Markus Beckedahl

Markus Beckedahl
Markus Beckedahl bei der Sperrwache zur Verabschiedung des von „Zensursula“ Ursula von der Leyen forcierten Zugangserschwerungsgesetzes 2009

Markus Beckedahl (* 1976) ist ein netzpolitischer Aktivist aus Berlin. Er wurde vor allem durch das von ihm 2002 gegründete und hauptsächlich betreute Blog netzpolitik.org bekannt, in dem Themen der Informationsgesellschaft behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Netzaktivismus

Beckedahl gründete 2003 zusammen mit Andreas Gebhard die Firma newthinking communications GmbH, eine Internetagentur mit politischem Anspruch. Im Folgejahr gründeten die beiden noch den Newthinking Store, ein auf Open Source/Linux spezialisiertes Ladengeschäft.

Von einem durchschnittlichen 12-Stunden-Tag gehen etwa acht Stunden an Netzpolitik.org, die restlichen vier Stunden gehen an die Agentur Newthinking. [1] Beckedahl ist Gründungs-Gesellschafter und Senior-Berater von Newthinking. [1] Er bezeichnet sich auch als „Evangelist“. In dieser Funktion berät er politische Organisationen und Unternehmen, betreibt Lobbying [2] oder tritt als Referent auf Veranstaltungen und als Lehrbeauftragter im Rahmen von Seminaren – etwa an der Universität Mannheim[3] – auf.

Als Netzaktivist führt er viele Gespräche mit Politikern, Wissenschaftlern und Akteuren, die er als Podcasts veröffentlicht. Durch ausführliche Berichterstattung im Blog und entsprechende Aufrufe erzeugt Beckedahl Aufmerksamkeit bei betroffenen Bürgern, sich mit netzpolitischen Themen zu beschäftigen und über diese mit ihren Politikern zu sprechen, wie etwa zu Softwarepatenten, der Vorratsdatenspeicherung, dem Telekom-Paket[2] oder der Urheberrechts-Gesetzgebung.

Für die Podcasting-Reihe „Moritz und die digitale Welt“ der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen trat er regelmäßig als Experte auf.[4]

Er ist Mitveranstalter der Konferenz re:publica[5], die Blogs, soziale Medien und die digitale Gesellschaft zusammenbringt. Seit 2007 ist er auch Public Project Lead [6] (Projektleiter) von Creative Commons Deutschland und vertritt als Sprecher die Organisation in Deutschland. Er ist Vorsitzender des Netzwerk Neue Medien (NNM) [7], welches sich als zivilgesellschaftliche Lobbyorganisation versteht.

Beckedahl ist Mitglied im Beirat des mit dem Grimme Online Award 2006 ausgezeichneten Verbraucherschutz-Portals iRights.info und im Advisory Comitee des Prix Ars Electronica für die Kategorie „Digital Communities“.[3] Zudem ist er offizieller Unterstützer der Demonstration Freiheit statt Angst.[8]

Anfang Februar 2009 wurde Beckedahl von der Deutschen Bahn aufgrund eines von ihm in seinem Blog „netzpolitik.org“ veröffentlichten internen Dokuments zu den Bespitzelungen von Bahn-Mitarbeitern abgemahnt. Beckedahl veröffentlichte die Abmahnung im Blog[9], was zu einer massiven Solidarisierung von Internetnutzern via Twitter und anderen Social Media-Diensten führte.[10][11]

Am 23. März 2010 wurde Beckedahl als Sachverständiger durch die Grünen in die Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft berufen.[12]

Seit 2010 schreibt er in unregelmäßigen Abständen im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Kolumne "Digitale Gesellschaft".

Wahlkampf im Internet

Im Rahmen des Bundestagswahlkampf 2009 hat Beckedahl zusammen mit Falk Lüke ab Sommer 2008 fünf gemeinsame Kurzstudien zum Thema „Politik im Web 2.0“ durchgeführt. Die Studien ermittelten Zahlen für die Präsenz der Parteien, ihrer Spitzenpolitiker und ihrer Jugendorganisationen im sozialen Netz. Die Ergebnisse der Studien wurden regelmäßig von Medien aufgenommen.[13]

Zivilgesellschaftliche Beteiligung am Weltgipfel zur Informationsgesellschaft

Auf internationaler Ebene war Beckedahl als Vertreter des deutschen „Koordinierungskreises der Nichtregierungsorganisationen“ Mitglied der Regierungsdelegation zum 2. Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) der Vereinten Nationen in Tunis (2005).[14] [15] Er ist Mitautor der aus diesem Zusammenhang heraus entstandenen „Charta der Bürgerrechte für eine nachhaltige Wissensgesellschaft“.[16]

Medienaufsicht

Im April 2010 wurde Beckedahl vom Berliner Abgeordnetenhaus einstimmig in den Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gewählt.

Parteipolitische Bindung

Beckedahl war zwischen 2002–2003 Mitglied des Bundesvorstands der Grünen Jugend und hat die Grüne Jugend NRW mitgegründet. In der Grünen Jugend koordinierte er das „Fachforum Neue Medien“ (1999–2004), war also in diesem Zeitraum inhaltlich verantwortlich für Themen wie (Neue) Medien, Technologiepolitik und Bürgerrechte. Er war an der Erarbeitung von netzpolitischen Beschlüssen der Grünen Jugend und von Bündnis 90/Die Grünen maßgeblich beteiligt.[17] Er bezeichnet sich mittlerweile als „klassische Karteileiche“.[18]

Abmahnung der Deutschen Bahn

Beckedahl wurde im Februar 2009 von der Deutschen Bahn abgemahnt, weil er das interne Memo des Berliner Landesdatenschutzbeauftragten Alexander Dix zur Datenaffäre der Deutschen Bahn zugänglich gemacht hatte. Die Abmahnung führte dazu, dass sich zahlreiche Blogger mit Beckedahl solidarisierten und das Memo ebenfalls veröffentlichten. Die E-Mail, die Beckedahl von der Rechtsabteilung der Bahn erhielt, wurde auf netzpolitik.org und auch auf WikiLeaks veröffentlicht. Die Bahn berief sich unter anderem auf § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, in dem es um Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen geht. Das Unternehmen drohte außerdem nach § 823 und § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches gegen Urheberrechtsverletzungen und sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch Beckedahl gerichtlich vorzugehen.[19] Beckedahl kündigte darauf in einem Interview des Stern an, keine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und seinen Blog notfalls ins Ausland zu verlegen.[20]

Werke

  • Beckedahl, M. (2005): „Online-Kampagnen: Das Netz als Forum politischer Öffentlichkeit“. In: Lehmann, K. & Schetsche, M. (Hrsg.): Die Google-Gesellschaft. Vom digitalen Wandel des Wissens. Bielefeld: transcript Verlag, S. 103-112.

Einzelnachweise

  1. a b Markus Beckedahl: „Netzpolitik.org ist ein Open-Source-Geschäftsmodell.“
  2. a b Klinkenputzen für ein freies Internet, auf taz.de, 1. September 2008 (zuletzt abgerufen: 18. September 2008)
  3. a b Mitarbeiter, newthinking-communications.de (zuletzt abgerufen am 23. März 2010)
  4. Die Expertinnen und Experten von "Moritz und die digitale Welt", Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen (zuletzt abgerufen: 20. September 2008)
  5. Leben im Netz, Treffen in der Wirklichkeit (nicht mehr online verfügbar) auf tagesschau.de (zuletzt abgerufen: 18. September 2008)
  6. [1] Impressum von de.creativecommons.org
  7. Vorstand des Netzwerk Neue Medien e.V. i.Gr.
  8. Demonstrationsaufruf mit Unterstützerliste
  9. [2]
  10. Hartmut Mehdorn vs. das Internet, Artikel auf Handelsblatt.de von Thomas Knüwer, 4. Februar 2009
  11. Blogger-David trotzt Bahn-Goliath, Bericht von Christian Stöcker bei Spiegel Online, 4. Februar 2009
  12. [3], Grüne benennen Sachverständige für Enquete-Kommission, 23. März 2010
  13. 5. Kurzstudie zu "Politik im Web 2.0", newthinking communications, 19. August 2009
  14. Kurzvorstellung Beckedahl, re-publica.de (zuletzt abgerufen: 20. September 2008)
  15. Website WSIS-Koordinierungskreis (zuletzt abgerufen: 20. September 2008)
  16. Charta der Bürgerrechte für eine nachhaltige Wissensgesellschaft, Heinrich-Böll-Stiftung 2003/2005 (zuletzt abgerufen: 20. September 2008)
  17. Markus Beckedahl, gruene-jugend.de (zuletzt abgerufen: 20. September 2008)
  18. „Die Freiheit des Netzes ist so bedroht wie nie zuvor“, t3n-Interview (zuletzt abgerufen: 23. Juni 2009)
  19. Bahn geht gegen Weblog vor Focus vom 3. Februar 2009
  20. Stern: "Die müssen uns ernst nehmen" vom 5. Februar 2009

Weblinks

 Commons: Markus Beckedahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Interviews


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