer pastellartigen Farbauswahl. Hierfür verwendete sie eine simple Palette von Farben, die nur schwarz, weiß, Kobaltblau, Ocker und smaragdgrünes Grün enthielt. Meist bediente sie sich der Wasser- oder Pastellfarbe.

Rezeption

Im Jahr 1975 bezog sich der Sänger Joe Dassin in seinem Chanson L'Été Indien auf Marie Laurencins Werk:

„[…] avec ta robe longue tu ressemblais à une aquarelle de Marie Laurencin“[17]

Zum 100. Geburtstag von Marie Laurencin im Jahr 1983 eröffnete das Musée Marie Laurencin in Nagano, Japan, seine Pforten. 100 Werke entstammten bei der Gründung der Sammlung ihres Direktor Masahiro Takano. Gegenwärtig umfasst es mehr als 500 Exponate der Künstlerin.[18]

Werke (Auswahl)

Literatur

  • Das große Lexikon der Malerei, Zweiburgen Verlag, Weinheim 1982
  • Flora Groult: Marie Laurencin. Ein Leben für die Kunst. Droemer Knaur, München 2000, ISBN 978-3-426-03245-9
  • Elizabeth Louis Kahn: Marie Laurencin: Une femme inadaptée. In Feminist Histories of Art . Ashgate Publishing, Aldershot 2003, ISBN 978-0-75460-715-1 (teilweise online, englisch)
  • Fernande Olivier: Picasso und seine Freunde (1933), Diogenes Verlag, Zürich, 1990, ISBN 978-3-25726029-8
  • Ulrich Thieme, Hans Vollmer, Felix Becker: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Seemann, Leipzig, 1928, Band 22

Weblinks

 Commons: Marie Laurencin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Das Musée Marie Laurencin und andere Quellen beziehen sich auf den 31. Oktober 1883.
  2. Das Geburtsjahr nach Maurice Raynal: Modern French Painters, Ayer Publishing, 1928, ISBN 978-0-40500735-4, S. 108, lautet 1885
  3. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 22 f.
  4. Gertrude Stein: The autobiography of Alice B. Toklas (1933), Neuausgabe, Vintage Books, 1990, ISBN 978-0-67972463-6, S. 61
  5. Marie Laurencin, ngv.vic.gov., abgerufen am 7. April 2011
  6. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 110, 150
  7. Marie Laurencin, artsci.wustl.edu, abgerufen am 14. April 2011
  8. Apollinaire, maremurex.net, abgerufen am 15. April 2011
  9. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 82 f.
  10. Gertrude Stein: The autobiography of Alice B. Toklas, S. 60
  11. Wilfried Kugel: Der Unverantwortliche. Das Leben des Hanns Heinz Ewers, Grupello, 1992 ISBN 978-3-92823404-7, S. 180 ff.
  12. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 140
  13. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 168, 171
  14. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 194–197
  15. Selected Bibliography Marie Laurencin, artsci.wustl.edu, abgerufen am 14. April 2011
  16. Flora Groult: Marie Laurencin, S. 194, 234 f.
  17. L'Été Indien (Marie Laurencin), entre-bretagne-et-roussillon.com, abgerufen am 12. April 2011
  18. Zitiert nach Musée Marie Laurencin

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