Minenbombe

Minenbombe

Eine Luftmine (manchmal auch als Minenbombe bezeichnet) ist eine große, schwerere Sprengbombe, die vor allem im Luftkrieg während des Zweiten Weltkriegs von Flugzeugen abgeworfen wurde. Luftminen werden gegen ungepanzerte Flächenziele verwendet und sind besonders auf eine starke Detonationswelle ausgerichtet, die das Umfeld verwüstet. Der Begriff wird allerdings nicht einheitlich verwendet.

Eine Lancaster wirft während der Operation Hurricane Stabbrandbomben (links), Brandbomben und eine Luftmine (rechts) auf Duisburg ab.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Luftminen wurden während des Zweiten Weltkrieges im Luftkrieg gegen Städte sowohl von den Deutschen als auch von Briten und Amerikanern eingesetzt. Luftminen detonierten nicht, wie der Name vermuten lässt, in der Luft, sondern meist am Boden, ausgelöst durch Aufschlagzünder. Eine direkt in der Luft gezündete Luftmine hat allerdings eine noch größere Wirkung, die Abschirmung durch Nachbargebäude wurde minimiert und die Druckwelle durch die schräge Reflexion verstärkt (siehe auch Luftdetonationen bei Kernwaffenexplosion). Die dafür notwendigen Abstandszünder wurden aber im Zweiten Weltkrieg nicht verwendet.

Luftminen hatten ein Gewicht von mehreren hundert Kilogramm bis zu mehreren Tonnen und waren mit bis 70 Prozent ihres Gesamtgewichtes mit hochexplosivem Sprengstoff gefüllt. Sie waren im Vergleich zu „normalen“ Mehrzweckbomben meist wesentlich größer: mehrere Meter lang und im Durchmesser bis zu einem Meter dick, dabei jedoch verhältnismäßig dünnwandig umhüllt, weshalb nur ein relativ geringer Gewichtsanteil auf die Hülle entfiel. Durch diese schwache Ummantelung und das hohe Gewicht bestand das Risiko, dass die Luftmine am Boden zerbarst, wenn der Zünder nicht schnell genug ansprach. Deswegen wurden Luftminen manchmal auch an Fallschirmen abgeworfen; in diesen Fällen konnten sie dann auch mit einem Zeitzünder versehen werden. Wegen der dünnen Hülle waren Luftminen nicht in der Lage, tief in Gebäude oder in den Erdboden einzudringen, denn genau dies war unerwünscht. Die Explosionskrater („Trichter“) waren daher eher flach oder fehlten völlig, und auch die Splitterwirkung dieser Bomben war verhältnismäßig gering.

Die im Vergleich zu konventionellen Sprengbomben um ein Vielfaches stärkere Druckwelle zerstörte im Umkreis von 100 Metern alle Gebäude gewöhnlicher Bauart, riss im freien Gelände bis zu 1000 Meter weit Türen und Fensterrahmen heraus und ließ Fensterscheiben noch in einer Entfernung von 2000 Metern zersplittern. Wenn solche Bomben gezielt über Wohngebieten explodierten, deckten sie die Dächer im Umkreis von mehreren 100 Metern ab. Aus diesem Grund wurden Luftminen auch eingesetzt, um Brandbomben einen guten Zugang zu leicht brennbaren Dachböden und -stühlen zu ermöglichen und so das Entstehen von Bränden zu begünstigen, bis hin zu so genannten Feuerstürmen. Straßen wurden durch die entstehenden Trümmer für Rettungskräfte unpassierbar. Direkte Opfer von Luftminen starben an Lungenriss.

Begrifflichkeit

Die technisch korrekte Bezeichnung Minenbombe ist auf die in Fachkreisen so genannte Minenwirkung zurückzuführen, also auf die im Verhältnis zur Größe der Bombe besonders große Druckwelle. Es handelt sich nicht um einen Sprengkörper, der auf dem Boden bzw. Seeboden platziert wird und nur bei Berührung explodiert.

Die deutsche Luftwaffe benannte Seeminen, die per Luftabwurf verlegt werden konnten, als Luftmine (LM A, B, C und F). Tatsächlich setzte die deutsche Luftwaffe zu Beginn des Krieges als Notbehelf, weil wenig schwere Bomben zur Verfügung standen, tatsächlich auch Seeminen ein, die von Flugzeugen über Land als Sprengminen abgeworfen wurden. Möglicherweise führte dieser Umstand dazu, dass das deutschsprachige Programm der BBC diesen Begriff übernahm, und sich dieser durch das Hören des „Feindsenders“ in der deutschen Sprache etabliert hat.

Die deutsche Luftwaffe verwendete zwar den Begriff Minenbombe für die Sprengbombe Cylindrisch, die allerdings nicht der Definition der hier beschriebenen Luftmine sondern einer Mehrzwecksprengbombe entsprach. Bei der deutschen Luftwaffe wurden die eigenen Luftminenmodelle spät entwickelt und im offiziellen Sprachgebrauch als Großladungsbomben bezeichnet. Im Volksmund wurden die Luftminen wegen ihrer großen Abmessungen oft als Badeofen oder Litfaßsäule bzw. ihrer Wirkung wegen als Wohnblockknacker bezeichnet. Auch die englische Bezeichnung Blockbuster rührt von der enormen Zerstörungskraft her, die ganze Häuserblocks in Schutt und Asche legen konnte. Die britische Luftwaffe bezeichnete ihre Minenbombenmodelle offiziell mit der Abkürzung HC für high capacity (Hochleistung). Die amerikanische Luftwaffe verwendete hingegen die Bezeichnung light case (Leichtgehäuse).

Allerdings wurden von der britischen Seite auch "echte" Luftminen eingesetzt. Es handelte sich um Sperrballone oder von Schiffen abgefeuerte Sperrwaffen, die aber nicht effizient genug waren und aufgegeben wurden.

Modelle des Zweiten Weltkriegs

Großbritannien

Blindgänger einer HC 4000 LB im Vergleich

Die ersten von britischer Seite eingesetzten Minenbombe war die HC 2000 LB Mk I, eine Minenbombe der Gewichtsklasse 2000 Pfund (tatsächliches Gewicht ca. 790 kg, d.h. 1733 lbs) mit einer Sprengladung von 625 kg Amatol. Sie hatte eine kegelförmige Spitze mit einem Kopfzünder und wurde durch einen Fallschirm gebremst und stabilisiert. Die HC 2000 LB Mk III hatte schließlich eine flach gerundete Stirnfläche mit drei Kopfzündern und ein Blechleitwerk. Die HC 2000 LB hatte einen Durchmesser von 470 mm und eine Länge des Bombenkörpers von 2655 mm, Gesamtlänge mit Blechleitwerk (Mk III) 3327 mm.

Die nächst größere Minenbombe, die HC 4000 LB ("Cookie"), war vergleichbar aufgebaut; zunächst mit kegelförmiger Spitze und einem Zünder sowie zwei bis vier seitlichen Zünderaufnahmebuchsen, einem Gewicht von 1789 kg bei 1350 kg Amatol (HC 4000 LB Mk I), später dann ebenfalls mit flach gerundeter Stirnfläche, drei Kopfzündern und zwei seitlichen Zünderbuchsen und bis zu 1500 kg Torpex (HC 4000 LB Mk II bis Mk VI). Die HC 4000 LB wies einen Durchmesser von 760 mm (Mk I) bzw 750 mm (Mk II – VI) und eine Länge von 2960 mm (Mk I) bzw. 2730 (Mk II – VI) auf.

Die nächste Kategorie wurde dann nach dem Baukastenprinzip entwickelt: zunächst die HC 8000 LB, bestehend aus zwei Segmenten mit einem Durchmesser von 965 mm und einer Länge des Bombenkörpers 2410 mm, die Gesamtlänge betrug je nach Leitwerkstyp 3340 oder 4040 mm. Diese Minenbombe hatte bei einem Gesamtgewicht von 3590 kg eine Sprengladung von 2450 kg Amatex 9, später sogar 2670 kg Torpex 2. Im September 1943 bestätigten sich die Befürchtungen der deutschen Experten, die diese nach den Funden der ersten Baukasten-HC 8000 LB hatten: Man konnte aus einem Kopfteil und zwei Heckteilen der HC 8000 eine HC 12000 LB zusammenbauen. Diese hatte nun eine Länge des Bombenkörpers von 3620 mm, die Gesamtlänge – wiederum abhängig vom Leitwerk – betrug 4722 mm oder 5420 mm, von dem Gesamtgewicht von 5450 kg entfielen 3670 kg auf den Sprengstoff Amatex (bzw. 4000 kg Torpex 2).

Voraussetzung für den Einsatz derartiger Großkampfmittel war die Entwicklung entsprechend leistungsfähiger Bomber, die britische Luftwaffe konnte mit der Avro Lancaster den wohl leistungsfähigsten Bomber des Zweiten Weltkrieges einsetzen.

Deutschland

SB 1000

Bei der deutschen Luftwaffe wurden im Zweiten Weltkrieg die dünnwandigen Sprengbomben als Minenbomben bezeichnet. Diese Bomben erhielten die übliche Bezeichnung, die sich aus den Buchstaben SC (Sprengbombe Cylindrisch) und der Gewichtsklasse in kg zusammengesetzt.

Der oben aufgeführten Definition der Sprengbombe mit sehr hohem Sprengstoffanteil entsprechen die in der Luftwaffe eingeführten „Großladungsbomben“:

  • SB-1000, 735 kg Sprengstoff Füllpulver 60/40 (60 % TNT, 40 % Ammoniumnitrat)
  • SB-2500, 1560 bis 1710 kg Füllpulver 60/40
  • SB-2500(Al), 2000 kg Fp 60/40 (Bombenkörper aus Aluminiumguss, Sprengstoffanteil 80 %)
  • SA-4000, Gesamtgewicht 3360 kg, ca. 2700 kg Amatol 50/50 (nur als Versuchsmuster gebaut)

Der deutschen Luftwaffe standen für den Bombenkrieg zunächst nur zweimotorige Bomber zur Verfügung (Heinkel He 111, Dornier Do 17, Junkers Ju 88), die lediglich eine Bombenlast bis 2500 kg ins Ziel tragen konnten. Im Verlauf des Krieges wurden die Leistungsfähigkeit bis auf 5600 kg gesteigert (Heinkel He 177, wenn auch bei verringerter Reichweite), allerdings reichte die Leistungsfähigkeit nie auch nur annähernd an die der britischen viermotorigen Bomber heran.

Vereinigte Staaten

Die amerikanische Luftwaffe setzte neben den GP-Bomben (General Purpose = Mehrzweckbomben mit Sprengstoffanteil um die 50 %) nur eine entsprechende Minenbombe ein: "Bomb, light-case, 4,000-lb M56".

Technische Daten: Gesamtlänge mit Leitwerk ca. 2980 mm, Länge Bombenkörper 2430 mm, Durchmesser Bombenkörper 870 mm, Gesamtgewicht 1905 kg, davon 1470 kg (77 %) Sprengstoff Amatol

Die LC 4000 lb wurde im Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition Nr. 8 vom 15. Februar 1943 erstmals erwähnt, allerdings erst als Lichtbild mit der (falschen) Bezeichnung "Bombe DEMO 4000 LB".

Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Hauptaufgabe der Minenbomben im Zweiten Weltkrieg war, Dächer abzudecken, um Brandbomben einen besseren Zugang zu brennbarem Material zu geben. Die Einführung der Atombombe am Ende des Zweiten Weltkriegs veränderte die Luftkriegsführung enorm. Die Flächenbombardements wurden obsolet, denn nun ging die Zerstörungskraft von einer einzigen Bombe aus. Daher verschwanden die großen Minenbomben aus den Arsenalen.

Eine BLU-82B in einer Ausstellung der US Air Force

Dennoch hat die amerikanische Luftwaffe für Spezialaufgaben zwei Modelle entwickelt: Die BLU-82B (Daisy Cutter) dient vor allem dazu, Lichtungen als Hubschrauberlandeplätze zu schaffen. Der Nachfolger, GBU-43/B (MOAB), galt bis September 2007 als die größte konventionelle Bombe und wird GPS-gesteuert vor dem Auftritt auf die Oberfläche gezündet. Beide Bomben sind so groß, dass sie nicht von Bombern, sondern von umgebauten Frachtflugzeugen abgeworfen werden müssen.

Als Waffe mit ähnlichem Einsatzzweck wurde die Aerosolbombe entwickelt. Diese hat den Vorteil, dass eine vergleichbare Wirkung mit leichteren Bomben zu erreichen ist. Am 11. September 2007 wurde in Russland eine nach offiziellen Angaben 7 t schwere Aerosolbombe getestet, deren Sprengkraft mit 44 t TNT-Äquivalent angegeben wurde und die damit die stärkste konventionelle Bombe der Welt wäre. Teilweise wird aber bezweifelt, dass diese Bombe tatsächlich existiert und es wird vermutet, dass es sich um eine PR-Aktion aus vorwiegend innenpolitischen Gründen handelt.

Weblinks


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