Multi-Skalen-Analyse

Multi-Skalen-Analyse

Die Multiskalenanalyse oder -approximation (MRA, englisch: Multiresolution analysis) des Funktionenraums L^2(\mathbf R) ist eine funktionalanalytische Grundkonstruktion der Wavelet-Theorie, welche die Approximationseigenschaften der diskreten Wavelet-Transformation beschreibt. Insbesondere erklärt sie die Möglichkeit und Funktionsweise des Algorithmus der schnellen Wavelet-Transformation.

Definition

Eine Multiskalenanalyse des Raums L²(R) besteht aus einer Folge geschachtelter Unterräume

\{0\}\subset\dots\subset V_{2}\subset V_{1}\subset V_{0}\subset V_{-1}\subset V_{-2}\subset\dots
V_{-n}\subset\dots\subset L^2(\R),

welche sowohl Selbstähnlichkeitbedingungen in Zeit/Raum und Skala/Frequenz, als auch Vollständigkeits- and Regularitätsbedingungen erfüllt.

  • Selbstähnlichkeit in der Zeit verlangt, dass jeder Unterraum Vk invariant ist unter Verschiebungen um ganzzahlige Vielfache von 2k. Dies heißt, für jede Funktion f\in V_k,\; m\in\Z gibt es eine Funktion g\in V_k mit f(x) = g(x + m2k).
  • Selbstähnlichkeit zwischen verschiedenen Skalen verlangt, dass alle Unterräume V_k\subset V_l,\; k>l, zeitskalierte Kopien voneinander sind, wobei der Skalierungs- bzw. Streckungsfaktor 2k-l beträgt. Dies heißt, für jede Funktion f\in V_k gibt es eine Funktion g\in V_l mit g(x) = f(2klx). Hat beispielsweise f einen beschränkten Träger, so ist der Träger von g um den Faktor 2k-l zusammengestaucht. Mit anderen Worten, die Auflösung (im Sinne von Punkten auf einem Bildschirm) des l-ten Unterraums ist höher als die Auflösung des k-ten Unterraums.
  • Regularität verlangt, dass der Modell-Unterraum V0 die lineare Hülle (algebraisch oder gar topologisch abgeschlossen) der ganzzahligen Verschiebungen einer oder endlich vieler erzeugender Funktionen \varphi oder \varphi_1,\dots,\varphi_r ist. Diese ganzzahligen Verschiebungen sollten zumindest eine Riesz-Basis, besser aber eine Hilbert-Basis des Unterraums V_0\subset L^2(\R) bilden, woraus ein schneller Abfall im Unendlichen der erzeugenden Funktionen folgt. Letzteres ist für Funktionen mit kompaktem Träger trivialerweise erfüllt. Die erzeugenden Funktionen werden Skalierungsfunktionen oder Vaterwavelets genannt. Oft werden sie als (stückweise) stetige Funktionen mit kompaktem Träger konstruiert.
  • Vollständigkeit verlangt, dass diese geschachtelten Unterräume den gesamten Raum ausfüllen, d.h., ihre Vereinigung \bigcup_{k\in\Z}V_k soll dicht in L²(IR) sein; weiterhin, dass sie nicht redundant sind, d.h., ihr Durchschnitt \bigcap_{k\in\Z}V_k darf nur das Nullelement enthalten.

Skalierungsfunktion

Im praktisch wichtigsten Falle, dass es nur eine Skalierungsfunktion \varphi mit kompaktem Träger in der MRA gibt, und diese eine Hilbert-Basis im Unterraum V0 erzeugt, erfüllt diese eine Zwei-Skalen-Gleichung (in der engl. Literatur: refinement equation)

\varphi(x)=\sum_{n=-N}^N a_n\cdot \varphi(2x-n).

Die dort auftretende Zahlenfolge a=\{\dots,0,a_{-N},\dots,a_N,0,\dots\} heißt Skalierungsfolge oder -maske und muss ein diskreter Tiefpassfilter sein, was in diesem Falle bedeutet, dass

\sum_{n=-N}^N a_n=2 und \sum_{n=-N}^N (-1)^na_n=0

erfüllt ist, bzw. dass die Fourierreihe

\hat a(\omega):=\frac12\sum_{k=-N}^N a_k e^{i\omega k}

im Nullpunkt den Wert 1 und an der Stelle π eine Nullstelle hat, a(π)=0.

Es ist eine Grundaufgabe des Wavelet-Designs, Bedingungen an a festzustellen, unter denen gewünschte Eigenschaften von \varphi, wie Stetigkeit, Differenzierbarkeit etc. folgen. Soll \varphi orthogonal, d.h. senkrecht zu allen ganzzahligen Verschiebungen von sich selbst sein, so muss

\sum_{n=-N}^N a_n^2=2 und \sum_{n=-N}^N a_na_{n+2m}=0

für 0\ne m\in\mathbf Z gelten, mittels der Fourierreihe lautet die Bedingung |\hat a(\omega)|^2+|\hat a(\omega+\pi)|^2\equiv 1.

Üblicherweise werden diese Folgen als Koeffizientenfolgen eines Laurent-Polynoms a(Z)=\sum_{n=-N}^Na_n Z^n angegeben, d.h. \hat a(\omega)=a(e^{i\omega}). Die Normierung schreibt sich damit als a(1) = 2, die Tiefpasseigenschaft als a( − 1) = 0 oder a(Z) = (1 + Z)Ap(Z) für ein 0<A\in\N, die Orthogonalitätsbedingung als a(Z)a(Z − 1) + a( − Z)a( − Z − 1) = 4.

Beispiele

a(Z)=\frac14(1+Z)^2((1+Z)+\sqrt3(1-Z))

Geschachtelte Unterräume

Sei \varphi eine orthogonale Skalierungsfunktion. Dann kann ein affines Funktionensystem \varphi_{j,k}(x)=2^{-j/2}\varphi(2^{-j}-k) und eine Folge von Skalierungsunterräumen V_j=span(\varphi_{j,k}:k\in\mathbf Z) definiert werden. Damit gilt dann V_{j+1}\subset V_j und \{\varphi_{j,k}:k\in\mathbf Z\} ist eine orthonormale Basis von Vj.

Mit einem beliebigen ungeradem K\in\mathbf Z kann nun die Wavelet-Folge b=\{\dots,b_{-1},b_0,b_1,\dots\} definiert werden, wobei bn: = ( − 1)naKn. Damit definiert sich das Wavelet als

\psi(x):=\sum_{n=K-N}^{K+N}b_n\cdot\varphi(2x-n)

und die Waveletunterräume als W_j=span\left(\psi_{j,k}=2^{-j/2}\psi(2^{-j}-k):\;k\in\mathbf Z\right). Mit diesen ergibt sich eine als Fischgräte bekannte orthogonale Zerlegung der Skalierungsräume

V_0=W_1\oplus V_1=W_1\oplus W_2\oplus V_2=\dots und allgemein V_J=W_{J+1}\oplus \dots\oplus W_M\oplus V_M bei J < M.

Die grundlegende analytische Forderung an eine MRA ist, dass die Waveletunterräume den L^2(\mathbf R) voll ausschöpfen, das heißt \bigoplus_{n=-\infty}^\infty W_n soll ein dichter Unterraum von L^2(\mathbf R) sein.


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