Matthias Hentze

Matthias Hentze

Matthias Werner Hentze (* 25. Januar 1960 in Wiedenbrück, heute Rheda-Wiedenbrück) ist ein deutscher Wissenschaftler und Arzt.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung

Matthias Hentze legte 1978 die Abiturprüfung am Ratsgymnasium in Rheda-Wiedenbrück ab und studierte anschließend Humanmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, sowie an den medizinischen Hochschulen von Southampton, Oxford, Glasgow und Cambridge im Vereinigten Königreich. Im Jahre 1984 erlangte er die Approbation als Arzt und promovierte zum Dr. med. an der Universität Münster über die Biogenese, Reifung und den Transport lysosomaler Enzyme bei Kurt von Figura. Im Alter von 30 Jahren habilitierte er 1990 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Matthias Hentze ist mit der deutschen Ärztin Sabine Hentze verheiratet und hat drei Töchter. Er nimmt regelmäßig an den Marathons der World Marathon Majors Serie (New York, Boston, Chicago, London, Berlin) teil und qualifizierte sich für den Jubilee Club des Berlin Marathons.

Beruflicher Werdegang

Gefördert durch ein Postdoktorandenstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft schloss sich Hentze 1985 nach kurzer ärztlicher Tätigkeit der Forschungsgruppe von Richard D. Klausner an den National Institutes of Health (Bethesda, Maryland, USA) an. Im Jahre 1987 gelang Hentze und seinen Kollegen die Entdeckung von „iron-responsive elements (IRE)“, dem ersten Beispiel für translationale Genregulation bei Säugern. Im Jahre 1989 wechselte Hentze als wissenschaftlicher Gruppenleiter an das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg, und wurde 1996 zum Dekan des EMBL International PhD Programme berufen. Seit 2005 ist Hentze Vizedirektor des EMBL. Im selben Jahr wurde er zum Professor für Molekulare Medizin der Universität Heidelberg ernannt.

Gemeinsam mit Andreas Kulozik von der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg gründete er 2002 die „Molecular Medicine Partnership Unit (MMPU)“ und ist als deren Co-Director verantwortlich. Die MMPU stellt die erste institutionelle Partnerschaft zwischen dem EMBL und einer nationalen Forschungseinrichtung dar und widmet sich interdisziplinärer Forschung an der Schnittstelle zwischen Molekularbiologie und klinischer Medizin. Hentze ist auch Ehrenmitglied der Fakultät des Victor Chang Cardiac Research Institut, Sydney, Australien.

Hentzes Forschungsteam hat grundlegende Arbeiten insbesondere für das Verständnis der Translationskontrolle (RNA-bindende Proteine, microRNAs) geleistet, dessen Bedeutung für die Entwicklungsbiologie, Hirnfunktion, Krebsentstehung und andere Erkrankungen inzwischen weithin anerkannt ist. Außerdem ist Hentze für Schlüsselentdeckungen auf dem Gebiet des Eisenstoffwechsels und seiner Erkrankungen bekannt. Im Rahmen der MMPU untersucht er unter anderem Erkrankungen des RNA Stoffwechsels, vor allem den sogenannten nonsense-mediated decay (NMD) und der 3’Endbildung von mRNAs. Vor kurzem schlug Hentze mit dem Konzept von "REM Netzwerk" eine neue Verbindungsachse zwischen Stoffwechsel und der Genexpression auf Basis RNA-bindender Enzyme vor (Hentze und Preiss, 2010).

Hentze ist einer der wissenschaftlichen Mitbegründer von Anadys Pharmaceuticals (San Diego, USA).

Ehrungen, Preise und Mitgliedschaften

Hentze ist ein gewähltes Mitglied der Deutschen Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Europäischen Akademie der Wissenschaften, und der European Molecular Biology Organization (EMBO). Er ist Träger verschiedener Auszeichnungen, einschließlich des Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Deutschlands wertvollster wissenschaftlicher Auszeichnung (2000), sowie des Lautenschläger Forschungspreises der Universität Heidelberg im Jahre 2007. Unter anderem hielt er 2010 auch die Princesses' Lecture des Victor Chang Cardiac Research Instituts. Hentze ist Mitglied nationaler und internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften wie der RNA Society, der BioIron Society (die er mitgründete), und der deutschen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM).

Sonstige Tätigkeiten

Matthias Hentze unterstützt zahlreiche internationale Beratungsgremien. Er half bei der Gründung der wissenschaftlichen Zeitschriften „EMBO Reports“ (2000) und „EMBO Molecular Medicine“ (2009), und gehört zu den editoriellen Beratern von unter anderem „Molecular Cell“, „RNA“, „Trends in Biochemical Sciences“, „Journal of Molecular Medicine“ und „EMBO Molecular Medicine“. Ferner ist er Mitglied der wissenschaftlichen Beratungskommittees des Centro de Biologia Molecular Severo Ochoa (Madrid, Spanien), des Max-Delbrück Zentrums für Molekulare Medizin (Berlin, Deutschland), der Spemann Graduate School of Biology and Medicine (Freiburg i. Breisgau), und der Queens University Belfast Medical School (Belfast, Nordirland).

Ausgewählte Veröffentlichungen

Matthias Hentze ist Mitautor von Lehrbüchern auf dem Gebiet der Molekularen Medizin und hat über 200 wissenschaftliche Originalbeiträge veröffentlicht, einschließlich:

  • Hentze, M.W., S.W. Caughman, T.A. Rouault, J.G. Barriocanal, A. Dancis, J.B. Harford and R.D. Klausner (1987). Identification of the iron-responsive element for the translational regulation of human ferritin mRNA. Science 238, 1570-1573.
  • Ostareck, D.H., A. Ostareck-Lederer, M. Wilm, B.J. Thiele, M. Mann and M.W. Hentze (1997). mRNA silencing in erythroid differentiation: hnRNP K and hnRNP E1 regulate 15-lipoxygenase translation from the 3’ end. Cell 89, 597-606.
  • Preiss, T. and M.W. Hentze. Dual function of the cap structure in poly(A) tail-promoted translation in yeast (1998). Nature 392, 516-520.
  • Muckenthaler, M., N.K. Gray and M.W. Hentze (1998). IRP-1 binding to ferritin mRNA prevents the recruitment of the small ribosomal subunit by the cap-binding complex eIF4F. Molecular Cell 2, 383-388.
  • Ostareck, D.H., A. Ostareck-Lederer, I.N. Shatsky and M.W. Hentze (2001). Lipoxygenase mRNA silencing in erythroid differentiation: the 3‘UTR regulatory complex controls 60S ribosomal subunit joining. Cell 104, 281-290.
  • Muckenthaler, M., C.N. Roy, A.O. Custodio, B. Minana, J. deGraaf, L.K. Montross, N.C. Andrews and M.W. Hentze (2003). Regulatory defects in liver and intestine implicate abnormal hepcidin and Cybrd1 expression in mouse hemochromatosis. Nature Genetics 34, 102-107.
  • Beckmann, K., M. Grskovic, F. Gebauer and M.W. Hentze. A dual inhibitory mechanism restricts msl-2 mRNA translation for dosage compensation in Drosophila (2005). Cell 122, 529-540.
  • Thermann, R. and M.W. Hentze (2007). Drosophila miR2 induces pseudo-polysomes and inhibits translation initiation. Nature 447, 875-879, 2007.
  • Gehring, N.H., S. Lamprinaki, A.E. Kulozik and M.W. Hentze (2009). Disassembly of Exon Junction. Complexes by PYM. Cell 137, 536-548.
  • Zdanowicz, A., R. Thermann, J. Kowalska, J. Jemielity, K. Duncan, T. Preiss, E. Darzynkiewicz and M.W. Hentze (2009). Drosophila miR2 Primarily Targets the m7GpppN Cap Structure for Translational Repression. Molecular Cell 35, 881-888.
  • Hentze, M.W. and T. Preiss (2010). The REM phase of gene regulation. TiBS 35, 423-426.
  • Hentze, M.W., M.U. Muckenthaler, B. Galy and C. Camaschella (2010). Two to tango: regulation of mammalian iron metabolism. Cell 142, 24-38.

Weblinks

Des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL):

Der Molecular Medicine Partnership Unit (MMPU):


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