Einsatzeinheit (Deutschland)

Einsatzeinheit (Deutschland)

Die Einsatzeinheit ist eine taktische Einheit des Bevölkerungsschutzes. Sie ersetzte nach Ende des Kalten Krieges die früheren Katastrophenschutzzüge, da eine Einsatzeinheit flexibler und umfangreicher einsetzbar ist.

Das in der Regel ehrenamtliche Personal wird von den verschiedenen Hilfsorganisationen wie Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), Malteser Hilfsdienst (MHD), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) oder dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) gestellt. Das Material sowie die Fahrzeuge wird hauptsächlich vom Bund und den Bundesländern, teilweise aber auch von den Hilfsorganisationen finanziert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zu Beginn der 1990er Jahre erarbeitete das Deutsche Rote Kreuz das Konzept der Einsatzeinheiten. Die Ausgangslage war dabei die Erfahrung, dass die bis dahin bestehenden Einheiten des Sanitäts- und Betreuungsdienstes des Katastrophenschutzes nur in Ausnahmefällen zur Bewältigung von Schadensereignissen zum Einsatz kamen. Sie waren zu groß, zu schwerfällig und zu stark auf den Zivilschutz ausgerichtet.

Die neu konzipierten Einsatzeinheiten sollten bei Schadensereignissen jeder Größenordnung schnell und flexibel in der Lage sein den betroffenen Menschen gezielt zu helfen. Ein besonderes Augenmerk wurde darauf gerichtet, dass die Einsatzkräfte multifunktional - also sowohl im Sanitäts- als auch im Betreuungsdienst - eingesetzt werden konnten. Die DRK-Einsatzeinheit sollte sowohl als komplette Einheit, als auch in Fachgruppen eingesetzt werden können.

Das Konzept der Einsatzeinheit wurde dann vom Deutschen Roten Kreuz bundesweit flächendeckend umgesetzt. In Nordrhein-Westfalen wurde das Konzept abgewandelt und als Einsatzeinheit NRW 1998 für alle Hilfsorganisationen verbindlich vorgeschrieben. Ein Erlass des Innenministeriums Niedersachsen gab den Hilfsorganisationen die Einsatzeinheit unter der Bezeichnung Einsatzzug als taktische Einheit vor. In Sachsen sollen die Einsatzeinheiten nach einem Entwurf des Sächsischen Innenministeriums vom 4. August 2009 ebenfalls Einsatzzug heißen[1].

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Im Jahr 2008 hat das Innenministerium Baden- Württemberg mit den "Gemeinsame Hinweise des Innenministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales"[2] das Konzept der Einsatzeinheiten modifiziert und als Standard im Katastrophenschutz des Landes vorgesehen. Das Konzept unterscheidet sich in Teilen wesentlich vom bundesweit üblichen. So gibt es keine Definition von Mindestausstattung und Mindeststärke, sondern eine Vorgabe über die zu erbringende Leistung je Modul bzw. Einsatzeinheit. Es wird zwischen zwei Typen Einsatzeinheiten unterschieden: Die Einsatzeinheit Erstversorgung verfügt über eine SEG Erstversorgung, die auf die schnelle Versorgung von 10 Patienten der Triagekategorien T1 bis T3 ausgelegt ist. Die Einsatzeinheit Behandlung führt stattdessen das benötigte Material mit, um zusammen mit einer Einsatzeinheit Erstversorgung einen Behandlungsplatz betreiben zu können. Die Sanitätsgruppe teilt sich auf in ein Leistungsmodul Erstversorgung bzw. Behandlung und ein Leistungsmodul Transport.

Aufbau

Die Personalstärke der Einsatzeinheit beträgt 30 Einsatzkräfte. Sie ist in die vier Gruppen Führungstrupp, Sanitätsgruppe, Betreuungsgruppe und Trupp Technik und Sicherheit gegliedert. In Nordrhein-Westfalen besteht sie dagegen bei gleicher Gliederung aus 33 Helfern (Stärke 2/7/24/33). Der Einsatzzug in Sachsen soll aus 31 Helfern (Stärke 2/4/25/31) bestehen und hat keinen Trupp Technik und Sicherheit. Eine personelle Zweitbesetzung der Einsatzeinheit ist mindestens zu gewährleisten.

Führungstrupp (Zugtrupp)

Führungsfahrzeug aus Stegen, 2004

Der Führungstrupp führt den Einsatz im zugewiesenen Einsatzabschnitt. Er koordiniert die unterstellten Gruppen und ist die Verbindung zur übergeordneten Einsatzleitung. Die Einsatzleitung (Technische Einsatzleitung) wird durch einen Fachdienstberater unterstützt und dieser hält die Verbindung zum Zugtrupp. Über diesen Weg werden auch die Einsatzaufträge an die Einsatzeinheit übermittelt.

Der Führungstrupp besteht aus einem Zugführer (ZFü), einem Zugtruppführer (ZTrFü) oder stellvertretenden Zugführer (stv. ZFü), einem Führungshelfer (FüHe) und dem Zugarzt der Einsatzeinheit. Der Führungstrupp hat somit die Stärke 2/1/1/4.

In Nordrhein-Westfalen gehört der Arzt zur Sanitätsgruppe (Arzttrupp) und ein zweiter Führungshelfer zum Führungstrupp, der damit die Stärke 1/1/2/4 hat. Diese Regelung soll auch in Sachsen gelten.

Die Beschaffung und Ausstattung des Führungsfahrzeuges erfolgt durch die Hilfsorganisation.

Sanitätsgruppe

Sanitätsgruppe in Kirchzarten, 2003

Die Gruppe Sanitätsdienst besteht aus 9 Helfern (0/1/8/9), in NRW aus 10 Helfern (1/1/8/10 in Nordrhein und 1/4/5/10 in Westfalen). Sachsen plant die Sanitätsgruppe nach dem Vorbild NRW ebenfalls mit 10 Helfern. Zusätzlich soll es noch eine Transportstaffel mit 6 Helfern (0/1/5/6) und drei Krankentransportwagen geben.

Die Sanitätsgruppe führt benötigtes Material an die Einsatzstelle und unterstützt Notärzte und nichtärztliches Rettungsdienstpersonal bei der Versorgung von Verletzten oder Erkrankten. Im Schadensgebiet kann die Gruppe bei der Suche und der Erstversorgung von Patienten eingesetzt werden. Sie kann notwendige Infrastruktur, wie Patientenablagen oder Behandlungsplätze mitbetreiben. Die Einsatzkräfte können für den Patiententransport vom Schadensgebiet zum Behandlungsplatz, dank der vorhandenen KTWs auch für den Transport zum Krankenhaus eingesetzt werden.

Zusammen mit der Führungsgruppe kann die Sanitätsgruppe unabhängig von der Einsatzeinheit als Schnelleinsatzgruppe eingesetzt werden. Sie kommt somit auch bei größeren Unfällen zum Einsatz. Eine Sanitätsgruppe kann 20 Verletzte selbstständig versorgen.

Als Fahrzeuge dienen außerhalb Sachsens zwei Krankentransportfahrzeuge (z.B. 4-Tragen-KTW) und entweder ein Arzttruppkraftwagen oder ein Kombi mit Anhänger. In NRW kommt teilweise auch der vom Land NRW im Jahre 2006 neubeschaffte GW-San 25 NRW zum Einsatz.

Betreuungsgruppe

Betreuungsgespann aus Mülheim a. d. Ruhr, 2005

Die Gruppe Betreuungsdienst besteht aus einem Gruppenführer und 12 weiteren Helfern (Stärke 0/3/10/13), in NRW aus einem Gruppen-, drei Truppführern und 11 weiteren Helfern (0/4/11/15). Sie ist in die Trupps Soziale Betreuung (0/1/3/4), der sich um Betroffene kümmert, den Trupp Unterkunft (0/1/3/4), der sich um die Unterbringung von Betroffenen kümmert, und den Trupp Verpflegung (0/1/4/5), der sich um die Verpflegung der Betroffenen sowie der eigenen und fremden Einsatzkräfte kümmert, eingeteilt. In NRW ist die Betreuungsgruppe folgendermaßen gegliedert: 1. Trupp "Soziale Betreuung" (0/2/4/6), 2. Trupp "Soziale Betreuung" (0/1/5/6) und Verpflegungstrupp (0/1/2/3), wobei dieser nur bei 2/3 der Einsatzeinheiten existiert. In Sachsen soll die Betreuungsgruppe laut Entwurf aus einem Gruppenführer und sieben weiteren Helfern (0/1/7/8) bestehen und ist nicht in Trupps unterteilt. Ihr soll ein Mannschaftstransportwagen, der von der Hilfsorganisation zu stellen ist, und ein Gerätewagen-Betreuung, der vom Bund zu stellen ist, zur Verfügung stehen. Der Verpflegungstrupp mit einer Stärke von 3 Helfern einschließlich eines Feldkochs (0/0/3/3) ist hier nicht in die Betreuungsgruppe integriert, sondern untersteht dem Führungstrupp. Ihm sollen ein Gerätewagen-Versorgung, ein Feldkochherd und ein Zweiachskühlanhänger zu Verfügung gestellt werden.

Die Betreuungsgruppe kann zusammen mit der Führungsgruppe als Schnelleinsatzgruppe eingesetzt werden und ist somit auch für Einsätze unterhalb der Katastrophenschwelle verfügbar. Eine Betreuungsgruppe kann alleine 150 Betroffene versorgen und betreuen.

Als Fahrzeuge dienen meist zwei Mannschaftstransportwagen, teilweise mit Fahrzeuganhänger, und ein Betreuungslastkraftwagen mit Feldkochherd. Häufig wird der Betreuungskombi des Bundes und in NRW das Betreuungsgespann NRW eingesetzt.

Trupp Technik und Sicherheit

Der Trupp Technik und Sicherheit (kurz: TuS, auch TeSi genannt), ist ein unterstützender Trupp. Er unterstützt die anderen Gruppen im Einsatz durch Erstellung bzw. Sicherstellung der Infrastruktur und übernimmt die sicherheitstechnische Absicherung der gesamten Einsatzeinheit im Einsatz (ggf. in Abstimmung mit anderen Organisationen, z.B. Feuerwehr oder Technisches Hilfswerk).

Er besteht aus Truppführer und drei Einsatzkräften, sowohl in der DRK-Vorgabe als auch in Nordrhein-Westfalen. In Sachsen ist kein solcher Truppe vorgesehen.

Zu den Hauptaufgaben des Trupps Technik und Sicherheit gehören die Bereitstellung von Strom, im Allgemeinen durch Notstromaggregate erzeugt, sowie die Gas- und Wasserversorgung und ggf. die Ausleuchtung des Einsatzgebietes.

Des Weiteren ist es Aufgabe des Trupps Technik und Sicherheit die allgemeine Betriebssicherheit aller Anlagen im Einsatzbereich sicherzustellen und auf die Einhaltung der Arbeitsschutz-, Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften zu achten, deshalb werden die Helfer des Trupps unter anderem in der Gefahrgutverordnung Straße und Schiene ausgebildet. Zu den zu überwachenden Anlagen zählen Notstromaggregate, Zelt- und Wasserheizgeräte, aber auch die fachgerechte Erstellung von Kabelverbindungen und Absicherung von Gefahrstellen.

Zusätzlich zu diesen Aufgaben wirkt der Trupp maßgeblich bei der Logistik der gesamten Einheit mit und dient als „Mädchen für alles“. Aufgrund dieses breiten Aufgabenspektrums, ist es oftmals so, dass „die Techniker“ den Großteil ihrer Arbeit erfüllt haben müssen, bevor der erste Patient bzw. Betroffene durch die Helfer der anderen Fachgruppen versorgt wird/ werden kann.

Des Weiteren überwacht sie den geeigneten Atem- und Körperschutz der Einsatzkräfte, bietet technische Unterstützung bei der Personen-Dekontamination, berät die Einheit fachlich bei Unfällen mit chemischen oder radiologischen Stoffen sowie führt technische Maßnahmen zum Schutze der Einheit bei Unfällen mit Gefahrstoffen durch.

Bei besonderen Schadenslagen müssen ggf. vorübergehend spezielle Trupps gebildet werden. Beispielsweise wird bei chemischen oder radiologischen Gefahren und zur Personendekontamination ein Trupp aus den Gefahrschutzhelfern der Teileinheiten gebildet.

Als Fahrzeug zum Material- und Personaltransport dient ein von der Hilfsorganisation gestelltes Zugfahrzeug, oftmals ein Mannschaftstransportwagen oder ein Transporter mit Mannschaftskabine, und ein 1,8t Anhänger, welcher vom Land gestellt wird. Eine Übersicht über die Beladung des Technikgespanns in NRW finden Sie unter Kombi Technik und Sicherheit.

Ausbildung der Einsatzeinheit

Jeder Helfer der Einsatzeinheit erhält eine Grundausbildung in der grundlegende Kenntnisse in Einsatztaktik, Sanitätsdienst, Betreuungsdienst und Technik und Sicherheit vermittelt werden. Danach folgt die Fachdienstausbildung in dem für den Helfer vorgesehenem Katastrophenschutzfachdienst und notwendige Funktionsausbildungen. Für Führungspositionen vorgesehene Einsatzkräfte besuchen darüber hinaus die Ausbildungsgänge für Trupp-, Gruppen- oder Zugführer.

Die genaue Ausgestaltung dieser Ausbildungsmodule ist sowohl Hilfsorganisations- als auch Landesspezifisch stark unterschiedlich.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [Sächsisches Staatsministerium des Innern, Rundschreiben Nr. 416/2009]
  2. http://www.lfs-bw.de/servlet/PB/-s/1jb86017w8oby1k093qd13zttvhl1bg/show/1277975/MANV-Handbuch%20Vers%2012_11.pdf

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