Ariane 4

Ariane 4
Start der ersten Ariane 4, einer Ariane 44LP (NASA)

Die Ariane 4 ist eine europäische Trägerrakete aus der Ariane-Serie, die im Auftrag der ESA entwickelt wurde. Mit 116 Starts, von denen 113 erfolgreich waren, ist sie das bisher erfolgreichste Arianemodell mit einer Zuverlässigkeit von 97,4 %. Ihren Erstflug hatte sie am 15. Juni 1988.

Die Ariane-4-Raketen waren zwischen 55 m und 60 m hoch und konnten eine Nutzlast von bis zu 4,9 t in eine Geostationäre Transferbahn transportieren. Das Startgewicht betrug zwischen 243 t und 480 t. Die Ariane 4 transportierte meistens zwei übereinander angeordnete Satelliten in die Umlaufbahn. Dieses Merkmal verhalf der Ariane 4 zu günstigen Startpreisen und zusammen mit ihrer hohen Zuverlässigkeit Arianespace zu einer starken Dominanz im Satelliten-Transportgeschäft. Arianespace hielt so einen Weltmarktanteil von ca. 60 % über mehrere Jahre. Am 15. Februar 2003 erfolgte mit Flug 159 der letzte Start einer Ariane-4-Rakete.

Erst nach dem letzten Start der Ariane 4 bemerkte man, dass sie eine Kapazitätslücke zum Start mittelschwerer Kommunikationssatelliten abdeckte, die nun offen war. Deshalb wird an ihrer Stelle ab Ende 2010 die Sojus in Kourou starten.

Inhaltsverzeichnis

Technische Merkmale

Ariane 42P mit dem TOPEX/Poseidon-Satelliten (Kourou, 10. August 1992) (NASA)

Die Ariane 4 basiert auf der Ariane 3. Damit sich die Rakete an verschieden schwere Nutzlasten anpassen konnte, und auch dem Trend der ständig steigenden Nutzlastmassen längere Zeit standhalten konnte, wurde sie mit einem flexiblen Konzept von Boostern ausgestattet. Dieses sollte ihr ermöglichen, während ihrer gesamten Einsatzzeit Kosten sparende Doppelstarts durchführen zu können. Einerseits wurden die Feststoffbooster der Ariane 3 stark gestreckt, um ihre Leistung zu erhöhen, andererseits wurden von der zweiten Stufe der Ariane 3 neue Flüssigtreibstoffbooster abgeleitet, die wesentlich größer und schwerer als die verlängerten Festtreibstoffbooster waren und eine höhere Leistung als diese hatten. Außerdem wurde die erste Stufe gegenüber der Ariane 3 stark gestreckt, um wesentlich mehr Treibstoff aufnehmen zu können. Dadurch wurde die Tankkapazität so groß, dass die erste Stufe nur vollgetankt werden konnte, wenn sie mindestens mit 4 Feststoffboostern gestartet wurde, da ansonsten die Triebwerksleistung nicht ausreichte, um die schwere Rakete abheben zu lassen. Dieses führte dazu, dass bei Versionen, bei denen die erste Stufe nicht vollgetankt werden konnte, die Brennzeit kürzer als normal war, weil die Triebwerke den Treibstoffvorrat in kürzerer Zeit verbraucht hatten. Die zweite und dritte Stufe wurde bei der Entwicklung der Ariane 4 gegenüber der Ariane 3 nicht verändert. Dafür wurde eine neue Nutzlastverkleidung mit 4 m Durchmesser und eine ebenso breite Doppelstartvorrichtung eingeführt. Um neben den großen Satelliten auch noch kleine mitnehmen zu können, wenn noch Nutzlastkapazität frei war, stand die ASAP-4 Vorrichtung (Ariane Structure for Auxiliary Payloads) zu Verfügung. Sie erlaubte die Mitnahme von mehreren bis zu 60 kg schweren Satelliten, die 60 cm hoch und 45 cm breit und lang sein konnten. Die Satelliten durften zusammen 240 kg wiegen.[1]

Während der Produktionszeit der Ariane 4 stiegen die Satellitenmassen über das ursprünglich für Ariane 4 geplante Maß weiter an, so dass die Ariane 4 mehrere Modifikationen zur Leistungssteigerung erfuhr. Neben der Einführung leichterer Materialien für Verkleidungen, Druckgastanks etc. betrafen diese jedoch fast ausschließlich die dritte Stufe. Die dritte Stufe (H 10) wurde zuerst 1992 gestreckt, um mehr Treibstoff aufnehmen zu können (H 10+). Als dieses nicht mehr reichte, wurde die Treibstoffmischung 1994 auf einen höheren Sauerstoffanteil umgestellt und so die Nutzlastkapazität nochmals gesteigert (H 10 III).

Da sich die Nachfolgerin Ariane 5 verzögerte und die Ariane 4 auch noch dreimal nach Fehlstarts/Teilerfolgen dieser in die Bresche springen musste wurde sie in wesentlich größeren Stückzahlen und länger produziert als ursprünglich geplant. Jedoch gab es während dieser Zeit keine Programme zur Leistungssteigerung mehr. Deshalb waren zum Schluss fast alle Satelliten so schwer, dass selbst die stärkste Ariane-4-Version (Ariane 44L) meistens nur noch Einzelstarts durchführen konnte.

Versionen

Nutzlastverkleidung der Ariane 4 mit einem ERS Satelliten (Modell).

Für verschieden schwere Nutzlasten standen sechs Raketenkonfigurationen zur Verfügung. An der reinen Serienstufenrakete (Ariane 40 genannt) konnten zur Nutzlasterhöhung seitlich entweder Feststoff- und/oder Flüssigtreibstoffbooster befestigt werden. Folgende Ariane-4-Versionen standen zur Verfügung:

  • 40 – ohne Booster
  • 42L – 2 Flüssigtreibstoff-Booster
  • 42P – 2 Feststoff-Booster
  • 44L – 4 Flüssigtreibstoff-Booster
  • 44P – 4 Feststoff-Booster
  • 44LP – 2 Flüssigtreibstoff-Booster und 2 Feststoff-Booster

Syntax: Die erste Zahl steht für Ariane 4, die zweite für die Anzahl der Booster und die Buchstaben für die Treibstoffart – L = liquide (franz.) = flüssig, P = poudre (franz.) = fest.

Während der rund 15 Jahre des Einsatzes wurden zahlreiche Verbesserungen an der Rakete umgesetzt um ihre Nutzlast zu steigern. Das Hauptaugenmerk galt dabei der Steigerung der Leistung der letzten Stufe. Die ersten Flüge setzten noch die von der Ariane 2/3 übernommene H10 ein. Danach wurden die Tanks um 32 cm verlängert, wodurch 400 kg mehr Treibstoff zugeladen werden konnte. Diese Stufe, H-10 Plus, flog 27 mal. Ab Flug V70, dem 32. Start kam eine weitere Version der Oberstufe zum Einsatz, bei der die Mischung durch Verschieben des Zwischenbodens sauerstoffreicher wurde. Diese H-10 III genannte Oberstufe wurde bis zum Schluss eingesetzt. So steigt die Treibstofzuladung von 10,7 auf 11,9 t und zusammen mit leichteren Materialien in der VEB die maximale Nutzlast von 4.330 auf 4.950 kg. [2]

Ariane-4-Versionsdaten

Version Ariane 40 Ariane 42P Ariane 44P Ariane 42L Ariane 44LP Ariane 44L
Startmasse in t 243 320 350 360 420 470
max. Höhe in m 60 60 60 60 60 60
Startplatz ELA-2 ELA-2 ELA-2 ELA-2 ELA-2 ELA-2
Nutzlast (GTO) in kg 2070 2920 3380 3450 4170 4900
Nutzlast (dual GTO) in kg 1670 2520 2980 3050 3770 4500
Startschub in kN 2668 3918 5168 4000 5250 5332
Anzahl der Flüge 7 15 15 13 26 40
Erstflug 21. Januar 1990 20. November 1990 4. April 1991 11. Mai 1993 15. Juni 1988 5. Juni 1989
Letzter Flug 4. Juni 2000 3. Mai 2002 25. September 2001 23. Januar 2002 26. November 2001 15. Februar 2003
Wichtige Nutzlasten ERS 1 & 2 TOPEX/Poseidon ISO Astra 1C Hipparcos, Astra 1A, TV-SAT 2 Intelsat 907,
DFS Kopernikus 1
Anzahl Feststoffbooster 0 2 4 0 2 0
Anzahl Flüssigtreibstoffbooster 0 0 0 2 2 4
Masse 1. Stufe in t 192,5 (leer 20,5) 242,5 (leer 20,5) 252,5 (leer 20,5) 229,5 (leer 20,5) 252,5 (leer 20,5) 252,5 (leer 20,5)
Brennzeit 1. Stufe in s 150 196 209 181 209 209

Technische Daten der verwendeten Raketenstufen

Raketenstufe Feststoffbooster Flüssigtreibstoffbooster 1. Stufe 2. Stufe 3. Stufe
Stufenname PAP PAL L 220 L 33 H 10 III
Triebwerk Feststofftriebwerk 1 * Viking 6 4 * Viking 5C 1 * Viking 4B 1 * HM-7B
Länge in m 12,2 19 25,1 12,2 11,05
Durchmesser in m 1,1 2,2 3,8 2,6 2,6
Masse in t 12,6 (leer 3,0) 43,8 (leer 4,4) siehe Tabelle oben 39,6 max. (leer 3,7) 13,05 (leer 1,35)
Schub am Boden in kN 1 * 650 1 * 678 4 * 678
Schub im Vakuum in kN 1 * 758 1 * 758 1 * 800 1 * 63,8
Brennzeit in s 34 143 siehe Tabelle oben 126 - 135 780
Treibstoff Ammoniumperchlorat / Aluminium, Binder (Feststoff) Stickstofftetroxid / UH 25 Stickstofftetroxid / UH 25 Stickstofftetroxid / UH 25 flüssiger Sauerstoff / flüssiger Wasserstoff
  • Die H10-III-Drittstufe wurde erst ab Ende 1994 eingesetzt, davor waren die schwächeren H10- und H10+-Drittstufen im Einsatz.

Quellen [3] [4]

Starts

Links der mobile Montageturm, in der Mitte eine Startplattform, im Hintergrund der Wasserturm von ELA 1 und rechts der Startturm

Alle Ariane-4-Raketen hoben vom Startplatz ELA-2 des Centre Spatial Guyanais in Französisch-Guyana ab. Die Startrampe ELA-2 bestand aus:

Einem Montagegebäude, in dem die Raketen bis auf die Feststoffbooster und die Nutzlast montiert wurden
Einer Schienenstrecke, auf der die auf einer von zwei transportablen Startpattformen montierten Raketen zum Startplatz mit Startturm gefahren wurden
Einem mobilen Montageturm.

Nachdem die Rakete den Startplatz erreicht hatte, wurde über sie der Montageturm gefahren, und die bereits zu einer Einheit zusammengebaute Nutzlastverkleidung und Doppelstartvorrichtung, mit den in ihnen befindlichen Satelliten, auf die Rakete gesetzt. Auch wurden, wenn vorgesehen, hier die Feststoffbooster angebracht. Die zweite Stufe wurde ebenfalls im Montageturm betankt[5] und mit einer Isolierung versehen (der Oxidator würde bei über 21 °C verdampfen). Danach wurde der mobile Montageturm zur Seite gefahren, die erste und dritte Stufe der Rakete betankt und dann die Rakete gestartet, wobei das Isolationsmaterial von der zweiten Stufe abfällt.

Für eine komplette Liste aller erfolgten Ariane-4-Starts siehe den Artikel Liste der Ariane-4-Raketenstarts.

Literatur

  • Hans-Martin Fischer: Europas Trägerrakete ARIANE. Geschichte und Technik zum letzten Start der ARIANE 4. Stedinger , Lemwerder 2004, ISBN 3-927697-32-X
  • William Huon: Ariane, une épopée européenne. ETAI 2007, ISBN 978-2-7268-8709-7
  • Jean-Pierre Philippe: Ariane, horizon 2000. Taillandier, Paris 2000, ISBN 2-87636-045-4
  • Bernd Leitenberger: Europäische Trägerraketen Band 1. Von der Diamant zur Ariane 4 - Europas steiniger Weg in den Orbit Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 3837095916

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Ariane 4 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Die Geschichte der Ariane 4
  2. Bernd Leitenberger: Europäische Trägerraketen Band 1. Von der Diamant zur Ariane 4 - Europas steiniger Weg in den Orbit Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 3837095916.
  3. Die Geschichte der Ariane 4
  4. Verschiedene Autoren etc. Was ist Was Space ABENTEUER RAUMFAHRT ©1991 - 1993 - 1994 CNES - SEP für die Texte und Dokumente „L Éspace Comment- ça mache - â quoi ça sert.“ ©1996 Tessloff Verlag ISBN 3-7886-0778-5
  5. *Hans-Martin Fischer: Europas Trägerrakete ARIANE. Geschichte und Technik zum letzten Start der ARIANE 4. Stedinger Verlag, Lemwerder 2004, ISBN 3-927697-32-X

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