Megalithen in Apulien

Megalithen in Apulien

Die Megalithen in Apulien sind neben einer kleinen Gruppe von Steinkisten im Gebiet von Rom und Neapel (Pian Sultano), die einzigen auf dem italienischen Festland. Sie wurden 1956 von J. D. Evans in die Bari-Taranto-Gruppe (siehe Tarent bzw. Galeriegrab) und die Otranto-Gruppe (Dolmen) eingeteilt. Hypogäen, wie die von Trinitapoli, sowie Menhire und Specchie (Cairns) und Felsengräber, wie die von Massafra, ergänzen das vorgeschichtliche Bild der Region.

Inhaltsverzeichnis

Die Bari-Taranto-Gruppe

Die galerieartigen Anlagen dieser Gruppe können kurz (3 m) oder bis zu 17 m lang sein. Sie sind stets rechteckig und aus plattigem Material erbaut. Einzelne Anlagen sind zusätzlich von Trockenmauerwerk umgeben. Bei den meisten finden sich Hinweise auf einen ovalen der rechteckigen, jedoch ausgegangenen Hügel. Die Anlagen Corato und Giovinazzo sind innen segmentiert. Giovinazzo besitzt einen runden Vorhof, der Hinweis auf dort durchgeführte Rituale gibt. Die zumeist Ost-West ausgerichteten Anlagen haben ihren Eintritt im Osten. Es gibt Anzeichen für Seelenlochzugänge. Die Anlagen Bisceglie und Leucaspide haben eine abgetrennte Vorkammer. Nur die erst spät entdeckten Anlagen von Bisceglie und Giovinazzo enthielten noch Grabbeigaben und Skelettmaterial. Mittelhelladische Tonware zeigt an, dass Giovinazzo noch um 1700 v. Chr. im Gebrauch war. Die Galerie oder der Cairn von Giovinazzo liegt nahe Bari. Mit einer Länge von 17 m ist er der imposanteste. Er war bis zu seiner Auffindung unter einem Erdhügel verborgen. Er wurde bei seiner Entdeckung in zwei Teile zerteilt, als ein Bauer, bei dem Bemühen sein Ackerland einzuebnen, mit einer Planierraupe durch den Hügel fuhr.

Die Otranto-Gruppe

Scusi-Dolmen bei Minervino

Die südlichste, auch salentinisch genannte Gruppe festland-italienischer Anlagen besteht aus Dolmen und liegt in der Provinz Lecce, zumeist nahe Otranto. Sie umfasst etwa 30 Anlagen, die sich deutlich vom Bari-Taranto-Typ unterscheiden. Sie geben keine Hinweise auf ehemalige Hügel und haben auch keine einheitliche Orientierung. Die nur etwa einen Meter hohen Dolmen sind zwar megalithisch jedoch sind ihre Kammern oval, rund oder polygonal. Sie sind zwei bis vier Meter lang. Bis zu acht Tragsteine tragen den Deckstein. Anders als die Bari-Taranto Gruppe weisen sie auf den Oberseiten der Decksteine Gruben, Markierungen und Schälchen auf. Der besterhaltene der Gruppe ist der Scusi-Dolmen bei Minervino. Eine große Gruppe liegt bei Guirdignano. Die Dolmen Gurgulante und Placa bei Melendugno und der Dolmen Cranzari bei Zollino (alle unmittelbar südlich von Lecce) sind die nördlichsten Exemplare dieser Gruppe. Der Dolmen "Argentina" im äußersten Süden ist ein Semi-Hypogäum. Seiner Kammer wurde in den Felsen geschnitten, nur sein oberirdischer Zugang wird von Megalithen gebildet.

Zeitstellung

Es existieren keine C-14-Daten und daher bestimmt die Typologie der Beigaben die Einordnung der Bari-Tarento-Monumente. Die Beigaben werden der B Phase der Proto-Apenninen-Kultur zugeordnet, die zwischen 2300 und 1750, also in die späte Bronzezeit eingeordnet wird. Damit gehören diese Megalithanlagen mit zu den spätesten im mediterranen Raum.

Die nahezu fundleeren Otrantodolmen lieferten keine Anhaltspunkte für ihre zeitliche Bestimmung. In ihnen wurde zunächst weder Beigaben noch Skelettmaterial gefunden, trotzdem wird an ihrer Grabfunktion heute nicht mehr gezweifelt. Im Dolmen Cosi südlich von Gallipoli wurden Obsidian, Scherben und menschliche Knochen gefunden.

Die Ausgangssituation führte dazu, dass britische Forscher die beiden Gruppen zunächst als nicht gleichzeitig bestehend ansahen. Bei der Suche nach Parallelen wurden sie mit den maltesischen Anlagen der zeitgleichen Tarxien-Phase verglichen. Gegen eine solche Verbindung spricht, dass die apulischen Anlagen (die Dolmen teilweise sehr eng) von Menhiren und Statuenmenhiren begleitet sind, die auf Malta völlig fehlen. Bei den Anlagen Scusi und Chiancuse befinden sich sogar noch rechteckige Löcher im Stein ihrer unmittelbaren Umgebung. Es wird vermutet, dass sie ursprünglich Menhiren als Basis dienten. Andere Forscher verglichen die apulischen mit den mittelitalienischen Steinkisten (von Pian Sultano) oder mit sardischen Anlagen. Es ist architektonisch jedoch eher möglich, die aus plattigen Tafeln hergestellten Dolmen der Region Bari (Albarosa, Frisari, Chianca dei Paladini) mit denen in der Region Aude in Südfrankreich zu verbinden.

Specchie

Specchie sind kreisförmige Monumente aus Trockenmauerwerk. Sie werden jedoch ähnlich wie die nicht ausgegrabenen irische Cairns (Heapstone, Knocknarea) in die Kategorie megalitischer Monumente eingeordnet. Sie liegen konzentriert westlich von Brindisi in einem Gebiet zwischen Ceglie Messapica, Villa Castelli und Francavilla Fontana und kleiner dimensionierte liegen im Salent. Der Specchia Miano, bei Ceglie Messapica hat einen Durchmesser von 20 und eine Höhe von elf Metern.

Menhire und Statuenmenhire

Statuenmenhire

Statuenmenhire sind eine bronzezeitliche Erscheinung die primär mit Sardinien, Korsika und dem kontinentalen Westeuropa, einschließlich der Westschweiz verbunden wird. Eine völlig isolierte und zeitlich schwer bestimmbare Gruppe kleiner Statuen (etwa 1 m hoch) findet sich beim 2000 Seelendorf Castelluccio dei Sauri in der Region Foggia in Apulien. Sie sind sehr rustikal geritzt und mit Büsten und Halsbändern verziert. Ein viel feiner gearbeitetes dolchverziertes Fragment wurde wenige Kilometer entfernt bei Mattinata (Tor di Lupa) in sekundärer Position in einer Mauer gefunden.

Menhire

Die mehr als 100 apulischen Menhire sind zum Teil geometrisch und sehr schlank (Casamassima) mit einer Höhe bis zu 4,7 m (de lu Chiofilu bei Martano). Andere haben anthropomorphere Proportionen. Viele liegen in den Olivenhainen nahe den Dolmen. Eine größere Gruppe liegt westlich von Bari zwischen Sovereto, Terlizzi und Bitonto. In Sammichele di Bari und bei Cannae befinden sich die gleichnamigen Menhire. Im Lecce sind die Menhire von Zollino von beachtlicher Länge.

Literatur

  • Alastair Service & Bradbery J.: The standing Stones of Europe, London 1979 S. 78-83
  • Orlando M.A.: Presenze necropoliche e strutture funerarie nel Salento dal XVI al X sec. a.C., in Studi di Antichità, VIII\2 (1995), pp. 19-38.
  • Whitehouse R.: The Megalithic Monuments of South-East Italy Man, New Series, Vol. 2, No. 3 (1967) S. 347-365

Weblinks


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