Medizinische Task Force

Medizinische Task Force

Die Innenminister und -senatoren haben anlässlich der Innenministerkonferenz im Juni 2007 das neue Konzept zum Bevölkerungsschutz des Bundes einstimmig verabschiedet. Zentrales Element der Planung sind die Medizinischen Task Forces (MTF). Bisher war der Bevölkerungsschutz in Deutschland nicht flächendeckend in der Lage, kontaminierte Patienten medizinisch zu versorgen. Dies wird mit der Einführung der neuen Einheit geändert.

Dieser Artikel stellt den momentanen Stand der Entwicklung der Medizinischen Task Force dar und berücksichtigt alle bis zum momentanen Zeitpunkt bekannten und veröffentlichten Quellen. Auf dem Bundeskongress Rettungsdienst[1] in Kassel am 4. April 2008 wurde das Konzept der breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt[2]. Eine weitere Vorstellung und die Präsentation der ersten konzeptkonformen Fahrzeuge erfolgte im Rahmen der Fachmesse RettMobil im Mai 2008 in Fulda[3]. Am 20. Mai 2008 wurde die Neue Konzeption im Bevölkerungsschutz, Ergänzende Ausstattung des Bundes für den Katastrophenschutz auf dem Internetauftritt des BBK veröffentlicht[4].

Inhaltsverzeichnis

Grundgedanke

Mit dieser grundlegenden Umstrukturierung verfolgt der Bund eine komplett neue Strategie bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung bei Großschadenslagen. Während er bisher die ergänzenden Komponenten für den Katastrophenschutz der Länder zur Verfügung gestellt hat, stellt er in Zukunft eigene Einheiten auf, die den Katastrophenschutz der Länder mit Spezialkräften unterstützen sollen.

Die bisher durch den Bund nahezu flächendeckend für den Sanitäts- und Betreuungsdienst der Länder zur Verfügung gestellten Arzttruppkraftwagen, Viertragewagen, Betreuungskombis, Betreuungslastkraftwagen und Feldküchen werden in Zukunft nicht mehr durch diesen gestellt. Diese massive Reduzierung hat für die Länder weitreichende Konsequenzen, da sich diese in der Vergangenheit zum größten Teil auf die Ausstattung und somit auch die Finanzierung des Bundes verlassen haben. Für den Katastrophenschutz der Länder stellt der Bund nach der aktuellen Planungen den Ländern Unterstützungskomponenten in Form von Einsatzfahrzeugen für die Bereiche Brandschutz (Löschgruppenfahrzeuge) und Betreuung (Gerätewagen Logistik Wasserversorgung, Gerätewagen Betreuung, Betreuungs-Kombi) zur Verfügung[5]. Hierbei haben die Länder die Wahl, aus dem "Warenkorb" des Bundes ihren Bedarf zu benennen.

Mit der Einführung des neuen Konzeptes soll die bisherige Trennung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz neu definiert werden. Der bisherige Zivilschutz gemäß Art. 73 GG soll in den des Bevölkerungsschutzes überführt werden. Hierunter sollen die Aufgaben der medizinischen Versorgung im Verteidigungsfall, die Unterstützung der Länder bei länderübergreifenden Großschadensereignissen und bei Anschlägen terroristischer Art subsumiert werden. Um die Zuständigkeiten der verschiedenen Einheiten und Einrichtungen definieren zu können, hat der Bund neue Versorgungsstufen (1 bis 4) definiert. Die Medizinischen Task Forces sollen in der Schutz- und Versorgungsstufen 4 eingesetzt werden. Dieser Sonderschutz ermöglicht die Versorgung von mehr Schwerverletzten auf einem Behandlungsplatz der Schutzstufe 3, verlängert seine Durchhaltefähigkeit und erweitert darüber hinaus den Behandlungsplatz um die Fähigkeit, auch kontaminierte Patienten notfallmedizinisch zu versorgen. Bei allen vorherigen Versorgungsstufen behalten die Instrumente der alltäglichen bzw. der erweiterten Gefahrenabwehr der Kommunen bzw. Länder ihre Zuständigkeit. Anfang 2010 wurde in Kassel mit dem ersten Pilotstandort [6] der Aufbau der insgesamt 61 Einheiten begonnen. Die vollständige Ausstattung der Einheiten soll erst im Jahr 2017 abgeschlossen sein.

Medizinische Task Forces sollen unter anderem in das EU-Gemeinschaftsverfahren eingebunden werden. Hierunter wird die schnelle Hilfe und bessere Koordination von Einsätzen zum Schutz der Bevölkerung innerhalb und außerhalb der EU verstanden. Es soll die Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen zwischen den beteiligten europäischen Ländern verstärken. Dabei kann das Verfahren bei Naturkatastrophen, großen Unfällen oder terroristischen Anschlägen gleichermaßen aktiviert werden. Jedes Land, das eine Gefahrensituation aus eigenen Kräften nicht mehr zu bewältigen vermag, kann um Hilfe und Unterstützung bitten, die im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrens in Form von Expertise, Einsatzteam, Einsatzmitteln und Einrichtungen wie Krankenhausbetten gewährt werden kann. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Einsatzbereitschaft. Die Einheiten müssen, ähnlich den Einheiten der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, innerhalb weniger Tage oder gar Stunden weltweit einsatzbereit sein.

Gesetzliche Grundlage

Der Bevölkerungsschutz in der Bundesrepublik ist föderal in den Zivilschutz (im Verteidigungsfall) und den Katastrophenschutz (im Frieden) aufgeteilt. Der Bund ist dabei prinzipiell nur für den Zivilschutz zuständig, der Katastrophenschutz liegt in der Hand der Länder. Durch die Fortentwicklung des alten Zivilschutzgesetzes zum Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz[7], welches am 9. April 2009 in Kraft trat, darf der Bund jedoch auch außerhalb seiner originären Zuständigkeit agieren. So ist es fortan erlaubt, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel von den Ländern auch bei besonders schweren Unglücksfällen und Naturkatastrophen eingesetzt werden. Einer bereits seit Jahrzehnten vollzogenen Praxis ist damit nun auch der rechtliche Rahmen gegeben. Darüber hinaus kann der Bund auf Antrag eines Landes zukünftig auch koordinierend tätig werden. Zuletzt werden die zentral vom Bund durchgeführten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auf eine moderne gesetzliche Grundlage gestellt. Demzufolge können die MTF auch durch die Länder bei entsprechender Notwendigkeit zum Einsatz gebracht werden.

Stärke- und Ausstattungsnachweisung (STAN)

Notfallkrankenwagen der Medizinischen Task Force

Wie eingangs bereits erwähnt, ist die Anforderung an eine Medizinische Task Force die Versorgung von ggf. kontaminierten Patienten. Um dies realisieren zu können, ist sie in sogenannte Module gegliedert. Diese ergänzen die bisherigen Einsatzeinheiten und Katastrophenschutzzüge. Im Einzelnen sind folgende Module geplant:

Modul Helfer/innen Fahrzeuge Ausstattung
Führung 6 1 Kommandowagen Führungs- und Kommunikationsmittel
Behandlung 20 1 Gerätewagen Behandlung,

2 Mannschaftstransportwagen

notfallmedizinische Ausrüstung
Logistik / Betreuung 3 1 Gerätewagen Logistik Feldbetten, Decken, Ersatzbekleidung, Hygieneartikel, Equipment zur Zubereitung von Verpflegung
Dekontamination Verletzter 15 1 Dekontaminationslastkraftwagen „Personen II+“,

1 Mannschaftstransportwagen

Ausrüstung zur Dekontamination Verletzter, Persönliche Schutzausrüstung für die Arbeit im Schwarzbereich ("schmutziger Bereich" vor der Dekontamination)
Transport 12 6 Notfallkrankenwagen siehe "Ausstattungssatz, Beladeplan und Typenblatt für Notfallkrankenwagen Typ B"

Darüber hinaus werden den MTFs insgesamt 450 Gerätewagen Sanitätsdienst mit "Material zur Ergänzung der medizinischen Versorgungskapazität" zur Verfügung gestellt. Dies entspricht 7 - 8 Fahrzeugen mit je 6 Helfern pro MTF. Im überörtlichen Einsatz ermöglichen diese Gerätewagen den Aufbau eines Behandlungsplatzes. Gemäß Konzept ist "dieser Ergänzungsteil […] eine notwendige Ergänzung, da im überörtlichen Einsatz die Ausstattung der Versorgungsstufen 2 und 3 nicht mitgeführt werden kann, da sie zur Sicherstellung in den originären HVB-Bereich gehört". Die STAN-Angaben sind dem endgültigen Konzept entnommen. Der erste Notfallkrankenwagen nach neuem Konzept wurde am 18. September 2008 von BBK-Präsident Christoph Unger an den Innenminister des Landes Baden-Württemberg übergeben. Im Verlauf des Jahres 2008 wurde die Beschaffung von insgesamt 230 dieser Fahrzeuge angestoßen, die derzeit (2009) an die Länder ausgeliefert werden[8].

Weitere Entwicklung

Die ersten Notfall-KTWs und 25 Dekon-LKWs werden seit Frühjahr 2009 ausgeliefert. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe hat im Frühjahr 2009 eine Konzeption für den Gerätewagen San erstellt. Die Ausschreibung für zunächst 170 Wagen wurde im Februar 2011 mit der Option auf weitere 220 Stück veröffentlicht[9]. Anschließend ist u.a. die Konzeption des Gerätewagen Behandlung geplant.

Am 10. März 2010 wurde in Kassel mit dem ersten MTF-Standort in den Pilotbetrieb gestartet[6].

Chronologie bisheriger Veröffentlichungen

Einzelnachweise

  1. Bundeskongress Rettungsdienst
  2. Referat Ch. Altheim MTF Umsetzung auf Länderebene
  3. Veranstaltungshinweis des BBK
  4. Veröffentlichung des BBK
  5. BBK: Ergänzende Ausstattung des Bundes für den Katastrophenschutz
  6. a b http://www.bbk.bund.de/DE/04__Presse/01__Pressemitteilungen/2010/10031015__MTF-Einweihung-Pilotstandort-Kassell.html
  7. Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz
  8. Jahresbericht des BBK 2008
  9. http://www.evergabe-online.de/home?content=showAusschreibung&suchenJSP=ausschreibungen&verfahrenID=16992
  10. Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland
  11. DRK Generalsekretariat
  12. Malteser Generalsekretariat

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