Max Grundig

Max Grundig
Max Grundig im September 1970.

Max Grundig (* 7. Mai 1908 in Nürnberg; † 8. Dezember 1989 in Baden-Baden) war der Gründer des gleichnamigen Elektronik-Konzerns Grundig AG, Fürth und zählt damit zu den bedeutenden Wirtschaftspionieren der Bundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Max Grundig wurde als Sohn des Lagerverwalters Max Emil Grundig, der aus Frauenstein/Sachsen stammte, und seiner Frau Marie in Nürnberg geboren und wuchs dort zusammen mit seinen drei Schwestern in sehr einfachen Verhältnissen auf.

1920–1933

Nachdem Max Grundig zuvor Leiter einer Fürther Filiale der Nürnberger Installationsfirma Hilpert war, eröffnete er mit einem später ausgezahlten Teilhaber am 15. November 1930 neben dem Fürther Rathaus (und gegenüber dem Geburtshaus seines Bekannten Ludwig Erhard) ein eigenes Geschäft in der Sternstraße 4 (heute: Ludwig-Erhard-Straße, das Haus wurde 1995 abgerissen).

Nach dem frühen Tod des Vaters 1920 (an den Folgen einer Blinddarmoperation) begann er 1922 eine Lehre als Einzelhandelskaufmann beim Nürnberger Installationsbetrieb Jean Hilpert. Er fiel dort als fleißiger Lehrling mit vielen Ideen auf und wurde dem Büro des Prokuristen zugewiesen. Bald gewann er das Vertrauen des kinderlosen Geschäftsinhabers Max Hilpert, für den er bald eine Art „Ziehsohn“ wurde. Um die stets dürftig gefüllte Familienkasse aufzubessern, betätigte er sich in den wenigen freien Stunden noch in Heimarbeit und bemalte Zinnsoldaten.

Mit 16 Jahren begann er sich intensiv für das gerade neu in Mode gekommene Medium Radio zu interessieren. Fasziniert von der Technik der Rundfunk-Empfänger bastelte Max Grundig mit gekauften Bauteilen seinen ersten Detektor-Apparat. Die kleine Wohnung der Grundigs entwickelte sich zu seinem Experimentierlabor. Max Grundig baute noch im selben Jahr seinen ersten Bildfunkempfänger, der Signale des Deutschlandsenders Königs Wusterhausen in Bildpunkte umsetzen konnte.

Gerade 18 geworden, besuchte er im Auftrag seines Chefs die dritte Große Deutsche Funk-Ausstellung 1926 in Berlin. Ein Jahr später wurde Max Grundig die Leitung der Fürther Tochterfirma von Hilpert übertragen. In dieser Filiale setzte er sein Wissen über die Rundfunktechnik um und bot zum ersten Mal Radios und Zubehör zum Verkauf an. Das Hauptgeschäft machte die Filiale aber mit Installationsaufträgen des gerade neu errichteten Fürther Stadtkrankenhauses. Durch eine ausgehandelte Umsatzbeteiligung konnte er sein Gehalt von 60 auf 600 Mark und mehr steigern. Damit war es dem 19-Jährigen erstmals möglich, seine Familie gut zu versorgen.

Mit 21 Jahren heiratete er Berta Haag, die gemeinsame Tochter Inge wurde 1930 geboren, die Ehe kurz darauf wieder geschieden, wobei er alle finanziellen Verpflichtungen übernahm.

Max Grundig kündigte am 1. November 1930 seine Stellung, um sich mit einem Radiogeschäft in Fürth selbständig zu machen. Nur mit Mühe konnte er seine Mutter überreden, wie vom Vermieter gefordert, den Mietvertrag als Bürge zu unterschreiben. Zusammen mit seinem Teilhaber Max Wurzer eröffnete er am 15. November 1930 die Fa. RADIO-VERTRIEB FÜRTH, Grundig & Wurzer OHG, in der Sternstraße 4 in Fürth. Der Verkauf der Radiogeräte war zunächst schwierig. Das Geschäft lebte in der ersten Zeit von Reparaturen, die Grundig selbst ausführte, und vom Teile- und Zubehörverkauf. Das Weihnachtsgeschäft 1930 brachte zwar etwas Umsatz beim Geräteverkauf, aber erst langsam sprachen sich die Qualität der von ihm vertriebenen Geräte und der gute Kundendienst herum, der Umsatz zog an und Grundigs Ladengeschäft konnte sich etablieren. Bald beschäftigte er zwei Monteure und seine drei Schwestern im Unternehmen.

1933–1945

1934 zahlte er den Teilhaber aus, und sein Unternehmen zog in ein wesentlich größeres Ladenlokal in der Schwabacher Straße 1 um. Max Grundig verkaufte nun Radiogeräte aller gängigen Hersteller, Schallplatten, Plattenspieler, Batterien und Zubehör. Daneben profitierte er von den unterschiedlichen Spannungen der Stromnetze in Nürnberg und Fürth (Wechsel- bzw. Gleichstrom). Wer von Nürnberg nach Fürth zog und einfach sein Radiogerät wieder einschaltete, brachte damit den Transformator zum Durchbrennen. Max Grundig reparierte diese Transformatoren auf eigens angeschafften Drahtwickelmaschinen und produzierte bald auch Neuware zum Verkauf an andere Radiohändler.

1938 heiratete er die Sopranistin Anneliese Jürgensen, die er in seinem Stammlokal, dem Café Fürst in Fürth, kennengelernt hatte. Im selben Jahr produzierte er bereits 30.000 Kleintransformatoren für den steigenden Bedarf der Rüstungsindustrie. Mit Kriegsbeginn arbeitete der Betrieb überwiegend für die deutsche Wehrmacht und reparierte Geräte der militärischen Nachrichtentechnik. Max Grundig wurde 1941 zu einer Nachrichteneinheit des Heeres eingezogen und nach der Ausbildung bei einer Transportkommandantur in Paris eingesetzt. Mit einer nicht ungefährlichen Schwejkiade erreichte er seine Rückversetzung. Kaum hatte der zuständige Kommandierende General einen 14-tägigen Urlaub angetreten, meldete sich Grundig beim Stellvertreter und erklärte, dass er auf Befehl des Kommandeurs nach Nürnberg versetzt sei. Er kam damit durch und versah danach als Obergefreiter Dienst im Führungsbunker der Transportkommandantur Nürnberg. Bald bekam er die Erlaubnis, sich in seiner militärischen Freizeit um sein Unternehmen zu kümmern.

Nach den Luftangriffen auf Nürnberg im Jahr 1943 ließ Grundig die Produktionsanlagen in das Dorf Vach bei Fürth auslagern und produzierte dort im Tanzsaal des Gasthauses „Linde“ und in der Kegelbahn des „Roten Ochsen“ bis Kriegsende Transformatoren, elektrische Zünder und Steuerungsgeräte. Die zunehmende kriegswirtschaftliche Bedeutung der Fa. Radio-Vertrieb Fürth führte dazu, dass Max Grundig nun unabkömmlich (UK) gestellt wurde und aus dem Militärdienst ausschied. Von AEG erhielt er bald Großaufträge, die die Produktion von 10.000 Kleintransformatoren pro Tag bedeuteten. Der Auftraggeber lieferte das Material und die dazu nötigen Arbeitskräfte gleich mit. 150 ukrainische Zwangsarbeiterinnen waren ab 1944 für die Firma tätig. Da ihre Versorgungssituation schlecht war, organisierte Max Grundig regelmäßig ihre Verpflegung. Siemens und AEG stellten bald Ingenieure ab, denn die Aufträge wurden höherwertig, und gegen Kriegsende produzierte das Unternehmen auch die Steuerungsgeräte für die V1-Marschflugkörper und die V2-Rakete.

1945–1989

Nach Kriegsende wurde Max Grundig von der amerikanischen Militärpolizei verhaftet und verhört, jedoch nach drei Tagen wieder entlassen. Die ukrainischen Zwangsarbeiterinnen, die niemand mehr hätte aufhalten können, dankten ihrem Chef derweil für die vergleichsweise gute Behandlung: sie blieben und bewachten das Firmeneigentum in Vach. Damit retteten sie Max Grundigs Hab und Gut vor Plünderung und Zerstörung.

Am 15. Mai 1945 eröffnete Max Grundig mit einigen Mitarbeitern wieder das Ladengeschäft in Fürth. Er ließ die Maschinen und Vorräte aus Vach in eine leergeräumte ehemalige Blechspielwarenfabrik in der Jakobinenstraße 24 in Fürth bringen und begann auf 400 m² mit 11 Männern und 31 Frauen im Juni 1945 mit der Produktion von Universal-Transformatoren, die in fast jedem Elektrogerät zu gebrauchen waren. Am 7. November 1945 erhielt er die offizielle Gewerbelizenz. Schon im August hatte er die Entwicklung eines Röhrenprüfgeräts begonnen, um die Firma auf eine breitere Basis zu stellen. Ende 1945 kam dieses erste Grundig-Gerät „Tubatest“, freilich noch unter dem Namen RVF (Radio-Vertrieb Fürth) auf den Markt. Mit ihm konnten auch Laien in kürzester Zeit Röhren jeglichen Fabrikats testen und die Leistung in Prozent ablesen.

Der aus einem Bausatz vom Käufer selbst zusammengebaute Radio Heinzelmann war der Grundstein für den Erfolg von Grundig

Eigentlich wollte Max Grundig auch wieder Radios verkaufen, aber die Produktion der traditionellen Hersteller kam nur schwer in Gang. Der Bau von Radiogeräten war genehmigungspflichtig und der Verkauf streng bewirtschaftet und bezugsscheinpflichtig. Diesen Hürden begegnete Max Grundig im Dezember 1945 mit einer bahnbrechenden Idee. Er entwickelte zusammen mit seinen Mitarbeitern einen Bausatz, den ein Laie leicht zu einem Radio zusammenbauen konnte und den er als „Spielzeug“ in den Handel bringen wollte. Dieser legendäre Rundfunkbaukasten „Heinzelmann“ war Auftakt und Durchbruch für die Geräteproduktion des RVF. Namensgeber für den (1946 zunächst namenlosen) Bausatz war mit großer Wahrscheinlichkeit das „Funkheinzelmännchen“ von Hans Bodenstedt aus den Jahren 1924/1925, die Titelfigur der wohl frühesten Kinderserie des deutschen Rundfunks [1]. Ab August 1946 lief schließlich die Serienproduktion an und ab Jahresbeginn 1947 wurde er ausgeliefert. Bis Jahresende waren über 12.000 Stück hergestellt und verkauft. Die Mitarbeiterzahl war auf 291 gewachsen.

Für eine weitere Ausdehnung der Produktion des „Heinzelmann“ und für die geplanten Komplettgeräte brauchte Max Grundig dringend größere Räumlichkeiten. Im März 1947 kaufte er ein Grundstück an der Kurgartenstraße und ließ eine Fabrikhalle errichten, in der ab Oktober 1947 der „Weltklang“, ein Komplettgerät mit drei Wellenbereichen gefertigt wurde. Es wurde ihm vom Handel fast buchstäblich aus den Händen gerissen.

Im 1949 fertiggestellten Direktionsgebäude an der Kurgartenstraße in Fürth befand sich bis 1969 das Büro von Max Grundig, heute befindet sich dort das Café des Rundfunkmuseums Fürth. Auf dem Turm nahm 1951 der erste süddeutsche Fernsehsender einen regelmäßigen Sendebetrieb auf.

Nach der Währungsreform änderte Max Grundig den Firmennamen von „RVF-Elektrotechnische Fabrik“ in „Grundig Radio-Werk GmbH“, wenig später in „GRUNDIG Radio-Werke GmbH“ und dehnte sein Produktionsprogramm konsequent aus. In einer rasanten Expansion der Produktionskapazitäten schaffte er gleichzeitig die Voraussetzungen, den Massenmarkt der frühen 1950er Jahre mit seinem Nachholbedarf bedienen zu können. 1949 betrug die Monatsproduktion bereits 12.000 Geräte, 1951 waren es 34.000, 1953 schon 39.900 und bis 1960 stieg sie auf 70.800. Ab 1952 war Max Grundig Europas größter Rundfunkgeräte- und der Welt größter Tonbandgeräte-Produzent. Die Weltmarke GRUNDIG etablierte sich.

Max Grundig weitete das Geschäft auf weitere Bereiche der Unterhaltungselektronik aus (1951 z.B. auf die ersten Fernsehgeräte) und war damit sehr erfolgreich. 1963 wurde ihm aufgrund seiner Verdienste für die Stadt Fürth die Ehrenbürgerwürde verliehen. 1971 erfolgte die Umwandlung des Konzerns in eine Aktiengesellschaft, die Grundig AG. 1979 schloss Grundig eine gesellschaftsrechtliche Verbindung mit dem niederländischen Philips-Konzern, der Firma, der er nur fünf Jahre später die Aktienmehrheit und Leitung seines ganzen Konzerns vollständig übergeben würde. In den 1980er Jahren war Grundig mit rund 28.000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in Mittelfranken, nachdem die Gesamtmitarbeiterzahl 1979 den personellen Höchststand von 38.460 Beschäftigten erreicht hatte. Aus seiner dritten Ehe 1981 mit der Elsässerin Chantal, geb. Rubert, stammt seine Tochter Maria-Alexandra.

Wesentlicher Grund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten ab Anfang der 1980er-Jahre waren die billigen Produkte aus Fernost, die den Markt massenhaft überschwemmten. Von einer Verlagerung seiner Produktion nach Fernost hielt er aber nichts: Er war überzeugt davon, dass dies langfristig nicht funktionieren könne, weil dann in Deutschland bald keine Arbeit und damit auch keine Kaufkraft mehr vorhanden wäre.

Als weiterer Grund für das „schwere Fahrwasser“ Anfang der 80er Jahre ist möglicherweise auch die Tatsache in Betracht zu ziehen, dass Grundig bei den steigenden Produktionszahlen des noch jungen Mediums Video zwischen 1976 und 1981 gleich mit insgesamt fünf untereinander inkompatiblen Home-Videoformaten (VCR, VCR Longplay, SVR, Video2000 und Compact Video Cassette) aufwartete, um erst ab 1979 sein gemeinsam mit Philips entwickeltes Video2000-System zu favorisieren. Dieses überstürzt auf den Markt geworfene und mit Qualitätsproblemen kämpfende Videoformat verfügte über interessante Eigenschaften, konnte sich aber nicht mehr durchsetzen gegenüber dem in den USA und Japan in dieser Zeit bereits verbreiteten Video Home System (VHS) der Matsushita-Gruppe. 1984 verkaufte der Firmengründer Max Grundig die Aktienmehrheit seines Unternehmens an den niederländischen Elektrokonzern Philips und zog sich damit aus dem Tagesgeschäft zurück.

Im Jahr 1986 erwarb Grundig das in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene „Kurhaus Bühlerhöhe“ und ließ es bis 1988 zum Luxushotel ausbauen. Nachdem dies vollbracht war, gab er gegenüber dem Biografen Egon Fein die Äußerung von sich: „Jetzt hab’ ich alles erledigt. Und, Fein, was mache ich jetzt?“ Er hatte nach einem erfüllten Leben mit täglicher, anstrengender Arbeit plötzlich keine Aufgabe mehr. Dies war für ihn unvorstellbar. Grundig verstarb vier Monate nach Fertigstellung der Bühlerhöhe. Er ist auf dem Hauptfriedhof Baden-Baden beigesetzt.

seit 1989

Nach längerer finanzieller Schieflage der Grundig AG konnte deren Insolvenz 2003 nicht mehr abgewendet werden. Bereits in den Jahren zuvor waren Teile des Konzerns abgestoßen (Geschäftsbereich Electronic) sowie Fabrikationsstätten geschlossen worden (TV-Werk Wien). Was die Insolvenz vom Kerngeschäft des Grundig-Konzerns 2003 übrig ließ, die TV- und Unterhaltungselektronikproduktion, ging an einen türkisch-britischen Investor, der in erster Linie an der Verwendung der Marke interessiert war. Seit 2008 gehört die Grundig Intermedia GmbH zu 100 % zum türkischen Unternehmen Arçelik, das Teil der Koç Holding ist. Unter dem Namen Grundig werden in einem Werk in Istanbul LCD-Fernseher gefertigt, für die ehemalige Grundig-Ingenieure das Qualitätsmanagement übernahmen. In Nürnberg gibt es noch ein Vertriebsteam und Teile der Entwicklungsabteilung.

Frühere Geschäftspartner und Mitarbeiter beschreiben Max Grundig als echte Unternehmerpersönlichkeit, aber auch als selbstherrlich, dominant und autoritär.

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Hans Knoll: Ursprünge des Radiobaukastens „Heinzelmann“, S. 14. In: Rundfunk und Museum. Zeitschrift des Rundfunkmuseums der Stadt Fürth, Heft 71, Dezember 2009, S. 9–16.

Literatur

Weblinks


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