- Fourierreihe
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Als Fourierreihe (nach Jean Baptiste Joseph Fourier) einer periodischen Funktion f, die abschnittsweise stetig ist, bezeichnet man deren Entwicklung in eine Funktionenreihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen.
Die Basisfunktionen der Fourierreihe bilden ein bekanntes Beispiel für eine Orthonormalbasis. Im Rahmen der Theorie der Hilberträume werden auch Entwicklungen nach einem beliebigen vollständigen Orthonormalsystem als Fourierreihe bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Bereits im 18. Jahrhundert kannten Mathematiker wie Euler, Lagrange oder die Bernoullis Fourierreihen für einige Funktionen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts behauptete nun Fourier in seinem Werk Théorie analytique de la chaleur, dass es für alle Funktionen solche Reihenentwicklungen gäbe. Diese Behauptung stieß zunächst bei führenden Mathematikern wie Cauchy und Abel auf Ablehnung.
Dirichlet konnte 1829 beweisen, dass Fouriers Behauptung zumindest für Lipschitz-stetige Funktionen zutrifft. Du Bois-Reymond fand 1876 eine stetige Funktion, deren Fourierreihe divergiert. Im 20. Jahrhundert gelangte man schließlich zur Erkenntnis, dass es auch für stetige oder stückweise stetige Funktionen konvergente Fourierreihen gibt, wenn der Konvergenzbegriff geeignet abgeschwächt wird (Lennart Carleson).
Als eine frühe geometrische Vorform der Approximation durch eine Fourierreihe kann die Epizykeltheorie betrachtet werden.
Darstellungsformen
Die Partialsummen einer Fourierreihe sind trigonometrische Polynome. Wie diese können Fourierreihen in drei gleichwertigen Formen dargestellt werden. Zu jeder dieser Darstellungen gibt es zugehörige Formeln zum Bestimmen der Koeffizienten bzw. Parameter der Fourierreihenentwicklung einer periodischen Funktion.
Eine Fourierreihenentwicklung einer periodischen Funktion f mit Periode T>0 ist in den folgenden, schrittweise allgemeiner werdenden Fällen möglich:
- wenn f stetig und abschnittsweise stetig differenzierbar ist; die Fourierreihe konvergiert dabei punktweise und gleichmäßig.
- wenn f eine beschränkte totale Variation über einer Periode hat, und die Funktionswerte von f mit dem Mittel aus den links- und rechtsseitigen Grenzwerten übereinstimmen, für alle ; die Fourierreihe konvergiert dann nur punktweise.
- wenn f, auf eine Periode [c,c + T] eingeschränkt, dem Funktionenraum L2([c,c + T]) angehört; mit Konvergenz im Sinne der L²–Norm.
Allgemeine Form
Eine periodische Funktion f mit Periode T>0, die einer der angegebenen Klassen angehört, lässt sich durch eine Reihe von Sinus- und Kosinusfunktionen darstellen, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz ω = 2π / T sind,
- .
Die Kreisfrequenz ω skaliert hierbei die Periode 2π von Sinus und Kosinus auf die entsprechende Periode T. In der praktischen Anwendung wird man die Reihe häufig nach endlich vielen Reihengliedern abbrechen. Man erhält dann nur eine Approximation von f in Form eines trigonometrischen Polynoms,
- .
Diese endliche Summe wird dann Teilsumme fn(t) der Fourierreihe genannt. Das so entstehende trigonometrische Polynom ist, unter allen trigonometrischen Polynomen der gleichen Struktur, dasjenige mit minimalem mittleren quadratischen Fehler zur ursprünglichen Funktion f.
Die Koeffizienten der Entwicklung von f sind
Das c stellt eine Verschiebung des Intervalls dar und kann zur Vereinfachung beliebig gewählt werden.
- ist der Gleichanteil (wechsellose Größe)
Einfache Eigenschaften dieser Entwicklung sind, dass
- bk = 0 für alle k gilt, falls f gerade ist, f( − x) = f(x)
- ak = 0 für alle k gilt, falls f ungerade ist, f( − x) = − f(x)
Ist f gerade, dann sind also alle bk = 0, und die Koeffizienten ak können auch über berechnet werden. Dies ist möglich, weil durch die Symmetrie des Kosinus und der Funktion die Werte des Integrals in beiden Halbintervallen und gleich sind. So ergeben sich oft Vereinfachungen. Analog gilt dies auch für ungerades f, d.h. bei ak = 0.
Ist die zugrundeliegende Funktion unbekannt bzw. liegen nur gegebene diskrete Daten (z. B. Messwerte) vor, werden ak, bk nur aus den Stützpunkten approximiert (Trigonometrische Interpolation).
Amplituden-Phasen-Notation
In der obigen Darstellung wird das Signal mit Hilfe eines Sinusspektrums und eines Kosinusspektrums dargestellt. Es ist aber auch eine Darstellung mittels Phasen- und Amplitudenspektrums möglich, da man die additive Überlagerung (Interferenz) einer Sinus- und einer Kosinusschwingung auch als phasenverschobene Kosinusschwingung darstellen kann:
Dabei ist
- und
bzw.
φn zeigt in den Quadranten, in welchem auch der Punkt (an,bn) liegt.
Komplexe Fourierreihe
Man kann nun jedes Paar von Amplitude und Verschiebung als komplexe Zahl in Polarkoordinatendarstellung interpretieren. Damit lassen sich die beiden Spektren in eines überführen. Eine Vereinfachung von geraden bzw. ungeraden Funktionen wie im Reellen ist so jedoch nicht möglich.
Dabei ist
Die Berechnung ist oft einfacher, da zum einen die e-Funktion leicht zu integrieren ist und zum anderen nur noch ein Koeffizient, cn, statt zwei zu berechnen ist. Bei cn handelt es sich in dieser Darstellungsform um eine sogenannte komplexe Amplitude, welche auch die Phaseninformation enthält. Das diskrete und komplexe Amplitudenspektrum stellt ein Linienspektrum dar, der Abstand zweier Spektrallinien Δf entspricht dem reziproken Wert der Periodendauer:
Zusammenhang zwischen reellen und komplexen Fourierkoeffizienten
Reell zu komplex:
Komplex zu reell:
Zusammenhang mit der Fourier-Transformation
Mit Fourierreihen lassen sich nur periodische Funktionen und ihr Spektrum beschreiben. Um auch nichtperiodische Funktionen spektral beschreiben zu können, führt man einen Grenzübergang der Periode durch. Dadurch wird die Frequenzauflösung beliebig fein, was in einem Verschwinden des komplexen Amplitudenspektrums resultiert. Aus diesem Grund führt man das komplexe Amplitudendichtspektrum F ein, ausgehend von der komplexen Fourierreihe:
Durch Bildung des Grenzwertes folgt damit unmittelbar die Fourier-Transformation:
Beispiele
Dreieckpuls
Die Dreieckfunktion lässt sich je nach gewünschter Phasenlage mit Sinus- und Kosinustermen approximieren. Mit h kann man die Amplitude der Kurve bestimmen:
Rechteckpuls
Die Rechteckschwingung ist durch
definiert. Die Funktion ist also 2π-periodisch. Entwickelt man diese Funktion in eine Fourier-Reihe, so erhält man die Reihe
Anhand dieser Funktion erkennt man, dass man eine Rechteckschwingung durch unendlich viele Harmonische darstellen kann. Sie enthält jeweils die ungeraden harmonischen Oberschwingungen, wobei die Amplitude mit steigender Frequenz abnimmt. Aufgrund dessen wird ein Rechtecksignal auch häufig zum Testen elektronischer Schaltungen genommen, da so das Frequenzverhalten dieser Schaltung erkannt wird.
Allgemein enthalten alle periodischen Schwingungen mit der Periodendauer T der Grundschwingung und beliebigen Verlauf innerhalb der Periode nur ungeradzahlige Oberschwingungen wenn gilt:
Im rechten Bild ist die Fourier-Synthese einer Rechteckschwingung dargestellt. Die Diagramme der ersten Spalte zeigen diejenige Schwingung, die in der jeweiligen Zeile hinzugefügt wird. Die Diagramme in der zweiten Spalte zeigen alle bisher berücksichtigten Schwingungen, die dann in den Diagrammen der dritten Spalte addiert werden, um dem zu erzeugenden Signal möglichst nahe zu kommen. Die Schwingung aus der ersten Zeile nennt sich Fundamentalschwingung, alle weiteren, die hinzugefügt werden, sind Oberschwingungen (Harmonische). Je mehr solcher Vielfache der Grundfrequenz berücksichtigt werden, umso näher kommt man einem idealen Rechtecksignal. An den unstetigen Stellen des Rechtecksignals bildet sich durch die Fourier-Synthese bedingt ein so genannter Überschwinger, der auch bei größerer Approximation nicht verschwindet. Diese Erscheinung wird gibbssches Phänomen genannt, sie weist eine konstante und vom der Bandbreite unabhängige Überschwingung von etwa 9 % des vollen Sprungs auf. Die vierte Spalte zeigt das Amplitudenspektrum normiert auf die Grundschwingung.
Sägezahnpuls (steigend)
Ebenso lassen sich punktsymmetrische Funktionen aus Sinustermen approximieren. Hier erreicht man eine Phasenverschiebung durch alternierende Vorzeichen:
Sinuspuls
Konvergenzaussagen zur Fourierreihe
Man kann zwar bedenkenlos zu einer periodischen Funktion eine Fourierreihe aufstellen, jedoch muss diese Reihe nicht konvergieren. Ist dies der Fall, so erhält man durch diese Transformation auch keine weiteren Informationen. Konvergiert die Reihe, so muss man sich im Klaren sein, in welchem Sinn die Konvergenz vorliegt. Meistens untersucht man Fourierreihen auf punktweise Konvergenz, gleichmäßige Konvergenz oder auf Konvergenz bezüglich der L2-Norm. Im Folgenden werden einige wichtige Sätze über die Konvergenz von Fourierreihen aufgezählt.
Satz von Dirichlet
Peter Gustav Lejeune Dirichlet bewies, dass die Fourierreihe einer differenzierbaren, 2π periodischen Funktion punktweise gegen die Ausgangsfunktion konvergiert. Unter der Voraussetzung, dass f sogar stetig differenzierbar ist, kann die Aussage noch verbessert werden.
Sei eine stetig differenzierbare, 2π periodische Funktion, dann konvergiert die Fourierreihe von f gleichmäßig gegen f.
Satz von Carleson
Der Satz von Carleson ist ein tiefliegendes Resultat zur Konvergenz einer Fourierreihe.
Sei eine quadratintegrierbare Funktion, dann konvergiert die Fourierreihe bezüglich fast überall.
Diese Aussage ist sogar für alle Lp-Räume mit richtig und heißt in dieser allgemeinen Form Satz von Carleson–Hunt. Dass die Aussage für p = 1 falsch ist, konnte Kolmogorov 1923 durch ein Gegenbeispiel zeigen. Nikolai Nikolajewitsch Lusin vermutete schon 1915 die Richtigkeit des Satzes von Carleson, konnte sie jedoch nicht beweisen. Der Beweis gelang erst Lennart Carleson im Jahr 1964.[1]
Satz von Fejér
Leopold Fejér bewies, dass das arithmetische Mittel der Partialsummen der Fourierreihe einer stetigen, 2π-periodischen Funktion gleichmäßig gegen die Funktion konvergieren.
Sei eine stetige, 2π-periodische Funktion und die Fourierreihe von f. Mit wird die n-te Partialsumme dieser Reihe beschrieben. Dann besagt der Satz von Fejér, dass die Partialsummen gleichmäßig gegen f konvergieren. Es gilt also
- ,
wobei die Konvergenz gleichmäßig ist.
Gibbssches Phänomen
In der Umgebung von Sprungstellen konvergiert die Fourierreihe nicht mehr gleichmäßig, sondern nur noch punktweise. Es entstehen dort in den Partialsummen der Reihe typische Über- und Unterschwinger von etwa 9% der Sprunghöhe. Dieser Effekt hat weitreichende Auswirkungen in der Signalverarbeitung.
- Siehe auch: Diskrete Fourier-Transformation
Verallgemeinerte Fourier-Reihe
Sei ein Hilbertraum mit einer Orthonormalbasis S. Dann kann man jedes Element des Hilbertraums durch
darstellen. Diese Reihendarstellung wird auch (verallgemeinerte) Fourier-Reihe genannt.
Weblinks
- Falstad Fourier Series Java Applet Mit diesem Java-Applet kann man sich zeigen lassen, wie Fourierreihen entwickelt werden.
- Mathe-Online Fourier Applet Weiteres Applet zur Entwicklung von Fourierreihen.
- Bernhard Riemann: Ueber die Darstellbarkeit einer Function durch eine trigonometrische Reihe
- Spektren periodischer Zeitfunktionen (PDF) Fourier-Zerlegung physikalisch mit Hilfe einer graphischen Veranschaulichung betrachtet. (311 kB)
- Michael Gaedtke: Fourier - so einfach wie möglich Komplexe Signale aus natürlichen Schwingungen – Fourier-Reihe, Fourier-Synthese und Fourier-Analyse
Einzelnachweise
- ↑ S. A. Telyakovskii: Carleson theorem. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopaedia of Mathematics. Springer-Verlag, Berlin 2002, ISBN 1-4020-0609-8.
Quelle
- Konrad Königsberger: Analysis 1. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-41282-4 (Kapitel 16).
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