- Hipparcos
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Hipparcos (High Precision Parallax Collecting Satellite) ist ein Satellit für Zwecke der Astrometrie. Er wurde nach dem griechischen Astronomen Hipparch von Nicäa benannt, der die Veränderlichkeit der Sternörter entdeckte.
Inhaltsverzeichnis
Verlauf der Mission
Hipparcos wurde am 8. August 1989 zusammen mit dem deutschen Fernsehsatelliten TV-SAT 2 an Bord einer Ariane 44LP gestartet. Der Satellit erreichte planmäßig die vorgesehene Geostationäre Transferbahn (Geostationary Transfer Orbit, GTO), in der sein Abstand von der Erde zwischen 223 und 35.652 km variierte. Allerdings zündete der MARGE-II-Apogäumsmotor von Hipparcos nicht und der Satellit verblieb in seiner GTO-Umlaufbahn, anstatt wie vorgesehen eine geostationäre Umlaufbahn zu erreichen, von der aus Messungen wechselseitiger Winkelabstände von etwa 120.000 Sternen mit bis dahin unerreichter Präzision vorgenommen hätten werden sollen.[1] Als Position über dem Äquator war 12° West geplant.[2]
Mit Hilfe eines aus diesem Anlass entwickelten neuen Beobachtungsprogramms, für das freilich eine längere Messphase nötig war als ursprünglich vorgesehen, gelang es, den Satelliten seine Messungen von der ungünstigeren Umlaufbahn des GTO aus vornehmen zu lassen. Zuvor wurde die Umlaufbahn mit Hilfe der eigentlich nur für kleinere Kurskorrekturen vorgesehenen Hydrazin-Korrekturtriebwerke leicht vergrößert, so dass der Satellit die Erde nunmehr im Abstand von zwischen 526 und 35.900 km Höhe umkreiste. Diese Korrektur war notwendig, da Reibungseffekte der Restatmosphäre in den erdnäheren Regionen der Bahn den Satelliten sonst zu stark gebremst hätten. Auf diese Weise konnten bis zum Betriebsende im Juni 1993 Messungen vorgenommen werden, welche die ursprünglich gesteckten Ziele sogar übertrafen.[2]
Messtechnik
Für die genaue Bestimmung der Sternpositionen war in Hipparcos ein Spiegelteleskop mit 29 cm Spiegeldurchmesser und 1,4 m Brennweite eingebaut; mit Hilfe eines zusätzlichen Spiegels wurden gleichzeitig zwei Himmelsregionen im Abstand von 58° abgebildet. In der Brennebene wurde ein Gitter (8,2 μm Linienabstand; entspricht 1,2 ") platziert, durch das bei der langsamen Drehung des Satelliten die Sternhelligkeit periodisch moduliert wurde; das durchgelassene Licht wurde gemessen. Für die Messungen des Hauptkatalogs wurde eine image dissector tube, eine Spezialform eines Photomultipliers mit einstellbarem „Blickfeld“ verwendet; damit wurde jeweils nur ein Stern erfasst, andere Sterne, deren Licht auch auf das Gitter fiel, konnten ausgeblendet werden. Aus den Helligkeitsmodulation konnten die Sternpositionen zueinander in Drehrichtung bestimmt werden; für die schlussendlichen Positionsdaten waren komplexe Ausgleichungsrechnungen und der Anschluss an Positionsdaten erdgebundener Observatorien notwendig.
Ergebnisse der Mission
Insgesamt bestimmte der Satellit über 1 Million Sternörter, 118.000 davon mit Koordinaten und Bewegungen in einer Winkelgenauigkeit, die dem Winkeldurchmesser eines Golfballs aus 5000 km Abstand entspricht. Die Hipparcos-Daten (300 Gigabyte) gaben schon im Jahr der Publikation Stoff für hunderte von Aufsätzen von mehr als 1.000 Astronomen und bieten noch Arbeit bis mindestens 2010.
Das primäre Ergebnis sind also Positionen der gemessenen Sterne, die zu mehreren Mess-Zeitpunkten (Epochen) bestimmt wurden. Aus zeitlich weit auseinander liegenden Epochen können Eigenbewegungen abgeleitet werden, aus Positionen im Abstand von halben Jahren die Parallaxen und damit die Entfernungen der Sterne. Zum Auffinden der Kandidatensterne benötigte Hipparcos bereits so genaue Positionen, dass umfangreiche Vorarbeiten mit irdischen Teleskopen nötig waren.
Hipparcos war für die Astrometrie ein bedeutender Meilenstein: Die Örter, Parallaxen und Eigenbewegungen von 118.000 Sternen wurden mit einer zuvor unerreichten Präzision von etwa 0,001", also einer Millibogensekunde, gemessen; sie sind im Hipparcos-Katalog verzeichnet. Darüber hinaus vermaß ein zweites Instrument an Bord über eine Million Sterne mit immer noch beachtlichen ±0,02", die sich nun im Tycho-Katalog finden. Diese beiden Kataloge sind die beste Realisation des neuen Referenzkoordinatensystems am Himmel ICRF. Sie erlauben nun auch Hobbyastronomen, mit Teleskop und Digitalkamera genau und halbautomatisch jedes Himmelsobjekt einzumessen.
Hipparcos konnte während seiner dreijährigen Lebensdauer mehrmals Asteroiden beobachten. Sie wurden mit präzisen Meridiankreis-Messungen (La Palma und Bordeaux) zu Bahnbestimmungen kombiniert, die Genauigkeiten von 0,04" oder 75 m erreichen. Weiter wurden vom Satelliten Hipparcos im Rahmen des Tycho-Katalogs auch Sternhelligkeiten bestimmt.
Als Nachfolger für Hipparcos befindet sich das ESA-Projekt Gaia in Arbeit. Gaia soll Ende 2012 gestartet werden und mit mindestens 40-facher Genauigkeit rund eine Milliarde Sterne vermessen. Das deutsche DIVA-Projekt, das als Vorbereitung zu Gaia geplant war, wurde aus finanziellen Gründen abgebrochen.
Siehe auch
Literatur
- Michael Perryman: Astronomical Applications of Astrometry: Ten Years of Exploitation of the Hipparcos Satellite Data. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-51489-7
- Michael Perryman: The Making of History’s Greatest Star Map. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-11601-8
- Floor van Leeuwen: Hipparcos - the new reduction of the raw data. Springer, Dordrecht 2007, ISBN 978-1-4020-6341-1
Weblinks
- ESA: The Hipparcos Space Astrometry Mission (engl.)
- The Hipparcos and Tycho Catalogues (engl.)
- Hippercos bei der ESA (engl.)
- Hippercos bei der ESA Science and Technology (engl.)
- Web Achive: Hipparcos in einem PDF der ESA. (192 kB)
- Der HIPPARCOS-Astrometrie-Satellit
- Sternbedeckungen durch Kleinplaneten im Zeitalter von Hipparcos
Quellen
COS-B (1975–1982) · GEOS 1 und 2 (1977, 1978) · ISEE 2 (1977) · Meteosat (1977–1997) · IUE (1978) · EXOSAT (1983) · ECS (1983–1988) · Giotto (1985) · Olympus (1989) · Hipparcos (1989) · Hubble (1990) · Ulysses (1990–2009) · ERS 1 und 2 (1991, 1995) · EURECA (1992) · ISO (1995) · SOHO (1995) · Huygens (1997) · XMM-Newton (1999) · Cluster (2000) · Artemis (2001) · Proba (2001) · Envisat (2002) · MSG 1 und 2 (2002, 2005) · Integral (2002) · Mars Express (2003) · SMART-1 (2003) · Double Star (2003) · Rosetta (2004) · SSETI Express (2005) · CryoSat (2005) · Venus Express (2005) · Galileo (2005–2008) · METOP-A (2006) · COROT (2006) · GOCE (2009) · Herschel (2009) · Planck (2009) · Proba-2 (2009) · SMOS (2009) · CryoSat-2 (2010) · HYLAS (2010) · SWARM (2012) · ADM-Aeolus (2013) · LISA Pathfinder (2013) · Gaia (2013) · Sentinel 1-3 (2013) · BepiColombo (2014) · ESMO (2014) · EarthCARE (2016) · ExoMars (2016/2018) · Solar Orbiter (2017) · JWST (2018) · Euclid (2019) · LISA (2019) · Mars Sample Return (frühestens 2020er) · Don Quijote
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