- Michaelergruft
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48.20798611111116.367019444444Koordinaten: 48° 12′ 29″ N, 16° 22′ 1″ O
Die Michaelerkirche war im 13. Jahrhundert eine von drei Pfarreien in Wien, neben St. Stephan und dem Schottenstift, und ist eine der ältesten Kirchen Wiens. Die Michaelerkirche ist einer der wenigen romanischen Bauten in Wien. Manche Elemente wurden nachträglich aber auch im Barock oder klassizistisch überbaut. Die Kirche ist dem Erzengel Michael geweiht. Sie wird seit 1923 von den Salvatorianern betreut.
Bekannt ist die Kirche vor allem wegen der Michaelergruft, in der manche Leichen aufgrund besonderer klimatischer Eigenschaften nicht verwesten, sondern mumifiziert wurden.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Michaelerkirche im Mittelalter
Dort wo heute die Michaelerkirche steht, ist keine Vorgängerkirche nachgewiesen. Es wird allerdings angenommen, dass es eine Vorgängerkirche im 11. Jahrhundert gab (nach Oettinger und Kieslinger). Das Mauerwerk der jetzigen Kirche stammt etwa aus der Zeit der Heidentürme des Stephansdoms. Bei Grabungen um die Kirche fand man aber Überreste einer römischen Villa aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Baubeginn der heutigen Michaelerkirche war vermutlich um das Jahr 1220. Die Gründung der Pfarre erfolgte laut einer anderen Urkunde des Babenberger Herzogs Leopold VI im Jahre 1221. Bei dieser Urkunde handelt es sich aber um eine Fälschung aus dem 14. Jahrhundert, wie man mittlerweile sicher weiß. Der ursprüngliche Baustil der Michaelerkirche war spätromanisch mit frühgotischen Elementen.
Die erste gesicherte schriftliche Erwähnung der Kirche stammt aus dem Jahr 1267 von einem Pfarrer namens "Gerhard von Siebenbürgen". Er erwähnt die Michaelerkirche als Filialkirche im Zusammenhang mit St. Stephan. Die Michaelerkirche war ursprünglich eine sogenannte Stadtpfarrei. Das bedeutet, dass sie keiner kirchlichen Ordensgemeinschaft unterstellt war und die Kirche von der Stadt beziehungsweise den Besitzern der Liegenschaft erhalten und ebenso wie der betreuende Priester bezahlt wurde. Die Michaelerkirche war – neben den Augustinern – für lange Zeit die zweite Hofpfarrkirche der Habsburger Kaiser.
Der Bau war von Beginn an als dreischiffige Kirche im spätromanischen Baustil geplant. Der Bau der Michaelerkirche erfolgte etwa mit der Erweiterung der Stadtmauern, also nach 1200, etwa im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts. Im Mittelschiff der Kirche findet man umfangreiche Stilelemente, die den Baubeginn für diese Zeit bestätigen. Es weist an den Säulen teilweise spätromanische, mit verschlungenen Gewächsen besetzte Kapitelle auf (Weinblattkapitell), die man etwa auf das Jahr 1220 datieren kann. Dem folgen Säulen mit Kelchkapitelle und Säulen noch späteren Datums mit Blätterkapitelle. Eine Besonderheit war der erste romanische Chorschluss, der damals aus Ziegel gebaut war. Er wurde im 15. Jahrhundert durch den jetzigen Chor ersetzt. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde das Langhaus gebaut, das sich bis heute in seiner damaligen Form erhalten hat. Genau datieren kann man das Mittelschiffgewölbe, das nach dem großen Stadtbrand 1276 gebaut wurde. 1350 wurde die heute noch erhaltene Kreuzkapelle im linken Chor gebaut. 1416 dürfte die Verlängerung des Hauptchores erfolgt sein. Im Wesentlichen wurden die Chöre aber nach einem Stadtbrand im Jahr 1327 erbaut, später wurden Veränderungen vorgenommen.
Umbauten im 15. und 16. Jahrhundert
Ende des 15. Jahrhunderts wurden die kleinen romanischen Fensternischen durch große gotische Fenster ersetzt. Aus dem Jahr 1525 existiert heute noch eine, wiederinstandgesetzte Glocke, welche die Kriege überlebt hat. Die Glocke wurde vom Wiener Glockengießer Laszlo Raczko gegossen. Sie wurde – wie auch der Turm – bei einem der zahlreichen Erdbeben beschädigt und nach dem Erdbeben von Neulengbach 1590 aus der kaputten Turmkrone geborgen. Die Stiegenstaffel der 3 übereinander gelagerten Wendeltreppen im neuen Turm stammten aus dem kaiserlichen Steinbruch am Leithaberg.
Wie fast alle Kirchen aus dieser Zeit, besaß auch die Michalerkirche einen Friedhof. Dieser wurde 1508 unter Kaiser Maximilian I. geschlossen. Allerdings wurden bis in das 18. Jahrhundert hinein immer wieder neue Grabplatten und Gedenksteine innerhalb der Kirche angebracht.
Die erste Gruft ließ nachweislich 1560 die Familie Herberstein anlegen. Während die Grüfte immer ausschließlich den Reichen vorbehalten waren, wurden die weniger Wohlhabenden und Armen auf einem Friedhof im heutigen 7. Wiener Gemeindebezirk begraben.
Die Zeit der Barnabiten (1626-1923)
Im Jahr 1626, mitten im Dreißigjährigen Krieg, wurde die Kirche dem italienischen Orden der Barnabiten zur Betreuung übergeben. Unter den Barnabiten fanden größere Umbauarbeiten statt. In einer Streitsache 1644 zwischen den Kaisersteinbrucher Steinmetzmeistern Ambrosius Petruzzy und Antonius Purisol, bestätigte die Wiener Bauhütte dem Meister Ambrosius Petruzzy seine Steinmetzhütte bei St. Michael. Es waren Arbeiten in der Vesperbildkapelle.
Weite Teile der Kirche wurden erst barockisiert und später dem Klassizismus angepasst (wie zum Beispiel der Hochaltar der Kirche). Der Portalvorbau wurde 1724 gestaltet und gebaut. Er ist von Lorenzo Mattielli und stellt einen Engelsturz dar. Die heutige Westfassade im klassizistischen Stil wurde 1792 nach Entwürfen von Ernest Koch und der barocke Hochaltar 1782 nach Entwürfen von Jean Baptiste d'Avrange gebaut, Steinmetzarbeiten erfolgten durch Stefan Gabriel Steinböck. Seit 1660 verfügten die Barnabiten über einen eigenen Friedhof im heutigen 6. Wiener Gemeindebezirk, auf dem die Armen und weniger Wohlhabenden ihre letzte Ruhestätte fanden. Die Barnabiten brachten nicht nur den Barock mit, sie pflegten auch die Katakomben. Die Knochenschichtungen stammen alle aus der Zeit der Barnabiten. Als der Orden 1920 Wien verließ, wurde die Verwaltung der Kirche an den Orden der Salvatorianer abgegeben.
Die Zeit der Salvatorianer (seit 1923)
Nachdem die Barnabiten die Pfarre verlassen hatten, wurde sie am 1. Januar 1926 aufgelassen und der Sprengel auf die Nachbarpfarren aufgeteilt. Die Pfarre wurde erst 1939 wieder errichtet und 1979 übernahm sie Teile der aufgelassenen Pfarre St. Peter. Die Salvatorianer sind um den Erhalt und die Renovierung der geschichtsträchtigen Kirche bemüht. Nach Jahrhunderten der Veränderung und des Umbaus wird die Kirche nun hauptsächlich durch Spendengelder, die Stadt Wien und den Bundesdenkmalschutz erhalten und renoviert. Momentan gilt die gesamte Aufmerksamkeit den Katakomben, in denen die Jahrhunderte alten Särge durch Schädlingsbefall (Rüsselkäfer (Curculionidae)) und feuchtes Klima innerhalb weniger Jahre zu zerfallen drohen. Die hohe Luftfeuchtigkeit setzt zudem vor allem den Mumien zu, aus diesem Grund wurde eine Klimaanlage in der Gruft installiert, welche die Luftfeuchtigkeit und Temperatur langsam senkt. Ziel ist es, die Gruft bei 60 - 65 % relativer Luftfeuchtigkeit auf 10 °C herunterzukühlen, da der Rüsselkäfer dann in Winterstarre fällt und keine weiteren Schäden anrichten kann.
Sehenswertes und Besonderes in der Michaelerkirche
Aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammt der (teilweise überbaute) Triumphbogen (Sanktuarium) zwischen Querschiff und Chorraum, auf dem das Harmagedon mit Jesus und seinen Jüngern dargestellt wird. Der Hochaltar wurde 1782 nach Entwürfen von Jean Baptiste d'Avrange gebaut. Die Kreuzkapelle (früher: Nikolauskapelle), eine Seitenkapelle im rechten Seitenchor, ist im südlichen Nebenchor seit etwa 1350 unverändert erhalten. Eine weitere Kapelle entstand um 1630 als Grablege für die Grafen Cavriani, alle übrigen sind im Ursprung gotisch und später barockisiert. Bei den Exequien für Wolfgang Amadeus Mozart am 10. Dezember 1791 wurden in der Michaelerkirche zum ersten Mal Teile seines Requiems aufgeführt, vermutlich der erste oder die ersten beiden Sätze, denn nur diese hatte Mozart noch fertigstellen können. Dieser Gedenkgottesdienst wurde von Emanuel Schikaneder gestiftet und kostete 26 Gulden und 35 Kreuzer, was ein wahrhaft stolzer Preis war. Zum Vergleich: Ein schöner Holzsarg kostete etwa zwischen 3 Gulden (Weichholz) und 17 Gulden (Nussholz).
Die Michaelergruft (Katakomben), siehe unten.Die Michaelergruft
Die Michaelergruft befindet sich direkt unter der Kirche und geht sogar teilweise darüber hinaus. In ihr sind etwa 4000 Menschen bestattet worden. In der Gruft wurden ausschließlich die reichen Bürger und Adeligen bestattet. Für die weniger Wohlhabenden gab es erst den Friedhof um die Kirche (erste urkundliche Erwähnung 1310) und später Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern. Die Gruft in der heutigen Form entstand von 1560 bis 1731 und wurde bis 1784 genutzt. Die Katakomben wurden aufgrund der Josefinischen Reformen geschlossen und durch Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern ersetzt (siehe auch Friedhof St. Marx). In der Katakombe konnten sich die Adeligen und Bürger eigene Grüfte kaufen, in denen sie mit ihren Verwandten exklusiv bestattet wurden. Diese Familiengräber waren sehr teuer und finanzierten den Unterhalt der Gruft. Nachgewiesen sind Bestattungen innerhalb der Kirche ab dem Jahr 1350. Um die Gebeine in der Gruft zu schichten und verwahren, waren vier Kirchendiener angestellt.
In der Michaelerkirche waren die Grüfte der Adeligen über Marmorplatten im Boden der Kirche zugänglich. Die Marmorplatten zeigen die Wappen der Geschlechter, deren Einlass in die Gruft sie bildeten. So wurden auch beim Begräbnis die Särge von oben hinunter in die Gruft gelassen, statt sie durch einen Seitengang hinunterzutragen, wie es andernorts üblich ist.
Pietro Metastasio, der Libretti verfasste (sein "Libretto Il sogno di Scipione" wurde von Mozart verwendet), und als Poet am Hof von Karl VI und Maria Theresias tätig war, ist der bekannteste Tote in der Michaelergruft. Die Michaelergruft ist berühmt für ihre Mumien, die wahrscheinlich durch das Klima in der Gruft entstanden sind. Aufgrund von Schädlingsbefall (Rüsselkäfer) wird die Michaelergruft seit 2006 fortlaufend renoviert.
Die Bruderschafts- und Adelsgrüfte der Michaelergruft
- Barone Mayerberg
- Barone Sprinzenstein
- Barone und Grafen Meggau
- Berchtoldt zu Sachsengang
- Freiherren und Grafen Buccellini
- Freiherren und Grafen von Mollart
- Freiherren von Kaiserstein
- Grafen Cavriani
- Grafen und Fürsten Trautson
- Grafen von St. Julian
- Grafen von Werdenberg
- Pergen-Suttinger
- Spanische Bruderschaft
- Taufkapellengruft
Trivia
In den Jahren 1955, 1956 und 1957 wurde die Michaelerkirche mehrfach die Szenerie für die Sissi-Trilogie. Da der Stephansdom 1945 einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen war, der Wiederaufbau bis 1952 andauerte und die Erzdiözese Wien für den Dom daher keine Drehgenehmigung erteilt hätte, wich man in diese Kirche aus. Außerdem lag die Verbindung zum Michaelertrakt der Hofburg nahe und es war kostengünstiger, hier zu drehen.
Literatur
- Reclam Kunstführer. Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland. Baudenkmäler. Karl Oettinger, Franz Fuhrmann, Renate. Wagner-Rieger 1981 ISBN 3-15-008605-1
- Die Steine von St. Stephan 1949 ISBN: B0000BK55B
- Alois Kieslinger, Der Bau von St. Michael in Wien und seine Geschichte, Sonderdruck aus dem Jahrbuch des Vereines für Geschichte der Stadt Wien, Bd. 10, 1952/53.
- Helmuth Furch, Steinmetzmeister, die in Wien und in Kaisersteinbruch tätig waren. Ambrosius Petruzzi, in Mitteilungen des Museums- und Kulturverein Kaisersteinbruch, Nr. 24, S 10f, Februar 1993.
Weblinks
- Offizielle Homepage der Pfarre St. Michael
- Homepage des Vereins "Rettet die Michaelergruft!"
- Infos zur Michaelergruft
- Retten was zu retten ist – Rettet die Michaelergruft
- Infos zu Führungen durch die Katakomben
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