Maud von Ossietzky

Maud von Ossietzky

Maud Hester von Ossietzky (* 11. Dezember 1888 – laut Heiratsurkunde 1884 – in Hyderabad/Indien; † 12. Mai 1974 in Berlin; geborene Lichfield-Woods) war die Tochter eines britischen Offiziers und Urenkelin einer indischen Prinzessin. Sie war die Ehefrau des deutschen Journalisten und Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky und gehörte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu den Wiederbegründern der Zeitschrift Die Weltbühne, die von Oktober 1927 bis zum März 1933 von ihrem Mann herausgegeben worden war.

Leben

Als Carl von Ossietzky seine spätere Ehefrau kennenlernte, war diese bereits seit mehreren Jahren politisch aktiv und in der englischen Frauenrechtsbewegung engagiert. Da ihr Vater bereits in ihrem siebenten Lebensjahr und ihre Mutter ein Jahr später gestorben waren, war sie in England von einer Tante aufgenommen worden. Diese hatte ihre Nichte jedoch in ein Internat gegeben, was Maud von Ossietzky in ihren Lebenserinnerungen als wenig angenehm schilderte. Mit Erreichen der Volljährigkeit war sie nach Manchester gezogen, wo sie als Krankenschwester gearbeitet und sich den Suffragetten angeschlossen hatte.

Maud Lichfield-Woods und Carl von Ossietzky trafen sich zum ersten Mal im Januar 1912 in einem Hamburger Café. Am 19. August 1913 heirateten die beiden in England. Zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit besaß Maud von Ossietzky noch ein beachtliches Vermögen aus dem Erbe ihres Vaters. Dies wurde jedoch zum Beginn des Ersten Weltkrieges beschlagnahmt.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges zog die Familie von Hamburg nach Berlin, wo am 21. Dezember 1919 die Tochter Rosalinde zur Welt kam. Da Carl von Ossietzky in den 1920er Jahren ein vielbeschäftigter Journalist war und später Herausgeber der Weltbühne wurde, schien das Familienleben sehr darunter gelitten zu haben. „Das Blatt nahm mir meinen Vater und machte meine Mutter krank“, beklagte sich Tochter Rosalinde rückblickend. Mit dieser Krankheit ist die Alkoholsucht von Maud von Ossietzky gemeint.

Die gesundheitlichen Probleme sollen auch dazu geführt haben, dass Carl von Ossietzky in der Nacht des Reichstagsbrandes verhaftet wurde und Deutschland nicht verlassen konnte. Da er seine Frau in dieser Nacht nicht unangekündigt alleine lassen wollte, kehrte er trotz eindringlicher Warnungen in seine Wohnung zurück, wo ihn am frühen Morgen des 28. Februars 1933 zwei Polizisten festnahmen.

Nach der Verhaftung ihres Mannes verbrachte Maud von Ossietzky einige Zeit in einem Berliner Sanatorium, später zog sie zu ihrem Schwiegervater nach Hamburg. Tochter Rosalinde konnte nach England ausreisen. Die Freilassung von Ossietzkys aus der KZ-Haft am 28. Mai 1936 erlaubte es dem Ehepaar wieder, sich in Berlin zu sehen. Da Carl von Ossietzky sich in den beiden Jahren bis zu seinem Tod ständig in einem Krankenhaus aufhielt, wohnten die beiden jedoch nicht gemeinsam in einer Wohnung. Eine tragische Rolle spielte Maud von Ossietzky bei dem Versuch, das mit der Verleihung des Friedensnobelpreises verbundene Preisgeld sinnvoll anzulegen. Sie fiel dabei auf den ohne Kammerlizenz agierenden Rechtsanwalt Kurt Wannow herein, der ihr versicherte, die Preissumme in Höhe von knapp 100.000 Reichsmark zu verwalten. Doch Wannow veruntreute das Geld, so dass es schließlich zum Prozess kam.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuchte Maud von Ossietzky das publizistische Erbe ihres verstorbenen Mannes weiterzuführen. Als gebürtige Engländerin beantragte sie bei der britischen Besatzungsbehörde eine Lizenz zur Herausgabe einer Zeitschrift, die unter dem Titel Carl von Ossietzky‘s Weltbühne monatlich erscheinen sollte. Sie erhielt die Lizenz im November 1945. Gegen diese Herausgabe der Zeitschrift wurde von den früheren Besitzern der Neuen Weltbühne, die bis 1939 im Exil erschienen war, Widerspruch eingelegt. Außerdem sollte der Journalist Peter de Mendelssohn von den Briten als Zensor des Blattes bestimmt werden, was den Herausgebern um Maud von Ossietzky nicht gefiel. Daher erschien die Zeitschrift schließlich von Juni 1946 an unter ihrem früheren Titel Die Weltbühne im sowjetischen Sektor Berlins.

Literatur

  • Maud von Ossietzky: Maud von Ossietzky erzählt : Ein Lebensbild, Berlin 1966
  • Hermann Vinke: Carl von Ossietzky, Hamburg 1978
  • Ursula Madrasch-Groschopp: Die Weltbühne. Porträt einer Zeitschrift. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1983. Nachdruck: Bechtermünz Verlag im Weltbild Verlag, Augsburg 1999

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